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aus Verkehrsrecht Aktuell (VA) 2003, 165

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "VA" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "VA" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Abstandsmessung

Verurteilung wegen Abstandsunterschreitung:
So überprüfen Sie das Urteil

von RiOLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm

An das amtsrichterliche Urteil werden besondere Anforderungen gestellt. Worauf Sie als Verteidiger achten müssen, zeigt die nachfolgende Checkliste.

Leser-Service: Über die am häufigsten verwendeten Abstandsmessverfahren haben wir ausführlich berichtet in VA 10/03, 153ff.. Neue Leser können den Beitrag kostenlos per Telefax anfordern (02596/92280 – kein Faxabruf!).

Checkliste: Anforderungen an das amtsgerichtliche Urteil

Frage

Antwort

1. Sind die Urteils-Anforderungen bei allen Verfahren gleich?

Nein, die Anforderungen sind je nach dem verwendeten Messverfahren unterschiedlich. Bei den sog. standardisierten Messverfahren sind sie nur noch gering.

2. Welche der Verfahren sind als standardisierte Messverfahren anerkannt.

Standardisiertes Messverfahren für die Abstandsmessung ist nur das Video-Abstands-Messverfahren (OLG Hamm DAR 96, 382 bei Burhoff). Für dieses gilt also die Rechtsprechung des BGH zu standardisierten Messverfahren (s. z.B. BGHSt 43, 277).

3. Welche Feststellungen müssen beim Video-Abstands-Messverfahren getroffen werden?

Es ist reicht aus, wenn zur Messmethode nur mitgeteilt wird, welches Messverfahren angewandt worden ist. Außerdem muss der zu berücksichtigende Toleranzwert dargelegt werden (vgl. nur BGHSt 43, 277; OLG Düsseldorf DAR 94, 248, OLG Hamm NZV 95, 118 = VRS 88, 307; zuletzt u.a. DAR 98, 281 = VRS 95, 293; OLG Köln NJW 94, 1167, jeweils zur Geschwindigkeitsüberschreitung).

Praxishinweis: Darüber hinaus muss sich der Tatrichter nur dann von der Zuverlässigkeit der Messung überzeugen, wenn auch konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (OLG Hamm NStZ 90, 546; s. auch DAR 00, 129, und bei Burhoff DAR 01, 433; BayObLG DAR 96, 411, s. im Übrigen zur Abstandsmessung OLG Koblenz VA 02, 156, Abruf-Nr. 021151). An dieser Stelle ist der Verteidiger des Betroffenen gefordert. Denn, wenn in der Tatsacheninstanz keine Messfehler geltend gemacht bzw. behauptet werden, dann besteht für den Amtsrichter insoweit auch keine sich aus § 244 Abs. 2 StPO ergebende Aufklärungspflicht. Dann kann später auch nicht in der Rechtsbeschwerdeinstanz mit der Aufklärungsrüge in diesem Bereich ein Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht geltend gemacht werden. Deshalb muss schon beim AG zu Besonderheiten, also Fehlern der Messung, vorgetragen werden.

4. Welche (allgemeinen) Feststellungen sind bei den übrigen Messverfahren erforderlich?
  • Das Urteil muss zunächst mitteilen, nach welchem Verfahren Abstand und Geschwindigkeit gemessen worden sind (OLG Hamm VA 03, 107, Abruf-Nr. 031347).
  • Die tatsächlichen Grundlagen der Geschwindigkeitsfeststellung müssen mitgeteilt werden (vgl. u.a. OLG Köln DAR 83, 364).
  • Die nicht nur ganz vorübergehende Unterschreitung des Abstandes muss dargelegt werden und warum dieser zu gering war (OLG Hamm VRS 51, 302).
  • Die Unterschreitung des Sicherheitsabstands ist grundsätzlich nur ordnungswidrig, wenn sie nicht nur ganz vorübergehend geschieht. Im Regelfall müssen daher auch Feststellungen dazu getroffen werden, dass der Abstand während des Messvorgangs keine wesentlichen Veränderungen durch Abbremsen des vorausfahrenden oder Einscheren eines anderen Fahrzeugs erfahren hat (vgl. OLG Köln VRS 66, 463, 465). Bei einer beträchtlichen Unterschreitung des Sicherheitsabstands i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 StVO können allerdings im Einzelfall nähere Feststellungen dazu entbehrlich sein, dass sich der Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem vorausfahrenden Fahrzeug nicht wesentlich verändert hat (vgl. auch OLG Oldenburg VRS 67, 54).
5. Welche Anforderungen gelten bei einer Abstandsmessung mit PPS?

Das PPS ist für die Abstandsmessung kein standardisiertes Messverfahren (OLG Hamm VA 03, 107, Abruf-Nr. 031347), da es den Tatrichter nur in die Lage versetzt, die Beobachtungen der Polizeibeamten im Wege des Augenscheinbeweises unmittelbar und in Anwesenheit der Prozessbeteiligten im Gerichtssaal nachzuvollziehen, insbesondere also Abstände zwischen Fahrzeugen anhand der bei der Videoprojektion erkennbaren Fixpunkte zuverlässig zu berechnen. Da die Abstände - anders als die Geschwindigkeiten - nicht elektronisch gemessen, sondern unter Auswertung des Videobandes errechnet werden, genügt im Urteil jedoch nicht die Bezeichnung des Verfahrens, sondern die Auswertung und Berechnung müssen, um eine Überprüfung zu ermöglichen, in den Urteilsgründen verständlich und widerspruchsfrei dargelegt werden (OLG Hamm, a.a.O.).

6. Welche Anforderungen gelten bei einer Abstandsmessung aus einem nachfahrenden Pkw.

Bei einer durch Nachfahren festgestellten Abstandsunterschreitung muss sich aus dem tatrichterlichen Urteil ergeben, über welche Strecke sich das Messfahrzeug schräg versetzt auf dem rechten Fahrbahnstreifen hinter dem Fahrzeug des Betroffenen befunden hat (OLG Düsseldorf, VA 02, 155, Abruf-Nr. 021137).

Hinweis: Der Amtsrichter muss sich von den Fähigkeiten der Polizeibeamten hinsichtlich Abstandsschätzungen im fließenden Verkehr "in hinreichendem Maße" überzeugen. Dazu wird der Richter den Polizisten befragen, über welche Erfahrungen er diesbezüglich verfügt und welche Schulungen er bereits absolviert hat.

7. Welche Anforderungen gelten bei der Abstandsmessung aus vorausfahrendem Pkw.

Zur Feststellung des zu geringen Abstandes kann das Beobachten durch die Heckscheibe mittels des Innenspiegels und/oder das Umschauen ausreichen (vgl. VA 03, 155). Allerdings sind besondere Anforderungen an diese verhältnismäßig unsicheren Messmethoden zu stellen (vgl. dazu auch OLG Hamm VA 01, 58, Abruf-Nr. 010158):

  • Voraussetzung ist eine ununterbrochene Beobachtung durch erfahrene Polizisten und eine genaue Messung von Zeit und Strecke (OLG Koblenz VRS 71, 66).
  • Die besondere Sachkunde der beobachtenden Personen muss im Urteil dargelegt werden (OLG Hamm, a.a.O.).
  • Wegen der erheblichen Fehlerquellen ist ggf. ein großer Sicherheitsabschlag zu machen. Nach OLG Düsseldorf reichen 33,3 Prozent nicht aus (VRS 68, 229).

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