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aus VRR 2015, 3

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "VRR" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "VRR" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Neues vom Mobiltelefon im Straßenverkehr

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D. Münster /Augsburg

Wegen dieser durch die Benutzung von Mobil-/Autotelefonen im Straßenverkehr sowohl für den Fahrzeugführer als auch für andere Verkehrsteilnehmer entstehenden Gefahren hat der Gesetzgeber im Jahr 2000 in § 23 Abs. 1a StVO die Benutzung eines Mobil-/Autotelefons im Straßenverkehr unter bestimmten Bedingungen verboten und mit einem Bußgeld belegt. Das hat aber viele Autofahrer nicht davon abgehalten, auch weiterhin im Straßenverkehr ein Mobiltelefon zu benutzen. Das beweist auch die Flut von Rechtsprechung, die es seitdem gegeben hat. Das Thema „Mobiltelefon“ – oder besser „Smartphone“ beschäftigt auch den 53. VGT 2015 in Goslar, der sich Ende Januar 2015 in seinem AK V unter der Überschrift: „Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken - Nutzen und Risiko von Smartphone und Co. - Präventions-, Kontroll- und Ahndungsmöglichkeiten“. Dies ist Anlass mal zu schauen, was es Neues beim Mobiltelefon gibt (vgl. dazu schon Burhoff VRR 2008, 14; ders. in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., 2015, Rn. 3030 ff.).

I. Fahrzeugführer

Von § 23 Abs. 1a StVO erfasst wird nur der „Fahrzeugführer“. „Fahrzeugführer“ ist aber nicht nur der Kraftfahrzeugführer, sondern auch der Radfahrer (König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 23 Rn. 13; zum Begriff des „Führens“ s. auch Burhoff in. Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrs, 6. Aufl. 2010, Teil 6 Rn. 98 ff.). Ob Fahrzeugführer auch der sich auf dem Beifahrersitz befindende Fahrlehrer ist, war in der Rspr. nicht geklärt. Die Frage hat aufgrund eines Vorlagebeschlusses des OLG Karlsruhe dem BGH vorgelegen (vgl. OLG Karlsruhe DAR 2014, 211 = VA 2014, 140). Das OLG Karlsruhe wollte sich dem OLG Bamberg anschließen, dass die Frage bejaht hatte (OLG Bamberg DAR 2009, 402 = VA 2009, 158 = NZV 2009, 517). Das OLG Düsseldorf und das AG Herne-Wanne hatten sie hingegen verneint, weil der Fahrlehrer das Fahrzeug nicht „führt“ (OLG Düsseldorf VRR 2014, 77 = NZV 2014, 328 m. Anm. Ternig; AG Herne VRR 2012, 272). Der BGH hat inzwischen entschieden, dass ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen in der konkreten Situation keinen Anlass gibt, nicht Führer des Kraftfahrzeugs i.S. des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO ist (vgl. Beschl. v. 23. 9. 2014 – 4 StR 92/14).

II. Begriff der Benutzung

Der Begriff der Benutzung wird von der Rspr. weit ausgelegt (krit. Hentschel/König/Dauer/König, a.a.O., § 23 StVO Rn. 13 b [„zu weit“]; Hufnagel NJW 2006, 3665; Keerl NZV 2006, 181, Scheffler NZV 2006, 128.). Unter Benutzung ist nach Auffassung der Obergerichte nämlich nicht nur das Telefonieren zu verstehen. Das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO gilt nach der obergerichtlichen Rechtsprechung vielmehr für alle Funktionen des Mobiltelefons. Die Frage der Benutzung beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht (OLG Bamberg DAR 2007, 395 [Ls.]; OLG Hamm NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98; OLG Köln NJW 2005, 3366; OLG Stuttgart NJW 2008, 3369 = VRR 2008, 471).

Unter Benutzung i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO ist somit also jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen, wie in folgenden Rechtsprechungsbeispielen:

Hinweis:

Damit fällt also z.B. auch das bloße Ablesen der Uhrzeit vom Display des Handys, wenn dieses dafür in die Hand genommen wird, unter § 23 Abs. 1a StVO (OLG Hamm NJW 2005, 2469 = VRR 2005, 269; abl. Scheffler NZV 2006, 128, 129; Hufnagel NJW 2006, 3665, ähnlich OLG Köln VRR 2009, 123 [Ls.] für die Kontrolle, von wem ein eingehender Anruf stammt.). Entsprechendes gilt für das Halten des Handys an das Ohr, um einen Signalton abzuhören, um dadurch zu kontrollieren, ob das Handy ausgeschaltet ist (OLG Hamm DAR 2007, 402 [Ls.] = NStZ-RR 2007, 249).

Zur „Benutzung“ i.S. des § 23 Abs. 1a StVO gehört nicht nur das eigentliche Kerngeschehen. Vielmehr liegt auch während der Vor- oder Nachbereitungsphase eines Telefonats bzw. einer SMS eine Benutzung des Mobil- oder Autotelefons i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO vor, denn bereits hierdurch wird der Zweck der Vorschrift, der mentalen Überlastung und Ablenkung von der Fahraufgabe entgegenzuwirken, berührt (für Tätigkeiten, die die Nutzung vorbereiten OLG Düsseldorf StraFo 2006, 509; OLG Hamm NJW 2007, 1078 = VRS 112, 291 = VRR 2007, 317 = DAR 2007, 401 m. zust. Anm. Hufnagel für das Aufnehmen des Telefonhörers des Autotelefons und Hin und Her Schieben der Telefonkarte, um das Autotelefon funktionsfähig zu machen; ähnlich OLG Hamm StRR 2007, 76 = VRR 2007, 317 = NZV 2007, 483; AG Ratzeburg NZV 2005, 431; vgl. auch LG Kiel NZV 2005, 477). Zur Benutzung des Mobiltelefons bei Abschluss eines Telefonats gehört also auch die Rückkehr in dessen Ruhe- oder Bereitschaftszustand durch Durchlaufen der Menüpunkte des Displays bis zum Weglegen des Geräts (AG Ratzeburg, a.a.O.).

Nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO wird man auch dann von „Benutzung“ ausgehen müssen, wenn eine Telefonnummer durch Betätigen der Tastatur des auf der Mittelkonsole oder auf dem Beifahrersitz liegenden Mobiltelefons gewählt wird (für Tätigkeiten, die die Nutzung vorbereiten OLG Düsseldorf StraFo 2006, 509; OLG Hamm NJW 2007, 1078 = VRS 112, 291 = VRR 2007, 317 für das Aufnehmen des Telefonhörers des Autotelefons und Hin und Her Schieben der Telefonkarte, um das Autotelefon funktionsfähig zu machen; ähnlich OLG Hamm StRR 2007, 76 = VRR 2007, 317; AG Ratzeburg NZV 2005, 431; vgl. auch LG Kiel NZV 2005, 477). Das Mobiltelefon wird zwar nicht „gehalten“ bzw. „aufgenommen“.

Hinweis:

Um Benutzung des Mobiltelefons handelt es sich aber nicht, wenn das Gerät während der Autofahrt lediglich aufgenommen wird, um es woanders hinzulegen (vgl. OLG Köln NJW 2005, 3366 = NZV 2005, 547 = zfs 2005, 569; wohl auch OLG Bamberg NJW 2008, 599 = DAR 2008, 217 = VRR 2008, 35). Unter „Benutzung“ fällt nur der echte Gebrauch einer der Funktionen des Handys. Das bloße in die Hand Nehmen, um es woanders hinzulegen, ist aber kein „Gebrauch“ in dem Sinne. Das Aufnehmen des Geräts, um dieses zum Telefonieren einzuschalten, ist aber Benutzung, auch wenn das Einschalten am entladenen Akku scheitert (OLG Köln NZV 2009, 304 = VRR 2009, 308).

III. Stehendes Fahrzeug

Nach § 23 Abs. 1a S. 2 StVO gilt das Benutzungsverbot nicht, wenn das Fahrzeug steht (vgl. OLG Bamberg VRR 2006, 431 = NJW 2006, 3732 = DAR 2007, 95; OLG Dresden, Beschl., v. 25. 4. 2006, Ss (OWi) 187/06; OLG Hamm VA 2007, 220 [Ls.]; offen gelassen von OLG Düsseldorf NZV 2008, 584 = DAR 2008, 708). Der stehende Fahrradfahrer darf also telefonieren. Beim Kraftfahrzeugführer reicht hingegen das Stehen nicht allein nicht aus. Zusätzlich muss nach § 23 Abs. 1a S. 2 StVO der Motor ausgeschaltet sein (OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Celle NJW 2006, 710; OLG Düsseldorf NZV 2008, 584 = DAR 2008, 708; OLG Hamm VRS 110, 43 = StraFo 2006, 123 = VRR 2006, 108).

Hinweis:

Der Einwand nur „kurzfristiger Halt“, z.B. bei einer Lichtzeichenanlage (OLG Hamm, a.a.O ) oder vor einer geschlossenen Bahnschranke, rettet den Kraftfahrzeugführer also nicht. Aber auch das Ausschalten des Motors, um ungestraft telefonieren zu können, ist in diesen Fällen nicht ungefährlich. Setzt der Kraftfahrzeugführer dann nämlich seine Fahrt ggf. verspätet - weil ja erst noch gestartet werden muss - fort, kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 StVO in Betracht kommen (OLG Bamberg, a.a.O.; Hentschel/König/Dauer/König, a.a.O., § 23 StVO Rn. 13).

Allerdings unterscheidet § 23 Abs. 1a S. 2 StVO für die Ausnahme vom Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons nicht zwischen einem automatischen Ausschalten des Motors beim bewussten Abbremsen bzw. Anhalten des Fahrzeugs und einer bewussten manuellen Ausschaltung des Motors durch den Fahrzeugführer, so dass auch das Ausschalten durch eine Start-Stopp-Automatik zu der Ausnahme führt (OLG Hamm, Beschl. v. 9. 9. 2014 – 1 RBs 1/14).

IV. Rechtsfolgen bei verbotswidriger Benutzung

1. Geldbuße

Der Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO war mit Wirkung ab dem 01.04.2004 aus der Bußgeldkatalogverordnung gestrichen worden. Die Regelsätze befanden sich im bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog. Inzwischen sind sie nach den Änderungen zum 1. 2. 2009 in den BKat, der jetzt auch vorsätzliche Verstöße enthält, aufgenommen worden. Ab 1. 5. 2014 beträgt die Sanktion bei Kraftfahrern 60,- € (Nr. 246.1 BKat) und bei Radfahrern 30,- € (Nr. 246.2 BKat).

2. Fahrverbot

Das verbotene Telefonieren kann über die Verhängung einer Geldbuße hinaus Auswirkungen auf ein Fahrverbot haben. So kann die unzulässige Benutzung ein erschwerender Umstand sein, der auf die Dauer des Fahrverbotes Einfluss haben kann. Allerdings ist die Verhängung eines längeren Fahrverbotes als das Regelfahrverbot bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung nur gerechtfertigt, wenn festgestellt werden kann, dass das Telefonieren die dem Betroffenen vorgeworfene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auch ausgelöst hat (OLG Hamm VA 2002, 170).

Ein Verstoß gegen § 23a Abs1. StVO kann zudem auch die Anordnung eines Fahrverbots gem. § 25 Abs. 1 StVG wegen beharrlicher Pflichtverletzung rechtfertigen (OLG Bamberg NJW 2007, 3655 f. = zfs 2007, 707 f. = VRR 2008, 36 f.; VRR 2013, 153 = DAR 2013, 213 = zfs 2013, 350; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11. 4. 2014 - IV-2 RBs 37/14; OLG Hamm zfs 2014, 111 = VRR 2014, 111 = DAR 2014, 152; OLG Jena VRS 111, 205 = DAR 2007, 157). Allerdings kann aus einem einmaligen Verstoß gegen das Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons (§ 23 Abs. 1a StVO) bei der Beurteilung einer (wiederholten) Ge­schwindigkeitsüberschreitung als „beharrlich“’ im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV nicht ohne weiteres auf den für einen beharrlichen Pflichtenverstoß unabdingbaren inne­ren Zusammenhang im Sinne einer auf mangelnder Ver­kehrsdisziplin beruhen­der Unrechtskontinuität geschlossen wer­den (OLG Bamberg NJW 2007, 3655 f. = NZV 2008, 48 f. = zfs 2007, 707 f. = VRR 2008, 36).

Hinweis:

Der Kraftfahrzeugführer, der wegen des (verbotenen) Telefonieren ein Verkehrsschild übersehen hat, kann sich im Zusammenhang mit der Verhängung eines Fahrverbotes wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auf ein sog. „Augenblicksversagen“ deshalb berufen, weil er während der Fahrt ein Auto- oder Mobiltelefon benutzt hat. Wer das (verbotswidrig) tut, muss sich darauf einstellen, dass ihn dies unter Umständen ablenken und die Beherrschung des Fahrzeugs einschränken kann (vgl. KG, Beschl. v. 19. 1. 2000 - 3 Ws (B) 669/99; OLG Hamm VA 2003, 168; OLG Karlsruhe NZV 2004, 211). Er hat daher durch erhöhte Sorgfalt sicher zu stellen, dass es zu keiner verkehrsrelevanten Beeinträchtigung kommt (vgl. KG, a.a.O.). Ein Telefongespräch ist also auf keinen Fall Anlass, um von einem nur leicht fahrlässigen Augenblicksversagen auszugehen. Das gilt auch für einen Rotlichtverstoß. Der Fahrzeugführer, der vor einer Rotlicht zeigenden Verkehrsampel anhält, nach mehreren Sekunden aber trotz Fortdauer des Rotlichts telefonierend und ohne Beobachtung der Lichtsignalanlage losfährt, weil er „aus dem Unterbewusstsein“ annimmt, die Ampel haben inzwischen auf Grünlicht gewechselt, verletzt grob seine Pflichten als Kraftfahrer und handelt verantwortungslos. Sein Verhalten stellt einen qualifizierten Rotlichtverstoß i.S. der Nr. 132.2 BKatVO dar, auch wenn kein anderer Verkehrsteilnehmer konkret gefährdet worden ist. Das Telefonieren entlastet nicht (OLG Düsseldorf NZV 1998, 335 = VRS 95, 228).


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