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aus RVGreport 2015, 3

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG – Teil 1: Allgemeines, Mitwirkung und Gebührenhöhe

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster /Augsburg

In Nr. 4141 VV RVG hat das RVG den früheren § 84 Abs. 2 BRAGO übernommen. Die dort geregelte »Befriedungsgebühr« ist jetzt eine „zusätzliche Verfahrensgebühr“, die in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 5 VV RVG bei den „zusätzlichen Gebühren“ geregelt ist. Die zu § 84 Abs. 2 BRAGO bestehenden Streitfragen sind durch die Neuregelung durch das KostRMoG 2004 zum Teil gelöst worden, wie z.B. die Anwendung der Vorschrift auch auf die Rücknahme der Revision (vgl. Nr. 4141 Anm. 1 Nr. 3 VV RVG), zum Teil bestehen Streitfragen aber auch fort, zum Teil haben sich bei Anwendung der Nr. 4141 VV RVG neue Streitfragen ergeben. Das 2. KostRMoG hat diese (zum Teil) gelöst. Es ist daher an der Zeit, die Vorschrift der Nr. 4141 VV RVG nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG vorzustellen. Dieser erste Teil behandelt allgemeine Fragen, die der Mitwirkung und der Gebührenhöhe, ein sich anschließender 2. Teil wird sich mit den Fällen der Nr. 4141 VV RVG befassen. Die Reihe wird abgeschlossen mit einem Beitrag zur für das Bußgeldverfahren geltenden Parallelvorschrift Nr. 5115 VV RVG. Die Ausführungen basieren auf der Kommentierung der Vorschriften bei Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. 2014, und in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl. 2013.

I. Allgemeines

Die Nr. 4141 VV RVG hat – ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 84 Abs. 2 BRAGO - das Ziel, ggf. intensive und zeitaufwendige Mitwirkung des Verteidigers, die dazu führt, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wird, zu honorieren (zum Sinn und Zweck der Nr. 4141 VV s. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, 7. Aufl. 2013, VV 4141 Rn. 14 ff.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 1; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. Fischer, NJW 2012, 265). Der Verteidiger verliert durch solche Tätigkeiten nämlich (s)eine Terminsgebühr. Die zusätzliche Gebühr Nr. 4141 VV RVG soll das ausgleichen und einen Anreiz schaffen, sich trotz der Gebühreneinbuße um eine möglichst frühzeitige Erledigung des Verfahrens ohne Hauptverhandlung zu bemühen. Sie dient also insbesondere auch der Entlastung der Gerichte. Nr. 4141 VV RVG hat die Regelung des § 84 Abs. 2 BRAGO weitgehend übernommen. Das bedeutet dass die dazu vorliegende Literatur (vgl. dazu insbesondere die Zusammenstellung bei Burhoff/Burhoff, RVG, vor Rn. 1) und Rechtsprechung weiter angewendet werden kann.

II. Geltungsbereich

1. Persönlicher Geltungsbereich

Die zusätzliche Verfahrensgebühr der Nr. 4141 VV RVG entsteht für den Wahlanwalt und den gerichtlich bestellten oder beigeordneten (Pflicht-)Verteidiger. Sie entsteht auch für sonstige (anwaltliche) Beistände oder Vertreter anderer Verfahrensbeteiligter, also z.B. für den Nebenklägervertreter oder den Vertreter des Verletzten, wenn sie an der Vermeidung einer Hauptverhandlung mitgewirkt haben. Das folgt schon aus dem Wortlaut – „anwaltliche Mitwirkung“ und aus der allgemeinen Regelung in Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG (s. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 3; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. 5). Im Fall der Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 gilt sie auch für die Rücknahme der Berufung oder Revision durch einen sonstigen Verfahrensbeteiligte.

Beispiel 1 (nach Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 Rn. 5 f. und Burhoff RVGreport 2010, 362):

Der Mandant M wirft dem Beschuldigten eine Beleidigung vor. Der RA R zeigt im Verfahren gegen den Beschuldigten die Interessensvertretung des mutmaßlich Beleidigten an und erklärt namens und in seinem Auftrag den Anschluss als Nebenkläger (§ 395 Abs. 3 StPO). Bei Auswertung der Akten und den nachfolgenden Gesprächen mit dem Mandanten kommen ihm Zweifel, ob der Vorwurf zutreffend ist. Auf Vorhaltungen des R offenbart sich der Beschuldigte dem RA, dass alles nicht stimme, und beauftragt diesen, die falschen Angaben der Staatsanwaltschaft zu offenbaren und den Strafantrag gegen den B zurückzunehmen. Nach ausführlicher Belehrung über die strafrechtlichen Konsequenzen, insbesondere für den Beschuldigten, wird der R in dem Sinne tätig. Das Verfahren wird dann nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Lösung

R kann die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG gegenüber dem Mandanten abrechnen (vgl. auch Burhoff, RVGreport 2010, 362). Voraussetzung ist, dass „durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich“ geworden ist. Insoweit werden an die anwaltliche Tätigkeit aber keine hohen Anforderungen gestellt (vgl. dazu unten III). Der Fall ist vergleichbar dem, in dem der Verteidiger an der Rücknahme der Revision der Staatsanwaltschaft mitgewirkt hat (vgl. dazu OLG Köln RVGreport 2009, 348 = StraFo 2009, 175 = AGS 2009, 271 = StRR 2010, 40).

2. Privatklageverfahren

a) Anwendbarkeit der Vorschrift

Über Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG fällt die Verfahrensgebühr ggf. auch im Privatklageverfahren für den Vertreter/Beistand des Privatklägers an (vgl. Rn. 47 f. und N. Schneider, RVG-B 2005, 156). Das ist in Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Satz 2 VV RVG durch das 2. KostRMoG jetzt ausdrücklich klargestellt für den Fall, dass die Privatklage zurückgenommen wird. Wirkt der Verteidiger des Privatbeklagten an der Rücknahme der Privatklage mit, entsteht für ihn die Gebühr nach den allgemeinen Regeln (vgl. dazu Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. 76 ff. und im Teil 2 bei den Fällen). In Anm. 1 Satz 2 ist das Entstehen der Gebühr allerdings ausdrücklich nur für den Beistand oder Vertreter des Privatklägers geregelt. Es besteht aber kein Grund, dem Verteidiger des Privatbeklagten, der an der Rücknahme der Privatklage mitgewirkt hat, diese Mitwirkung nicht auch über Nr. 4141 VV RVG zu honorieren (so auch N. Schneider AnwBl. 2013, 286, 291; N. Schneider/Thiel AGS 2012, 105, 112; Burhoff StraFo 2013, 397; ders., StRR 2013, 284 = VRR 2013, 287; ders., RVGreport 2013, 330; auch schon zum alten Recht die vorstehenden Nachweise).

b) Verhältnis der Nr. 4141 VV RVG zu Nr. 4147 VV RVG

Im Privatklageverfahren kann es zu einer Einigung von Privatkläger und Privatbeklagtem hinsichtlich des Strafausspruchs und des Kostenerstattungsanspruchs kommen. Durch eine solche Einigung wird dann (auch) der Gebührentatbestand der Nr. 4147 VV RVG ausgelöst. Gleichzeitig erledigt sich aber auch das Strafverfahren, sodass je nach dem Stand des Verfahrens ggf. eine Hauptverhandlung vermieden wird und damit an sich auch eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. VV RVG anfallen würde (vgl. N. Schneider AnwBl. 2013, 286, 291; Burhoff StRR 2013, 84 = VRR 2013, 287; ders., RVGreport 2013, 330).

Durch das 2. KostRMoG ist in Anm. 2 Satz 2 jetzt ausdrücklich bestimmt, dass die Nr. 4141 VV RVG nicht neben der Einigungsgebühr Nr. 4147 VV RVG entsteht. Diese schließen sich vielmehr wechselseitig aus (N. Schneider/Thiel AGS 2012, 105, 112 f.; N. Schneider/Thiel, § 3 Rn. 1155 ff.; N. Schneider AnwBl. 2013, 286, 291). Hintergrund dieser Regelung ist, dass beide Vorschriften letztlich demselben Zweck dienen, eine Doppelhonorierung des RA aber insoweit nicht angezeigt ist (BR-Drucks. 517/12, S. 439 = BT-Drucks. 17/11471, S. 282). Deshalb stellt Anm. 2 Satz 2 klar, dass beide Gebühren nicht nebeneinander entstehen können/sollen. Im Verhältnis der Gebühren hat die Verfahrensgebühr Nr. 4147 VV RVG den Vorrang (N. Schneider/Thiel AGS 2012, 105, 112 f.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 48; wegen der Einzelheiten auch Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 Rn. 76 ff.).

III. Anwaltliche Mitwirkung

 

1. Umfang der Mitwirkung

Nach Anm. 2 zu Nr. 4141 VV RVG ist Voraussetzung für das Entstehen der zusätzlichen Verfahrensgebühr, dass durch die „anwaltliche Mitwirkung“ die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Dabei ist der Grad der anwaltlichen Mitwirkung unerheblich; die Mitwirkung muss nicht zeitintensiv und aufwändig sein (so auch KG RVGreport 2012, 110 = , StRR 2011, 438 = VRR 2011, 438 = RVGprofessionell 2011, 210 = JurBüro 2012, 466 unter Aufgabe von KG RVGprofessionell 2007, 79). Entscheidend ist, dass überhaupt ein Beitrag des RA an der Einstellung des Verfahrens oder der Rücknahme des Einspruchs bzw. der Rechtsmittel ersichtlich ist (BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491 = JurBüro 08, 639 = DAR 2009, 56 m. Anm. N. Schneider = StRR 2009, 77 m. zust. Anm. Burhoff; OLG Stuttgart RVGreport 2010, 263 = AGS 2010, 202 = VRR 2010, 320 = StRR 2010, 440; LG Hamburg AGS 2008, 59 = DAR 2008, 611; LG Köln AGS 2007, 351 = StraFo 2007, 305; LG Oldenburg RVGreport 2013, 320 = VRR 2013, 316 = RVGprofessionell 2013, 114 = AGS 2013, 408; LG Stralsund RVGreport 2005, 272 = AGS 2005, 442; LG Trier StraFo 2007, 306; AG Zossen RVGreport 2009, 188 = AGS 2009, 72 = RVGprofessionell 2009, 77 = VRR 2009, 200 [für Nr. 5115 VV]), der RA also irgendwie „mitgewirkt“ hat.

Der Beitrag des RA muss nach h.M. Meinung nicht (mit) ursächlich gewesen sein (vgl. dazu unten 3). Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die Mitwirkung den Akten in Form von Stellungnahmen und Einlassungen oder Ähnlichen entnehmen lässt. Aus dem Fehlen solcher Vorgänge kann nicht auf das Fehlen einer Mitwirkung geschlossen werden. Das hat z.B. zur Folge, dass der RA, der dem Mandanten nach Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl „nur“ rät, diesen nicht weiter zu verfolgen, und ihm empfiehlt, den Einspruch zurückzunehmen, die zusätzliche Verfahrensgebühr verdient (vgl. AG Braunschweig AGS 2000, 54; Burhoff RVGreport 2014, 2, 7; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 92 f.; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 Rn. 7; Enders JurBüro 2000, 281). Allein für das Abraten, Revision einzulegen, entsteht die Nr. 4141 VV RVG aber nicht (OLG Nürnberg RVGreport 2009, 464Rpfleger 2009, 645 = VRR 2009, 399StRR 2010, 115; StRR 2010, 443 [Ls.]).

Unerheblich ist auch, ob und dass das Verfahren auch ohne „Mitwirkung“ des Verteidigers eingestellt worden wäre (AG Kempten AGS 2003, 312 m. Anm. Schneider). Dem Verteidiger steht die zusätzliche Verfahrensgebühr auch zu, wenn er z.B. in einem Schriftsatz die Nichteröffnung des Hauptverfahrens (unter näherer Darlegung zur Sache) beantragt, das Gericht zeitgleich selbst ebenfalls aber die Nichteröffnung beschlossen hat (LG Arnsberg JurBüro 2007, 82; a.A. AG Betzdorf JurBüro 2008, 589).

 

2. Zeitpunkt der Mitwirkung

Es ist unerheblich, in welchem Verfahrensabschnitt die Mitwirkung erbracht wird (vgl. auch Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. 14 ff.). Ausreichend ist, dass ein in einem früheren Verfahrensabschnitt erbrachter Beitrag des Verteidigers bei der Erledigung/Einstellung in einem späteren Verfahrensabschnitt, in dem es dann zur Erledigung des Verfahrens kommt, noch fortwirkt. Der Verteidiger muss seine Mitwirkung nicht noch einmal wiederholen. Das hat der BGH zutreffend als „reine Förmelei“ angesehen (BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491 = JurBüro 08, 639 = DAR 2009, 56 m. Anm. N. Schneider = StRR 2009, 77 m. zust. Anm. Burhoff; OLG Stuttgart RVGreport 2010, 263 = AGS 2010, 202 = VRR 2010, 320 = StRR 2010, 440; LG Düsseldorf AGS 2007, 36 = JurBüro 2007, 83; LG Hamburg AGS 2008, 59 = DAR 2008, 611; LG Köln AGS 2007, 351 = StraFo 2007, 305; LG Stralsund RVGreport 2005, 272 = AGS 2005, 442; AG Zossen AGS 2009, 72 = RVGreport 2009, 188 = RVGprofessionell 2009, 77 = VRR 2009, 200 [für Nr. 5115 VV]; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 12; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 46, 61). Es führt im Übrigen z.B. auch die umfangreiche Begründung eines Wiederaufnahmeantrags, die das Gericht später veranlasst, nach § 371 StPO vorzugehen, dazu, dass der Freispruch des Verurteilten ohne neue Hauptverhandlung zur Anwendung von Nr. 4141 im Wiederaufnahmeverfahren führt (LG Dresden, StraFo 2006, 475).

Beispiel 2:

Der RA gibt im vorbereitenden Verfahren eine Stellungnahme ab. Die Staatsanwaltschaft klagt den Beschuldigten trotzdem an. Das Gericht stellt das Verfahren im Hinblick auf die Stellungnahme des Verteidigers außerhalb der Hauptverhandlung ein.

Lösung

Der RA hat die Verfahrensgebühr der Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG verdient. Die Stellungnahme musste nicht noch einmal im gerichtlichen Verfahren wiederholt werden. Die aus dem vorbereitenden Verfahren wirkte fort (s. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 61 und die o.a. Rechtsprechung).

3. Ursächlichkeit der Mitwirkung

Nach überwiegender Auffassung muss die Tätigkeit des RA nicht ursächlich für die Einstellung oder die Rücknahme des Rechtsmittels gewesen sein. Es reicht jede auf die Förderung der Erledigung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit aus (zutreffend BGH RVGreport 2008, 431 = AGS 2008, 491 = JurBüro 2008, 639 = DAR 2009, 56 m. Anm. N. Schneider = StRR 2009, 77 m. zust. Anm. Burhoff; OLG Stuttgart RVGreport 2010, 263 = AGS 2010, 202 = VRR 2010, 320 = StRR 2010, 440; LG Arnsberg JurBüro 2007, 82; LG Dresden RVGreport 2010, 69 = StRR 2010, 239 = RVGprofessionell 2010, 27; LG Düsseldorf AGS 2007, 36 = JurBüro 2007, 83; LG Hamburg AGS 2008, 59 = DAR 2008, 611; LG Köln AGS 2007, 351 = StraFo 2007, 305; LG Oldenburg RVGreport 2013, 320 = VRR 2013, 316 = RVGprofessionell 2013, 114 = AGS 2013, 408; LG Stralsund RVGreport 2005, 272 = AGS 2005, 442; AG Köln AGS 2010, 75 = JurBüro 2010, 137; AG Zossen RVGreport 2009, 188 = AGS 2009, 72 = RVGprofessionell 2009, 77 = VRR 2009, 200 [für Nr. 5115 VV]; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 11; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 41; Hartmann, KostG, Nr. 4141 VV RVG Rn. 8).

Teilweise wird das aber auch anders gesehen (vgl. Riedel/Sußbauer/Schmahl, Nr. 4141 VV Rn. 109) und verlangt, dass die Mitwirkung zumindest mitursächlich gewesen sein müsse (KG RVGprofessionell 2007, 79 m.w.N.; auch noch KG RVGreport 2012, 110 = JurBüro 2012, 466 = StRR 2011, 438 = VRR 2011, 438 = RVGprofessionell 2011, 210; [inzidenter] LG Potsdam RVGreport 2014, 71 = JurBüro 2013, 586 = AGS 2014, 17 = Rpfleger 2013, 648; AG Betzdorf JurBüro 2008, 589, wonach es nicht ausreicht, wenn die Einlassung des Verteidigers noch vor der Erhebung der Anklage erfolgt und das Gericht die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen beschließt; AG Köln AGS 2010, 75 = JurBüro 2010, 137 für den Hinweis auf Verfolgungsverjährung im Bußgeldverfahren; nicht eindeutig BGH RVGreport 2011, 182 = AGS 2011, 128 m. teilw. abl. Anm. N. Schneider = VRR 2011, 118 = StRR 2011, 201). Die sich daraus ergebenden Unterschiede zur h.M. sind nicht groß. Die h.M. verzichtet zwar auf eine (Mit-) Ursächlichkeit. Sie verlangt aber eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete und zur Verfahrensbeendigung „objektiv geeignete“ Tätigkeit des RA (vgl. oben Rn. 6 f.). Das ist inzidenter im Grunde auch „mitursächlich“, denn, ist die Tätigkeit nicht „objektiv geeignet“, hat sie nicht mitgewirkt und war mithin auch nicht ursächlich (vgl. auch KG, a.a.O.; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 11).

4. Darlegungs- und Beweislast

Nach Nr. 4141 Anm. 2 Satz 1 VV RVG entsteht die zusätzliche Verfahrensgebühr nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist. Diese Formulierung führt zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Es muss also nicht der RA seine Mitwirkung an der Erledigung beweisen, sondern es wird eine Mitwirkung des RA vermutet. Es ist Aufgabe des Gebührenschuldners, also ggf. der Staatskasse, das Fehlen der Mitwirkung darzulegen und zu beweisen (zutreffend KG AGS 2009, 324; AG Unna JurBüro 1998, 410; AG Saarbrücken RVGreport 2006, 181 = AGS 2006, 126 m. Anm. Madert; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 11; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 13). Wird das Verfahren eingestellt, weil im OWi-Verfahren die Akte auf dem Weg zwischen Verwaltungsbehörde und Gericht in Verlust geraten ist und kann aus diesem Grunde nicht mehr nachvollzogen werden, inwieweit der Verteidiger das Verfahren gefördert hat, darf der Verlust der Akten dem Angeklagten/Betroffenen und seinem Verteidiger nicht zum Nachteil gereichen, sodass im Zweifel von einer Mitwirkung auszugehen ist (AG Bielefeld AGS 2006, 439 = VRR 2006, 358).

Die Gerichte sehen das häufig anders (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 12 unter Hinweis auf AG Berlin-Tiergarten AGS 2000, 53). Deshalb sollte der RA vorsorglich darlegen, welche Tätigkeiten er im Hinblick auf eine Einstellung oder Rücknahme eines Rechtsmittels erbracht hat (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O.; Burhoff/Burhoff, RVG; Nr. 4141 VV Rn. 17). Allerdings dürfen insoweit die Anforderungen nicht überspannt werden, da nicht selten auch der Bereich der anwaltlichen Schweigepflicht tangiert wird (vgl. LG Trier StraFo 2007, 306). Deshalb ist es zutreffend, wenn in der Rechtsprechung bei einem behaupteten Mandantengespräch mit anschließender Berufungsrücknahme von ausreichender Mitwirkung des Verteidigers ausgegangen wird (LG Trier, a.a.O.).

5. Mitwirkungstätigkeiten

a) Katalog der Mitwirkungstätigkeiten

Auf der Grundlage kommen im Grunde alle Tätigkeiten des RA als „Mitwirkung“ in Betracht kommen. Sie lassen sich in etwas in folgendem Katalog zusammenfassen (entnommen Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. 10; s. auch noch Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 8):

  • Besprechung mit der Staatsanwaltschaft (LG Köln AGS 2007, 351 = StraFo 2007, 305 für Besprechung mit dem Ziel, dass die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurücknimmt; AG Lörrach AGS 1999, 70),
  • die Benennung von Zeugen,
  • der Verteidiger ist im Hinblick auf ein Beweisverwertungsverbot tätig geworden (LG Düsseldorf AGS 2010,599 m. zust. Anm. N. Schneider = VRR 2010, 440 = RVGprofessionell 2010, 212),
  • die Mitteilung, dass der Beschuldigte sich nicht zur Sache einlassen wird, da gerade das die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens veranlassen kann (BGH AGS 2011, 128 = RVGreport 2011, 182 = VRR 2011, 118 = StRR 2011, 201; AG Bremen AGS 2003, 29 m. zust. Anm. Schneider; AG Charlottenburg StraFo 2007, 307 = RVGreport 2007, 273 [auch wenn eine Einlassung zur Sache nach Akteneinsicht vorbehalten bleibt]; AG Hamburg-Barmbek RVGreport 2012, 109 = RVGprofessionell 2011, 86 = VRR 2011, 199; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 48 m.w.N.; a.A. AG Dinslaken JurBüro 1996, 308 für das OWi-Verfahren; AG Achern JurBüro 2001, 304; AG Halle AGS 2007, 77, 85; AG Hannover JurBüro 2006, 79 m. abl. Anm. Enders; AG Meinerzhagen AGS 2007, 454 = RVGreport 2008, 146 = RVGprofessionell 2007, 67),
  • die Einreichung einer sog. Schutzschrift (AG Unna JurBüro 1998, 410 [für die Einreichung einer außergerichtlichen Vereinbarung zwischen Geschädigtem und Schädiger]),
  • Einlegung des Einspruchs mit Begründung und Einstellungsantrag (LG Kiel zfs 2007, 106 für OWi-Verfahren; LG Potsdam JurBüro 2013, 189, 190 = RVGreport 2013, 275 = AGS 2013, 280 = VRR 2013, 317; ähnlich AG Köln, AGS 2013, 229 = RVGprofessionell 2013, 105), weshalb zu empfehlen ist, einen Einlassungsschriftsatz immer mit einem Einstellungsantrag zu versehen (vgl. LG Potsdam, a.a.O.),
  • das Stellen von (Beweis-) Anträgen (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 43), wie z.B. der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (LG Düsseldorf AGS 2011, 430),
  • ggf. Nichteinlegen von Rechtsmitteln (in einem anderen Verfahren) (so AG Berlin-Tiergarten RVGreport 2010, 140 = AGS 2010, 220 = RVGprofessionell 2010, 40 =StRR 2010, 400; a.A. für Abraten, ein Rechtsmittel einzulegen OLG Nürnberg RVGreport 2009, 464Rpfleger 2009, 645 = VRR 2009, 399StRR 2010, 115; StRR 2010, 443 [Ls.]),
  • der Hinweis des RA auf den Tod des Mandanten, der zur Einstellung nach § 206a StPO führt ([grds. auch] LG Potsdam RVGreport 2014, 71 = JurBüro 2013, 586 = Rpfleger 2013, 648; AG Magdeburg Rpfleger 2000, 154; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 35; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 7; s. aber AG Koblenz AGS 2008, 345, wenn die Einstellung des Verfahrens nach dem Tod des Mandanten erfolgt, bevor der Verteidiger vom Tod Nachricht erhält und auch LG Potsdam, a.a.O., zur Verneinung dieser Gebühr im Revisionsverfahren),
  • der Verteidiger ist im Hinblick auf ein Verfahrenshindernis tätig geworden, wie z.B. die Frage der Verjährung (LG Schwerin DAR 2000, 333; LG Baden-Baden AGS 2002, 38 m. Anm. Madert; unzutreffend a.A. AG Köln AGS 2010, 75 = JurBüro 2010, 137, das die zusätzliche Gebühr bei einem Hinweis des RA auf Verfolgungsverjährung nicht gewährt, da dann die Anwaltstätigkeit nicht kausal geworden sei, weil es dieses Hinweises nicht bedürfe, da die Verjährungsfristen den Bußgeldbehörden grds. bekannt seien),
  • ein Antrag des Verteidigers hat zum Eintritt von Verfolgungsverjährung geführt (LG Oldenburg RVGreport 2013, 320 = VRR 2013, 316 = RVGprofessionell 2013, 114 = AGS 2013, 408 für das Bußgeldverfahren),
  • Einreichung einer Einlassungsschrift (AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 42; LG Potsdam RVGreport 2013, 275 = AGS 2013, 280 = VRR 2013, 317 = JurBüro 2013, 189 [für Bußgeldverfahren]; a.A. AG Halle AGS 2007, 77, 85), die zur Sicherheit immer mit einem Einstellungsantrag versehen sein sollte.,
  • ·         Rücknahme des Einspruchs/der Berufung nach Rücksprache mit dem Angeklagten (LG Duisburg RVGreport 2006, 230 = AGS 2006, 234; AG Wiesbaden AGS 2003, 545 für den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid im OWi-Verfahren),
  • der Verteidiger signalisiert die Zustimmung des Mandanten zu einem bereits angeregten Täter-Opfer-Ausgleich (AG Hannover StV 2006, 201 = Nds.Rpfl. 2006, 222; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 7),
  • anwaltliche Mitwirkung auch bei Rücknahme des Rechtsmittels durch die Staatsanwaltschaft, wenn der Verteidiger durch seine erfolgreiche Revisionseinlegung darauf hingewirkt hat, dass die Berufungsentscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das LG zurückverwiesen wurde, wo die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel dann zurücknimmt (LG Dresden RVGreport 2010, 69 = AGS 2010, 131 = StRR 2010, 239 = RVGprofessionell 2010, 27; a.A. aber OLG Dresden RVGreport 2011, 23 = AGS 2011, 66 = RVGprofessionell 2010, 187 = VRR 2011, 38),
  • Teilnahme des RA an Erörterungen nach §§ 160b, 202a, 212 StPO, die zu einer Verständigung/Einstellung des Verfahrens führen (vgl. zur Abrechnung im Verständigungsverfahren nach § 57c StPO Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Verständigung im Straf- und Bußgeldverfahren, Abrechnung, Rn. 2270).

Nicht ausreichend sind hingegen bzw. sollen sein:

  • das bloße Abraten, ein Rechtsmittel einzulegen (so OLG Nürnberg RVGreport 2009, 464Rpfleger 2009, 645 = VRR 2009, 399StRR 2010, 115; StRR 2010, 443 [Ls,]; s. aber auch für das Nichteinlegen eines Rechtsmittels in einem anderen Verfahren AG Berlin-Tiergarten RVGreport 2010, 140 = AGS 2010, 220 = RVGprofessionell 2010, 40 = StRR 2010, 400),
  • die bloße Bestellung als Verteidiger (insoweit zutreffend AG Hannover JurBüro 2006, 79),
  • die bloße Einsichtnahme in die Ermittlungsakte bzw. der bloße Akteneinsichtsantrag (insoweit zutreffend AG Hamburg-Barmbek RVGreport 2012, 109 = RVGprofessionell 2011, 86 = VRR 2011, 199; AG Hannover JurBüro 2006, 79; vgl. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 45),
  • wenn der Verteidiger des Beschuldigten lediglich seine Mandatierung angezeigt, Akteneinsicht gefordert und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt hat (AG Wiesbaden AGS 2014, 64 = VRR 2014, 159 = StRR 2014, 276 = RVGreport 2014, 274),
  • ein unbegründeter Einstellungsantrag (AG Hamburg-Barmbek, a.a.O.; vgl. AG Viechtach, AGS 2006, 289 für Einspruch ohne Begründung),
  • der Hinweis des RA auf Verfolgungsverjährung, da dann die Anwaltstätigkeit nicht kausal geworden sei, weil es dieses Hinweises nicht bedürfe, da die Verjährungsfristen den Bußgeldbehörden grds. bekannt seien (so unzutreffend AG Köln AGS 2010, 75 = JurBüro 2010, 137),
  • der nur interne Rat zum Schweigen (AG Hamburg-Barmbek, a.a.O.; s. auch oben Rn. 7).
b) Exkurs: Rat zum Schweigen

Nicht ganz eindeutig ist, wie mit dem „Rat zum Schweigen“ umzugehen ist. Zutreffend ist es m.E. mit der h.M. auch den Rat zum und das auf Anraten des Verteidigers erfolgende „gezielte Schweigen“ als Mitwirkung i.S.d. Nr. 4141 VV RVG anzusehen (BGH RVGreport 2011, 182 = AGS 2011, 128 m. teilw. abl. Anm. N. Schneider = VRR 2011, 118 = StRR 2011, 201 [für Nr. 5115 VV]; AG Charlottenburg StraFo 2007, 307 = RVGreport 2009, 273 = VRR 2007, 199; AG Hamburg-Barmbek RVGreport 2012, 109 = RVGprofessionell 2011, 86 = VRR 2011, 199; s. auch AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 47; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 6; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV RVG Rn. 12; Bischof/Uher, RVG, 6. Aufl., Nr. 5115 – 5116 VV Rn. 30b; Mayer/Kroiß/Kroiß, Nr. 5100 – 5200 VV RVG Rn. 18; Hartmann, Kostengesetze, Nr. 5115 VV RVG Rn. 1; Hartung/Schons/Enders/Hartung, Nr. 5115 VV Rn. 10; inzidenter AG Rotenburg AGS 2006, 288 m. Anm. Madert und ähnlich LG Oldenburg RVGreport 2013, 320 = VRR 2013, 316 = RVGprofessionell 2013, 114 = AGS 2013, 408). Denn für die Mitwirkung reicht jeder Rat des Verteidigers. Das ist dann selbstverständlich auch der Rat an den Mandanten zu schweigen. Wenn demgegenüber argumentiert wird, die Einstellung sei in diesen Fällen nicht aufgrund der Mitwirkung des Verteidigers, sondern aufgrund der Entscheidung der jeweiligen Ermittlungsbehörde, keine weiteren Ermittlungen anzustellen, erfolgt, ist das zu vordergründig (so aber AG Halle AGS 2007, 77, 85; AG Hannover JurBüro 2006, 79 m. Anm. Enders; AG Meinerzhagen AGS 2007, 454 = RVGreport 2008, 146 = RVGprofessionell 2007, 67). Mit dem Argument könnte der Anfall der Befriedungsgebühr immer verneint werden, das die Einstellung des Verfahrens immer aufgrund einer Entscheidung der Ermittlungsbehörden erfolgt.

Der Rat zum Schweigen soll nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) aber dann nicht zum Anfall der zusätzlichen Gebühr führen, wenn unabhängig von der Einlassung des Beschuldigten/Betroffenen offenkundig ist, dass dieser die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen haben kann. Die Beweislast dafür trägt der Gebührenschuldner. Diese Rechtsprechung des BGH führt m.E. zu Abgrenzungsschwierigkeiten und letztlich dazu, dass damit inzidenter die Erforderlichkeit der »Ursächlichkeit der Mitwirkung« gefordert wird (vgl. dazu oben 3; krit. auch N. Schneider, AGS 2011, 129 in der Anm. zu BGH, a.a.O.). Das AG Hamburg-Barmbek (RVGreport 2012, 109 = RVGprofessionell 2011, 86 = VRR 2011, 199) geht zudem ausdrücklich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) davon aus, dass der nur interne Rat zum Schweigen nicht ausreicht. Deshalb sollte der Verteidiger die Entscheidung des Mandanten, dass er sich nicht zur Sache einlassen wird, den Ermittlungsbehörden mitteilen (vgl. dazu auch die o.a. Rspr. der AG Bremen AGS 2003, 29 m. zust. Anm. Schneider und AG Charlottenburg StraFo 2007, 307 = RVGreport 2007, 273).

IV. Gebührenhöhe

1. Anknüpfungspunkt

Als zusätzliche Gebühr erhält der RA nach Nr. 4141 VV RVG eine Verfahrensgebühr. Die Höhe dieser Gebühr bemisst sich nach Anm. 3 Satz 1 nach Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung entbehrlich geworden ist (vgl. zur Berechnung Burhoff/Schneider AGS 2005, 434). Daran hat sich durch die Änderungen in der Nr. 4141 VV RVG durch das 2. KostRMoG nichts geändert. Die neue Formulierung – nicht mehr „in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr“, sondern „nach dem Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist“ ist nur eine Klarstellung und zugleich eine Anpassung an die Nr. 1006 VV RVG (BT-Drucks. 17/13357, S. 16; vgl. dazu Burhoff StRR 2013, 84 = VRR 2013, 287; ders., RVGreport 2013, 330). Die Anknüpfung an den Rechtszug, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist, ist im Übrigen, da dem Verteidiger ja die Terminsgebühr dieser Instanz verloren geht, nur folgerichtig.

Beispiel 3:

Der Angeklagte wird vom LG verurteilt. Er sucht nun RA R auf, der für ihn gegen das Urteil Revision einlegt. Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe rät RA R seinem Mandanten, die Revision zurückzunehmen. Die Revision wird zurückgenommen.

Lösung:

RA R kann folgende Gebühren abrechnen: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG und zusätzliche Verfahrensgebühr/Befriedungsgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG. Deren Höhe bemisst sich nach Nr. 4141 Anm. 3 Satz 1 VV RVG nach Nr. 4130 VV RVG bemisst und nicht etwa nach Nr. 4112 VV RVG. Außerdem ist eine Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG entstanden.

Etwas anderes gilt für das vorbereitende Verfahren. Dort ist nämlich nicht auf die Nr. 4104 VV RVG abzustellen, sondern auf die Verfahrensgebühren der Nr. 4106 ff. VV RVG . Es ist also zu fragen, welcher Rechtszug eingeleitet worden wäre, wenn sich das Verfahren nicht erledigt hätte (s. auch Burhoff AGS 2005, 434; a.A. noch Schneider AGS 2005, 434; wie hier jetzt AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 159; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 49; Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn. 87). Denn die jeweilige Terminsgebühr geht dem Verteidiger/RA verloren.

2. Zuschlag/mehrere Auftraggeber

Die zusätzliche Verfahrensgebühr entsteht ohne (Haft-)Zuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV. Der Umstand, dass sich der Mandant ggf. nicht auf freiem Fuß befindet, bleibt also außer Betracht. Das ist ausdrücklich in Anm. 3 Satz 3 bestimmt.

Eine Änderung hat das 2. KostRMoG hinsichtlich der Anwendbarkeit der Nr. 1008 VV gebracht. Bis zur Änderung der Anm. 3 durch das 2. KostRMoG konnte auf die Nr. 4100 VV RVG die Regelung des § 7 i.V.m. Nr. 1008 VV RVG angewendet werden. Das hatte zur Folge, dass sich auch die Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG erhöhte, wenn der RA in derselben Angelegenheit mehrere Personen vertreten hat. Das hatte im Strafverfahren namentlich bei Vertretung mehrerer Nebenkläger Bedeutung. Diese Erhöhung ist durch die ausdrückliche Regelung in Anm. 3 Satz 3, wonach Nr. 1008 VV RVG nicht zu berücksichtigen ist, weggefallen. Diese (Neu)Regelung entspricht der Regelung in Nr. 1006 Anm. 1 Satz 3 VV RVG (vgl. BT-Drucks. 17/13537, S. 15).

3. Festgebühr für den Wahlanwalt

Der Wahlanwalt erhält die Gebühr als Betragsrahmengebühr. In Nr. 4141 Anm. 3 Satz 2 VV RVG ist ausdrücklich festgelegt, dass sich „die Gebühr nach der Rahmenmitte“ bemisst. Die Umstände des Einzelfalls, die sonst über § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen wären, sind also ohne Bedeutung. Es handelt sich also um eine Festgebühr in Höhe der Rahmenmitte (KG JurBüro 2012, 466 = StRR 2011, 438 = VRR 2011, 438; LG Dresden RVGreport 2010, 454 = RVGprofessionell 2011,30 [für Nr. 5115 VV]; LG Verden, Beschl. v. 7. 4. 2008 – 1 Qs 218/07 [für Nr. 5115 VV]; AG Hamburg RVGreport 2006, 351 = AGS 2006, 439; AG Stuttgart AGS 2008, 547 = RVGreport 2008, 430 = VRR 2008, 400; AG Weilburg AGS 2007, 561; Burhoff, RVGreport 2005, 401; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn. 156; Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4141 Rn. 50; Burhoff/Burhoff, RVG Nr. 4141 VV Rn. 90; Hartmann, Kostengesetze, 44, Aufl. 2014, Nr. 4141 VV RVG Rn. 12; unzutreffend a.A. – allerdings ohne Begründung – OLG Stuttgart AGS 2010, 292 m. abl. Anm. N. Schneider, AGS 2010, 295 = RVGreport 2010, 263 = VRR 2010, 320; LG Berlin Beschl. v. 22. 3. 2012 - 517 Qs 5/12; LG Leipzig AGS 2010, 19 [st. Rspr.]; LG Oldenburg RVGreport 2011, 337 = VRR 2011, 400 = AGS 2011, 598; VRR 2013, 316 = RVGreport 2013, 320 = RVGprofessionell 2013, 114; AG Viechtach/LG Deggendorf RVGreport 2005, 431 = AGS 2005, 504 m. Anm. Schneider; AGS 2006, 130; s. aber AGS 2007, 83, wo ohne nähere Begründung – im OWi-Verfahren – die Befriedigungsgebühr i.H.d. Mittelgebühr gewährt worden ist).


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