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RVG Entscheidungen

Nr. 7000 VV

Dokumentenpauschale; Einscannen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 26. 6. 2006, 1 Ws 261/06

Fundstellen:

Leitsatz: Die Dokumentenpauschale gemäß Nr. 7000 VV RVG entsteht auch dann steht, wenn die Vervielfältigung durch Einscannen und Abspeichern als Datei hergestellt wird.


1 Ws 261/06
Oberlandesgericht Bamberg
BESCHLUSS
des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Bamberg
vom 26. Juni 2006
in dem Strafverfahren gegen


1. I.

Pflichtverteidiger:
Rechtsanwalt J., Würzburg,
und
Rechtsanwalt W, Marienplatz 1, Würzburg,


2. M.

Pflichtverteidiger:
Rechtsanwalt S., Würzburg,
und
Rechtsanwalt R., Würzburg,

wegen Betruges u. a.,
hier: Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts.


1. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 29. März 2006 wird verwor-fen.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:

I.

Rechtsanwalt R. beantragte mit Schriftsatz vom 30.11.2005 die Festsetzung der Vergütung als gerichtlich bestellter Verteidiger auf 5.024,19 EUR. Mit Beschluss vom 03.02.2006 setzte das Landgericht Würzburg die Vergütung auf 2.402,36 EUR fest. Gegen diesen ihm am 06.02.2006 zugestellten Beschluss legte der Rechtsanwalt R. am 09.02.2006 Erinnerung ein. Mit Beschluss vom 29.03.2006 setzte die 5. Strafkammer des Landgerichts Würzburg daraufhin die Vergütung unter Zurückweisung der Erinnerung im Übrigen auf 3.092,21 EUR fest.

Gegen diesen an sie am 13.04.2006 abgesendeten Beschluss legte die Bezirks-revisorin bei dem Landgericht Würzburg mit einem am 19.04.2006 eingegange-nen Schreiben vom 18.04.2006 Beschwerde ein, soweit das Landgericht Kopie-kosten in Höhe von 293,85 EUR festgesetzt hatte.

Das Rechtsmittel wird im Wesentlichen damit begründet, die Einspeicherung in den Computer bzw. auf CD erfülle nicht die Voraussetzungen zur Erstattung der Dokumentenpauschale. Bei einer abgespeicherten Datei handle es sich lediglich um ein Zwischenprodukt, nicht jedoch um eine Ablichtung oder einen Ausdruck im Sinn der Nr. 7000 RVG VV.

Die Bezirksrevisorin bei dem Oberlandesgericht Bamberg hebt in ihrer Stellung-nahme vom 11.05.2006 im Wesentlichen darauf ab, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung der Nr. 7000 RVG VV ersichtlich nicht die einfache Abspeiche-rung eingescannten Schreibwerks im Sinn gehabt habe. Nach dem Wortlaut und unter Berücksichtigung des früheren § 27 BRAGO, der durch die Neuregelung in-haltlich nicht habe geändert werden sollen, sei in Nr. 1 der Nr. 7000 RVG VV aus-schließlich auf die Papierform abgestellt. Für den Fall des Einscannens und Ab-speicherns als elektronische Datei fehle eine gesetzliche Regelung.


II.

Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3, Abs. 2, 45 RVG), sie ist aber nicht begründet.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts Würzburg, dass die Dokumen-tenpauschale gemäß Nr. 7000 RVG VV auch dann entsteht, wenn die Vervielfälti-gung durch Einscannen und Abspeichern als Datei hergestellt wird.

Nach Nr. 7000 Nr. 1a RVG VV entsteht die Pauschale für die Herstellung von Do-kumenten für Ablichtungen.
Wie bei einer Fotokopie handelt es sich auch bei einer Datei um ein Dokument, weil die abgespeicherten Daten dem Verteidiger den Zugriff auf den Akteninhalt ermöglichen und diesen damit dokumentieren.
Auch kann das Einscannen unter den gesetzlichen Begriff „für Ablichtungen“ sub-sumiert werden, da es sich bei einem Scanner um ein Gerät zur optischen Daten-erfassung handelt.
Der Wortlaut der Neuregelung spricht damit nicht gegen eine Anwendung der Vorschrift bei der Herstellung von Dokumenten durch Einscannen von Gerichtsak-ten auf einen Datenträger.
Der Wortlaut der Regelung gibt insbesondere nichts dafür her, dass ein Doku-ment in Papierform, sei es durch Fotokopie oder durch Ausdruck hergestellt wer-den müsse.


Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebietet ihre Anwendung auf das Scannen. Mit der Dokumentenpauschale soll nämlich der Aufwand an Arbeitszeit und an Material abgegolten werden. Der Zeitaufwand beim Einscannen entspricht ohne weiteres dem des Fotokopierens. Hier wie dort muss Seite für Seite auf das Gerät entweder manuell oder durch automatischen Einzug aufgelegt werden. Auch fal-len beim Einscannen Materialkosten an, wie die vorgehaltenen Geräte und die Datenträger.

Es wäre im Übrigen auch vom Ergebnis her nicht einzusehen, dass ein Rechts-anwalt, der sich moderner technischer Hilfsmittel bedient, seine mit herkömmli-chen Arbeitsprozessen vergleichbaren Aufwendungen nicht abrechnen könnte. Dies könnte im Übrigen dazu verleiten, mit nur geringem zusätzlichen Zeitauf-wand nur zum Zweck der Abrechnung einen neben den gespeicherten Dateien zur Bearbeitung der Rechtssache an sich nicht notwendigen Aktenausdruck zu erstellen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Würzburg zitierten „Diskussionsforum Burhoff online Teil 7 VV – Scannen von Akten“. In diesem Diskussionsforum vertritt ein Forumsmitglied un-ter Bezugnahme auf Hansen/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 18, Rn. 64, die Auffassung, das Zwischenprodukt PDF-Datei sei selbst keine Ab-lichtung. Die zitierte Literaturstelle gibt jedoch für diese Auslegung nichts her. Es heißt dort im Gegenteil, dass man – über den Gesetzeswortlaut hinaus – sämtli-che Arten der Vervielfältigung ohne Rücksicht auf die Art der Herstellung als Ab-lichtung wird ansehen müssen, insbesondere (u. a.) die Vervielfältigung mittels Scanner. Dass aber auch die Abspeicherung auf Datenträgern eine Vervielfälti-gung darstellt, ist allgemein anerkannt (für das Urheberrecht: Dreier/ Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 16 Rn 7 m.w.N.). In seiner Entscheidung vom 5.7.2001 zu einer urheberrechtlichen Frage führt der Bundesgerichtshof aus: „Mit Recht hat das BerGer. angenommen, dass es sich bei den von der Bekl. vertriebnen Scannern um Vervielfältigungsgeräte handelt, also um Geräte, die dazu bestimmt sind, ge-schützte Vorlagen durch Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wir-kung zu vervielfältigen …“ (BGH GRUR 2002, 246 ff).

Das Landgericht hat demnach zu Recht das Einscannen von Akten gemäß RVG VV Nr. 7000 als vergütungsfähig anerkannt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.








Einsender: VorsRiOLG Brustmann, Bamberg

Anmerkung:


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