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RVG Entscheidungen

Gebühren-/Kostenfragen - Kostenentscheidung

Kostentragungspflicht, Angeklagter, Ermittlungsmaßnahmen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Naumburg, Beschl. v. 04.05.2015 - 1 Ws (s) 74/15

Leitsatz: Der gemäß § 465 Abs. 1 StPO zur Kostentragung verpflichtete Angeklagte hat grundsätzlich alle Kosten und Auslagen des Ermittlungsverfahrens zu tragen hat, die wegen des Verdachts der Straftat geführt worden sind, selbst wenn die Ermittlungen in eine sich nicht bestätigende Verdachtsrichtung geführt worden sind.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
BESCHLUSS
1 Ws (s) 74/15 OLG Naumburg
112 Ws 64/15 GenStA
In der Strafsache
des pp.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg
am 04. März 2015
durch beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die mit Urteil der 8. großen Strafkammer — Schwurgericht — des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 25. Juli 2014 getroffene Kostenentscheidung wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Die 8. große Strafkammer — Schwurgericht — des Landgerichts Dessau-Roßlau hat den Ange-klagten mit Urteil vom 25. Juli 2014 (8 Ks 116 Js 12443/11) der gefährlichen Körperverletzung und der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe verhängt. Gleichzeitig hat die Kammer bestimmt, dass der Angeklagte die Kosten des Verfahrens mit der Maßgabe zu tragen hat, dass die Gebühr für das Revisionsverfahren um ein Viertel reduziert wird und er von den sonstigen Kosten des Revisionsverfahrens drei Viertel zu tragen hat. Ein Viertel der dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen sind der Staatskasse auferlegt worden.

Zuvor war auf die Revision des Angeklagten mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2013 (4 StR 390/13) das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 29. November 2012, mit dem der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden war, mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.

Gegen das Urteil vom 25. Juli 2014 erhob der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 01. August 2014, der am selben Tag bei dem Landgericht Dessau-Roßlau eingegangen ist, sowohl Revision als auch eine sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Urteils, soweit dem Angeklagten auch die mit dem Mantrailing im Zusammenhang stehenden Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind. Die Revision nahm der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 10. Dezember 2014 zurück.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 18. Februar 2015 (112 Ws 64/15) beantragt, die sofortige Beschwerde des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist zulässig (§§ 464 Abs. 3 Satz 1, 311 StPO), wobei die Rücknahme der Revision, mit der die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht entfällt, zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als übergeordnetes Beschwerdegericht führt (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 464 Rn 25, 25a). Auch hat die Rücknahme der Revision keine Auswirkungen auf die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung, weil beide Rechtsmittel unabhängig voneinander sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. 0., § 464 Rn 20f).

Die Beschränkung der Beschwerde allein auf die Frage, ob der Angeklagte die durch das Mantrailing entstanden Kosten und Auslagen als Verfahrenskosten zu tragen hat, ist zulässig, weil die Auferlegung der durch einzelne Untersuchungen entstandenen Auslagen auf die Staatskasse nach Billigkeitserwägungen gemäß § 465 Abs. 2 StPO grundsätzlich mit der Kostengrundentscheidung im Urteil zu erfolgen hat und der Angeklagte die Auferlegung einzelner Auslagen nicht erst im Kostenansatzverfahren rügen kann (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 16.07.2010, 1 Ws 189/10; KG, Beschluss vom 23.12.2008, 1 Ws 1/07 — beide zitiert nach juris).

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht davon abgesehen, die durch den Einsatz der Mantrailerhunde im Ermittlungsverfahren verursachten Auslagen ganz oder teilweise gemäß § 465 Abs. 2 StPO der Staatskasse aufzuerlegen. Danach hat das Gericht durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände entstandene Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen sind und es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Einsatz der Mantrailerhunde ist bereits nicht zugunsten des Angeklagten ausgegangen, soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung verurteilt worden ist. Dass die Verurteilung weniger schwer wiegt als der ursprüngliche mit der Anklageschrift erhobene Tatvorwurf — wie hier des Mordes — genügt dabei nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.1981, 3 StR 341/81 — zitiert nach juris).

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 18. Februar 2015 u. a. hierzu ausgeführt:
„Dass die Kammer die im Revisionsverfahren entstandenen Auslagen und Kosten nach § 473 Abs. 4 StPO gequotelt hat, lässt die Kostentragungspflicht des Angeklagten für das erstinstanzliche Verfahren unberührt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 29. November 2012 nicht wegen Fehler der Beweiserhebung oder solche der Beweisaufnahme, sondern wegen Verstoßes gegen § 275 Abs. 1 StPO und damit wegen Verletzung von Verfahrensrecht aufgehoben (Bd. IX Bl. 148 ff. d. A.). Damit wiederum ist die Prognose, die Rüge der Verletzung materiellen Rechts hätte der Revision zum Erfolg verholfen, nicht belegbar, sodass kein Anlass besteht, die Kosten des Verfahrens 1. Instanz der Staatskasse aufzubürden. Soweit der Angeklagte meint, einzelne Ermittlungshandlungen wie der Einsatz der Mantrailerhunde sei von vornherein unnütz und nicht beweiserheblich gewesen, weshalb er die Kosten insoweit nicht tragen müsse, geht diese Ansicht überdies fehl. Die aus dem Einsatz solcher Hunde gewonnenen Erkenntnisse stützten den dringenden Tatverdacht gegen und flossen deshalb in den Haftbefehl des Amtsgerichts Köthen vom 26. August 2011 ein (BI. 3 d. Haftsonderhefts). Die außerordentlichen Fähigkeiten jener Hunde wurden ebenfalls im Verfahren über die Haftbeschwerde berücksichtigt (BI. 7 f. d. SH „Befangenheit"). Dass sich das Schwurgericht die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten aufgrund zahlreicher anderer, dem Beweise zugänglicher Anknüpfungstatsachen verschafft hat, bedeutet nicht, sie habe andere Beweise gänzlich unbeachtet gelassen oder selbige sogar für unzulässig erachtet. Die schriftlichen Urteilsgründe dienen nämlich nicht dazu, sämtliche Erwägungen des erkennenden Gerichts bis ins kleinste Detail zu dokumentieren."

Dem schließt sich der Senat an und weist ergänzend darauf hin, dass der gemäß § 465 Abs. 1 StPO zur Kostentragung verpflichtete Angeklagte grundsätzlich alle Kosten und Auslagen des Ermittlungsverfahrens zu tragen hat, die wegen des Verdachts der Straftat geführt worden sind, selbst wenn die Ermittlungen in eine sich nicht bestätigende Verdachtsrichtung geführt worden sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.12.2012, 111-1 Ws 286/12; OLG Schleswig, Beschluss vom 20.06.2002, 1 Ws 102/02 — beide zitiert nach juris). Gemäß § 464a Abs. 1 Satz 2 StPO gehören zu den Kosten des Verfahrens auch diejenigen, die durch die Vorbereitung der öffentlichen Klage entstanden sind und damit alle Kosten des Ermittlungsverfahrens einschließlich der Auslagen der Polizei (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. 0., § 464a Rn 2). Hierzu gehören auch die Auslagen der Polizei für den Einsatz der Mantrailerhunde, auch wenn das Landgericht das Ergebnis des Mantrailing letztendlich im Urteil nicht mehr berücksichtigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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Ausgef
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als Urkun&ibear
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Einsender: RA M. Gregor, Aken

Anmerkung:


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