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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Bewährungsaussetzuung, Absehen, Angaben über Verbleib der Beute, Kennenmüssen von Tatsachen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.07.2010 - III-4 Ws 573/09,

Fundstellen:

Leitsatz: Von der an sich gebotenen Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes kann nicht nur dann abgesehen werden, wenn der Verurteilte Tatsachen kennt und nicht offenbart, die einen Zugriff auf die Beute ermöglichen oder erleichtern können, sondern auch, wenn der Verurteilte nichts unternimmt, um die Kenntnis zu erlangen.


In pp.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 20. Dezember 2006 zur Bewährung wird abgelehnt.
Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kleve die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 20. Dezember 2006, durch welches der Beschwerdegegner wegen gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Computerbetruges in Tateinheit mit Datenveränderung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden war, mit Ablauf von zwei Dritteln der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit hat das Landgericht auf drei Jahre bestimmt, den Verurteilten der Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt und ihm auferlegt, einen Geldbetrag von 20.000 € in zwei Raten á 10.000,- € zu zahlen. Nach den vom Landgerichts Osnabrück in dem zu vollstreckenden Urteil getroffenen Feststellungen hatte der Verurteilte gemeinsam mit mehreren Mittätern einen Gesamtschaden von 12.858.459 € durch den Einsatz illegaler Autodialer verursacht und hiervon mindestens 884.205 € zur eigenen Verfügung erlangt.
Mit ihrer hiergegen form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde macht die Staatsanwaltschaft geltend, eine Aussetzung der Reststrafe habe nicht erfolgen dürfen, weil der Verurteilte unzureichende Angaben zum Verbleib der von ihm ertrogenen Beute gemacht habe.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Der Senat teilt zunächst die von der Staatsanwaltschaft im Übrigen nicht angegriffene Bewertung der Strafvollstreckungskammer, dass dem Verurteilten als Erstverbüßer und aufgrund der andauernden Bewährung im offenen Vollzug als Freigänger im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich eine günstige Sozialprognose erteilt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den angefochtenen Beschluss vom 30. 10. 2009 Bezug genommen.
2. Der Senat ist jedoch wie die Staatsanwaltschaft der Auffassung, dass hier ein Fall gegeben ist, in welchem das Gericht von der an sich gebotenen Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes absehen kann, weil der Verurteilte unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die dem Verfall unterliegen oder - wie hier - nur deshalb nicht unterliegen, weil den Verletzten aus den Taten Ansprüche der in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bezeichneten Art erwachsen sind (§ 57 Abs. 6 StGB).
a) Der Vorschrift des § 57 Abs. 6 StGB liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Straftaten nicht positiv auf die Finanzlage des Delinquenten auswirken sollen. Deshalb ist es einem Täter, der die Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung begehrt, zuzumuten, nach Kräften an der Aufklärung hinsichtlich des Verbleibs der Beute mitzuwirken. Dass Schadensersatzansprüche der durch den illegalen Autodialereinsatz Geschädigten hinreichend durch die 200.000 €, auf deren Rückzahlung der Verurteilte verzichtet hat, abgedeckt sein sollen, ist nicht hinreichend belegt, überdies aber auch nicht von Bedeutung. Die Regelung des § 57 Abs. 6 StGB dient nämlich nicht nur den Belangen des Opfers, sondern auch einer wirksamen Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung (OLG Zweibrücken NStZ 1999, 104; Terhorst JR 1988, 295 f.). Unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib der Beute macht ein Täter bereits dann, wenn er sein Wissen über Tatsachen nicht offenbart, die einen Zugriff auf die Beute ermöglichen oder erleichtern können (vgl. OLG Düsseldorf OLGSt StGB § 57 Nr. 31; OLG Hamburg ZfStrVo 1992, 67).
Bloße Mutmaßungen, dass noch Teile des aus der Straftat Erlangen vorhanden sind und der Verurteilte über den Verbleib unzureichende oder falsche Angaben gemacht hat, reichen für die Anwendung des § 57 Abs. 6 StGB nicht aus, vielmehr bedarf es in einem solchen Fall einer gesicherten Tatsachengrundlage und des Vorliegens einer für die richterliche Überzeugungsbildung ausreichenden Gewissheit (vgl. Brandenburgisches OLG NStZ 1996, 405 ff.; OLG Celle NdsRpfl. 1991, 207 f.). Der Verurteilte hat diejenigen Tatsachen mitzuteilen, die ihm bekannt sind (Hubrach in LK, 12 Aufl., § 57 Rn. 62). Der Senat geht darüber hinaus davon aus, dass die Kenntnis von Tatsachen deren Kennenmüssen gleich steht. Denn es kann nicht angehen, dass sich der Verurteilte absichtlich in Unkenntnis des Verbleibs der Beute hält und zumutbare Nachforschungen während der Inhaftierung unterlässt, um nicht Gefahr zu laufen, sein Wissen im Hinblick auf § 57 Abs. 6 StGB offenbaren zu müssen. Wie bereits in dem Urteil des Landgerichts Osnabrück festgestellt, kam dem Verurteilten innerhalb der Bande im Zuge des arbeitsteiligen Vorgehens u.a. die Aufgabe zu, den Verbleib der erzielten Erlöse durch Gründung eines umfangreichen Firmengeflechts, in dem Gelder hin- und hergeleitet wurden, zu verschleiern. Da in derartigen Fällen der Verbleib der aus der Straftat erlangten Beute ohne umfängliche Mitwirkung des Verurteilten nicht möglich ist, besteht im Gegenzug für diesen eine gesteigerte Aufklärungspflicht, wohin die Gelder gelangt sind. Diese Pflicht hat der Verurteilte bisher nicht erfüllt. Der Senat ist überzeugt, dass der Verurteilte über die noch vorhandene Beute nicht umfassend Auskunft erteilt hat.
Nachweisbar geklärt ist der Verbleib von 200.000 €, da der Verurteilte insoweit auf die Rückzahlung einer in dieser Höhe geleisteten Kaution verzichtet hat. Darüber hinaus hat der Verurteilte 40.000 € in bar im Besitz sowie bislang Verfahrenskosten in Höhe von ca. 40.000 € geleistet.
Insbesondere über ausländische Vermögenswerte hat der Verurteilte jedoch nur unzulänglich Auskunft erteilt. So hat der Verurteilte im dritten Quartal des Jahres 2004 etwa 1,6 Millionen USD an seinen Mittäter zu Händen des auf Immobiliengeschäfte spezialisierten Anwaltes überwiesen. Von diesem Geld wollten der Verurteilte und R. gemeinsam ein Einkaufszentrum in Pembroke Pines, Miami/USA errichten, wobei R. einen ebenso hohen Betrag beisteuern wollte. Der Verurteilte hat angegeben, dass sein Mittäter tatsächlich als Treuhänder für ihn ein Grundstück in Miami/USA gekauft habe. Näheres zu dieser Immobilie könne er nicht sagen, weil R. insoweit die Antwort auf entsprechende Fragen verweigere. Im Jahre 2009 habe R. das Grundstück ohne sein Wissen gegen ein Tankstellengrundstück getauscht. Wo sich dieses Grundstück befinde, könne er ebenfalls mangels Mitwirkung des
R. nicht sagen. Auskünfte seien in Anbetracht eines laufenden Strafverfahrens gegen R. von diesem nicht zu erwarten. Auch der Verteidiger des R., Herr S., habe bestätigt, dass Angaben zur Vermögenslage derzeit nicht abgegeben würden.
Belege, die seine Behauptungen zu den in den USA getätigten Grundstücksgeschäften stützen, hat der Verurteilte nicht beigebracht. Der Verurteilte hat auch nicht alles zur Aufklärung Erforderliche getan. Denkbar wäre neben der – erfolglos gebliebenen – Kontaktierung des R. und seines Rechtsanwaltes eine Grundbuchrecherche in den USA gewesen. Diese Aufklärung wäre auch ohne aktive Mithilfe des R. möglich.
Ein Anlass, bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück nachzufragen, ob die im Juli 2007 beantragte Durchsuchung der Geschäftsräume des R. und des Z. zu einem Ergebnis geführt haben, bestand für den Senat nicht. Sollten Erkenntnisse daraus vorliegen, mögen diese durch den Verteidiger des Verurteilten vorgetragen werden.
b) Es besteht keine Veranlassung, die Reststrafe trotz der unzureichenden Angaben auszusetzen. Die Vorschrift des § 57 Abs. 6 StGB ist zwar als Ermessensvorschrift ausgelegt. Hier liegt aber kein Fall vor, in dem das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts dahin reduziert wäre, dass allein eine Strafaussetzung zur Bewährung aus Gründen der Fairness in Betracht käme. Die Schaffung eines Ausgleichs durch eine höhere Geldauflage oder eine Abtretung der gegen den Mittäter R. oder den Anwalt Z. bestehenden Ansprüche kommt nicht in Betracht, da insoweit keine näheren Erkenntnisse vorliegen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.


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