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Entscheidungen

Gebühren

Honorarvereinbarung, angemessener Stundensatz

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2010 - 5 U 1409/09

Fundstellen:

Leitsatz: Ein Stundensatz bis zu 250,00 Euro in der Vergütungsvereinbarung mit einem Strafverteidiger begegnet grundsätzlich keinen Bedenken.


In pp.
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18. November 2010 wird zurückgewiesen.
2.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt
34.584,37 €.
Gründe:
Die Berufung ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 21. April 2010 unbegründet.
I.
Der Beklagten wurde in dem Strafverfahren 2050 Js 70870/04.26 Ls StA Koblenz Untreue in mehreren Fällen zur Last gelegt. Das Wirtschaftsschöffengericht bei dem Amtsgericht Koblenz verurteilte sie am 21. Februar 2007 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Anschließend beauftragte sie die klagende Anwaltspartnergesellschaft mit ihrer Verteidigung im Berufungsverfahren. Gestützt auf eine schriftliche Honorarvereinbarung vom 2. April 2007 (B l. 9 GA) hat die Klägerin die Beklagte für die Vertretung im Berufungsverfahren auf Zahlung eines Honorars von (j etzt noch) 34.584,37 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Strafverfahren ist unter Änderung des Schuldspruchs und Herabsetzung der Freiheitsstrafe auf 1 Jahr und 6 Monate rechtskräftig beendet worden. Die Vollstreckung dieser Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
II.
Das Landgericht hat der Honorarklage mit der Begründung stattgegeben, die Vereinbarung vom 2. April 2007 sei weder sittenwidrig ( § 138 BGB ) noch sei die Vergütung unangemessen hoch ( § 3 a Abs. 2 RVG ).
III.
Das bekämpft die Berufung ohne Erfolg. Zutreffend weist die Berufungserwiderung darauf hin, dass die Rechtsmittelbegründung der Beklagten sich über weite Strecken darauf beschränkt, höchstrichterliche Entscheidungen wiederzugeben und darzulegen, das Landgericht habe diese nicht oder nicht hinreichend beachtet. Damit löst die Berufung sich von den allein entscheidungserheblichen Umständen des vorliegenden Falles, die vom Landgericht richtig gesehen und gewürdigt worden sind. Im Einzelnen:
1. Dass die Beklagte die Honorarvereinbarung in einer Zwangslage unterzeichnete ( § 138 Abs. 2 BGB ), hält der Senat für ausgeschlossen. Die Hauptverhandlung erster Instanz lag annähernd 6 Wochen zurück als die Beklagte die Vereinbarung am 2. April 2007 unterschrieb. Sie hatte also genügend Zeit, das Für und Wider eines Anwalts- und Strategiewechsels im Verteidigungskonzept zu erwägen und dabei in ihre Überlegungen auch die Frage einzubeziehen, ob sie trotz der seinerzeit ungewissen Erfolgsaussicht bereit war, die Klägerin zu den von dieser vorgegebenen Konditionen zu beauftragen.
2. Dass andere Umstände, die unter § 138 Abs. 2 BGB subsumiert werden könnten, vorlagen, ist fern liegend. Den Feststellungen zum persönlichen Werdegang der Beklagten in den Strafurteilen erster und zweiter Instanz entnimmt der Senat, dass sie lebenserfahren und geschäftsgewandt ist. Dementsprechend vermag auch die Berufung keine Umstände aufzuzeigen, die auf Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen oder gar eine erhebliche Willensschwäche deuten.
3. Die Berufung wiederholt, die vereinbarten Stundensätze von 400 € (anwaltliche Tätigkeit eines Partners der Klägerin) und 250 € (anwaltliche Tätigkeit eines Mitarbeiters der Klägerin) seien in rechtlich zu beanstandender Weise überhöht.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Frage, ob der Partner – Stundensatz von 400 € Bedenken begegnet, kann offen bleiben. Keiner der Partner ist tätig geworden; dementsprechend hat das Landgericht der Klägerin auch nur den Höchstsatz von 250 € für Tätigkeiten anwaltlicher Mitarbeiter zuerkannt.
Soweit die Beklagte den hierfür berechneten Stundensatz unter Hinweis auf ein unter anderem in AGS 2010, 109 ff abgedrucktes Urteil des OLG Düsseldorf vom 18. Februar 2010 (I -24 U 183/05 ) bekämpft, ist das ohne Erfolg.
Gegenstand jener Entscheidung war unter anderem die Frage, ob eine 15 – Minuten Zeittaktklausel in einer Honorarvereinbarung mit einem Rechtsanwalt wirksam ist. Eine derartige Klausel enthält die hier getroffene Honorarvereinbarung nicht. Ausführungen zu § 307 BGB sind daher nicht veranlasst.
Soweit die Berufung die Angemessenheit der vereinbarten Höhe des Stundensatzes ( 250 €) bezweifelt, entnimmt der Senat dem Urteil des OLG Düsseldorf, dass die dort konsultierte Rechtsanwaltskammer Hamm dem Gericht mitgeteilt hatte, eine im August 2008 durchgeführte Erhebung habe ergeben, dass ein Stundensatz von mindestens (H ervorhebung durch den Senat) 250 € üblich sei. Gleichwohl hat das Oberlandesgericht Düsseldorf sich veranlasst gesehen, jene anwaltliche Honorarforderung beim Stundensatz erheblich zu kürzen.
Das hat Schons in einer Anmerkung zu der Entscheidung des OLG Düsseldorf kritisiert (A GS 2010, 118). Diese Kritik teilt der erkennende Senat nicht in der Diktion, jedoch in den tragenden juristischen und wirtschaftlichen Überlegungen. Stundensätze von bis zu 500 € sind je nach den Umständen des Einzelfalles nicht per se unangemessen (v gl. OLG Celle in AGS 2010, 5 ff unter Hinweis auf Mayer in Gerold u. a., RVG, 18. Aufl., § 3 a Rn. 26). Soweit der Entscheidung des OLG Düsseldorf eine andere Auffassung zugrunde liegt, kann dem nicht gefolgt werden (vgl. BverfG in NJW-RR 2010, 259 - 263).
Das Urteil des OLG Düsseldorf zwingt auch nicht dazu, von einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO abzusehen. Der Senat hält die juristischen und wirtschaftlichen Überlegungen des OLG Düsseldorf zur Höhe des vereinbarten Stundensatzes von 250 € für unzutreffend. Ob sie in jenem Fall gleichwohl Bestand haben, wird in dem beim BGH anhängigen Revisionsverfahren IX ZR 37/10 geklärt werden. Die Berufung geht daran vorbei, dass der Gegenstand des Strafverfahrens, das zu der Honorarklage bei dem OLG Düsseldorf geführt hat, in keiner Weise mit dem hier maßgeblichen Sachverhalt vergleichbar ist. Dort war der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten mit Bewährung verurteilt worden, eine zwar erhebliche, jedoch nicht die berufliche und wirtschaftliche Existenz dauerhaft gefährdende Sanktion. Dagegen hatte das Wirtschaftsschöffengericht bei dem Amtsgericht Koblenz die dort Angeklagte (j etzige Beklagte) in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt, die weitgehend hätte verbüßt werden müssen. Die These, ein Stundenhonorar von 250 € für die anwaltliche Vertretung im Berufungsverfahren gegen eine derartige Verurteilung sei unangemessen hoch, erscheint dem Senat nicht vertretbar, zumal den Tatvorwürfen sehr umfangreiche und tatsächlich und rechtlich schwer zu durchdringende Sachverhalte zugrunde lagen.
4. Die in Rechnung gestellte Stundenzahl begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Insoweit hat der Senat die ihm vorliegenden, recht umfangreichen Strafakten geprüft und festgestellt, dass Rechtsanwalt Dr. M. sich mehrmals gleichermaßen umfangreich wie qualifiziert für die damalige Angeklagte geäußert hat. Der Inhalt der jeweiligen Schriftsätze ist der Beklagten bekannt; Einzelheiten erübrigen sich daher.
Gleicht man Daten und Inhalt der für die damalige Angeklagte eingereichten Schriftsätze mit der Nachweisliste ab, die zur Begründung der Stundenzahl vorgelegt wurde, erscheinen die berechneten Stunden plausibel.
Soweit die Berufung die berechnete Stundenzahl bestreitet und hervorhebt, es komme nicht auf die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern nur auf die erforderlichen Arbeitsstunden an, verhilft das dem Rechtsmittel ebenfalls nicht zum Erfolg.
Richtig ist zwar, dass übertriebener, sachlich nicht erforderlicher Aufwand nicht zu vergüten ist. Die Berufung geht jedoch daran vorbei, dass unter diesem Aspekt keinerlei Bedenken gegen die Honorarforderung der Klägerin bestehen. Der Senat hat die Auflistung im „Tätigkeitsnachweis“ mit den in den Strafakten durch Schriftsätze oder in sonstiger Weise dokumentierten Aktivitäten verglichen und hat hiernach keine Zweifel daran, dass die insoweit berechneten Stunden auch erforderlich waren.
Soweit daneben eine Vergütung für Telefongespräche, Besprechungen und sonstige anwaltliche Tätigkeiten berechnet worden ist, kann der Auflistung der Klägerin entnommen werden, um was es sich im Einzelnen handelt. Dazu hätte die Beklagte substantiiert Stellung beziehen können und müssen. Wenn beispielsweise für bestimmte Tage Telefon- oder sonstige Gespräche mit dem Vorsitzenden Richter der Berufungskammer des Landgerichts Koblenz, dem Verteidiger erster Instanz oder gar mit der Beklagten selbst behauptet sind, kann nicht ernsthaft erwogen werden, dabei handele es sich um überflüssigen oder auch nur übertriebenen Aufwand. Dass anwaltliche Besprechungen mit der Beklagten selbst in der Absicht der Gebührenaufblähung inhaltsleer ausgeufert seien, behauptet die Rechtsmittelführerin nicht. Für die sonstigen Gespräche erscheint das fern liegend, wenn nicht gar ausgeschlossen.
Auch der Vorwurf mangelnder Überprüfbarkeit geht fehl. Jene Personen, mit denen Rechtsanwalt M. in Erfüllung des der Klägerin erteilten Auftrags sprach, hätten von der Beklagten als Zeugen befragt und benannt werden können, wenn es übertriebenen oder sonst zu beanstandenden Aufwand gegeben hätte. Anscheinend hat die Beklagte sich aber nicht die Mühe gemacht, beispielsweise den heute bei der Staatsanwaltschaft Aachen als Staatsanwalt tätigen Zeugen P. zu befragen, ob er in geringerem als dem von der Klägerin behaupteten Zeitumfang zur Erfüllung des Auftrags tätig war. Daher ist auch nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände die Rechtsanwaltskammer Koblenz zu anderen Erkenntnissen hinsichtlich der berechneten Stundenzahl kommen sollte als der erkennende Senat aufgrund der von ihm selbst vorgenommenen Auswertung der umfangreichen Strafakten.
5. Soweit die Berufung in Zweifel zieht, ob das von Rechtsanwalt Dr. M. verfolgte neue Konzept, das nicht mehr auf den vom Verteidiger erster Instanz beantragten umfassenden Freispruch zielte, sachgemäß war, ist das nicht tragfähig. Der Anwaltsvertrag ist ein Dienstvertrag, auf den die allgemeinen Vorschriften über die Schlechterfüllung ohnehin nur mit Einschränkungen angewendet werden können. Im vorliegenden Fall kann aber auch nicht ernsthaft erwogen werden, einzelne oder gar mehrere der von Rechtsanwalt Dr. M. unternommenen Schritte seien unsachgemäß und mit der damaligen Angeklagten nicht abgestimmt gewesen. Die in der Berufungsbegründung angestellte Mutmaßung, den Weg zu einem Freispruch habe Dr. M. durch die von ihm verfolgte Strategie verbaut, erscheint dem Senat abwegig. Der Senat hat den Inhalt der Strafakten geprüft und hält es hiernach für völlig ausgeschlossen, dass die damalige Angeklagte hätte freigesprochen werden können.
Es ist auch nicht tragfähig, das von Rechtsanwalt Dr. M. erzielte Ergebnis als „Teilerfolg“ abzuqualifizieren. Im Berufungsurteil der 8. kl. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 30. Januar 2008 heißt es zur Begründung der Strafaussetzung zur Bewährung:
„ Besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB sieht die Kammer darin, dass dem Verein durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit letztlich kein Steuerschaden entstanden ist und dass die Angeklagte durch die am 18. Februar 2005 erfolgte Niederlegung des Vorstandsamtes die Konsequenzen aus ihrem Fehlverhalten gezogen hat.“
Ob darin eine juristisch tragfähige Begründung der nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB erforderlichen besonderen Umstände in der Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit der Verurteilten zu sehen ist, kann bezweifelt werden. Soweit der konkrete Ablauf des Berufungsverfahrens vor und innerhalb der dortigen Hauptverhandlung anhand der Strafakten rekonstruierbar ist, deutet mehr darauf, dass der zitierte Satz lediglich das im Vorfeld der Hauptverhandlung mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht abgesprochene damalige Wunschergebnis der Beklagten umschreibt.
Dieses Ergebnis beruht zur Überzeugung des Senats ( § 286 ZPO ) allein auf den umfangreichen Schriftsätzen und den sonstigen Bemühungen des Verteidigers im Berufungsverfahren. Dass die abschließende Hauptverhandlung nur von kurzer Dauer war, ist demgegenüber unerheblich.
6. Der Hinweis auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf verfängt auch insoweit nicht, als die Beklagte aus ihr ableiten möchte, ihre Sache habe grundsätzliche Bedeutung und außerdem erfordere die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entgegen der dort eingeholten Stellungnahme der zuständigen Rechtsanwaltskammer den vertraglich vereinbarten Stundensatz gekürzt. Der Senat hält diese Entscheidung für nicht vertretbar. Eine die Vertragslage missachtende falsche gerichtliche Entscheidung zwingt nicht dazu, die richtige Entscheidung durch Urteil zu treffen. Zu den maßgeblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung hat das Bundesverfassungsgericht bereits alles Erforderliche gesagt (N JW - RR 2010, 259 – 263). Weiterer Klärungsbedarf besteht nicht.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.


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