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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Fahrtenbuchauflage, Voraussetzungen

Gericht / Entscheidungsdatum: VG Neustadt, Beschl. v. 12.04.2010, 3 L 281/10

Leitsatz: Die Straßenverkehrsbehörde darf einen Fahrzeughalter bereits auch nach einer erstmaligen erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr aufgeben, ein Fahrtenbuch zu führen.


VERWALTUNGSGERICHT
NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE
BESCHLUSS
In dem Verwaltungsrechtsstreit
des Herrn T.,
- Antragsteller -

gegen

die Stadt Ludwigshafen am Rhein, vertreten durch die Oberbürgermeisterin, Rathausplatz 20, 67059 Ludwigshafen,
- Antragsgegnerin -


wegen Führung eines Fahrtenbuchs
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der Beratung vom 12. 04. 2010, an der teilgenommen haben beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 600,- € festgesetzt.

Gründe
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 23. Februar 2010 wiederherzustellen, hat kei-nen Erfolg.

Bei der nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zu treffenden Interessenabwägung gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides, mit dem dem Antragstel-ler die Führung eines Fahrtenbuches auferlegt wird, sein privates Interesse daran, vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vom Vollzug verschont zu bleiben, überwiegt, weil nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung derzeit alles dafür spricht, dass die Fahrtenbuchauflage rechtlich nicht zu beanstanden ist. In dieser Situation verlangt das öffentliche Verkehrssicherungsinteresse, dass ab sofort bei etwaigen weiteren den Straßenverkehr (abstrakt) gefährdenden Verstößen der Fahrer oder die Fahrerin des Kraftfahrzeuges, dessen Halter der Antragsteller ist, ermittelt werden kann.

Rechtsgrundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage ist § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – StVZO –. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Dem entspricht die Anordnung in der angefochtenen Verfügung, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, für die Dauer von 18 Monaten für sein Kraftfahrzeug mit den amtlichen Kennzeichen
…. sowie für ein an dessen Stelle tretendes Kraftfahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen.

Der Antragsteller bestreitet nicht, dass mit dem Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …., dessen Halter er ist, der am 17. September 2009 festgestellte Verkehrsverstoß begangen wurde und der Führer des Kraftfahrzeuges im Zeit-punkt des Verkehrsverstoßes nicht ermittelt werden konnte. Denn sowohl er als auch seine im Rahmen der Ermittlungen befragte Ehefrau konnten den Fahrer nicht benennen und erklärten, das Fahrzeug öfter zu verleihen. Eine Fahrerfest-stellung im Sinne des § 31a StVZO war aufgrund dieser gemachten Angaben nicht möglich; die Behörde hatte nach diesen Umständen des Einzelfalles damit alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen erfolglos ergriffen.

Die Auferlegung eines Fahrtenbuchs verstößt im vorliegenden Fall nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die am 17. September 2010 festgestellte Ordnungswidrigkeit war hier von einem solchen Gewicht, dass deren erstmalige Begehung die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs rechtfertigt. Die mit dem Fahrzeug an jenem Tag begangene Ordnungswidrigkeit hätte zur Verhängung einer Geldbuße von 240,- € und eines einmonatigen Fahrverbots sowie zu einem Eintrag von vier Punkten im Verkehrs-zentralregister (Nr. 4.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) geführt. Diese vom Verord-nungsgeber vorgenommene Bewertung rechtfertigt es, den Verstoß als so gewichtig einzustufen, dass auch ohne zusätzliche Umstände die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995
11 C 12/94 –, juris und NJW 1995, 2866). Ein atypischer Sachverhalt, der die
– gravierende – Geschwindigkeitsüberschreitung im vorliegenden Fall in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte, wird von dem Antragsteller nicht vorge-tragen und ist auch nicht ersichtlich.

Dem Umstand, dass der Antragsteller sich bisher als Führer eines Fahrzeugs im Straßenverkehr nichts zuschulden habe kommen lassen und unstreitig als Fahrer im nämlichen Zeitpunkt ausscheidet, kommt keine rechtliche Bedeutung zu. Eine Fahrtenbuchauflage dient nämlich nicht unmittelbar und in erster Linie dazu, die Begehung weiterer Verkehrsverstöße zu verhindern, sondern der Feststellung des Fahrers, wenn mit dem Fahrzeug wieder ein Verkehrsverstoß begangen werden sollte. In diesem Fall soll eine Personenermittlung möglich sein, die vorliegend daran gescheitert war, dass der Antragsteller weder wusste, wem sein Kraftfahrzeug ausgeliehen gewesen war, noch den Fahrer auf dem ihm vorgelegten Beweisfoto erkannt hatte.

Bei ihrer Entscheidung, wegen dieses Verkehrsverstoßes dem Antragsteller die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen, war die Antragsgegnerin sich auch des ihr nach § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO zustehenden Ermessens bewusst, das von dem Gericht nur in den durch § 114 Satz 1 VwGO gezogenen Grenzen zu überprüfen ist.

Die Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage mit 18 Monaten erscheint zumindest nach summarischer Prüfung nicht unverhältnismäßig. Durch eine Fahrtenbuchauflage soll der Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwa-chung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Diesen Zweck kann die Fahrtenbuchauflage nur erfüllen, wenn sie von einer gewissen Dauer ist. Die Dauer der Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches von 18 Monaten ist mit Rücksicht auf die Schwere des Verkehrsverstoßes – Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 59 km/h, mithin um ca. 84 % –, die bei Ermittlung des Fahrers zu einem einmonatigen Fahrverbot und dem Eintrag von vier Punkten in das Verkehrszentralregister geführt hätte, ermessensgerecht und liegt noch innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens (siehe zu einer neunmonatigen Fahrtenbuchauflage bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h [= 27 %]: OVG Bremen, Be-schluss vom 1. August 2007 – 1 A 465/06 –, juris, Rn. 15).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG i. V. m.
Nr. 46.13 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte i. d. F. vom 7./8.07.2004 (abgedruckt in NVwZ 2004, 1327 und in Kopp, VwGO, 15. Aufl., Anhang zu § 164).

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