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Entscheidungen

StPO

Kostenentscheidung, Abänderung, Nachholung des rechtlichen Gehörs

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 05.08.2020 - 2 Qs 41/20

Eigener Leitsatz:

Ein Gericht ist grundsätzlich nicht dazu befugt, eine getroffene Kostenentscheidung selbst wieder abzuändern. Eine Abänderung einer Kostenentscheidung ist regelmäßig nur dadurch zu erreichen, dass gegen die beanstandete Entscheidung das zulässige Rechtsmittel eingelegt wird. Etwas anderes gilt aber, wenn die getroffene Entscheidung nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar ist. In einem derartigen Fall ist eine Abänderung der unanfechtbaren Entscheidung über das in § 33a StPO normierte Verfahren der Nachholung des rechtlichen Gehörs vorzunehmen.


Beschluss

In pp.

Von Amts wegen wird hinsichtlich der im Beschluss vom 14.01.2020 des Landgerichts Nürnberg-Fürth getroffenen Kosten- und Auslagenentscheidung gemäß § 33a StPO das Nachverfahren eingeleitet.

Im Nachverfahren gemäß § 33a StPO wird der Tenor des Beschlusses vom 14.01.2020 in Ziffer 3. wie folgt abgeändert:

„Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu tragen."
3. Auf die sofortige Beschwerde des Wahlverteidigers pp. vom 30.07.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 wird dieser aufgehoben.
4. Die Staatskasse hat die Kosten des Nachverfahrens gemäß § 33a StPO und des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 sowie die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Mit Beschluss vom 14.01.2020 hob das Landgericht auf die Beschwerde des Beschwerdeführers pp. den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 18.10.2019 auf. In Ziffer 3. entschied das Landgericht, dass die Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat. In der Begründung führte das Landgericht aus, dass sich die Kostenentscheidung aus § 465 StPO analog ergäbe.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 17.02.2020 beantragte der Wahlverteidiger des Beschwerdeführers pp. auch seine Gebühren und Auslagen als Verteidiger als Kosten gegen die Staatskasse festzusetzen.

Das Amtsgericht Nürnberg legte die Akte dem Bezirksrevisor beim Amtsgericht Nürnberg mit der Bitte um Stellungnahme zum Kostenfestsetzungsantrag vom 17.02.2020 vor. Der Bezirksrevisor teilte daraufhin mit, dass eine Erstattung nicht erfolgen könne, da es an der hierfür erforderlichen Kostengrundentscheidung fehle. Für eine Auslagenerstattung durch die Staatskasse sei eine ausdrückliche Auslagenentscheidung erforderlich.

Diese Stellungnahme des Bezirksrevisors beim Amtsgericht Nürnberg wurde dem Wahlverteidiger übersendet, der daraufhin mit Schreiben vom 14.05.2020 Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14.01.2020 einlegte und beantragte, den Beschluss in Bezug auf Ziffer 3 dahingehend abzuändern, dass eine Kostengrundentscheidung mit dem Inhalt, dass die Kosten und notwendigen Auslagen der Verteidigung des Herrn pp. der Staatskasse aufzuerlegen sind.

Auf das Schreiben des Wahlverteidigers vom 14.05.2020 teilte das Landgericht Nürnberg-Fürth diesem mit, dass eine Beschwerdemöglichkeit - auch gegen die Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 14.01.2020 - nicht bestehe. Nach Ansicht der Kammer sei Ziffer 3 des Beschlusses jedoch dahingehend auszulegen, dass die Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu tragen hat.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 wies das Amtsgericht Nürnberg den Antrag des Beschwerdeführers pp. vom 17.02.2020 zurück. Als Begründung wurde hierfür angegeben, dass es an einer entsprechenden Kostengrundentscheidung fehle. Eine weitergehende Auslegung jener Kostengrundentscheidung sei nicht veranlasst. Gemäß Erledigungsvermerk wurde die Zustellung des Beschlusses an den Wahlverteidiger pp. am 20.07.2020 veranlasst.

Gegen den Beschluss wendet sich der Wahlverteidiger pp. mit Schriftsatz vom 30.07.2020, eingegangen beim Amtsgericht am 30.07.2020.

Der sofortigen Beschwerde hat das Amtsgericht Nürnberg nicht abgeholfen.

Die sofortige Beschwerde des Beschuldigten ist statthaft und auch sonst zulässig, §§ 464b, 31 1 Abs. I StPO. Abweichend von § 311 Abs. 2 StPO beträgt die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde zwei Wochen, sodass vorliegend die sofortige Beschwerde auch fristwahrend eingelegt wurde.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zwar hat das Amtsgericht Nürnberg richtigerweise ausgeführt, dass eine Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Auslagen fehlt.

Diesbezüglich hat das Landgericht die fehlende Kostenentscheidung bezüglich der Auslagen im Verfahren gem. § 33 a StPO nachgeholt.

Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung vom 14.01.2020 übersehen, eine Entscheidung hinsichtlich der Auslagen des Beschwerdeführers zu treffen.

Zwar ist ein Gericht grundsätzlich nicht dazu befugt ist, eine getroffene Kostenentscheidung selbst wieder abzuändern. Eine Abänderung einer Kostenentscheidung ist regelmäßig nur dadurch zu erreichen, dass gegen die beanstandete Entscheidung das zulässige Rechtsmittel eingelegt wird.

Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass wegen SS 464 Abs. 3 S. I Hs. 2, 310 Abs. 2 StPO der vom Landgericht Nürnberg-Fürth getroffene Beschluss nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar war. In einem derartigen Fall ist eine Abänderung der unanfechtbaren Entscheidung jedoch über das in § 33a StPO normierte Verfahren der Nachholung des rechtlichen Gehörs vorzunehmen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 3. 2004 - 4 WS 65/04 = NStZ-RR 2004, 320; OLG Köln, Beschluss vom 14.01.2013 - 2 Ws 308/1 1 = BeckRS 2013, 8026; LG Karlsruhe Beschluss vom 06.11.2009 -2 AR 4/09 = BeckRS 2011, 18580).

Als Ausprägung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 33a StPO so auszulegen, dass diese Norm jeden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG in den Beschlussverfahren, auf die sie anwendbar ist, erfasst (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 3. 2004 4 WS 65/04 = NStZ-RR 2004). Vorliegend wird der Beschwerdeführer erstmals mit Zustellung des Beschlusses mit einer aus seiner Sicht falschen Kostenentscheidung konfrontiert. Ohne die Nachholung des rechtlichen Gehörs gem. § 33a StPO hätte er sonst überhaupt keine Gelegenheit, auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen.

Das Verfahren wird deshalb hinsichtlich der im Beschluss vom 14.01.2020 getroffenen Kostenentscheidung gem. § 33a StPO in den Stand vor dem Erlass der Entscheidung zurückversetzt. Eine nochmalige Gewährung von rechtlichem Gehör für den Beschwerdeführer hält die Kammer für nicht notwendig, da dieser mit seinem Schriftsatz vom 14.05.2020 und 30.07.2020 ersichtlich alle Einwendungen vorgebracht hat, die er vorbringen konnte und wollte.

Deshalb war unmittelbar in der Sache zu entscheiden und der Beschluss vom 14.01.2020 wie in Ziffer 2. dargestellt abzuändern. Denn es ist rechtlich geboten, dem in der Hauptsache erfolgreichen Beschwerdeführer analog § 467 StPO auch seine insoweit notwendigen Auslagen zu erstatten.

Dementsprechend liegt eine Kostengrundentscheidung für die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers vor, mit der Folge, dass der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 unrichtig ist und daher aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Nachverfahrens gemäß § 33a StPO und des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 ergibt sich aus § 467 StPO analog.


Einsender: RA S. Jungkunz, Nürnberg

Anmerkung:


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