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Entscheidungen

OWi

Bezugnahme, Bußgeldbescheid, Urteilsgründe, Erlass des Bußgeldbescheides

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 08.01.2020 - 1 OWi 2 SsBs 117/19

Leitsatz: Das Tatgericht kann hinsichtlich den Betroffenen belastender Voreintragungen nicht lediglich auf den Bußgeldbescheid verweisen. Das ist auch bei der Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen unzulässig.


1 OWi 2 SsBs 117/19

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

Beschluss

In dem Bußgeldverfahren
betreffend pp.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit;
hier: Rechtsbeschwerde,

hat der Senat für Bußgeldsachen des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 8. Januar 2020
nach Anhörung des Betroffenen und der Generalstaatsanwaltschaft gem. §§ 79 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 OWiG, 353 StPO beschlossen:

1. Der Beschluss des Amtsgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22. November 2019, mit dem es die Rechtsbeschwerde gegen sein Urteil vom 30. September 2019 als unzulässig verworfen hat, wird aufgehoben.
2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das
vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an den Bußgeldrichter des Amtsgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Polizeipräsidium Rheinpfalz hat am 24. April 2019 gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen (fahrlässigen) Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 49 km/h erlassen (Az.: 23.3001343.8). Im Hauptverhandlungstermin vom 26. August 2019 hat der Betroffene durch seinen Verteidiger seinen dagegen rechtzeitig eingelegten Einspruch auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt. Am 30. September 2019 hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen des im Bußgeldbescheid festgestellten Verkehrsverstoßes zu einer Geldbuße von 200.— EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Nach den Feststellungen des Bußgeldbescheides überschritt der Betroffene am 26 Februar 2019 um 01.05 als Fahrer eines PKWs auf der BAB 61 im Bereich der Gemarkung Frankenthal in Fahrtrichtung Koblenz die dort angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h — nach Abzug einer Toleranz — um 49 km/h.

II.

Das Verfahren war nicht mangels wirksamen Bußgeldbescheides einzustellen. Der Senat teilt weiterhin die Rechtsauffassung des OLG Koblenz (Beschluss vom 17.07.2018 — 1 OWi 6 SsBs 19/18, juris), dass mit vollständigem Ausdruck der bei der Bußgeldbehörde elektronisch gespeicherten Verfahrensunterlagen ein Übergang zu einer Aktenführung in Papierform vorliegt und die gefertigten Ausdrucke eine ausreichende Grundlage des weiteren Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens bilden. Entsprechendes gilt für den ausgedruckten und in Papierform dem Betroffenen zugestellten Bußgeldbescheid. Das Fehlen einer landesrechtlichen Rechtsgrundlage für die elektronische Aktenführung durch die Verwaltungsbehörde in Bußgeldverfahren bleibt daher ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides (OLG Koblenz a.a.O. Rn. 6). Aus der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 19. November 2019 (VGH B 24/19) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Verfassungsgerichtshof hat entgegen der Auffassung des Verteidigers gerade nicht einen Verstoß der Verwaltungsbehörde gegen das Willkürverbot festgestellt. sondern lediglich ausgeführt, dass der (dortige) Beschwerdeführer mit seinem Vortrag von einem solchen Verstoß „offenbar aus(gegangen)" sei (vgl. Rn. 27 der Entscheidung).

III.

Die Rechtsbeschwerde ist mit der Sachrüge begründet, weil das Amtsgericht die aufgrund der wirksamen Rechtsmittelbeschränkung allein zur Entscheidung angefallene — Rechtsfolgenentscheidung nicht rechtsfehlerfrei getroffen hat.

1. Das Amtsgericht hat die Regelgeldbuße "aufgrund von Voreintragungen im Fahreignungsregister auf 200.-- EUR" (UA S. 4) erhöht und zur Begründung auf Feststellungen des Bußgeldbescheides verwiesen.

Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 23. Dezember 2019 u.a. folgendes ausgeführt:

„Soweit das Amtsgericht die Regelgeldbuße erhöht hat, sind die entsprechenden Darlegungen lückenhaft, was auf die erhobene Sachrüge dazu führt, dass das Urteil im Hinblick auf die Geldbuße mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben werden muss. Die angefochtene Entscheidung verhält sich im Hinblick auf frühere Verfehlungen nicht zu deren Art, Zeitpunkten und Sanktionen (vergleiche Senat, Beschluss vom 24.11.2017 — 1 OWi 2 Ss Bs 87/17, juris; OLG Koblenz VRS 64, 215, 216)."

Dem schließt sich der Senat an. Verweise auf den Rechtsfolgenausspruch betreffende Feststellungen des Bußgeldbescheides in den Urteilsgründen sind auch dann unstatthaft, wenn der Einspruch auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt worden war.

2. Von dem Rechtsfehler ist auch der Ausspruch über das Fahrverbot betroffen.

Das Amtsgericht hat bei seiner Prüfung, ob ausnahmsweise von der Verhängung eines Regelfahrverbots abgesehen werden kann, im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats aufgrund der - nicht näher festgestellten - Voreintragungen einen strengeren Maßstab angelegt. Der Senat kann deshalb nicht sicher ausschließen, dass das Amtsgericht bei Außerbetrachtlassen der Voreintragungen ohne Rechtsfehler gern. § 4 Abs. 4 BKatV von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen hätte (vgl. zu den Voraussetzungen: Senat, Beschluss vom 13.02.2019 — 1 OWi 2 Ss Bs 84/18, juris Rn. 7).

IV.

Der Senat hatte keinen Anlass, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Sache an eine andere Abteilung oder ein anderes Amtsgericht zu verweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).


Einsender: RA F. Schneider, Bad Harzburg

Anmerkung:


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