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Entscheidungen

OWi

Drogenfahrt, Medikamentenklausel, Feststellungen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 02.01.2019 - 2 Ss OWi 1607/18

Leitsatz: 1. Die bußgeldrechtliche Ahndung einer Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 oder 3 StVG scheidet gemäß § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG aus, wenn die im Blut des Betroffenen nachgewiesene Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt, d.h. der Einfluss der Substanz allein auf der Einnahme der sich aus der ärztlichen Verordnung vorgegebenen Dosierung und auch nicht auf einer sonstigen missbräuchlichen Verwendung beruht.
2. Bringt der Betroffene vor, die nachgewiesene berauschende Substanz beruhe auf der bestimmungsgemäßen Einnahme als Arzneimittel gemäß einer für ihn ausgestellten ärztlichen Verordnung, hat sich das Tatgericht hiermit näher zu befassen, sofern es nicht von einer reinen Schutzbehauptung ausgeht. Die tatrichterliche Beweiswürdigung erweist sich deshalb als lückenhaft, wenn sich aus dem Urteil nicht ergibt, warum der Einwand des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG als unbeachtlich angesehen worden ist.


In pp.

Das AG verurteilte den einschlägig vorgeahndeten Betr. wegen einer fahrlässigen Drogenfahrt (Tatzeit: 15.12.2017; festgestellte THC-Konzentration: 11 ng/ml) gem. § 24a II, III StVG zu einer Geldbuße von 1.000 EUR und ordnete gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von 3 Monaten an. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betr. führte zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung der Sache an das AG.

Aus den Gründen:

Die gemäß § 79 I 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde des Betr. ist begründet. Die Sachrüge hat - zumindest vorläufig - Erfolg. Der Schuldspruch wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24a II und III StVG hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die ihm zugrunde liegende Beweiswür-digung ist lückenhaft und ermöglicht dem Senat daher nicht die gebotene Nachprüfung (§§ 261, 267 StPO i.V.m. § 71 I OWiG).
1. Nach den Feststellungen des AG im Rahmen der Beweiswürdigung hat sich der Betr. „letztlich mit einem Geständnis eingelassen“, jedoch geltend gemacht, es habe sich um medizinisch verordnetes Cannabis gehandelt, weshalb er glaube, dass er insoweit be-rechtigt Auto gefahren sei. Ausweislich der Angaben der polizeilichen Kontrollbeamtin hatte der Betr. nach Belehrung und auf Anfrage angegeben, er habe das Cannabis wegen körperlicher Beschwerden eingenommen, da er eine Beinprothese am rechten Bein trage. Nach den Ausführungen der gerichtlich beauftragten Sachverständigen, denen das AG folgte, mache es „für die Drogenintoxikation aufgrund Cannabis mit ent-sprechenden Ausfallerscheinungen keinen Unterschied [...], ob es sich um illegal erwor-benes Marihuana oder zu medizinischen Zwecken verordnetes handle, da es sich um den gleichen Wirkstoff handle“. Der Betr. habe den „Grenzwert im Anhang zu § 24a StVG“ […] um mehr als das 10-fache des zulässigen Wertes überschritten. Auf der Grundlage dieser Beweisergebnisse hat es das AG „für vollkommen unbedeutend“ gehalten, „ob der Betr. Marihuana sich auf dem Schwarzmarkt besorgt hat oder ob er medizinisch verordnetes Marihuana konsumiert“ hat.
2. Diese Erwägungen sind lückenhaft und tragen eine Verurteilung des Betr. wegen eines fahrlässig begangenen Verstoßes gegen § 24a II i.V.m. III StVG nicht.
a) Zwar ist es allein Aufgabe des Tatrichters, den Sachverhalt festzustellen und die Ergebnisse der Beweisaufnahme zu würdigen. Er hat insoweit ohne Bindung an gesetz-liche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich zu überprüfen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Tathergang über-zeugen kann oder nicht (vgl. BGH NJW 1979, 2318). Allein in seinen Verantwortungs-bereich fällt, mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsa-chen zu ziehen und zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen er zu einer be-stimmten Überzeugung kommt. Die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Rahmen der Rechtsbeschwerde ist demnach auf die Frage beschränkt, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt.
b) Soweit der Tatrichter gemeint hat, sich mit dem Vorbringen des Betr., wonach es sich bei dem von ihm eingenommenen Cannabis um „medizinisch verordnetes“ gehan-delt habe, nicht weiter befassen zu müssen, weil es nicht von Bedeutung sei, ob der Betr. „auf dem Schwarzmarkt“ besorgtes oder „medizinisch verordnetes Marihuana“ konsumiert habe, da er in keinem Fall ein Kfz habe führen dürfen, wenn in seinem Blut eine Wirkstoffkonzentration von THC „über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert“ er-reicht sei, offenbart dies ein rechtsfehlerhaftes Verständnis der sog. Medikamenten-klausel nach § 24a II 3 StVG. Die Vorschrift des § 24a II 1 StVG gilt nach § 24a II 3 StVG nämlich dann nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt, wobei die Einnahme des Arzneimittels auf einer ärztlichen Verordnung beruhen muss und das Arzneimittel nicht missbräuchlich oder überdosiert verwendet worden sein darf (ju-risPK/Niehaus Straßenverkehrsrecht § 24a StVG Rn. 29; König, in: Hent-schel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 24a StVG Rn. 22; Hühnermann , in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. § 24a StVG Rn. 5d; vgl. auch KG, Beschl. v. 30.07.2015 – 162 Ss 64/15 = BA 53 [2016], 188 = VRS 129 [2015], 220 und Maatz, BA 36 [1999], 146, 148). Wenn somit bei dem Betr. die gesetzlichen Voraussetzungen des § 24a II 3 StVG vorgelegen hätten, d.h. die in sei-nem Blut nachgewiesene Substanz (hier THC) aus der bestimmungsgemäßen Einnah-me eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührte, so wäre das Verhalten des Betr. nicht ordnungswidrig nach § 24a II 1 StVG. Aus dem Erfordernis der bestimmungsgemäßen Einnahme folgt allerdings zugleich, dass es bei der Ahndung als Ordnungswidrigkeit bleibt, wenn der Einfluss der nachgewiesenen Substanz auf einem nicht der Verordnung bzw. der darin vorgegebenen Dosierungsan-leitung entsprechenden Konsum oder auf sonstigem Missbrauch der Substanz beruht (König a.a.O. m.w.N.). Nachdem der Betr. sich ausdrücklich darauf berufen hatte, ärzt-lich verordnetes Cannabis konsumiert zu haben, und der Tatrichter diese Einlassung ersichtlich auch nicht als Schutzbehauptung bewertet hat, hätte sich das amtsgerichtli-che Urteil mit der behaupteten Einnahme von Cannabis als Medikament jedenfalls nä-her befassen müssen.
c) Ob die sog. Medikamentenklausel nach § 24a II 3 StVG vorliegend eingreift oder nicht, vermag der Senat auf der Grundlage der im Urteil getroffenen Feststellungen nicht zu überprüfen. So schweigt das Urteil schon zur Form des verfahrensgegenständ-lich konsumierten Cannabis/Marihuana. Cannabis kann aber auch in Form von Medizi-nal-Cannabisblüten zu Therapiezwecken anwendbar sein und unter bestimmten Um-ständen auch ärztlich verordnet werden (vgl. zum Ganzen Graw/Mußhoff, BA 2016, 289 ff.). Darüber hinaus lässt das angefochtene Urteil jegliche Feststellungen dazu vermissen, ob die eingenommene Substanz durch einen Arzt verordnet, zur Behand-lung einer konkreten Krankheit eingenommen und die Dosierungsanweisung beachtet worden ist (KG a.a.O. unter Hinweis auf Maatz a.a.O.). Beachtet der Betr. sie nicht und nimmt er am Straßenverkehr teil, kann er sich nach § 24a II 1 StVG ordnungswidrig verhalten (KG a.a.O.). […]


Einsender: RiOLG Dr. G.Gieg, Bamberg

Anmerkung:


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