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Entscheidungen

StPO

Trunkenheitsfahrt, Urteilsfeststellungen, Beweiswürdigung, Fahruntüchtigkeit, Nachtrunk

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 26.09.2018 - 3 Ss 25/18

Leitsatz: Zur den Urteilsfeststellungen bei einer Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt


Oberlandesgericht
Celle
Beschluss

In der Strafsache
gegen pp.

wegen Trunkenheit im Verkehr

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht am 26. September 2018 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Burgdorf vom 28.05.2018 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Burgdorf zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Burgdorf — Strafrichterin - hat den Angeklagten am 28.05.2018 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, wobei die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, nicht vor Ablauf einer Frist von 20 Monaten eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Angeklagte Alkoholiker und hat eine stationäre Therapie absolviert. Er ist derzeit erkrankt und lebt von 800 € Krankengeld. Im Bundeszentralregister sind 7 Einträge verzeichnet, wobei es sich hierbei bei 5 Einträgen um Verkehrs-delikte im Zusammenhang mit Alkohol handelt.

Am 24. September befuhr der Angeklagte gegen 3:00 Uhr öffentliche Straßen und zwar die Kreisstraße K 133 aus Nienhagen kommend in Richtung Burgdorf Ehlershausen. Infolge Alkoholeinwirkung von mindestens 0,48 Promille war er nicht mehr fahrtüchtig. Dieses nahm er billigend in Kauf. Infolge relativer Fahruntüchtigkeit kam er von der Straße ab und verunfallte in einem Straßengraben. Um 3:21 Uhr bemerkte der Zeuge H. das verunfallte Fahrzeug und rief die Polizei. Gegenüber dem Zeugen PK J. gab der Angeklagte an, dass er nach dem Unfall 5 Flaschen Bier aus einem mitgeführten Bierkasten getrunken habe. Die daraufhin angeordneten Blutproben ergaben um 4:53 Uhr einen Wert von 1,56 Promille und um 5:24 Uhr einen Wert von 1,47 Promille. Eine Absuche seitens der Polizeibeamten nach den Bierflaschen verlief ergebnislos. Vor Ort konnte bei Dunkelheit das Vorhandensein von alkoholischen Getränken nicht festgestellt werden. Der Angeklagte führte keine Bierkiste bei sich. Hinsichtlich der Unfallsituation wurde seitens des Amtsgerichts gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf drei in Augenschein genommene Lichtbilder Bezug genommen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung führt das Amtsgericht u.a. aus, dass der Angeklagte sich in der Weise eingelassen habe, dass es gegen 1:30 Uhr und 1:45 Uhr aufgrund eines geplatzten Reifens in einer Rechtskurve zu dem Unfall gekommen sei. Auf den Schock habe er fünf Flaschen Bier zu je 0,5 I getrunken und habe die Flaschen danach ins Feld geworfen.

Aufgrund der Aussagen der gehörten Zeugen sowie nach dem erstatteten Sachverständigengutachten ist das Amtsgericht zur Auffassung gelangt, dass der Angeklagte den Unfall zumindest im Zustand relativer Fahruntüchtigkeit verursacht hat.

Aufgrund des Umstandes, dass noch Rauch aus dem Motorraum aufstieg und der Angabe des Zeugen H., dass es sich auch nachts um eine befahrene Straße handeln würde, hält das Amtsgericht die Einlassung hinsichtlich des Unfallzeitpunktes für widerlegt und stellt fest, dass dieser frühestens um 2:30 Uhr erfolgt sei.

Anhand der Ausführungen des Sachverständigen geht das Amtsgericht davon aus, dass der Angeklagte nicht ausschließlich nach dem Unfall getrunken habe. Hierbei geht das Amtsgericht zugunsten des Angeklagten von einem Nachtrunk von 2,5 I Bier zu 5 % aus. Nach Berechnung durch den Sachverständigen nach der Widmark-Formel führe dieses zu einem Alkoholwert von 1,41 Promille. Bei einer Resorption des Alkohols von 0,33 g Promille sei ein Wert von 1,89 g Promille zu errechnen, mit der Folge, dass ein Wert von 0,48 g Promille nicht durch den Nachtrunk erklärt werden könne.

Das Amtsgericht kommt nach Inaugenscheinnahme der Lichtbilder zu dem Schluss, dass die Gründe für das vom Angeklagten angegebene Schleudern und Abkommen von der Fahrbahn ausschließlich in der Alkoholisierung des Angeklagten zu suchen seien. Ein geplatzter Reifen sei nicht zu erkennen und die erkennbaren Fahrspuren ließen hier deutlich ein Schleudern des Fahrzeuges erkennen.

Letztlich führt das Amtsgericht aus, dass aufgrund des Umstandes, dass vor Ort die behaupteten Bierflaschen nicht aufgefunden worden seien und die festgestellte Alkoholisierung auch mit den errechneten und festgestellten Blutalkoholwerten nicht in Einklang zu bringen sei, viel dafür sprechen würde, dass es sich bei dem behaupteten Nachtrunk um eine Schutzbehauptung handeln würde. Dieses könne indes aufgrund der relativen Fahruntüchtigkeit letztlich da-hinstehen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision und beantragt, das Urteil auf die allgemeine Sachrüge hin aufzuheben. Seitens der Generalstaatsanwaltschaft Celle wird ebenfalls die Aufhebung beantragt.

II.

Das Urteil des Amtsgerichts ist auf die allgemeine Sachrüge hin aufzuheben. Die Feststellungen sind lückenhaft und die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts, das sich unter dem um-fassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesicherten Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen. (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 — 1 StR 360/16 —, Rn. 10, juris m.w.N.).

Gemessen an diesem Maßstab erweist sich die Beweiswürdigung des Amtsgerichts in mehreren Punkten als rechtsfehlerhaft.

1. Es bestehen bereits Widersprüche zwischen den Feststellungen und der Beweiswürdigung. Soweit das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte gegen 3:00 Uhr im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Fahrt öffentliche Straßen befuhr und im Rahmen der Beweiswürdigung hingegen den Rückschluss zieht, frühestens um 2:30 Uhr sei es zum Unfall gekommen, steht dieses in einem unauflösbaren Widerspruch zueinander. Wenn das Unfallereignis um 2:30 Uhr eingetreten ist, kann der Angeklagte nicht um 3:00 Uhr die Fahrt auf der angegebenen Strecke vorgenommen haben. Dieses ist insoweit auch nicht unerheblich, da der Zeitpunkt des Fahrtendes für die hier vorgenommene Rückrechnung entscheidend ist.

2. Die der Rückrechnung zugrundeliegenden Feststellungen erweisen sich - gemessen an den oben dargestellten Maßstäben — lediglich als Vermutungen.

Die Berechnung bzw. Feststellung des Alkoholisierungsgrades beruht zunächst auf der Fest-stellung, dass der Unfall um frühestens 2:30 Uhr stattgefunden hat und nicht zwischen 1:30 Uhr — 1:45 Uhr wie vom Angeklagten angegeben. Als Feststellungsgrundlagen hat das Gericht hier den Umstand, dass es sich um eine um diese Uhrzeit befahrene Straße handelt sowie das Qualmen des Motors beim Eintreffen des Zeugen herangezogen.

Das Amtsgericht teilt bereits schon nicht mit, welche indizielle Bedeutung der Umstand der Straßennutzung für die Überzeugungsbildung hatte. Auch die Feststellung des qualmenden Motors lässt einen Schluss auf den vom Gericht festgestellten Unfallzeitpunkt nicht zu. Ein Erfahrungssatz, wie lange Qualm maximal nach einem Unfall aus dem Motorraum aufsteigt, existiert nicht. Insoweit hätte festgestellt und nachvollziehbar dargelegt werden müssen, warum ein Qualmen nicht über einen längeren Zeitraum hätte erfolgen können. Dieses wäre ggf. unter Beteiligung eines Sachverständigen — unter ergänzender Feststellung wesentlicher Anknüpfungstatsachen wie etwa der Grund des Qualmens aufzuklären gewesen.

3. Die Feststellungen des Amtsgerichts zu der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit des Angeklagten sind zudem unzureichend und halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Maßstäben ist die Annahme einer alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit vorliegend rechtsfehlerhaft.

Relative Fahruntüchtigkeit ist gegeben, wenn die Blutalkoholkonzentration des Angeklagten zur Tatzeit zwar unterhalb des Grenzwertes liegt, aber aufgrund zusätzlicher Tatsachen der Nachweis alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit geführt werden kann (BGH, Urteil vom 22. April 1982 — 4 StR 43/82 —, BGHSt 31, 42-46, Rn. 6).

Dabei sind die an eine konkrete Ausfallerscheinung zu stellenden Anforderungen umso geringer, je höher die Blutalkoholkonzentration und je ungünstiger die objektiven und subjektiven Bedingungen der Fahrt des Angeklagten sind (BGH, Urteil vorn 22. April 1982 — 4 StR 43/82 BGHSt 31, 42-46, Rn. 8). Für die Annahme alkoholbedingter Ausfallerscheinungen ist eine Gesamtwürdigung sämtlicher Tatumstände unter Einbeziehung des Unfallhergangs und von Darlegungen zu der Kausalität zwischen der festgestellten Alkoholisierung und dem Unfallereignis erforderlich (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. August 2015 — 2 Rv 104/15 —, Rn. 9, juris). Das Amtsgericht stellt insoweit darauf ab, dass aufgrund der auf dem Lichtbild erkennbaren Fahrspuren und dem nicht geplatzten Reifen ein alkohol-bedingter Fahrfehler gegeben sei. Insoweit hätte das Amtsgericht im Hinblick auf die hier vergleichsweise geringe Alkoholisierung klären müssen, dass es sich nicht um einen Fahrfehler handelt, der auch einem nicht alkoholisierten Fahrzeugführer hätte passieren können. Das Amtsgericht hätte daher weitere Feststellungen wie etwa zum Straßenverlauf, zur gefahrenen Geschwindigkeit und zu den Lichtverhältnissen treffen müssen.

Soweit das Amtsgericht hinsichtlich der Spurenlage anhand der Inaugenscheinnahme von Lichtbildern die Überzeugung hinsichtlich eines alkoholbedingten Fahrfehlers gewinnt, genügen diese Ausführungen bereits nicht den Darstellungserfordernissen an ein Urteil.

Das Amtsgericht teilt lediglich mit, dass auch die auf den Lichtbildern erkennbaren Fahrspuren deutlich ein Schleudern des Fahrzeuges erkennen lassen. Insoweit kann der Senat nicht nach-vollziehen, aufgrund welcher Fahrspuren hier ein alkoholbedingter Fahrfehler gegeben sein soll.

Auch ist es dem Senat insoweit verwehrt, selbst Einblick in Lichtbilder zu nehmen. Eine ordnungsgemäße Verweisung gern. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO enthält das Urteil nicht. Hinsichtlich der Fahrspuren führt das Amtsgericht lediglich aus, dass Lichtbilder in Augenschein genommen worden seien. Es teilt bereits nicht mit, um welche Lichtbilder es sich handelt und verweist in diesem Zusammenhang auch auf keine Lichtbilder.

Soweit das Amtsgericht unter II. des Urteils im Rahmen der Feststellungen hinsichtlich der Unfallsituation gern. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf die Lichtbilder BI. 125 a,b,c, verweist, ist eine Verweisung in dieser Form nicht zulässig. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO erlaubt wegen der weiteren Einzelheiten auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, zu verweisen. Die Formulierung, dass hinsichtlich der Unfallsituation Bezug genommen werde, ist indes eine pauschale Bezugnahme auf eine Gesamtsituation und nicht auf Einzelheiten. Die Schilderung des „Aus-sagegehaltes" der Abbildung darf nicht entfallen. Zudem ist eine Beschreibung des Wesentlichen in knapper Form erforderlich (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 267, Rn. 10 m.w.N.).

4. Soweit das Amtsgericht angeführt hat, dass der Angeklagte jedenfalls bei der Entnahme der Blutprobe eine lallende Aussprache, ein schwankendes Gleichgewicht und eine verzögerte Reaktion hatte, ist nicht auszuschließen, dass diese Umstände ebenfalls für die Bewertung einer relativen Fahruntüchtigkeit herangezogen wurden. Sofern das Amtsgericht davon aus-geht, dass ein Nachtrunk in der angegebenen Höhe stattgefunden hat, kann es die im Rahmen der Blutprobe dokumentierten Ausfallerscheinungen nicht heranziehen. Diese alkoholbedingten Ausfallerscheinungen stünden dann in einem kausalen Zusammenhang mit dem erheblichen Nachtrunk.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Die neue Tatrichterin bzw. der neue Tatrichter dürfte gehalten sein, die Nachtrunk Behauptung - sofern sie erneut erfolgt - einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben des Angeklagten und die im räumlichen Umfeld des Fahrzeuges nicht gefundenen Bierflaschen wäre es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, hier von einer Schutzbehauptung des Angeklagten auszugehen und auf Grundlage des festgestellten Blutalkoholergebnisses sowie des vom Angeklagten angegebenen Unfallzeitpunktes eine absolute Fahruntüchtigkeit festzustellen. Insoweit müssen die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 —1 StR 360/16 —, Rn. 10, juris m.w.N.).

2. Sollte die neue Tatrichterin bzw. der neue Tatrichter zudem einen Sachverständigen zu Rate ziehen und sich dem Gutachten insoweit anschließen, so müssen in den Urteilsgründen wenigstens die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen des Sachverständigen wiedergegeben werden (Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 61. Auflage, § 267, Rn. 13). Eine reine Wiedergabe der Schlussfolgerungen bzw. des Ergebnisses ist nicht ausreichend.

3. Hinsichtlich der Schuldform könnte die neue Tatrichterin bzw. der neue Tatrichter auch aus der von einer vorangehenden einschlägigen Bestrafung ausgehenden Warnwirkung auf ein vorsätzliches Handeln des Täters schließen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der der früheren Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt in einem Mindestmaß mit dem aktuell zu beurteilenden vergleichbar ist (OLG Celle, Beschluss vom 10. Juli 1997 — 21 Ss 138/97 —, Rn. 10, juris). Dafür sind dann in der Regel genaue Angaben zu den Vorbelastungen erforderlich.

4. Soweit das Amtsgericht hier die Feststellung des Alkoholwertes letztlich hat dahingestellt sein lassen, mag dieses bei Annahme einer relativen Fahruntüchtigkeit für die Erfüllung des Tatbestandes insoweit nicht zu beanstanden sein und belastet den Angeklagten nicht. Dennoch dürfte die fehlende Feststellung einen Aufklärungsmangel darstellen, da der Grad der Alkoholisierung etwa bei der Strafzumessung (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 316, Rn. 54 m.w.N.), bei der Bemessung der anzuordnenden Sperrfrist sowie der Schuldform zu berücksichtigen sein könnte. Gerade hinsichtlich der anzuordnenden Sperrfrist kann der Grad der Alkoholisierung als Anknüpfungstatsache über Trinkgewohnheiten herangezogen werden, die dann Auswirkungen auf die nach § 69a StGB zu treffende Prognoseentscheidung haben kann.

5. Auch wird die neue Tatrichterin bzw. der neue Tatrichter Feststellungen dazu zu treffen haben, ob bzw. wann der Führerschein des Angeklagten sichergestellt bzw. beschlagnahmt wurde. Auch teilt das Urteil nicht mit, ob bzw. wann die Fahrerlaubnis des Angeklagten vorläufig entzogen wurde. Lediglich die Formulierung in den Urteilsgründen, dass eine Sperrfrist von noch 20 Monaten anzuordnen sei, deutet darauf hin, dass ein Beschluss nach § 111a StPO erlassen wurde. Diese fehlenden Feststellungen sind insoweit nicht entbehrlich, da aufgrund dieser fehlenden Feststellungen die Bemessung der Sperrfrist durch das Revisionsgericht nicht nachvollzogen werden kann.

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Hinsichtlich der Bemessung der Sperrfrist lässt zudem die Formulierung des Amtsgerichts, dass diese erforderlich sei, um auf ihn einzuwirken, befürchten, dass der Charakter des § 69 StGB als Maßregel zur Besserung und Sicherung verkannt wurde und dieser vorliegend eine strafzumessungsähnliche Bewertung beigemessen wurde. Die Bemessung der Sperrfrist hat jedoch lediglich danach zu erfolgen, wie lange prognostisch der Eignungsmangel bestehen wird (Fischer, Strafgesetzbuch, § 69a, Rn. 15).

6. Sollte das Amtsgericht in der neuen Hauptverhandlung erneut zu dem Ergebnis kommen, dass der Angeklagte alkoholkrank ist, wird ggf. auch zu prüfen sein, ob nach § 64 StGB seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen ist. Das Verschlechterungsverbot steht einer solchen Anordnung nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO).


Einsender: RA M. Stagl, Parchim

Anmerkung:


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