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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Fahren ohne Fahrerlaubnis, ausländische Fahrerlaubnis, Entzug, Urteilsfeststellungen

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 10.09.2018 - (3) 121 Ss 145/18 (21/18)

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis, nachdem eine ausländische Fahrerlaubnis entzogen worden ist.


KAMMERGERICHT
Beschluss

Geschäftsnummer:
(3) 121 Ss 145/18 (21/18)

In der Strafsache gegen
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis u.a.
hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 10.September 2018 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 28. Mai 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,- Euro. verurteilt. Ausweislich der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen führte der polnische Angeklagte, der in Polen lebt, dort als selbständiger Maler arbeitet und über eine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B verfügt, am 12. November 2016; 8. Dezember 2016 und 10. August 2017 in insgesamt vier Fällen jeweils ein Kraftfahrzeug in Berlin (die genauen Tatzeiten- und Orte nennt das Gericht nicht), obwohl er durch seit dem 8. Mai 2015 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 1. April 2015 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu. einer Geldstrafe verurteilt, ihm das Recht, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, entzogen und eine Sperrfrist (Ergänzung durch den Senat: für die Erteilung einer Fahrerlaubnis) von neun Monaten verhängt worden war.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner (Sprung-) Revision und rügt die Verletzung sachlichen Rechts.

Die Revision ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 341 Abs.1, 344, 345 StPO form- und fristgerecht erhoben. Sie hat in der Sache (vorläufigen) Erfolg, weil der Schuldspruch sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht standhält.

1. Zwar ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte keine Berechtigung besaß, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Denn nach § 29 Abs. 1. FeV ist der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis, der keinen Ordentlichen Wohnsitz im Inland besitzt, nur dann befugt, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, wenn keiner der in § 29 Abs. 3 Satz 1 FeV erfassten Ausschlussgründe vorliegt. Auf der Grundlage der vorn Amtsgericht getroffenen Feststellungen ist ein Ausschlussgrund nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gegeben , weil es sich bei der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 1. April 2015 angeordneten Sperrfrist nach § 69a StGB um eine gerichtliche Entscheidung im Sinne von § 29 Abs. .3 Satz 1 Nr. 4 StGB handelt (vgl. Senat, Beschluss vom 25. August 2014 - (3) 121 Ss 71/14 (84/14) - juris; OLG Hamm, Urteil vom 8. Dezember 2012 - 3 Ss 382/09 — juris Rdn. 10; OLG 'Köln WW 2010, 2817).

Rechtlich zutreffend ist weiter, dass der Angeklagte auch nach. Ablauf der Sperrfrist gemäß § 69a StGB aus seiner polnischen Fahrerlaubnis keine Erlaubnis zum Führen eines fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugs im 'Inland ableiten konnte, weil diese Berechtigung vorausgesetzt hätte, dass dem Angeklagten gemäß § 29 Abs. 4 FeV auf seinen Antrag durch die zuständige Fahrerlaubnisbehörde eine entsprechende Erlaubnis erteilt worden wäre. Dass dies geschehen ist, ist den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen.

2. Die Wirkung des § 29 Abs. .3 Satz 1 Nr. 4 FeV setzt gemäß § 29 Abs. 3 Satz 3 FeV voraus, dass die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, der zufolge keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf, im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 StVG getilgt ist (vgl. Senat NStZ-RR 2015, 25; OLG Oldenburg NZV 2011, 207; OLG Bamberg DAR 2013, 277; alle zum insoweit identischen § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV). Feststellungen dazu enthält das angefochtene Urteil nicht; es erweist sich daher als lückenhaft. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zu den Eintragungen im Bundeszentralregister vermögen diese Darstellungslücke nicht zu schließen. Denn dass die Sperrfrist im Bundeszentralregister eingetragen ist, lässt noch keine zwingenden Schlüsse darauf zu, dass die Sperrfrist zu den Tatzeiten auch im Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamtes tatsächlich eingetragen war (vgl. dazu im Einzelnen Senat a.a.O.).

3. Soweit das Amtsgericht die Tat vorn 12. November 2016 als fahrlässig und die nachfolgenden Taten als vorsätzlich begangen eingeordnet hat, ist das Urteil eben-falls durchgreifenden rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Urteilsgründe sind insoweit lückenhaft, denn das Amtsgericht teilt nicht mit, auf welchen festgestellten Tat-sachen die rechtliche Einordnung der Taten hinsichtlich der erfüllten Schuldformen beruht. Zwar handelt es sich dann um keinen durchgreifenden Darstellungsmangel, wenn sich die verwirklichte Schuldform aufgrund der mitgeteilten Gesamtumstände der Tat zwanglos erschließt (vgl. BGH NJW 2015, 3178, 3179). So liegt der Fall hier aber nicht, denn zur inneren Tatseite teilt das Amtsgericht lediglich die Einlassung des Angeklagten mit, wonach dieser bei den vier angeklagten Fahrten davon ausgegangen sei, nach Ablauf der verhängten Sperrfrist wieder berechtigt zu sein, in Deutschland ein Kfz zu führen. Zwanglose Rückschlüsse darauf, dass der Angeklagte die erste der Taten fahrlässig und die übrigen Taten vorsätzlich beging, lassen sich daraus nicht ziehen.

4. Auf den dargelegten Mängeln beruht das Urteil. Da nicht auszuschließen ist, dass noch nähere Feststellungen getroffen werden können, hebt der Senat das an-gefochtene Urteil mit der Feststellungen auf, auch wenn die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht das Vorliegen 'eines unvermeidbaren Verbotsirrtums verneint hat, nicht zu beanstanden sind. Zugleich verweist er die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurück.

Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass es jedenfalls dann, wenn an einem Tag mehrere Taten begangen wurden, angezeigt erscheint, die jeweiligen Uhrzeiten nebst Tatortbezeichnungen einschließlich Straßennamen mitzuteilen, um etwaigen Darstellungsmängeln zu begegnen. Zudem wird das Amtsgericht zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Ratenzahlungen nach Maßgabe von § 42 StGB vorliegen.


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