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Entscheidungen

Zivilrecht

Verweisung auf günstigere Fachwerkstatt, Abrechnung auf Basis regionaler Stundensätze

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.2018 – 19 S 138/17

Leitsatz: Die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallgegners kann den Geschädigten auch dann auf eine günstigere Fachwerkstatt verweisen, wenn dieser im Rahmen einer fiktiven Abrechnung sich auf ein Gutachten stützt, welches den Durchschnittswert der regionalen Stundensätze bei der Reparaturkostenkalkulation verwendet.


Landgericht Düsseldorf
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil

In dem Rechtsstreit pp.

hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 26.04.2018
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und die Richterin am Landgericht für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 14.11.2017, Az. 88 C 2270/17, abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.05.2017 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den restlichen Sachverständigenkosten des Sachverständigenbüros pp. in Höhe von brutto 41,77 Euro freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 93% und die Beklagte zu 7% zu tragen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche auf restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 23.03.2017 auf der Daimlerstraße in Neuss ereignete.

Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners der Klägerin ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin rechnet ihren Schaden fiktiv ab. Zur Höhe steht ein Differenzbetrag in Höhe von 641,24 Euro in Streit, der sich aus der Höhe der zu Grunde gelegten Stundenverrechnungssätze und den Sachverständigenkosten ergibt.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, ein Geschädigter, der seiner Abrechnung den Mittelwert der ortsüblichen Stundenverrechnungssätze zugrunde lege, müsse sich nicht weiter auf eine günstigere Alternativwerkstatt verweisen lassen. Auch die Sachverständigenkosten seien voll zu erstatten. Es sei nicht ersichtlich, dass der Klägerin ein Auswahlverschulden hinsichtlich des beauftragten Sachverständigen zur Last falle. Sie sei nicht gehalten gewesen, eine Marktforschung nach den günstigsten Sachverständigen durchzuführen, sondern habe sich damit begnügen können, das in der näheren Umgebung zu ihrem Wohnort ansässige Sachverständigenbüro Schulz zu beauftragen. Durch Vorlage der Rechnung des Sachverständigen vom 30.03.2017 habe die Geschädigte ihrer Darlegungslast genügt. Ein konkretes Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB bei der Beauftragung des Sachverständigenbüros pp. dahingehend, dass sie im Vorhinein wissen musste, dass es zu einer überhöhten Forderung kommen würde, zeige die Beklagte nicht auf.

Gegen die Stattgabe der Klage wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und verfolgt ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter.

Wegen der Anträge 1. Instanz und des ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO zulässig. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PfIVG auf die Zahlung weiterer 594,47 Euro fiktiver Reparaturkosten aufgrund des Unfallschadens vorn 27.03.2017. Denn die Beklagte durfte die Klägerin auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit und die sich daraus ergebenden geringeren Stundenverrechnungssätze verweisen. Die entgegenstehende Rechtsauffassung des Amtsgerichts sowie verschiedener Instanzgerichte wird von der Kammer nicht geteilt.

Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden (BGH, Urteil vom 07.02.2017, VI ZR 182/17, Rn. 7 — zitiert nach Juris).

Diese vom Bundesgerichtshof formulierten Voraussetzungen liegen vor. So hat die Beklagte die Klägerin auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verwiesen. Anhaltspunkte, dass diese nicht ohne Weiteres zugänglich ist oder die dortige Reparatur nicht dem Standard der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht, hat die Klägerin nicht vorgetragen; insbesondere hat sie die diesbezüglichen Behauptungen der Beklagten nicht bestritten.

Soweit das Amtsgericht der Auffassung ist, die Grundsätze der genannten Rechtsprechung seien auf den Fall, in dem der Geschädigte entsprechend den mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssätzen von Kraftfahrzeugbetrieben in der Region abrechne, nicht anwendbar, teilt die Kammer diese Rechtsauffassung nicht. Insbesondere wird der Grundsalz der Totalreparation nicht dadurch unterlaufen, dass einem Geschädigten, der seiner Abrechnung der fiktiven Reparaturkosten die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze sämtlicher repräsentativer Fachwerkstätten seines Wohnorts zugrunde legt, eine günstigere Reparaturalternative aufgezeigt wird, Denn der Durchschnittswert der Stundenverrechnungssätze ist ein rein statistischer Wert, der nichts über den konkreten Stundenverrechnungssatz der jeweiligen Autowerkstatt aussagt. Sofern indes eine günstigere Alternative vorliegt, die unterhalb des Durchschnittswertes rangiert, ist der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht gehalten, darauf zurückzugreifen unabhängig davon, wie hoch der rein statistische Durchschnittswert im Einzelnen ist. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, nach dem der Geschädigte nicht gehalten ist, sich auf ihm aufgezeigte Stundenverrechnungssätze einzulassen, nur weil sie sich unterhalb eines statistischen Rechenwertes bewegen.

Die vorstehenden Ausführungen gelten auch unter Berücksichtigung der weiteren Rechtsausführungen der Klägerin in dem Schriftsatz vom 03.05.2018. Die Beklagte war nach der Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gehindert, die Klägerin auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit zu verweisen, die die von der Klägerin gewählten Durchschnittssätze noch unterschritt.

2. Die Klägerin hat allerdings einen Anspruch aus den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PfIVG auf die Zahlung einer weiteren Kostenpauschale in Höhe von 5,00 Euro. Die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts sind von der Berufung nicht angegriffen worden.

3. Ferner besteht ein Anspruch der Klägerin aus den §§ 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PfIVG auf die Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 41,77 Euro. Durch die Vorlage der Rechnung des Kfz-Sachverständigen Uberman vom 30.03.2017 hat die Klägerin ihrer Darlegungslast zur Schadenshöhe genügt. Hierzu reicht regelmäßig die Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen (BGH, Urteil vom 11.02.2014, V1 ZR 225/13, Rn. 8 — zitiert nach Juris). Die Klägerin war auch nicht gehalten, im Vorfeld der Beauftragung des Sachverständigen eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen zu betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, Rn. 7 — zitiert nach Juris).

Anhaltspunkte, dass die Honorarabrechnung des Sachverständigen nicht vollständig zu erstatten wäre, etwa weil diese für die Klägerin deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt, bestehen nicht. So bewegt sich das abgerechnete Grundhonorar innerhalb des Korridors der BVSK-Befragung 2015, Die abgerechneten Nebenkosten mögen teilweise leicht erhöht gestaltet sein. Dass dies für die Klägerin deutlich erkennbar war, ist allerdings weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.

4. Ein weiterer Anspruch der Klägerin auf den Ersatz ergänzender außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus den g§ 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. g 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 1 PfIVG besteht nicht. Denn die ihr letztlich zuerkannte Gesamtforderung bewegt sich im selben Gebührenkorridor des RVG wie die bereits von der Beklagten beglichene Forderung.

5. Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 BGB. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 641,24 Euro.


Einsender: RA M. Nugel, Essen

Anmerkung:


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