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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Bedeutender Schaden, Wertgrenze, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.04.2018 – 2 Rv 33 Ss 959/17

Leitsatz: Bei der Wertgrenze für einen bedeutenden Schaden i.S. des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB handelt es sich nicht um eine starre, sondern vielmehr um veränderliche Wertgrenze.


1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts – Jugendrichter – Stuttgart vom 8. August 2017 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben .
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere jugendrichterliche Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Stuttgart – Jugendrichter – erließ am 30. Juni 2017 einen Strafbefehl, in dem gegen die Angeklagte wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro verhängt wurde. Zugleich wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von neun Monaten festgesetzt. Auf den Einspruch der Angeklagten, den sie in der Hauptverhandlung am 8. August 2017 vor dem Amtsgericht Stuttgart wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, wurde sie wegen des im Strafbefehl vom 30. Juni 2017 rechtskräftig festgestellten unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Der Angeklagten wurde zudem für die Dauer von einem Monat verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge aller Art zu führen.

Mit der auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkten Sprungrevision der Staatsanwaltschaft wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt.

II.

Das Amtsgericht hat in den Urteilsgründen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen (Abschnitt II und 111 der Urteilsgründe):

„II. Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch:
Aufgrund der wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch stand folgender Sachverhalt fest:

Die Angeklagte fuhr am 21.02.2017 gegen 09:30 Uhr mit dem Pkw VW Bus T3, amtliches Kennzeichen pp. , auf der pp. in pp. Beim Rechtsabbiegen in die pp. streifte die Angeklagte den am rechten Fahrbahnrand der pp. stehenden Pkw Audi, amtliches Kennzeichen pp., des Geschädigten K. am hinteren Kotflügel, wodurch am Fahrzeug des Geschädigten ein Sachschaden in Höhe von 1.469,04 Euro (netto) entstand. Obwohl die Angeklagte den Unfall bemerkte und erkannte beziehungsweise damit rechnete, dass ein nicht völlig unbedeutender Fremdschaden entstanden war, verließ sie die Unfallstelle, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Die Angeklagte hat sich daher eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig und strafbar gemacht.

Ergänzend wurde festgestellt, dass die Angeklagte unmittelbar nach Ankunft mit dem Geschäftsfahrzeug im Betrieb den Unfall mitgeteilt und in nicht widerlegbarer Weise auch die Polizei diesbezüglich angerufen hat.

III. Strafzumessung

Auf die zur Tatzeit bereits 20-jährige Angeklagte gelangte nicht gem. § 105 JGG ausnahmsweise Jugendstrafrecht zur Anwendung, nachdem sie nach Überzeugung des Gerichts weder zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung noch einer Jugendlichen gleichstand, noch es sich bei der Tat um eine typische Jugendverfehlung handelt. Die Angeklagte hat ihren eigenen Hausstand, begann bereits eine Ausbildung und lässt insgesamt keine Reifeverzögerungen erkennen.

Bei der Strafzumessung war vom Strafrahmen des § 142 Abs. 1 StGB auszugeben, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht.

Das Gericht hielt eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten war der Tagessatz auf 10 Euro festzusetzen.

Überdies war als Nebenstrafe gegen die Angeklagte gem. § 44 StGB ein Fahrverbot von 1 Monat anzuordnen, um spezialpräventiv auf diese einzuwirken und ihr die Folgen ihres Verkehrsverhaltens noch einmal als Warnung vor Augen zu führen.

Eine Entziehung der Fahrerlaubnis mit Verhängung einer Sperrfrist gem. § 69 f. StGB war indes vorliegend nicht angezeigt.

Das Gericht sieht bereits die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht für gegeben an, da die seit dem Jahre 2002 in ständiger Rechtsprechung angewandte Wertgrenze von 1.300 Euro für die Annahme eines „bedeutenden Schadens“ nach nunmehr 15 Jahren und bekanntermaßen erfolgten Preisentwicklung dringend angepasst werden muss (vgl. u.a. Beschluss des LG Braunschweig vom 03.06.2016 – 8 Qs 113/16). Als Vergleichsmaßstab bietet sich der jährlich vom Statistischen Bundesamt berechnete und veröffentlichte Verbraucherpreisindex an. Der aktuell geltende Verbraucherpreisindex in Deutschland hat das Jahr 2010 als Basisjahr (2010 = 100). Im Jahr 2002 erreichte der Verbraucherpreisindex einen Jahresdurchschnittswert von 88,6 und zum Stichtag Mai 2017 einen Wert von 1 08,8. Die Veränderungsrate beträgt somit 22,80% (108,8 / 88,6 x 100 – 100). Der Wert von 1.300 Euro aus dem Jahr 2002 stieg somit unter Berücksichtigung dieser Preissteigerungsrate von 22,80 % im relevanten Vergleichszeitraum auf 1.596 Euro. Leicht gerundet erscheint es daher sachgerecht und die allgemeine Preisentwicklung angemessen berücksichtigend, die Wertgrenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nunmehr auf 1.600 Euro festzusetzen.

Nachdem keine Erkenntnisse über eine tatsächlich durchgeführte Reparatur vorliegen, war vom Kostenvoranschlag in Höhe von 1.469,04 Euro netto auszugehen. Mithin lag nach Auffassung des Gerichts bereits keine Indiztat gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor, sodass Erwägungen zu einer möglichen Ausnahme von der Regelvermutung im konkret vorliegenden Fall entbehrlich waren.

Ein Fahrverbot gem. § 44 StGB war gleichwohl anzuordnen, um der Angeklagten als Nebenstrafe zur verhängten Geldstrafe das Unrecht der Tat zusätzlich vor Augen zu führen. Bei der Zumessung der Länge des Fahrverbots war zu berücksichtigen, dass ein Fahrverbot eine repressive Besinnungsstrafe und keine präventive Gefahrenabwehr darstellt. Daher verbot sich ein pauschales Abstellen auf den recht hohen verursachten Fremdschaden mit daran anknüpfendem „Ausreizen“ der maximalen Dauer eines Fahrverbots von drei Monaten. Vielmehr war vom Gericht der im Zusammenspiel mit der verhängten Geldstrafe verfolgte Strafzweck in den Mittelpunkt der Ermessensausübung zu rücken. Die psychisch angeschlagene und im Tatzeitpunkt überdurchschnittlich gestresste Angeklagte hat zumindest unmittelbar nach Ankunft in ihrem Betrieb den Schaden gemeldet (hat), sodass es ihr offensichtlich nicht um ein prinzipielles Verheimlichen des Unfalls ging. Sie hat zudem ersichtlich bereits nachhaltige Wirkung durch das vorliegende Strafverfahren erfahren und nach dem Eindruck des Gerichts ihre Lehren aus dem Vorfall gezogen. Daher erschien ein Fahrverbot von einem Monat ausreichend und die Gesamtumstände von Tat und Persönlichkeit der Angeklagten angemessen berücksichtigend. Eine höhere Warnfunktion hätte im konkreten Fall etwa ein 2- oder 3-monatiges Fahrverbot nach Auffassung des Gerichts bezüglich des künftigen Verhaltens der Angeklagten im Straßenverkehr nicht entfaltet. Dies war im Rahmen der spezialpräventiven Erwägungen des § 44 StGB zu berücksichtigen.“

III.

Das zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist erfolgreich.

1. Die erfolgte Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch sowohl in objektiver wie in subjektiver Hinsicht und bilden eine hinreichende Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung (vgl. zu den hierfür notwendigen Voraussetzungen u.a. Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 60. Aufl., § 318 Rn. 16).

2. Auf die Sachrüge der Staatsanwaltschaft ist das Urteil aufzuheben. Die Ausführungen des Amtsgerichts zu den Rechtsfolgen halten materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Zunächst wird die seitens des Amtsgerichts erkannte Geldstrafe von den Strafzumessungserwägungen nicht getragen.

Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine Aufgabe ist es, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteil vom 17. März 2009 -1 StR 627/08, juris Rn. 46). Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen. Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (BGH, Urteil vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, NStZ-RR 2016, 107; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07, NStZ-RR 2008, 310). Ein solcher kann etwa dann gegeben sein, wenn die Begründung für die verhängte Strafe dem Revisionsgericht die ihm obliegende sachlich-rechtliche Nachprüfung nicht ermöglicht, die Erwägungen des Tatrichters in sich fehlerhaft sind oder die Strafe sich von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, nach oben oder unten löst (BGH, Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/15, juris Rn. 3).

Eine erschöpfende Aufzählung aller gem. § 46 Abs. 2 StGB in Betracht kommenden Strafzumessungserwägungen ist hierbei zwar weder vorgeschrieben noch möglich (BGH, Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240). Jedoch muss sich unter Darlegung der bestimmenden Zumessungserwägungen gem. § 267 Abs. 3 S. 1 StPO ergeben, dass der Tatrichter die in Betracht kommenden Zumessungserwägungen festgestellt, zutreffend abgewogen und umfassend gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 627/08, juris Rn. 46).

Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht. Das Amtsgericht hat bei der Festsetzung der Geldstrafe lediglich formelhaft ausgeführt, dass das Gericht eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen hielt. Es ist nicht ersichtlich, welche Gesichtspunkte der Tatrichter seiner Strafzumessung zugrunde gelegt hat; die Strafzumessung beschränkt sich vielmehr auf eine nichtssagende, floskelhafte Wendung (OLG Köln, Urteil vom 24. März 2009 – 83 Ss 22/09, juris Rn. 16). Der Senat kann somit nicht überprüfen, ob die im Rahmen der Strafzumessung erforderliche Gesamtwürdigung mit zutreffenden Erwägungen vorgenommen wurde.

b) Auch die Ausführungen des Amtsgerichts zu der Maßregel des § 69 StGB halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Sie leiden an einem Darstellungsmangel, da sich der Tatrichter unzureichend mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Angeklagte aufgrund der vorliegenden Tat und der Gesamtumstände als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 69 StGB anzusehen ist.

Gem. § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB ist einem Täter die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt worden ist, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, und sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Ungeeignet ist der Täter nach ständiger Rechtsprechung, wenn eine Würdigung seiner körperlichen, geistigen und charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Täters am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde (BGH, Urteil vom 26. September 2003 – 2 StR 161/03, juris Rn. 10). § 69 Abs. 2 StGB enthält einen Katalog rechtswidriger Taten, bei deren Vorliegen das Gesetz in typisierter Weise annimmt, der Täter sei „in der Regel“ als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. In diesen Fällen hat der Gesetzgeber die richterliche Bewertung und Prognose vorweggenommen, sodass die Feststellung eines Eignungsmangels dem Richter erleichtert ist (Schönke/Schröder/Kinzig/Stree StGB, 29. Aufl., § 69 Rn. 33). Umgekehrt kann jedoch auch bei Nicht-Katalogtaten die Ungeeignetheit festgestellt werden, soweit die Taten ihrem Gewicht nach den in Absatz 2 genannten Verkehrsstraftaten gleichkommen und Ausdruck eines gänzlich fehlenden Verantwortungsbewusstseins für verkehrsgerechtes Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr darstellen. Die Beurteilung der Eignungsfrage liegt in erster Linie in der Verantwortung des Tatrichters, der diese Aufgabe aufgrund einer Gesamtwürdigung aller dafür aus der Tat erkennbar gewordenen rechtserheblichen Anknüpfungstatsachen vorzunehmen hat (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 – 4 StR 100/04, juris Rn. 4.).

Die Ausführungen des Amtsgerichts werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Das Urteil setzt sich nur mit dem Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auseinander und verneint dessen Vorliegen aufgrund der Nichtannahme eines bedeutenden Schadens im Sinne der Vorschrift. Es kann dahinstehen, ob dies bereits im Widerspruch dazu steht, dass das Amtsgericht bei der Anordnung des Fahrverbots von einem „recht hohen verursachten Fremdschaden“ ausgeht. Jedenfalls entbindet die Verneinung einer Regelvermutung aus § 69 Abs. 2 StGB den Tatrichter nicht davon, die nach § 69 Abs. 1 StGB erforderliche einzelfallbezogene Prognoseentscheidung zu treffen (Geppert in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 69 Rn. 55; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Januar 1991 – 2 Ss 1/91 – 3/91 III, juris). Dies erfordert eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, namentlich der Tat selbst, aber auch der Persönlichkeit, soweit sie sich in der Tat manifestiert hat (Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl., § 69 Rn. 6 und 7). Auch unterhalb der Grenze des bedeutenden Schadens gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB kommt eine Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht (OLG Düsseldorf a.a.O.). Vorliegend wäre in diese Gesamtwürdigung einzustellen, dass ein nicht unerheblicher Schaden eintrat, die Angeklagte eine Voreintragung im Fahreignungsregister aufweist und sie erst seit relativ kurzer Zeit einen Führerschein besitzt, worauf die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 28. November 2017 zutreffend hingewiesen hat.

Die Möglichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB bedarf daher erneuter tatrichterlicher Prüfung.

3. Auf diesen Rechtsfehlern beruht das angegriffene Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Es war daher gem. § 353 StPO samt den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und gem. § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere jugendrichterliche Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart zurückzuverweisen.

IV.

Soweit sich der neue Tatrichter hierbei wieder mit der Frage des bedeutenden Schadens im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu befassen haben wird, merkt der Senat ergänzend noch Folgendes an:

Ob ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird (OLG Hamm, Beschluss vom 30. September 2010 – 3 RVs 72/10 und Beschluss vom 6. November 2014 – 5 RVs 98/14, juris). Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, für den Umfang des bedeutenden Schadens starre Schadensgrenzen festzulegen. Es handelt sich vielmehr um eine veränderliche Grenze, die als solche abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der allgemeinen Preis- und Einkommensentwicklung ist (Münchener Kommentar StGB, 2. Aufl., § 69 Rn. 71). Soweit sich das Amtsgericht vorliegend, in Anlehnung an die Entscheidung des LG Braunschweig vom 3. Juni 2016 – 8 Qs 113/16, juris -, zur Bestimmung des bedeutenden Schadens an dem jährlich vom Statistischen Bundesamt berechneten und veröffentlichten Verbraucherindex orientiert, vermag dies ein Anhaltspunkt zu sein, um die Bestimmung vorzunehmen. Dies kann jedoch nicht allein ausschlaggebend sein, da ansonsten die Wertgrenze des bedeutenden Schadens jährlich oder in sogar noch kürzeren Zeiträumen jeweils neu festgesetzt werden müsste. Es verbietet sich daher eine schematische Anwendung. Vielmehr bedarf es der Betrachtung einer Mehrzahl von Kriterien, um die Annahme eines bedeutenden Schadens feststellen zu können. Insbesondere darf, da Rechtsgut der Vorschrift des § 142 StGB die Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche ist, die allgemeine Einkommensentwicklung nicht außer Acht gelassen werden (Fischer StGB, 65. Aufl., § 142 Rn. 2; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Weiter ist bei der Festsetzung der Grenze des bedeutenden Schadens die Relation innerhalb der Regelbeispiele des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu berücksichtigen (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Abschließend ist zu beachten, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Tatbestandsbestimmtheit, eine Anhebung der Wertgrenze nur bei einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, juris Rn. 11).


Einsender: entnommen VerkehrsrechtsBlog

Anmerkung:


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