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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Verständigungsprobleme

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Frankfurt am Main, Beschl. v. 30.06.2018 - 5/17 Qs 26/17

Leitsatz: Auch in rechtlich und tatsächlich völlig einfach gelagerten Fällen - wie vorliegend — ist eine vollständige und möglichst frühzeitige Information über den Anklagevorwurf in einer dem Angeklagten verständlichen Sprache geboten.


Landgericht Frankfurt am Main
5/17 Qs 26/17 - 213 Js 71858116

Beschluss

In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger:

wegen Diebstahls u.a.

Beschwerde gegen Ahlehnung der Pflichtverteidigerbeiordnung

hat die 17. Große Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, Richterin und Richter am Landgericht am 30.06.2017 beschlossen:

Der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 15.05.2017, mit welchen der Antrag auf Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt Schatz als notwendiger Verteidiger zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.

Dem Angeklagten wird Rechtsanwalt Andreas Schatz, Tulpenhofstraße 1, 63067 Offenbach als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Die Staatskasse hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da dem Angeklagten ein Pflichtverteidiger gemäß §§ 140 Abs. 2, 201 StPO i.V.m. Art. 6 Abs. 3 a MRK zu bestellen ist.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die behaupteten Verständnisprobleme des Angeklagten wegen der fehlerhaften Übersetzung des Strafbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21.02.2017 durchaus nicht unerheblichen Zweifeln unterliegen, weil sich die Sprachbilder der bulgarischen, mazedonischen und serbischen Sprache ähneln und sich Verständnisprobleme des Angeklagten jedenfalls insoweit nicht manifestiert haben, als dass er in der Lage war, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung des Einspruchs zu beauftragen.

Die Kammer kann anhand der vorliegenden Sachlage aber auch nicht valide ausschließen, dass der Angeklagte aufgrund sprachbedingter Verständigungsschwierigkeiten nicht in der Lage war, alle Möglichkeiten einer angemessenen Verteidigung nach Erhalt des Strafbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21.02.2017 auszuschöpfen.

Auch in rechtlich und tatsächlich völlig einfach gelagerten Fällen - wie vorliegend — ist eine vollständige und möglichst frühzeitige Information über den Anklagevorwurf in einer dem Angeklagten verständlichen Sprache geboten (OLG Frankfurt, Beschl. v.10.01.2008 - 2 Ss 383/07 -, an. 8, juris, OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.06.2005 – 1 Ss 184/04 Rn. 6, juris). Schließlich ist eine mündliche Übersetzung der Anklageschrift/des Strafbefehls in Hauptverhandlungstermin nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, an welche sich die Kammer gebunden sieht, nicht ausreichend (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.062005 - 1 Ss 184104 an. 6, Juris, OLG Stuttgart Beschl. v. 08.04.1994 – I Ws 59/94, an. 4 juris).

Da das Auswahlermessen angesichts des Wunsches des Angeklagten durch Herrn Rechtsanwalt Schatz vertreten zu werden, „auf Null" reduziert ist, entscheidet die Kammer selbst und ordnet Rechtsanwalt Schatz als Pflichtverteidiger bei.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO analog.


Einsender: RA A. Schatz, Offenbach

Anmerkung:


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