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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Bewährungswiderruf, mangelnder Kontakt, Bewährungshelfer

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Münster, Beschl. v. 21.12.2017 - 9 Qs 40/17

Leitsatz: Soll mangelhaftes Kontaktverhalten des Verurteilten als beharrlich eingestuft werden, ist erforderlich, dass der Verurteilte immer wieder willentlich und verantwortlich den Einfluss des Bewährungshelfers unmöglich macht.


Landgericht Münster
Beschluss
In der Bewährungssache
betreffend pp.
Verteidiger:
hat die 9. Strafkammer des Landgerichts Münster auf die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Coesfeld vom 24.05.2017 - Az: 3b Ls 5/15 - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht sowie die Richterinnen am Landgericht am 21.12.2017 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers werden der Staatskasse auferlegt.

Der Verurteilte ist mit Urteil des Amtsgerichts Coesfeld — Schöffengericht — vom 19.03.2015 wegen Diebstahls und gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall sowie Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Bewährungszeit ist auf 2 Jahre festgesetzt worden.

Weil er sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzogen und dadurch Anlass zu der Besorgnis gegeben hatte, dass er erneut Straftaten begehen werde, hat das Amtsgerichts Coesfeld dem Verurteilten am 22.04.2016 aufgegeben, 30 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Diese Auflage hat er fristgerecht erfüllt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 24.05.2017 hat das Amtsgericht Coesfeld die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verurteilte habe keinen Kontakt zu seinem Bewährungshelfer gehalten und trotz mehrerer schriftlicher Aufforderungen des Gerichts Gesprächstermine mit diesem nicht wahrgenommen. Außerdem sei er Vorladungen zu Anhörungsterminen am 28.02. und 04.04.2017 nicht nachgekommen. Damit habe sich der Verurteilte der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzogen. Das Gericht sieht hierdurch die Besorgnis, dass der Verurteilte neuerliche Straftaten begehen werde, zumal gegen den Verurteilten ein Strafverfahren laufe wegen einer während der Bewährungszeit begangenen vorsätzlichen Körperverletzung.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Strafaussetzung gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Verurteilte sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlass zu der Besorgnis gibt, dass er erneut Straftaten begehen werde.

Der Verurteilte leidet unter einer schweren emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ, wodurch er in seiner Lebensführung erheblich eingeschränkt ist. Das ergibt sich aus dem zwischenzeitlich in dem vorgenannten Strafverfahren (4 Ns — 82 Js 7351/16 — 42/16 LG Münster) eingeholten psychiatrisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie W.T. Aus diesem Grund steht der Verurteilte auch unter umfassender gesetzlicher Betreuung. Die Aufgabenkreise des Betreuers umfassen u.a. die Regelung des Postverkehrs sowie die Vertretung gegenüber Behörden. Ausweislich der in dem Betreuungsverfahren eingeholten ärztlichen Stellungnahme des Kreismedizinaldirektors Dr. T. führt die Persönlichkeitsstörung des Verurteilten zu Minderungen seiner sozialen Leistungsfähigkeit und der Selbstversorgung, weswegen er nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu besorgen. Auf dieser Grundlage kann das mangelhafte Kontaktverhalten des Verurteilten jedenfalls nicht als beharrlich eingestuft werden. Die Voraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 2 StGB erfordern, dass er immer wieder willentlich und verantwortlich den Einfluss des Bewährungshelfers unmöglich macht. Das kann aufgrund des hier vorliegenden Krankte eitsbildes nicht festgestellt werden.

Zusätzlich kann aufgrund der vorgenannten Diagnose nicht festgestellt werden, dass eine eventuelle negative Sozialprognose darauf beruht, dass der Verurteilte sich der Leitung und Weisung des Bewährungshelfers entzieht. Als Ursache dürfte vielmehr die vorliegende schwere Persönlichkeitsstörung zu Grunde zu legen sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 StPO.

Meyer, J bers
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle



Einsender: RA H. Urbanczyk, Coesfeld

Anmerkung:


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