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Entscheidungen

OWi

Gehörsrügenfalle, Entbindungsantrag

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.11.2017 – 1 OWi 2 SsBs 40/17

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Annahme einer sog. Gehörsrügenfalle.


In pp.

Dem Rechtsmittel kann entsprechend der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 8.5.2017 ein Erfolg nicht versagt werden.

Wird der Einspruch des Betroffenen – wie hier – nach § 74 Abs. 2 OWiG wegen Ausbleibens in der Hauptverhandlung ohne Verhandlung zur Sache verworfen, so ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn über einen rechtzeitig gestellten Antrag, den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, zu Unrecht nicht entschieden worden ist. Die rechtsfehlerhafte Verwerfung des Einspruchs des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG stellt dabei nicht nur einen Verstoß gegen einfaches Verfahrensrecht, sondern wegen der dadurch unterbliebenen Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Betroffenen in der Sache selbst (hier: Bestreiten der Gefährdung von Gegenverkehr) auch eine Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Grundrechts auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG dar (OLG Zweibrücken, Beschluss v. 5.1.2012 – 1 Ss Bs 45/11, juris Rn 3 u. 6). Dabei bedarf der Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung keiner Form. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der Betroffene in einem Schriftstück zum Ausdruck bringt, dass er von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung befreit werden möchte (Seitz/Bauer in Göhler, OWiG, 17. Aufl., § 73 Rn 4).

Nach diesen Grundsätzen war die im Schriftsatz vom 16.2.2017 enthaltene Erklärung als Antrag gem. § 73 Abs. 2 S. 1 OWiG auf Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung auszulegen. Da die Voraussetzungen für eine Entbindung des Betroffenen erfüllt waren, durfte das Amtsgericht den Einspruch nicht nach § 74 Abs. 2 OWiG verwerfen.

Insoweit kann hier auch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen und/oder seines Verteidigers festgestellt werden (vgl. zur sog. ‚Gehörsfalle‘: OLG Rostock, Beschluss v. 15.4.2015 – 21 Ss OWi 45/15, NJW 2015, 1770 mit zust. Anm. Leitmeier; OLG Hamm, Beschluss v. 19.5.2015 – 5 RBs 59/15, NStZ-RR 2015, 259; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.4.2017 – IV-2 RBs 49/17, juris). Der Schriftsatz vom 16.2.2017 lag – wovon im Hinblick auf den im Kopf des Faxschreibens aufgedruckten Sendevermerk auszugehen ist – dem Amtsgericht vor Beginn der Hauptverhandlung rechtzeitig vor. Der Schriftsatz enthält – neben der ca. eine Seite umfassenden Einlassung des Betroffenen und dem Hinweis auf eine in Kopie beiliegende Verteidigungsvollmacht – keine weiteren Prozesserklärungen, durch der Blick auf das Entbindungsbegehren verstellt worden sein könnte. Dieses ist zudem optisch durch einen eigenen Absatz hinreichend von dem Sachvorbringen abgesetzt. Allein die durchaus ungewöhnliche Einkleidung in ein wörtliches Zitat des Betroffenen innerhalb eines Verteidigerschriftsatzes führt hier nicht dazu, dass dem Amtsgericht die Kenntnisnahme von dem Begehr unzulässig erschwert worden ist. Sofern (auch mit Blick auf das Fehlen des Wortes ‚nicht‘ im drittletzten Satz der Erklärung) gleichwohl für das Amtsgericht die Zielrichtung des Vorbringens unklar geblieben sein sollte, wäre dies Anlass gewesen, sich durch Rückfrage beim Verteidiger um nähere Aufklärung zu bemühen.

Die Sache war danach unter Aufhebung der Verwerfungsentscheidung gem. § 79 Abs. 6 Alt. 2 OWiG an das Amtsgericht zurückzuverweisen; eine Verweisung an eine andere Abteilung oder ein anderes Amtsgericht ist nicht geboten.


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