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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Beiordnungsgründe, Motivbündel

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 22.09.2017 - 8 Qs 308 Js 27019/16 (135/17)

Leitsatz: Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers u.a. wegen eines anderen schweren Nachteils


Landgericht Dessau-Roßlau
8 Qs 308 Js 27019/16 (135/17)

Beschluss
In dem Strafverfahren
gegen pp.
wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
hat die 8. Grol3e Strafkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Dessau-Roßlau durch die unterzeichnenden Richter am 22.09.2017 beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Köthen vorn 03.02.2017, Az.: 5 Ds 308 Js 27019/16 (176/16), aufgehoben.

PP. wird als notwendige Verteidigerin bestellt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Staatskasse zu tragen,

Gründe:

Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau vorn 19,1 2.2016 wird vorgeworfen, auf nicht bekannte Art und Weise ohne Grund eine nicht bekannte Anzahl von Katzenbabys getötet zu haben.

im weiteren Verlauf des Verfahrens meldete sich Frau pp. als Wahlverteidigerin für die Angeklagte und beantragte mit Schriftsatz vom 31.01.2017 ihre Bestellung zur Pflichtverteidigerin gemäß § 140 Abs. 2 StPO, Mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts Köthen vorn 03.02.2017 wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung dieses Beschlusses Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.08.2017 erhob die Angeklagte Beschwerde gegen die Nichtbestellung ihrer Wahlverteidigerin als Pflichtverteidigerin. Zur Begründung dieser Beschwerde wird ebenfalls auf den Inhalt der benannten Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Köthen vom 28.08.2017 wurde der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau hatte Gelegenheit zur Stellungnahme und beantragt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 804 Abs. 1, 306 StPO zulässig: Sie hat in der Sache auch Erfolg.

Nach § 140 Abs. 2 StPO ist einem Angeklagten ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Angeklagte nicht selbst verteidigen kann.

Hier gebietet bereits der Umstand, dass ein sonstiger schwerwiegender Nachteil droht, hier der Bewährungswiderruf in anderer Sache, die Bestellung eines Pflichtverteidigers.

Die Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Köthen vom 24.03.2014, Az.: 5 Os 303 Js. 2994/13 (142/139). wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit, die zwischenzeitlich verlängert werden musste, läuft bis zum 11.04.2019.

Mithin hat die Angeklagte innerhalb der Bewährungszeit erneut eine Straftat, wenn auch keine einschlägige, worauf es nicht ankommt, begangen, so dass ihr insoweit ein Bewährungswiderruf drohte.

Unter Berücksichtigung auch der im vorliegenden Verfahren drohenden Sanktion erfordert die Schwere der Tat insoweit die Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 2 StPO.

Hinzu kommt, dass Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass sich pp. nicht selbst verteidigen kann. Nach dem ärztlichen Bericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. pp.
ist pp. psychisch und physisch schwer erkrankt. Sie habe wegen psychischer Störungen ihre Wohnung seit 12 Jahren nicht vorlassen, sie folge weder Überweisungen noch Einweisungen wegen ihres Angst- und Paniksyndroms.

Aufgrund dieser Erkrankung kann nicht ausgeschlossen werden, dass pp.
aufgrund der durch ein Strafverfahren verursachten Belastung und ihres Angst- und Paniksyndroms nicht die erforderliche Aufmerksamkeit aufbringen kann, um dem Verfahren folgen zu können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO analog.


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Anmerkung:


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