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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Strafzumessung, Aufklärungshilfe, günstige Sozialprognose

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 02.03.2017 - 5 RVs 17/17

Leitsatz: 1. Die Hilfe des Angeklagten zur Aufklärung schwerer Straftaten (§ 46 b StGB) ist in die Gesamtabwägung bei der Strafzumessung nicht nur als allgemeiner strafmildernder Gesichtspunkt einzustellen, sondern als vertypter Milderungsgrund. Es muss eine (weitere) Strafrahmenverschiebung nach §§ 46 b Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB geprüft werden.
2. Zur günstigen Sozialprognose.


Strafsache
In pp.
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.

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G r ü n d e :
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I.
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Der Angeklagte ist mit Urteil des Amtsgerichts Essen-Borbeck vom 22. Juni 2015 vom Vorwurf der gewerbsmäßigen Hehlerei in sieben Fällen freigesprochen worden. Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hat die VIII. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen mit Urteil vom 19. Oktober 2016 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
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Gegen dieses, seinem Verteidiger am 22. November 2016 zugestellte Urteil, hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. Oktober 2016 Revision eingelegt und diese mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 19. Dezember 2016 mit der Verletzung materiellen Rechts begründet.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 24. Januar 2017 beantragt wie erkannt.
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II.
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Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – vorläufig – Erfolg.
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Die Revision war, soweit sie den Schuldspruch betrifft, nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
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Auf die erhobene Sachrüge war das angefochtene Urteil jedoch im Rechtsfolgenausspruch mit den diesbezüglich getroffenen Feststellungen aufzuheben.
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Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift hierzu Folgendes ausgeführt:
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„Der Rechtsfolgenausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Grundsätzlich ist es Aufgabe des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Täterpersönlichkeit gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, insbesondere gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen, wenn das Tatgericht von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist oder aber, wenn sich die Strafe so weit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, dass sie nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter bei der Strafzumessung eingeräumt ist (zu vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 337 Rdnr. 34).
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Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte bereits im Ermittlungsverfahren detaillierte Angaben zu einzelnen Bandenmitgliedern, insbesondere zu deren Position innerhalb der Bandenhierarchie und deren Aufgaben gemacht. Die Kammer hat indes nicht erörtert, ob diese Angaben zu einem wesentlichen Aufklärungserfolg i.S.d. § 46 b Abs. 1 Nr. 1 StGB geführt haben. Der Umstand, dass der Angeklagte selbst ein vorsätzliches Verhalten in Abrede gestellt hat, steht der Anwendung des § 46 b StGB grundsätzlich nicht entgegen (zu vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 b Rdnr. 13). Vorliegend hat das Landgericht weder eine etwaige Strafmilderung gemäß §§ 46 b, 49Abs. 1 StGB erörtert noch hat es die Angaben des Angeklagten bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu seinen Gunsten berücksichtigt.
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Aufgrund dieser Erörterungsmängel ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einem abweichenden Strafausspruch gelangt wäre, wenn es
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§ 46 b StGB in seine Erwägungen zur Wahl des anzuwendenden Strafrahmens oder aber die Angaben des Angeklagten - soweit diesen kein wesentlicher Aufklärungserfolg beizumessen wäre - im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt hätte.
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Ferner hält auch die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Entscheidung über die Strafaussetzung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dies gilt sowohl für die Annahme einer günstigen Sozialprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB als auch für die Gesamtbeurteilung der in der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten liegenden Umstände i.S.d. § 56 Abs. 2 StGB. Die hierauf bezogene Würdigung ist von dem Revisionsgericht im Zweifel bis an die Grenze des Vertretbaren hinzunehmen, solange das Tatgericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung nicht von unvollständigen, unrichtigen oder widersprüchlichen Feststellungen ausgegangen ist. Die Überprüfung beschränkt sich auf Rechts- und Ermessensfehler (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22.08.2006 - 2 Ss 241/06 -). Das Landgericht hat das Fehlen einer günstigen Sozialprognose damit begründet, dass der Angeklagte fünf Taten begangen hat und dass dieser weiterhin im Bereich der Autoverwertung, wenn auch in einem anderen Betrieb, tätig sei. Es ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Verurteilung wegen mehrerer selbständiger Handlungen für sich bereits eine negative Sozialprognose begründen kann. Dabei hat die Kammer außer Acht gelassen, dass die ausgeurteilten Fälle in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang standen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung hätte ferner berücksichtigt werden müssen, dass die Taten inzwischen über drei Jahre zurückliegen und weitergehende strafrechtliche Verfehlungen des Angeklagten den Urteilsgründen nicht zu entnehmen sind. Der bloße Umstand, dass der Angeklagte nach wie vor im Bereich der Autoverwertung tätig ist, lässt einen Rückschluss auf eine ungünstige Sozialprognose ebenfalls nicht zu. Dies auch deshalb, da der Angeklagte Mechaniker ist und er somit lediglich weiterhin seinem erlernten Beruf nachgeht. Die Kammer hat sich schließlich auch nicht damit auseinandergesetzt, ob nicht das bisherige Strafverfahren eine Wirkung auf den Angeklagten entfaltet hat, welches eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zukünftig straffreien Verhaltens begründen kann.
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Lediglich ergänzend hierzu ist zu bemerken, dass auch das Vorliegen besonderer Umstände i.S.d. § 56 Abs. 2 StGB unter Berücksichtigung der bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten, des Zeitablaufs, des vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Vorteils und einer etwaig geleisteten Aufklärungshilfe eher naheliegen dürfte.“
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Diesen Ausführungen vermag sich der Senat nicht zu verschließen.
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Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs.2 S.1 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammmer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen.


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Anmerkung:


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