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Entscheidungen

StPO

Kostenneutrale Umbeiordnung, Pflichtverteidiger, Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Osnabrück, Beschl. v. 20.01.2017 - 6 Ks - 720 Js 38063/16 - 10/16

Leitsatz: Auch im Fall einer kostenneutralen Umbeiordnung kann der neu beigeordnete auswärtige Pflichtverteidiger die bei ihm tatsächlich angefallenen Kosten abrechnen und wird nicht auf die Kosten verwiesen, die bei einem ortsansässigen Verteidiger/ einer ortsansässigen Verteidigerin entstanden wären.


Landgericht Osnabrück
6. Große Strafkammer
- Schwurgericht -
6 Ks - 720 Js 38063/16 - 10/16
20.01.2017

Beschluss
In der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger: Rechtsanwalt Dr. Carsten Friedel Keil, Schwitter Dorfstraße 15, 58708 Menden

wird die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Osnabrück vom 01.12.2016 auf die Erinnerung der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG (AnwVS) abgeändert und die dem Rechtsanwalt Dr. K. aus der Landeskasse zu zahlende Pflichtverteidigervergütung (Vorschuss) wie beantragt auf 723,64 € festgesetzt.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde eingelegt werden, die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird.

Gründe:

1. Die AnwVS macht im vorliegenden Verfahren Gebühren- und Auslagenansprüche geltend, die ihr von dem zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt Dr. K. abgetreten worden waren. Mit der angefochtenen Entscheidung erfolgten seitens des Landgerichts Osnabrück Absetzungen, weil eine kostenneutrale Umbeiordnung vorgenommen worden sei und dies bedeute, dass der Landeskasse keine Mehrkosten entstehen dürften. Dementsprechend wurde eine Abrechnung wie für einen in Osnabrück ansässigen Rechtsanwalt vorgenommen und ein aus der Landeskasse zu zahlender Betrag in Höhe von 636,65 € festgesetzt. Dagegen wendet sich die AnwVS mit ihrer Erinnerung. Der Bezirksrevisor beim Landgericht hat die Zurückweisung der Erinnerung als unbegründet beantragt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Stellungnahmen der AnwVS und des Bezirksrevisors verwiesen.

2. Die Erinnerung ist nach § 56 RVG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Mit dem Verzicht von Rechtsanwalt Dr. K. auf die Mehrkosten ist klargestellt, dass die bei der ursprünglich beigeordneten Rechtsanwältin S. angefallenen Gebühren nicht nochmals von ihm geltend gemacht werden sollen und er auf diese verzichtet. Die Tatsache, dass im Falle seiner Beiordnung Mehrkosten entstehen, weil er seinen Kanzleisitz in Menden unterhält und daher - im Vergleich zu der in Osnabrück ansässigen Rechtsanwältin S. - insbesondere höhere Reisekosten anfallen, steht der Auswechslung des Verteidigers, durch die dem Wunsch des Angeklagten Rechnung getragen werden soll, einen Verteidiger seines Vertrauens an seiner Seite zu haben, nicht entgegen. Denn der zu bestellende Verteidiger ist nach der Neufassung des § 142 Abs. 1 StPO nicht mehr möglichst aus der Zahl der im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwälte auszuwählen. Die zu schützenden Fiskalinteressen können dementsprechend nicht weiter reichen als in dem Fall, dass der Angeklagte den jetzt gewählten Verteidiger von vornherein bezeichnet hätte und dieser beigeordnet worden wäre.

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in seiner Entscheidung vom 23.04.2015 zu der Möglichkeit, die Bestellung eines Rechtsanwalts/ einer Rechtsanwältin zurückzunehmen und einen anderen Rechtsanwalt/ eine andere Rechtsanwältin als Verteidiger/in zu bestellen (Geschäftsnummer 1 Ws 170/15) folgendes ausgeführt: „Nach der Gesetzesbegründung stellt die Überschreitung der Grenzen eines Gerichtsbezirks wegen der allgemein erhöhten Mobilität keinen tauglichen Anhaltspunkt mehr für zu erwartende Verfahrensverzögerungen da und es sind bei der Auswahl des Verteidigers andere Faktoren mit zu berücksichtigen, die dem Kriterium der Gerichtsnähe mindestens gleichwertig erscheinen wie etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger, die Möglichkeit der Verständigung in der Muttersprache oder eine besondere Qualifikation; nur daneben sind auch die durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstehenden Mehrkosten bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen (BT-Drucksache 16/12098, S. 20)."

Aus den genannten Erwägungen ergibt sich, dass der nunmehr beigeordnete Pflichtverteidiger die bei ihm tatsächlich angefallenen Kosten abrechnen kann und nicht auf die Kosten zu verweisen ist, die bei einem ortsansässigen Verteidiger/ einer ortsansässigen Verteidigerin entstanden wären.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2 RVG.


Einsender: RA Dr. C. Keil, Menden

Anmerkung:


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