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Entscheidungen

Zivilrecht

Gebrauchtwagenkauf, Mangel, Zeitablauf zwischen Herstellung und Erstzulassung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Braunschweig, Urt. v. 23.07.2015 - 9 U 2/15

Leitsatz: Liegt zwischen dem Zeitpunkt der Herstellung und Erstzulassung ein Zeitraum von 19 1/2 Monaten, stellt dieser Umstand beim Kauf eines in dem Zeitraum ab dem lt. Fzg.-Brief mitgeteilten Erstzulassungszeitpunkt von 2 Jahren und 4 Monaten offenbar über 38.616 km als Mietfahrzeug genutzten Gebrauchtwagens kein den Käufer zum Rücktritt berechtigender Mangel dar.


In pp.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 27.11.2014 - 4 O 214/13 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über den vom Kläger bei der Beklagten zu einem Preis von 33.430,00 € gekauften gebrauchten PKW Audi A4 Avant TDI. Im Streit steht insbesondere, ob das Fahrzeug dadurch, dass seit seiner Herstellung bis zu seiner Erstzulassung 19½ Monate verstrichen sind, mangelhaft ist und ob etwaige Gewährleistungsansprüche des Klägers verjährt sind.

Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (LGU S. 3-8 = Bl. 107-112 d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Klage sei zulässig. Der Kläger könne den gesamten Kaufpreis abzüglich gezogener Nutzungen an sich zurückfordern. Auch wenn die A.-Bank sich zur Sicherung des Finanzierungsdarlehens das Fahrzeug habe übereignen lassen, seien ihr die Gewährleistungsrechte aus dem verbundenen Kaufvertrag ausweislich des Darlehensvertrages nicht abgetreten worden. Der Kläger sei daher berechtigt, die Gewährleistungsrechte im eigenen Namen geltend zu machen. Bei der Zahlung des Kaufpreises durch die A.-Bank an die Beklagte habe es sich um eine Leistung des Klägers gehandelt. Lediglich hinsichtlich der begehrten Zug-um-Zug-Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses habe der Kläger einer Ermächtigung durch die A.-Bank bedurft. Diese sei ihm mit der „Prozeßstandschaftsvollmacht“ (vgl. Bl. 5 f. Anlagenband Kl.) zumindest konkludent erteilt worden. Ein schützenswertes Eigeninteresse des Klägers sei im Hinblick auf die Rückgabe und Rückübereignung gegeben, da er ohne dieses Angebot die Rückabwicklung des Vertrages nicht verlangen könne.

Die Klage sei zudem begründet. Der Kläger sei wirksam von dem mit der Beklagten geschlossen Vertrag zurückgetreten. Das Fahrzeug habe im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Sachmangel aufgewiesen, da es nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufgewiesen habe. Es gehöre zur vereinbarten Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, dass das Baujahr des Fahrzeugs nicht mehr als zwölf Monate von dem im Vertrag angegebenen Jahr der Erstzulassung abweiche. Dies gelte auch bei einem Kauf eines Gebrauchtwagens. Die Rechtsprechung des BGH zu Neu- und Jahreswagen, wonach eine lange Standdauer von über zwölf Monaten einen wertmindernden Faktor darstelle, sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Eine Abweichung von 19 Monaten zwischen dem Datum der Herstellung und dem Datum der Erstzulassung entspreche nicht dem, was der Kläger habe erwarten müssen. Der Kläger habe ein Fahrzeug mit einem Alter von zwei Jahren und vier Monaten erwerben wollen; hierbei handele es sich um einen verhältnismäßig „jungen“ Gebrauchtwagen von beachtlichem Wert. Hinzu komme, dass während dieser Standzeit ein „Modellwechsel“ stattgefunden habe, so dass der Kläger zudem ein Modell erworben habe, dass im Zeitpunkt der Erstzulassung nicht mehr gebaut worden sei. Auch dieser Modellwechsel stelle einen wertbildenden Faktor von wesentlicher Bedeutung dar. Die lange Standdauer und der Modellwechsel führten dazu, dass das Fahrzeug nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprochen habe. Bei dem Kaufvertrag und dem Darlehensvertrag handele es sich um verbundene Verträge i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB, was zur Folge habe, dass der Kläger die Darlehensvaluta an sich heraus verlangen könne und lediglich für die Rückübertragung des Eigentums an dem Fahrzeug der Zustimmung der A.-Bank bedürfe. Der gezahlte Kaufpreis sei um einen Nutzungsersatz von 0,15 € pro gefahrenem Kilometer, mithin 1.259,55 €, zu kürzen. Der Einwand der Beklagten, der Kläger könne zumindest bzgl. der Schlussrate in Höhe von 11.771,07 € keine Rückzahlung verlangen, da die Parteien diesbzgl. ein verbrieftes Rückgaberecht vereinbart hätten, das zur Folge habe, dass der Kläger in dieser Höhe nicht zur Kaufpreiszahlung verpflichtet sei, greife nicht durch. Das vereinbarte Rückgaberecht stehe neben dem gesetzlichen Rücktrittsrecht und schließe dieses nicht aus.

Das Rücktrittsrecht des Klägers sei nicht verjährt. Der Kläger habe den Rücktritt mit Schreiben vom 23.01.2013 und 05.02.2013 fristwahrend und hinreichend eindeutig erklärt.

Auch der Feststellungsantrag des Klägers sei begründet. Die Beklagte befinde sich seit dem 26.02.2013 in Annahmeverzug. Dass der Kläger zum Zeitpunkt des Angebots seiner Leistung nicht Eigentümer des Fahrzeugs gewesen sei, sei unschädlich. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen das wörtliche Angebot der Leistung genüge, sei es ausreichend, wenn die Leistung soweit vorbereitet sei, dass sie zum Zeitpunkt der Annahme durch den Gläubiger bewirkt werden könne. Der Kläger habe für die Rückübereignung lediglich der Genehmigung durch die A.-Bank bedurft, die er sich jederzeit habe beschaffen können.

Der mit dem Antrag zu 3.) geltend gemachte Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten ergebe sich aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte habe das Baujahr des Fahrzeugs bei Vertragsabschluss verschwiegen, obwohl sie diesbzgl. eine Offenbarungspflicht getroffen habe. Dieser Anspruch auf Schadensersatz sei trotz der vertraglich vereinbarten Verjährungsfrist von einem Jahr nicht verjährt. Die Beklagte bzw. die für sie auftretende Autohaus H. GmbH habe den Mangel arglistig verschwiegen und die Beklagte könne sich daher nicht auf Verjährung berufen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte mit dem am 05.01.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 05.01.2015 Berufung eingelegt, die sie mit dem am 28.01.2015 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Zur Begründung führt sie an:

Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft eine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs angenommen. Die vom Landgericht angeführte Rechtsprechung sei auf den gegebenen Sachverhalt nicht anwendbar. Die zitierten Fälle bezögen sich auf „Jahreswagen“ oder „fabrikneue“ Fahrzeuge und behandelten die Frage einer vereinbarten Beschaffenheit; dies sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im vorliegenden Fall habe das verkaufte Fahrzeug bereits eine Laufleistung von 38.000 km aufgewiesen. Ein etwaiger Wertverlust aufgrund längerer Standzeit verliere aber mit zunehmender Laufleistung an Bedeutung. Zudem habe der BGH in einem Fall, in dem ein als „Vorführwagen“ verkauftes Wohnmobil im Jahr 2003 hergestellt, aber erst im Jahr 2005 zugelassen worden sei, entschieden, dass die Rechtsprechung zu Jahreswagen nicht auf Vorführwagen übertragbar sei; vielmehr habe der BGH ausgeführt, dass es dem Käufer obliege, sich nach der Dauer der Nutzung als Vorführwagen zu erkundigen. Diese Ausführungen ließen sich erst recht auf den Fall übertragen, in dem ein Gebrauchtfahrzeug nicht als „Vorführwagen“ verkauft werde. Da der BGH für den Verkauf eines älteren Gebrauchtwagen entschieden habe, dass dieser auch bei einer dem Verkauf vorausgehenden längeren Standzeit - anders als bei als „Jahreswagen“ verkauften Kfz bzgl. deren Standzeit zwischen Herstellung und Erstzulassung - nicht ohne konkrete Standschäden allein aufgrund Zeitablaufs von einer Mangelhaftigkeit ausgegangen werden dürfe. Hierzu verweist die Berufung auf das Urteil des BGH v. 10.3.2009 - VIII ZR 34/08.

Zudem sei eine etwaige vom Landgericht angeführte Verschlechterung des Zustandes, die eine längere Standzeit mit sich bringe, aufgrund der Laufleistung des Fahrzeugs technisch nicht mehr nachvollziehbar. Nach knapp 40.000 gefahrenen Kilometern bestimme sich der Zustand eines Fahrzeugs nach anderen Faktoren wie beispielsweise der Fahrweise. Das gelte generell, wobei vorliegend aber noch hinzukomme, dass das Fahrzeug die Fahrleistung von 38.616 km, die es zum Zeitpunkt des Kaufs durch den Kläger zurückgelegt gehabt habe, unstreitig als Mietwagen - „Euromobil“ - absolviert habe. Eine vorherige Standzeit spiele für die Kaufpreisbemessung daher in jedem Fall keine Rolle mehr. Für diese Behauptungen und Bewertungen bietet die Beklagte Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an, wobei die Beweislast für die Mangelhaftigkeit beim Kläger liege. Ohne eigene diesbezügliche Sachkunde dürfe der Senat jedenfalls die Berufung nicht zurückweisen.

Des Weiteren seien die Ausführungen des Landgerichts, der Kläger habe ersichtlich kein Gebrauchtfahrzeug kaufen wollen, bei dem eine Abweichung von Herstellungs- und Erstzulassungsdatum eine geringere Rolle spiele, offensichtlich verfahrensfehlerhaft. Das Landgericht habe aufgrund fehlender Sachkunde nicht feststellen können, ob sich die Standzeit auf den Wert des Fahrzeugs ausgewirkt habe. Darüber hinaus habe die Beklagte dies bestritten. Zudem sei nicht ersichtlich, woraus das Landgericht die genannte spezielle Kaufabsicht des Klägers ableite.

Die Beklagte meint, dass selbst bei einer Berücksichtigung etwaiger standzeitbedingter Auswirkungen lediglich auf einen Zeitraum von sieben Monaten abzustellen sei, da nach der Rechtsprechung eine Standzeit von zwölf Monaten vom Käufer zu akzeptieren sei.

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts habe während der Standzeit des Fahrzeugs nicht „unstreitig“ ein „Modellwechsel“ stattgefunden. Es sei lediglich ein Facelift vorgenommen worden, das nur zu geringfügigen Veränderungen geführt habe. Dies begründe jedoch keinen Sachmangel, da zum einen der Kläger das Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrages besichtigt habe und zum anderen eine Überarbeitung eines Modells innerhalb von zwölf Monaten keine Rolle spielen könne, wenn eine Standzeit von zwölf Monaten als vertragsgemäß anzusehen sei. Der Kläger habe einen angemessen Preis für das Fahrzeug bezahlt. Das Fahrzeug sei technisch einwandfrei gewesen und habe sich für die vorausgesetzte Verwendung geeignet. Die Standzeit habe keinen Einfluss auf den Wert oder die technische Verwendbarkeit gehabt. Hierfür bietet die Beklagte Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an.

Zudem seien die Gewährleistungsansprüche des Klägers verjährt. Es fehle an einer Rücktrittserklärung. In seinem Schreiben vom 23.01.2013 (Bl. 2 f. Anlagenband Kl.) habe der Kläger nicht den Rücktritt erklärt, sondern ein Angebot auf Abschluss einer Rückabwicklungsvereinbarung unterbreitet.

Erstinstanzlich hat die Beklagte zudem die Ansicht vertreten, der Kläger dürfe die Ansprüche der finanzierenden A.-Bank auf Rückgewähr des Kaufpreises nicht in Prozessstandschaft geltend machen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Göttingen vom 27.11.2014 - 4 O 214/13 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt vollumfänglich das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe die den zitierten Urteilen des BGH zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen fehlerfrei auf den vorliegenden Fall übertragen. Dadurch, dass die für die Beklagte auftretende Autohaus H. GmbH gegenüber dem Kläger lediglich das Datum der Erstzulassung, nicht aber das Herstellungsdatum genannt habe, habe sie beim Kläger eine dahingehende Erwartungshaltung geweckt, ein noch relativ junges Fahrzeug zu erwerben. Die Ausführungen des Landgerichts, der Kläger habe kein Fahrzeug erwerben wollen, bei dem eine zeitliche Abweichung zwischen Herstellung und Erstzulassung nur noch eine geringere Rolle spiele, seien daher zutreffend. Darüber hinaus komme es gerade bei einer Veräußerung in den ersten Jahren nach der Zulassung auf das tatsächliche Alter des Fahrzeugs an. Der Kläger behauptet, dass er bei Kenntnis des tatsächlichen Alters des Fahrzeugs dieses nicht oder zumindest nicht zu dem vereinbarten Preis gekauft hätte.

Die von der Beklagten angeführte obergerichtliche Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da in den zitierten Fällen, keine derartig lange Standzeit vorgelegen habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das Urteil des BGH über „Vorführwagen“ nicht einschlägig. Der BGH habe lediglich klargestellt, dass eine Nutzung als Vorführwagen nicht vergleichbar sei mit einer Standzeit des Fahrzeugs. Soweit ein Gebrauchtwagen nicht als „Vorführwagen“ verkauft werde, bleibe es bei den entwickelten Grundsätzen, dass Herstellungs- und Erstzulassungsdatum nicht mehr als zwölf Monate voneinander abweichen dürften.

Ob die Standzeit tatsächlich Auswirkungen auf den Zustand des Fahrzeugs gehabt habe, sei nicht relevant, da ein Mangel bereits gegeben sei, wenn aufgrund der Standzeit die Möglichkeit einer Veränderung bestehe. Zudem seien die unstreitig am Erscheinungsbild des A4 zwischen den Modelljahren 2009 und 2010 vorgenommen optischen Veränderungen bei der Beurteilung des Falles zu berücksichtigen. Ob es sich bei derartigen Veränderungen um einen Modellwechsel, eine neue Modellvariante oder einen Facelift handele, sei irrelevant. In jedem Fall werde mit dem Erstzulassungsdatum eine gewisse Erwartungshaltung des Käufers bzgl. des Modelljahres geweckt. Der Kläger habe im Rahmen des Abschlusses des Kaufvertrages zumindest auf die Abweichung von Modelljahr und Erstzulassungsdatum hingewiesen werden müssen. Dies sei unstreitig nicht geschehen. Das Fahrzeug sei daher mangelhaft i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, da bei einer Erstzulassung im Februar 2010 eine Modellvariante 2009 nicht üblich sei und der Kläger diese Beschaffenheit nicht habe erwarten können.

Das Landgericht sei zudem zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mit seinen außergerichtlichen Schreiben gegenüber der Beklagten den Rücktritt erklärt habe. Aus den Schreiben gehe eindeutig hervor, dass der Kläger nicht lediglich ein Angebot auf Abschluss einer Rückabwicklungsvereinbarung unterbreitet habe. Verjährung sei daher nicht eingetreten.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 2.3.2015 (Bl. 157-164 d.A.), die Berufungserwiderung vom 31.3.2015 nebst Anlage (Bl. 175-183 d.A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 24.6.2015 (Bl. 208-212 d.A.).

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Auf die vom Landgericht zutreffend verneinte Verjährung kommt es nicht an. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf gewährleistungsrechtliche Rückabwicklung des Gebrauchtwagenkaufs nicht zu. Es fehlt am erforderlichen Gewährleistungsgrund eines Mangels i. S. v. §§ 434, 437 BGB.

Im Einzelnen:

1. Die Klage ist nicht bereits unzulässig; insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt.

Der Kläger könnte grundsätzlich die Rückzahlung des gesamten Kaufpreises an sich verlangen. Es liegt insoweit kein Fall einer gewillkürten Prozessstandschaft vor.

Bei dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag und dem Darlehensvertrag mit der A.-Bank handelt es sich um ein verbundenes Geschäft i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB. Tritt der Verbraucher bei einem derartigen Geschäft aufgrund der Mangelhaftigkeit der Kaufsache vom Kaufvertrag zurück, so kann er von dem Verkäufer die gesamte Darlehensvaluta heraus verlangen (OLG Köln, Urteil v. 25.03.2014 – 3 U 185/13; OLG Koblenz, Urteil v. 18.12.2008 – 6 U 564/08; Habersack, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 359, Rn. 71; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 359, Rn. 8).

Der Kläger bedarf daher lediglich für eine Rückübereignung des Fahrzeugs an die Beklagte der Zustimmung der A.-Bank gem. § 185 BGB (vgl. Habersack, in: MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 359, Rn. 71). Mit der dem Kläger erteilten „Prozeßstandschaftsvollmacht“ (Bl. 5 f. Anlagenband Kl.) hat die A.-Bank diesen analog § 185 Abs. 1 BGB konkludent ermächtigt, im Rahmen der beantragten Zug um Zug Verurteilung die Rückübereignung des Fahrzeugs anzubieten. Ausweislich des Schreibens der A.-Bank (Bl. 5 Anlagenband Kl.) sollte dem Kläger durch Erteilung der Vollmacht die gewünschte Aktivlegitimation verschafft werden.

Es bestünde auch - falls ein Gewährleistungsanspruch gegeben gewesen wäre - ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse des Klägers, die Rückübereignung des Fahrzeugs anzubieten. Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen sind gem. § 348 S. 1 BGB Zug um Zug zu erfüllen. Da gem. §§ 348 S. 2, 322 Abs. 1 BGB eine Klage auf Rückgewähr des Kaufpreises im Falle eines Rücktritts zu einer Zug um Zug Verteilung führt, musste der Kläger, um einer teilweisen Klageabweisung zu entgehen, die Rückübereignung des Fahrzeugs im Rahmen seiner Klage anbieten.

2. Die Klage ist indes nicht begründet.

Dem Kläger steht bereits kein Anspruch auf Rückgewähr des an die Beklagte geleisteten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des gekauften Fahrzeuges gem. §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 326 Abs. 5, 346 Abs. 1, 348 S. 1 BGB zu. Das Fahrzeug war im Zeitpunkt des Gefahrübergangs sachmangelfrei.

a) Dass das verkaufte Fahrzeug zwischen seiner Herstellung und seiner Erstzulassung 19 ½ Monate stand, stellt keinen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

In der verbindlichen Bestellung vom 27.06.2012 (Bl. 1 Anlagenband Kl.) ist lediglich das Erstzulassungsdatum des Fahrzeugs, der 18.02.2010, angegeben. Unstreitig wurde das Fahrzeug am 01.07.2008 hergestellt. Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen sind zwischen den Parteien keine weiteren Absprachen über das Alter des Fahrzeugs getroffen worden.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB kann zwar auch konkludent oder stillschweigend zustande kommen (Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 434, Rn. 17).

Nach der Rechtsprechung des BGH beinhaltet der Verkauf eines Fahrzeugs als „fabrikneu“ oder als „Jahreswagen“ die vereinbarte Beschaffenheit, dass das Fahrzeug zwischen Herstellung und Erstzulassung nicht länger als zwölf Monate gestanden hat (BGH, Urteil v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, zu § 459 BGB a.F., keine „Fabrikneuheit“ bei einer Standzeit von mehr als zwölf Monaten zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages; BGH, Urteil v. 07.06.2006 – VIII ZR 180/05, vereinbarte Beschaffenheit, dass beim Verkauf als „Jahreswagen“ zwischen der Herstellung und der Erstzulassung nicht mehr als zwölf Monate liegen).

Diese starre Grenze kann auf einen Gebrauchtwagenkauf nicht übertragen werden. Ob im Einzelfall eine längere Standzeit einen Mangel begründet, ist jeweils im Rahmen einer wertenden Betrachtung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil v. 10.03.2009 – VIII ZR 34/08; OLG Karlsruhe, Urteil v. 26.05.2004 – 1 U 10/04).

Die zu einer mangelbegründenden Standzeit bei Gebrauchtfahrzeugen ergangenen obergerichtlichen Entscheidungen lassen sich aufgrund der jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte nicht verallgemeinern (Gewährleistungsanspruch bejaht: OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.06.2008 – 1 U 231/07: Herstellung 31 Monate vor Erstzulassung, 10 km Laufleistung und 2 Monate seit Erstzulassung bei Verkauf an Kläger, Sachmangel bejaht; OLG Celle, Urteil v. 13.07.2006 – 11 U 254/05: Herstellung 23 Monate vor Erstzulassung, 10 km Laufleistung und 9 Monate seit Erstzulassung bei Verkauf an Kläger als „Vorführwagen“, Sachmangel bejaht; OLG Karlsruhe, Urteil v. 26.05.2004 – 1 U 10/04: Herstellung 5 ½ Jahre vor Erstzulassung, dort indes arglistiges Verschwiegen; OLG Oldenburg, Urteil v. 28.10.2005 – 6 U 155/05: Herstellung 2 ½ Jahre vor Erstzulassung, wobei im konkreten Fall eine arglistige Täuschung bejaht und die Mangelhaftigkeit nicht explizit angesprochen worden ist; OLG Nürnberg, Urt. v. 21.03.2005 - 8 U 2366/04: Herstellung 13 Monate vor Erstzulassung, 600 km Laufleistung und 11 Monate seit Erstzulassung bei Verkauf, dort aber unzutreffendes Modelljahr als Beschaffenheit vereinbart; Gewährleistungsanspruch und Sachmangel verneint: OLG Schleswig, Urteil v. 25.11.2008 – 3 U 39/07: Herstellung 14 Monate vor Erstzulassung, Erstveräußerung als „Lagerfahrzeugmodell“; OLG Braunschweig, Urteil v. 07.07.2005 – 2 U 128/04: Herstellung 27 Monate vor Erstzulassung, Verkauf als „Lagerfahrzeug“; KG Berlin, Beschluss v. 13.01.2011 – 8 U 97/10: Herstellung 14 ½ Monate vor Erstzulassung, Laufleistung 35.240 km bei Kauf durch dortigen Kläger).

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Lagerdauer eines Fahrzeugs nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung des Fahrzeugs von wesentlicher Bedeutung (BGH, Urteil v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02, Rn. 12). Da jedes Fahrzeug einem Alterungsprozess unterliegt, der mit Verlassen des Werkes einsetzt, verschlechtert sich grundsätzlich der Zustand eines Fahrzeugs durch Zeitablauf (a.a.O.). Daran ändert sich denklogisch auch nichts, wenn es sich im Einzelfall nicht um einen als Neu- oder Jahreswagen verkauften Pkw handelt. Die Frage, ob der beschriebene Vorgang auch dann eine Bedeutung für den Käufer haben kann oder mit einer als üblich erwarteten Beschaffenheit verknüpft ist, ist davon zu trennen. Die abstrakt-technische Ausgangsüberlegung wird nicht tangiert. Diese tritt aber umso mehr in den Hintergrund, je länger ein Fahrzeug, das vor Erstzulassung gestanden hat, nach Erstzulassung benutzt wird. Nicht nur - hier nicht geltend gemachte - tatsächliche Standschäden, sondern erst Recht auch dahinter zurückbleibende Veränderungen werden von üblicher wie tatsächlicher Gebrauchsabnutzung überlagert.

Eine Standzeit von über zwölf Monaten stellt bei einem vom Kraftfahrzeughändler als „Jahreswagen“ verkauften Gebrauchtwagen gerade deshalb einen Sachmangel dar, weil es dem Käufer bei einem solchen Kauf ersichtlich darauf ankommt, einen „jungen“ Gebrauchtwagen zu erwerben, der sich von einem Neuwagen lediglich durch seine einjährige Nutzung im Straßenverkehr unterscheidet (BGH, Urteil v. 07.06.2006 – VIII ZR 180/05, Rn. 11). Dementsprechend - so die höchstrichterliche Rechtsprechung - würde es den schutzwürdigen Interessen des Käufers zuwiderlaufen, „die vertraglich geschuldete Beschaffenheit eines Jahreswagens im Hinblick auf die höchstzulässige Standzeit vor der Erstzulassung anders zu beurteilen als die Lagerdauer eines Neufahrzeugs bis zu dessen Verkauf“ (BGH a.a.O.).

Diese Grundsätze sind im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig:

Für den Käufer eines Kraftfahrzeuges ist in der Regel zwar nicht (nur) das Datum der Erstzulassung, sondern auch das Alter von Interesse (vgl. OLG Oldenburg, Urteil v. 28.10.2005 – 6 U 155/05, Rn. 3, dort zwar „Vorführwagen“, was aber für die genannte allgemeine Überlegung keine Rolle spielte). Bei Gebrauchtwagenkäufen ist aber regelmäßig für Kaufentscheidungen das Fahrzeuggesamtalter nur ein Kriterium mittlerer Bedeutung (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 2602).

aa) Die nicht wesentliche Abweichung des Herstellungsdatums vom Erstzulassungsdatum kann eine vereinbarte Beschaffenheit des Fahrzeugs darstellen. Die Voraussetzungen liegen dafür hier jedoch nicht vor.

Zwar kann der Käufer eines Kraftfahrzeuges mangels näherer Angaben nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das Fahrzeug sofort nach der Herstellung zum Straßenverkehr zugelassen worden ist. Ein Käufer auch eines Gebrauchtwagens darf aber darauf vertrauen, dass zwischen Herstellung und Erstzulassung ein relativ überschaubarer Zeitraum liegt. Wenn die Vertragsparteien das Datum der Erstzulassung in den Kaufvertrag aufnehmen, so kann im Einzelfall darin die konkludente Vereinbarung liegen, dass das Datum der Herstellung jedenfalls davon nicht mehrere Jahre bzw. nicht wesentlich vom Jahr der Erstzulassung abweicht (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 26.05.2004 – 1 U 10/04, Rn. 23, 25). Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ist aber nicht anzunehmen, wenn es sich bei der Erstzulassungsangabe um eine bloße Wissenserklärung handelt und ein Bindungswille, für eine Beschaffenheit einzustehen, erkennbar fehlt.

Im vorliegenden Fall steht einem Bindungswillen, für die Richtigkeit des Erstzulassungsdatums und für eine Beschaffenheit der vorgenannten Art bzgl. des Herstellungszeitpunkts einzustehen, entgegen, dass die Aufnahme des Erstzulassungsdatums in den Vertrag mit der Einschränkung „lt. Fahrzeugbrief“ erfolgt ist. Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ist daher fernliegend (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.06.2008 – 1 U 231/07, Rn. 25; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 2636).

bb) Es ist auch nicht von einem Mangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB wegen der Abweichung von der üblichen Beschaffenheit auszugehen.

(1) Im Inland produzierte Pkw (hier: Audi A4 Avant 2,0 TDI), die (wie hier) nicht in den Export gehen, werden zwar überwiegend innerhalb von 12 Monaten nach der Produktion zum öffentlichen Verkehr (erst-)zugelassen (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 27). Das ist der normale Lauf der Dinge, wie er auch sich in der „Zwölfmonatsrechtsprechung“ des BGH für Neu- und Jahreswagen sowie im Einzelfall für Vorführwagen niedergeschlagen hat (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. unter Hinweis auf BGH NJW 2004, 160; 2006, 2694; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 2604 mwNw). Das bedarf als Bestandteil der allgemeinen Lebenserfahrung nicht des Beweises durch Sachverständigengutachten. Der Umstand für sich allein rechtfertigt es aber nicht, die „Zwölfmonatsrechtsprechung“ auf jeden Gebrauchtwagenkauf anzuwenden, weil er für die Erwartungen an die übliche Beschaffenheit von Gebrauchtwagen nicht allein prägend ist.

(2) Der Kläger hat von der Beklagten, einer Kraftfahrzeughändlerin, einen Gebrauchtwagen erworben, der zuvor nur auf die den Vertrag vermittelnde Autohaus H. GmbH zugelassen war. Die vorangegangene Zulassung auf nur einen Halter besagt über das Gesamtalter eines Fahrzeugs ab seiner Herstellung jedoch nichts.

(3) Einziger Anhaltspunkt des Klägers für das Alter des Fahrzeugs war das in der verbindlichen Bestellung „lt. Fahrzeugbrief“ angegebene - und unstreitig zutreffende - Datum der Erstzulassung, welche im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages 2 Jahre und 4 Monate zurücklag. Bei dem verkauften Fahrzeug handelte es sich damit schon nicht mehr um ein relativ junges Gebrauchtfahrzeug, selbst wenn das Fahrzeug unmittelbar nach Herstellung erstzugelassen worden wäre.

(a) Eine Orientierung bei der Einstufung bietet die für die Abschreibung von Anlagegütern für Pkw (inkl. Pkw-Kombi) geltende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 6 Jahren (Afa-Tabelle des Bundesministeriums für Finanzen, Ziffer 4.2.1., http://www.ihk-berlin.de/blob/bihk24/recht_und_steuern/ downloads/ 2253368/894f7be8901596a98efa802e84daa817/ AFA_Tabelle-data.pdf). Von diesem gewöhnlichen Zeitraum wären unter Zugrundelegung von 2 Jahren und 4 Monaten schon mehr als ein Drittel verstrichen gewesen (39%).

(b) Die bekannte Zulassungsdauer bis zum streitgegenständlichen Kaufzeitpunkt betrug deutlich über ein Jahr, so dass weder die Jahreswagenentscheidung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 7.6.2006 - VIII ZR 180/05) noch die im Einzelfall ergangene Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (a.a.O.) und des OLG Celle (a.a.O.) mangels Vergleichbarkeit herangezogen werden kann (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 2647 und Fn. 249). Denn alle genannten Entscheidungen stellen gerade auf die im Einzelfall entsprechend erwartbare „Jugend“ des Pkw ab, der BGH wegen der Bezeichnung als „Jahreswagen“ (a.a.O. Rn. 11), das OLG Düsseldorf wegen der dort geringen Laufleistung von 10 km und der Zeit seit Erstzulassung von nur zwei Monaten (a.a.O. Rn. 29, zit. n. juris), das OLG Celle wegen der ebenfalls nur geringen Laufleistung von 10 km sowie wegen der Bezeichnung als „Vorführwagen“ (a.a.O., Rn. 16, zit. n. juris). Arglist (vgl. o. OLG Karlsruhe und OLG Oldenburg a.a.O.) bzw. eine unzutreffende Modelljahrbeschaffenheitsvereinbarung (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 19) liegen hier nicht vor.

(c) Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bereits mit 38.616 km eine Laufleistung auf, die ihrerseits eine nicht unerhebliche Abnutzung des Fahrzeugs indiziert und daher im Vergleich zu einer etwaigen Standzeit, die sich ja nicht mehr verändern konnte, zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.

(d) Der Umstand, dass der Pkw ausweislich der Vereinbarung im schriftlichen Kaufvertrag als „Euromobilfahrzeug genutzt“, d. h. als Mietwagen bei dem Mietwagenunternehmen Euromobil Autovermietung GmbH im Einsatz gewesen ist, spricht ebenfalls dagegen, dass der Kläger eine bestimmte „Standzeitnichtüberschreitung“ zwischen Herstellung und Erstzulassung und damit ein bestimmtes Höchstalter als üblich erwarten durfte.

Für Mietwagenunternehmen ist erkennbar weniger das Alter eines Wagens seit Herstellung, sondern vorrangig von Bedeutung, dass es noch nicht erstzugelassen ist. Die insbesondere für den das Kraftfahrzeug gewerblich nutzenden Autovermieter erhebliche Frage des Reparaturkostenunterhalts als Amortisationsfaktor hängt maßgeblich auch von der Dauer der Herstellergarantie ab. Deren Beginn knüpft an das Erstzulassungsdatum, nicht an das Datum der Herstellung an (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O. Rn. 2614). Da beim Wiederverkauf mit weitgehender Verbreitung die Mietwagennutzug abgefragt wird, welche sodann wahrheitsgemäß anzugeben ist und die im Markt regelmäßig zu erheblichen Wertreduzierung führt (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rn. 3186-3190), fällt demgegenüber eine vor Erstzulassung seit Herstellung nicht besonders deutlich über ein Jahr hinausgehende Standzeit vergleichsweise so wenig ins Gewicht, dass ein Mietwagenzweitkäufer nicht damit rechnen kann, das Mietwagenunternehmen lege als Ersterwerber besonderen Wert darauf, dass ihre Fahrzeuge vor Erstzulassung und Erstbenutzung nicht deutlich als über ein Jahr alt sind. Ein Mietwagenunternehmen wird ohnehin erkennbar weniger Bedenken haben, zur Vergrößerung seiner Rentabilität günstig noch nie zugelassen gewesene „Haldenfahrzeuge“ einzukaufen.

In der Gesamtbetrachtung kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger als übliche Beschaffenheit annehmen durfte, dass bei dem von ihm erworbenen Gebrauchtwagen zwischen Herstellung und Erstzulassung weniger als 19 ½ Monate vergangen sind.

Ob es der Beklagten als Kraftfahrzeughändlerin eher als dem Kläger möglich gewesen wäre, das tatsächliche Alter des Fahrzeugs festzustellen, hat auf die vorgenannten Umstände keinen Einfluss und damit für die Frage der üblichen Beschaffenheit der konkreten Kaufsache keine Bedeutung.

Ein annähernd vergleichbarer Sachverhalt liegt dem Beschluss des KG vom 13.1.2011 - 8 U 97/10 - zugrunde, in dem das Gericht bei einer 14 ½-monatigen Standzeit vor Erstzulassung bei Erwerb als Gebrauchtwagen nach 3 Jahren und 5 Monaten Nutzung nach Erstzulassung mit einer Laufleistung von 35.240 km einen Sachmangel verneint hat (a.a.O. Rn. 7, hier zit. n. juris). Dass vorliegend die Standzeit 5 Monate länger, die Zeit seit Erstzulassung 11 Monate kürzer ist, ändert nichts an den oben genannten entscheidenden Kriterien, die den Rahmen dafür ergeben, was der Käufer eines über zwei Jahre - zudem als Mietwagen - seit Erstzulassung im Gebrauch befindlichen Pkw an maximaler Standzeit vor Erstzulassung erwarten kann, wenn - wie hier - keine Standschäden vorgetragen oder sonst ersichtlich sind.

b) Es stellt ferner keinen Sachmangel dar, dass das Fahrzeug nicht aus dem Modelljahr 2010 stammt.

aa) Unstreitig wurde zwischen den Parteien über die Modellreihe keine ausdrückliche Absprache getroffen.

bb) Ein Mangel käme daher nur in Betracht, wenn sich aus dem Kaufvertrag konkludent eine vereinbarte Beschaffenheit dahingehend ergebe, dass das Fahrzeug dem Modelljahrgang 2010 angehört (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) oder das Fahrzeug dadurch, dass es im Aussehen dem bis Sommer 2009 produzierten Modell des Audi A4 (B8) entsprochen hat, nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

(1) Um einen Sachmangel annehmen zu können, müsste in der Angabe des Datums der Erstzulassung im Kaufvertrag zugleich die Erklärung enthalten sein, das gebrauchte Fahrzeug habe zum Zeitpunkt seiner Erstzulassung dem damals aktuellen Modell entsprochen. Ein derart weitgehender Erklärungswert ist der Angabe des Erstzulassungsdatums jedoch nicht zu entnehmen.

(2) Nach der Rechtsprechung des BGH darf ein Neuwagen nicht mehr als „fabrikneu“ verkauft werden, wenn das betreffende Modell zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert hergestellt wird (BGH, Urteil v. 16.07.2003 – VIII ZR 243/02; Urteil v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02). Ob dies auch im Fall eines Modellwechsels vor Erstzulassung beim Verkauf eines Jahreswagens gilt, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil v. 07.06.2006 – VIII ZR 180/05, Rn. 10); entsprechend zu Gebrauchtwagen gibt es insoweit ersichtlich keine höchstrichterlichen Entscheidungen.

Eine Übertragung der höchstrichterlichen Grundsätze, die für Neuwagen und für zwischen ihrer Herstellung und Erstzulassung etwa eingetretene Modellwechsel gelten, auf den Gebrauchtwagenkauf kommen nicht in Betracht.

Im Gegensatz zu einem Käufer eines Neuwagens kommt es dem Käufer eines Gebrauchtwagens regelmäßig nicht auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Modellreihe oder zum einem bestimmten Modelljahr an. Der im Vergleich zu einem Jahreswagen deutlich erhöhte Preis eines Neuwagens wird von den Käufern unter anderem aufgrund der Aktualität des Modells gezahlt, wohingegen bei einem Gebrauchtwagenkauf andere Faktoren wie Alter, Laufleistung und Zustand im Vordergrund stehen. Sofern es einem Gebrauchtwagenkäufer ausdrücklich auf eine bestimmte Modellreihe ankommt, müsste er dies gegenüber dem Verkäufer zum Ausdruck bringen und entsprechende Nachfragen stellen.

Unabhängig davon erfolgte das eigentliche „Facelift“ des streitgegenständlichen Pkw-Typs Audi A4, Modell B8, erst im November 2011 begonnenen Modelljahr 2012 (vgl. http:// www.autobild.de/ artikel/ audi-a4-avant-b8-gebrauchtwagen-test-4191923. html), welches der Kläger bei einem Audi A4 Avant mit der Erstzulassung vom 18.02.2010 ohnehin nicht erwarten durfte. Ein echter Modellwechsel vom streitgegenständlichen Model Audi A4, Modell B8, Bauzeit 2007-2015, zum Audi A4, Modell B9, Bauzeit ab 2015, ist überdies nicht für vor Mitte bzw. Herbst 2015 angekündigt (vgl. http://www.autobild.de/marken-modelle/audi/a4/b9/).

Wiederum unabhängig davon macht der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht mehr einen wirklichen Modellwechsel oder ein „Facelift“ geltend. Vielmehr ist in der Berufungserwiderung (S. 5 = Bl. 179 d.A.) nur noch von „zumindest optischer Veränderung des Erscheinungsbildes zur Modellvariante 2010“ ab Sommer 2009 die Rede, die für einen „Fachmann“ erkennbar seien. Unterstellt man das als zutreffend, so hätte, würde die „Zwölfmonatsrechtsprechung“ Anwendung finden, der Kläger ohnehin nicht erwarten können und dürfen, dass das von ihm erworbene und im Februar 2010 erstzugelassene Fahrzeug nicht geringfügig anders aussieht als solche Audi A4 (B8), die im Februar 2010 hergestellt wurden. Er hätte auch in diesem Fall damit rechnen müssen, ein Fahrzeug erworben zu haben, das bis zu 12 Monate zuvor hergestellt wurde und daher die „zumindest optischen“, für einen „Fachmann“ wahrnehmbaren „Veränderungen“ im Sommer 2009 noch nicht erfahren haben musste.

c) Es sind auch keine zureichenden Anhaltspunkte für ein arglistiges Verschweigen der Beklagten ersichtlich. Nach dem Vorstehenden musste die Beklagte nicht ungefragt auf den Zeitraum zwischen Herstellung und Erstzulassung hinweisen, auch nicht auf etwaige „optische Veränderungen“.

3. Da dem Kläger der geltend gemachte Hauptanspruch aus Gewährleistung nicht zusteht (s. o.), kann die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Zuerkennung der Nebenforderungen ebenfalls keinen Bestand haben.

Der Anspruch des Klägers auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 € besteht aber auch davon unabhängig nicht. Der Anspruch wäre ggf. gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung des Klägers übergegangen. Der Kläger hat trotz des Hinweises des Landgerichts vom 31.07.2013 (Bl. 10 d.A.) nicht vorgetragen, von der Rechtsschutzversicherung zum Forderungseinzug an sich selbst ermächtigt worden zu sein. Er hat lediglich vorgetragen, die Forderung in Prozessstandschaft geltend zu machen (Bl. 4 d.A.). Die Ermächtigung zur Prozessführung beinhaltet aber nicht zugleich die Ermächtigung, die Leistung an sich verlangen zu dürfen (OLG Stuttgart, Beschluss v. 17.10.2003 – 13 W 48/03).

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegen vor.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH, Beschluss v. 27.03.2003 – V ZR 291/02).

Es fehlt bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung dazu, ob eine und ggf. welche Standzeit zwischen Herstellung und Erstzulassung bei Gebrauchtwagen, die nicht als Jahres- oder Vorführwagen verkauft werden, die auch keine ungewöhnlich niedrige Gesamtlaufleistung (wie Neu-, Jahres- oder Vorführwagen) und keine Standschäden aufweisen, eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit im Sinne eines Sachmangels gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB begründet (vgl. BGH, Urteil v. 15.09.2010 – VIII ZR 61/09, Rn. 21: zulässige Standzeit zwischen Herstellung und Erstzulassung beim Gebrauchtwagenkauf ausdrücklich offenlassend).


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