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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Verteidigerausschluss, versuchte Strafvereitelung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 23.02.2016 - 1 Ws 615/15

Leitsatz: 1. Im Vorlageverfahren über den Verteidigerausschluss bedarf es als Prozessvoraussetzung eines gerichtlichen Vorlagebeschlusses, aus welchem sich unmittelbar selbst oder wenigstens durch Bezugnahme auf den Antrag der Staatsanwaltschaft der hinreichende Tatverdacht eines Ausschließungsgrundes ergibt. Ein lediglich auf die gegen den Verteidiger erhobene Anklage Bezug nehmender Ausschließungsantrag genügt den Mindestanforderungen des § 138c II 2 StPO nicht (u.a. Anschluss an OLG Celle, Beschl. v. 28.10.2014 - 2 Ws 84/14 = StraFo 2015, 21 = NStZ-RR 2015, 80 = StVG 2016, 141 = OLGSt StPO § 138c Nr. 1 und OLG Bamberg, Beschl. v. 01.08.2011 - 1 Ws 378/11 = StraFo 2012, 187 = StV 2014, 8). Eine wegen Formmangels unzulässige Vorlage kann – gegebenenfalls auf gerichtlichen Hinweis - nachgebessert werden.
2. Das förmliche Ausschließungsverfahren gilt auch für Pflichtverteidiger und geht einer gegebenenfalls möglichen Rücknahme der Bestellung aus wichtigem Grund oder nach § 143 StPO vor.
3. Die Grenze prozessual zulässigen Verteidigungshandelns ist überschritten, wenn durch eine abgesprochene falsche Zeugenaussage die aufgrund der Indizien gegen den Angeklagten sprechende Beweislage verschlechtert werden sollte und dies der (Pflicht-)Verteidiger nicht nur wusste, sondern es ihm gerade auch darauf ankam.


In pp.
Die StA legte dem von RA R zunächst als Wahlverteidiger verteidigten Angekl. A mit Anklage-schrift vom 11.12.2014 zur Last, zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt kurz vor dem 08.10.2013 gegen ein in der Höhe unbekanntes, von dem anderweitig Verfolgten T bezahltes Entgelt ein Paket mit 1.519,8 g Marihuana über einen Paketdienst an einen tatsächlich nicht existenten Adressaten in D. versandt zu haben, wobei das Paket nach dem Tatplan des Angekl. und des T von diesem im Rahmen seiner Tätigkeit als Paketausfahrer übernommen werden sollte. Das Paket wurde jedoch noch vor Übergabe an T sichergestellt. Die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden beruhten auf den Ermittlungen im Rahmen eines gegen den anderweitig Verfolgten T geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Im Rahmen einer Woh-nungsdurchsuchung bei dem anderweitig Verfolgten T ergaben sich Hinweise darauf, dass A der Absender des Päckchens war. Der anderweitig Verfolgte T. wurde wegen dieses Sachverhalts mit Urteil des AG vom 15.01.2015, rechtskräftig seit 23.01.2015, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und wegen einer weiteren Tat sowie unter Einbeziehung weiterer Strafen aus einer vorausgegangenen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren mit Bewährung verurteilt. Mit Beschluss vom 15.01.2015 bestellte das AG dem Angekl. A im vorliegenden Verfahren RA R als Pflichtverteidiger. In der Hauptverhandlung am 23.02.2015 erklärte RA R als Pflichtverteidiger zunächst, dass sich sein Mandant nur zur Beziehung zu T, nicht aber zur Tat selbst äußern wolle. Daraufhin gab der A u.a. an, er kenne den anderweitig Verfolgten T seit 10 Jahren und habe ihm 8.000 EUR geliehen. Auf Vorhalt des bei dem anderweitig Verfolgten T sichergestellten Zettels äußerte sich A dahinge-hend, dass es sich um seine neue Telefonnummer gehandelt habe. Seinem Vater sei es damals nicht so gut gegangen. Hierzu erklärte RA R: „Herr T hatte ein freundschaftliches Verhältnis zum Vater des Angeklagten“. Der anderweitig Verfolgte T gab als Zeuge an, er wisse nicht, von wem er das Paket erhalten habe. Die Person kenne er nicht. Er habe eine Telefonnummer von einem Angehörigen bekommen, zu dem er sich allerdings nicht äußern möchte. Unter dieser Nummer habe er angerufen und 1,5 kg Marihuana bestellt. A habe ihm 8.000 EUR geliehen. Die Überwei-sung über 1.700 EUR sei die letzte Rate der 8.000 EUR gewesen. Auf Frage von RA R gab er an, er habe die Stimme nicht gekannt. Es sei nicht A gewesen; auch habe er sich mit A nicht über Drogen unterhalten. Nach dieser Zeugenaussage setzte das AG die Hauptverhandlung aus. Der Zeuge T wurde wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage vorläufig festgenommen. Im Anschluss daran erging Haftbefehl. Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung anlässlich eines Haftprüfungstermins am 05.03.2015 erklärte der Zeuge T, dass er das Marihuana doch bei A bestellt habe und die 1.700 EUR eine Anzahlung für das bestellte Marihuana gewesen seien. Auf Frage, ob die letzte Aussage vor Gericht abgesprochen gewesen sei, räumte T ein, dass dies zutreffend sei. A sei am Wochenende vor der Gerichtsverhandlung bei ihm gewesen und man hätte die Aussage besprochen bzw. vorbereitet. Insbesondere entspreche seine frühere Einlas-sung, wonach ihm ein Angehöriger die Telefonnummer gegeben habe, nicht der Wahrheit. Man sei davon ausgegangen, mit der Lüge durchzukommen, da ja gegenüber Angehörigen ein Zeug-nisverweigerungsrecht bestehe. Am Samstagabend seien dann A und T zum Verteidiger des A ins Hotel gefahren. R habe man dann erzählt, was T aussagen werde und man habe von R wis-sen wollen, ob das so glaubwürdig klinge. R habe geantwortet, dass er sich das überlegen müs-se. R sei dann am Sonntagabend zu T nach Hause gekommen, wo die beabsichtigte Aussage des T genau besprochen worden sei. Mit Urteil des AG vom 23.07.2015, rechtskräftig seit 31.07.2015, wurde der anderweitig Verfolgte T wegen falscher uneidlicher Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten mit Bewährung verurteilt. Im vorliegenden Verfahren verurteilte das AG den A am 13.08.2015 wegen unerlaubten Handel-treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten. Nach den Urteilsfeststellungen räumte A die Tat ein während der als Zeuge gehörte T angab, er habe anlässlich der Hauptverhandlung am 23.02.2015 deswegen die Unwahrheit ge-sagt, weil er ein schlechtes Gewissen gehabt habe, da er A in das Rauschgiftgeschäft hineinge-zogen habe. Er habe deshalb am Wochenende vor dem Hauptverhandlungstermin mit A bespro-chen, was er als Zeuge aussagen solle. Anschließend habe man die angedachte Aussage dem R als Verteidiger des A vorgetragen. Dieser habe dann geäußert, das könne man so machen. Ge-gen dieses Urteil legten sowohl die StA als auch A Berufung ein. Die StA hatte bereits mit Verfü-gung vom 30.03.2015 ein Ermittlungsverfahren gegen RA R wegen Beihilfe zur falschen uneidli-chen Aussage eingeleitet. Unter dem 21.10.2015 erhob sie Anklage wegen Beihilfe zur falschen uneidlichen Aussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zum AG. Mit Beschluss vom 25.11.2015 ließ das AG die Anklage zur Hauptverhandlung zu, eröffnete das Hauptverfahren und bestimmte Termin für die Hauptverhandlung auf den 01.03.2016. Die StA hat am 21.10.2015 unter Bezugnahme auf die gegen A erhobene Anklage gegenüber dem LG beantragt, RA R von der Mitwirkung im Berufungsverfahren gemäß § 138a I Nr. 3 StPO auszuschließen. Mit Verfügung vom 05.11.2015 leitete das LG die Akte über die StA dem Senat zur Entscheidung über den Antrag auf Ausschluss des Verteidigers zu. Nach einem Hinweis des Senats vom 17.11.2015 stellte die StA unter dem 14.12.2015 einen nachgebesserten Ausschließungsantrag, den das LG mit Beschluss vom 17.12.2015 dem Senat zur Entscheidung vorlegte. Der Ausschließungsantrag erwies sich als zulässig und begründet und führte zum Ausschluss von R von der weiteren Mitwir-kung als Verteidiger im Strafverfahren
Aus den Gründen:
1. Der Antrag der StA, RA R von der Mitwirkung als Verteidiger im Strafverfahren ge-gen den Angekl. A auszuschließen, ist zulässig. Insbesondere genügen der nachgebes-serte Antrag und der nunmehr erfolgte gerichtliche Vorlagebeschluss den formalen Voraussetzungen des Vorlageverfahrens nach § 138c II StPO (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 28.10.2014 - 2 Ws 84/14 = StraFo 2015, 21 = NStZ-RR 2015, 80 = StVG 2016, 141 = OLGSt StPO § 138c Nr. 1 und OLG Bamberg, Beschl. v. 01.08.2011 - 1 Ws 378/11 = StraFo 2012, 187 = StV 2014, 8).
2. Der Antrag ist nach der vom Senat freibeweislich durchgeführten Beweisaufnahme hinsichtlich der Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten T, des Verfahrens gegen RA R sowie aus den Akten des vorliegenden Verfahrens auch begründet. RA R ist in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig, eine Handlung begangen zu haben, die sich für den Fall einer Verurteilung des Angekl. A jedenfalls als eine versuchte Strafvereitelung nach den §§ 258 I und IV, 22, 23 StGB darstellte (§ 138a I Nr. 3 StPO).
a) Das förmliche Ausschließungsverfahren greift nicht nur für Wahlverteidiger, sondern auch für Rechtsanwälte, die nach § 141 StPO als Pflichtverteidiger bestellt worden sind. Insoweit genießt es sogar Vorrang vor einer ggf. möglichen Rücknahme der Bestellung aus wichtigem Grund oder nach § 143 StPO (vgl. KK/Laufhütte/Willnow StPO 7. Aufl. § 138a Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 138a Rn. 3).
b) Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob für den Ausschluss eines Verteidigers regelmäßig ein dringender Tatverdacht erforderlich ist und ein hinreichender Tatver-dacht nur dann genügt, wenn das dem Verteidiger vorgeworfene strafbare Verhalten bereits anklagereif ausermittelt worden ist (KG, Beschl. v. 22.10.2015 – 2 ARs 22/15 = NStZ-RR 2016, 18; KK/Laufhütte/Willnow § 138a Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 14). Denn hier wurde nach den freibeweislichen Feststellungen des Senats das RA R vorgeworfene strafbare Verhalten seitens der StA nicht nur anklagereif ausermittelt, vielmehr wurde bereits Anklage erhoben und diese zur Hauptverhandlung zugelassen und dass Hauptverfahren vor dem AG eröffnet und damit hinreichender Tatverdacht i.S.v. § 203 StPO bejaht.
c) RA R ist jedenfalls einer versuchten Strafvereitelung nach den §§ 258 I, IV, 22, 23 StGB hinreichend verdächtig; insbesondere genügt auch eine (nur) versuchte Strafvereitelung für eine Ausschließung (KK/Laufhütte/Willnow § 138a Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 11).
aa) Auch wenn es angesichts des mittlerweile erfolgten Geständnisses des A nahlie-gend erscheinen mag, hat der Senat nicht zu überprüfen, ob dessen Verurteilung wahr-scheinlich ist. Vielmehr hat der Senat zu unterstellen, dass dieser alle Tatbestands-merkmale erfüllt hat und keine Prozesshindernisse entgegenstehen und auf Grundlage dieser Unterstellung zu beurteilen, ob der Verteidiger einer der in § 138a I Nr. 3 StPO genannten Straftaten verdächtig ist (Meyer-Goßner/Schmitt § 138a Rn. 10; OLG Karls-ruhe, Beschl. v. 31.03.2006 - 3 Ausschl 1/06 = OLGSt StPO § 138a Nr. 7 = JZ 2006, 1129).
bb) Versuchte Strafvereitelung liegt vor, wenn jemand nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar dazu ansetzt, absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil zu verei-teln, dass ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird. Der Vorwurf, auf den sich hier der hinreichende Verdacht bezieht, liegt in der Absprache der Einzelheiten und Beratung des anderweitig Verfolgten T hinsichtlich der Glaubhaftigkeit seiner zu tätigenden Aussage als Zeuge im Verfahren gegen A sowie der aktiven Beteiligung an der Vernehmung des T im Hauptverhandlungstermin am 23.02.2015.
(1) Dabei ist sich der Senat bewusst, dass die Stellung als Verteidiger in einem Straf-prozess und das damit verbundene Spannungsverhältnis zwischen seiner Stellung als unabhängiges, der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtetes Organ der Rechtspflege und seiner Beistandsfunktion und Treuepflicht gegenüber dem Angeklagten eine be-sondere Abgrenzung zwischen erlaubtem und unerlaubtem Verhalten im Hinblick auf den Straftatbestand der Strafvereitelung erforderlich macht (BGHSt 38, 345; 46, 53; BGH NJW 2006, 2421; BGH NJW 2009, 2690; OLG Bamberg a.a.O.; OLG Nürnberg NJW 2012, 1895) und dass vor diesem Hintergrund nach der Rspr. des BGH der Nachweis des subjektiven Tatbestandes bei einem Verteidigerverhalten erhöhten An-forderungen unterliegt (BGH NJW 2000, 2433, 2434 = BGHSt 46, 53ff; OLG Karlsruhe a.a.O.). Danach ist ein Strafverteidiger verpflichtet, seinen Mandanten im Rahmen der Gesetze bestmöglich zu verteidigen. Er ist dagegen nicht verpflichtet, an der Verwirkli-chung des staatlichen Strafanspruchs mitzuwirken. Er hat auch nicht für die Richtigkeit von Zeugenaussagen einzustehen und ist insbesondere grundsätzlich auch nicht ver-pflichtet, eine Falschaussage zu verhindern. Die Grenze zulässigen Verteidigungshan-delns ist jedoch überschritten, wenn der Verteidiger den Sachverhalt aktiv verdunkelt oder verzerrt, insbesondere wenn er Beweisquellen verfälscht. Bei von ihm sicher als unwahr erkannten Zeugenaussagen ist eine aktive Verdunkelung anzunehmen, wenn der Verteidiger Einfluss auf das Zustandekommen der Aussage genommen hat, insbe-sondere wenn er den Zeugen zu einer Falschaussage veranlasst, wenn er ihn in seinem Entschluss bestärkt oder wenn er den Inhalt der Falschaussage mit ihm abgestimmt hat (vgl. BGH a.a.O.; vgl. zusammenfassend auch Fischer StGB 63. Aufl. § 258 Rn. 16 ff).
(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war hier nach Aktenlage die Grenze des prozessual zulässigen Verteidigungshandelns überschritten, weil durch die abgespro-chene falsche Aussage des anderweitig Verfolgten T die aufgrund der bei der Durchsu-chung aufgefundenen Indizien gegen den Angekl. sprechende Beweislage verschlech-tert werden sollte und dies RA R nicht nur wusste, sondern es ihm gerade auch darauf ankam.
cc) Es bedarf schließlich keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob durch die in der Hauptverhandlung vom 23.02.2015 erfolgte Aussetzung des Verfahrens eine derart beachtliche Verzögerung eingetreten ist, dass bereits eine vollendete Strafvereitelung in Betracht käme (Fischer § 258 Rn. 8 m.w.N.) und ob dies auch vom Vorstellungsbild der Beteiligten erfasst wäre. Die Angaben des anderweitig Verfolgten T sowohl im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung anlässlich des Haftprüfungstermins als auch im Rah-men der Hauptverhandlung am 13.08.2015 rechtfertigen jedenfalls nach vorläufiger Bewertung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen des Tatent-schlusses für eine versuchte Strafvereitelung. Der subjektive Tatbestand der (versuch-ten) Strafvereitelung erfordert hinsichtlich Tathandlung und Vereitelungserfolg Absicht oder Wissentlichkeit, während für die Kenntnis der Vortat bedingter Vorsatz genügt (BGHSt 46, 53 ff. m.w.N.). Nachdem R als Verteidiger des Angekl. bereits Aktenein-sicht gehabt hatte und ihm damit die gegen den Angekl. sprechende Beweislage be-kannt war, liegt ein bedingter Vorsatz hinsichtlich der Vortat nahe. Nach vorläufiger Bewertung des Senats ist RA R nicht nur wissentlich, sondern auch absichtlich tätig geworden, um die Stellung des Angekl. zu verbessern. Wissentlichkeit in diesem Sinne bedeutet, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung sowohl hinsichtlich der Tat-handlung als auch hinsichtlich des sich aus ihr ergebenden Erfolges als sichere Folge seines Tuns erkennt oder voraussieht. Absicht in diesem Sinne setzt ein zielgerichtetes Wollen voraus; es muss dem Täter gerade auf den Eintritt des Erfolges ankommen (BGH a.a.O.; Fischer § 15 Rn. 6 f. i.V.m. § 258 Rn. 33). Zwar hat R weder im Aus-schließungsverfahren noch in dem gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren Angaben zu seinem Vorstellungsbild getätigt. Für das Vorliegen sowohl des Wissens- als auch des Willensmoments spricht jedoch, dass es dem anderweitig Verfolgten T mit der erfundenen Geschichte hinsichtlich des Angehörigen, des Darlehens sowie der Erklä-rungen bzgl. der aufgefundenen Zettelaufschriften in erster Linie darum ging, den An-gekl. zu entlasten, weil er diesen in das Rauschgiftgeschäft hineingezogen hatte. Nach den Angaben des T war dies RA R nach Auffassung des Senats auch bewusst, weil er ausdrücklich wegen der Glaubwürdigkeit um Rat gefragt wurde und nach reiflicher Überlegung die geplante Aussage nicht nur mit abgesprochen, sondern auch für glaub-haft angesehen hat. Für den Senat ist offensichtlich, dass damit der Beweiswert der gegen den Angekl. sprechenden Indizien abgeschwächt werden sollte. Denn nach der Rspr. des BGH kommt einer DNA-Spur, nach der der Angeklagte „als Spurenverursa-cher nicht auszuschließen ist“ […] kein solcher Beweiswert zu, dass allein hierauf eine Verurteilung gestützt werden könnte. Auch dies war R als Fachanwalt für Strafrecht ersichtlich bekannt und das wollte er auch erreichen. Letzteres wird vor allem auch durch sein Auftreten in der Hauptverhandlung am 23.02.2015 deutlich. Dieses war ersichtlich davon geprägt, das gute Verhältnis zwischen dem anderweitig Verfolgten T und dem Angekl. bzw. dessen Vater herauszustellen, um damit die Erklärungen für das Darlehen sowie die Zettelaufschrift „Papa ist aufm Posten“ plausibler erscheinen zu lassen. Naheliegende andere Gründe für das Vorgehen von RA R sind nicht ersichtlich. Dass der angestrebte Erfolg nicht eingetreten ist, rechtfertigt weder Abstriche hinsicht-lich des Wissens- noch hinsichtlich des Wollenselements. Insbesondere kann R hin-sichtlich des voluntativen Elements die Vermutung des inneren Vorbehaltes, dass ein Verteidiger regelmäßig strafbares Verhalten nicht billigt, nicht zugutekommen, weil er bezüglich der Aussage des T gerade über zusätzliche Informationen verfügte und diese nicht offenlegte (BGH a.a.O.).
dd) Das Verhalten von R ist (auch nach seiner Vorstellung) als täterschaftlich versuchte Strafvereitelung und nicht lediglich als Teilnahme (Beihilfe) an der versuchten Strafvereitelung des anderweitig Verfolgten T zu bewerten. R hatte nach Aktenlage jedenfalls auch die Tatherrschaft, weil er den anderweitig Verfolgten T nicht nur be-stärkt, sondern die Angaben mit diesem auch abgesprochen hat. Darüber hinaus hat er bei der Vernehmung in der Hauptverhandlung auch aktiv eingegriffen und diesen noch einmal ergänzend zu den vorgenannten Indizien befragt, obwohl er wusste, dass die Aussagen des T hierzu gerade nicht der Wahrheit entsprechen (vgl. auch OLG Nürn-berg NJW 2012, 1895 zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und bloßer Teilnahme an einer straflosen „Selbstvereitelung“).
ee) Nachdem mit der Vernehmung des T in der Hauptverhandlung am 23.02.2015 bereits begonnen worden war, liegt ein unmittelbares Ansetzen i.S.v. § 22 StGB vor.
ff) Eine Strafausschluss nach § 258 V StGB kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil hier kein Fall der (straflosen) Teilnahme an einer „Selbstvereitelung“ des Angekl. vorliegt. […]

Einsender: RiOLG Dr. G. Gieg, Bamberg

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