Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

Gebühren

Streitwert, Strafvollzugssachen, Höhe, Zulässigkeit, Beschwerde

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2016 – 2 Ws 67/16

Leitsatz: 1. Eine Streitwertbeschwerde ist in Strafvollzugssachen unabhängig von einer Anfechtung der Hauptentscheidung statthaft.
2. Der Senat hat bei einer Streitwertbeschwerde in Strafvollzugssachen in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden.
3. Bei dem Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG (5.000 EUR) handelt es sich in Strafvollzugssachen


lediglich um einen subsidiären Ausnahmewert.
In pp.
1. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt S. aus O. gegen die in dem Beschluss des Landgerichts Freiburg - Strafvollstreckungskammer - vom 2. Februar 2016 vorgenommene Festsetzung des Streitwerts wird die Streitwertbestimmung dahin geändert, dass der Streitwert auf 1.000,- EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Beschwerdewert beträgt 409,- EUR.
Gründe
I.
Durch Beschluss des Landgerichts Freiburg - Strafvollstreckungskammer - vom 02.02.2016 wurde festgestellt, dass die zeitweise Fesselung des Antragstellers anlässlich der Ausführung vom 21.07.2015 bis 27.07.2015 rechtswidrig war. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Antragstellers wurden der Staatskasse auferlegt. Der Gegenstandwert wurde auf 500,- EUR festgesetzt. Hintergrund des Verfahrens war die von der Antragsgegnerin angeordnete zeitweise Fesselung des Antragstellers während dessen stationären Aufenthalts im Klinikum der Universität Freiburg vom 21.07.2015 bis 27.07.2015. Nachdem der Antragsteller am 27.07.2015 entlassen worden war, stellte er mit Schriftsatz vom 27.10.2015 Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung.

Über den mit Schriftsatz vom 23.07.2015 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist keine Entscheidung ergangen.

Die Entscheidung wurde dem Antragsteller am 09.02.2016 und dem Verfahrensbevollmächtigten am 10.02.2016 zugestellt. Mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 11.02.2016 legte der Verfahrensbevollmächtigte gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts Beschwerde ein. Er erstrebt die Festsetzung eines Streitwertes nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,- EUR.

Das Landgericht Freiburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 02.03.2016 nicht abgeholfen.

II.
Die Beschwerde hatte in der Sache nur einen Teilerfolg.

1. Die form- und fristgemäß (§ 63 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. 68 Abs. 1 Satz 3 GKG) eingelegte Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 GKG zulässig. Sie ist insbesondere unabhängig von der Hauptentscheidung – § 68 GKG enthält keine Beschränkung des Beschwerderechts – statthaft (Senat, Beschluss vom 25.11.2010 - 2 Ws 409/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.12.2009 - 3 Ws 436/09; KG Berlin, Beschluss vom 14.02.2014 - 2 Ws 27/14 Vollz -, juris; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 68 GKG Rn. 3; AK-Kamann/Spaniol, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 121 Rn. 12; BeckOK, Strafvollzug Bund/Euler, StVollzG, § 121 Rn. 8; a.A. OLG Rostock NStZ-RR 2013, 92; OLG Stuttgart Die Justiz 2006, 15 [§ 464 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz StPO i.V.m. § 121 Abs. 4 StVollzG ist anwendbar]; Arloth, StVollG, 3. Aufl. 2011, § 121 Rn. 1). Der Verfahrensbevollmächtigte ist nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt.

Der Beschwerdewert, der nach der Differenz der Rechtsanwaltsgebühren zwischen dem festgesetzten und dem angestrebten Streitwert zu berechnen ist (Senat, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.), übersteigt 200,- EUR. Anzusetzen sind dabei mangels sonstiger Angaben des Beschwerdeführers jeweils die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG (d.h. das 1,3-fache der in § 13 Abs. 1 RVG bestimmten Gebühr), die Post- und Telekommunikationspauschale von 20 Prozent bzw. 20 EUR nach Nr. 7002 VV RVG sowie die auf diese Vergütung anfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Während sich bei einem Streitwert von 500,- EUR ein Vergütungsanspruch von 83,54 EUR (58,50 EUR und 11,70 EUR zuzüglich Umsatzsteuer) ergibt, beträgt dieser bei einem Streitwert von 5.000 EUR 492,54 EUR (393,90 EUR und 20,- EUR zuzüglich Umsatzsteuer), sodass sich eine Differenz von 409,- EUR errechnet.

2. Der Senat hat nicht durch den Einzelrichter, sondern in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden. Eine Entscheidung durch den Einzelrichter käme nur in Betracht, wenn die Strafvollstreckungskammer „durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter“ entschieden hätte (§ 66 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG). Dies ist nicht der Fall, da sie – wie in § 65 Abs. 1 GKG vorgesehen – über den Streitwert zusammen mit der Hauptsache in einem Beschluss befunden hat. Damit war sie nicht mit einem Einzelrichter im Sinne von § 66 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG, sondern gemäß § 78b Abs. 1 Nr. 2 GVG besetzt (OLG Rostock, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.).

3. Bei der nach § 52 i.V.m. § 60 GKG vorzunehmenden Bemessung des Streitwertes ist die sich nach dem Antrag des Gefangenen für ihn ergebende Bedeutung der Sache nach Ermessen heranzuziehen. Dabei sind die Tragweite der Entscheidung und die Auswirkungen eines Erfolgs des Antrags zu berücksichtigen. Es besteht Einigkeit, dass der in § 52 Abs. 2 GKG genannte Betrag von 5.000,- EUR in der Regel außer Betracht zu bleiben hat, da es sich nur um einen subsidiären Ausnahmewert handelt (Senat, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.; Bachmann in LNNV, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. 2015 Abschn. P Rn. 141; AK-Kamann/Spaniol, a.a.O., Rn. 9; Arloth, a.a.O., Rn. 1; BeckOK/Euler, a.a.O.). Angesichts der geringen Leistungsfähigkeit vieler Gefangener ist der Streitwert prinzipiell eher niedrig anzusetzen, da seine Bemessung aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen darf, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist; andererseits darf er nicht so niedrig sein, dass die anwaltliche Tätigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht völlig unmöglich wird (KG Berlin, a.a.O.; AK-Kamann/Spaniol, a.a.O., Rn. 10; BeckOK/Euler, a.a.O., Rn. 8). Gänzlich außer Betracht zu bleiben hat demgegenüber der Ausgang des Verfahrens, d. h. der Streitwert darf bei einer Zurückweisung eines Antrags nicht niedriger als bei einer stattgebenden Entscheidung festgesetzt werden.

Hiervon ausgehend war zu berücksichtigen, dass die für den Krankenhausaufenthalt angeordnete Fesselung zwar einen erheblicheren Eingriff darstellte, der jedoch dadurch relativiert wurde, dass sie nur für die Zeit vorübergehender Abwesenheit der Vollzugsbeamten (z. B. Toilettengang) angeordnet worden war. Andererseits wurde die Anordnung über immerhin sieben Tage hinweg vollstreckt (21.07. bis 27.07.2015), nachdem der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits am 23.07.2015 eingegangen, jedoch kein Antrag auf Aussetzung der Maßnahme (§ 114 Abs. 2 und 3 StVollzG) gestellt worden war. Ferner ist in die Bemessung einzustellen, dass die Entscheidung letztlich nicht mehr in der Hauptsache erging, sondern lediglich die Rechtswidrigkeit der zeitweisen Fesselung festgestellt wurde. Vorliegend kommt als Besonderheit, die sich erhöhend auf die Streitwertbemessung auswirkt, hinzu, dass kurze Zeit zuvor in einem früheren Verfahren wegen eines ganz ähnlichen Sachverhalts durch Beschluss des Landgerichts Freiburg - Strafvollstreckungskammer - vom 03.03.2015 - 13 StVK 53/15 - eine Fesselungsanordnung aufgehoben worden war und die Antragsgegnerin jene Vorgaben der Strafvollstreckungskammer betreffend der Anordnung einer Fesselung während eines stationären Krankenhausaufenthalts bei der erneuten Anordnung ersichtlich nicht beachtet hat. Vor diesem Hintergrund lag für den Antragsteller eine besondere – zusätzliche – Bedeutung der Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung vor.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erachtet der Senat einen Streitwert in Höhe von 1.000,- EUR als angemessen. Dies lässt sich in Übereinstimmung damit bringen, dass für eine Woche Arrest ein Streitwert von 500,- EUR als angemessen erachtet wird (AK-Kamann/Spaniol, a.a.O., Rn. 11) und das vorherige Verfahren sich erhöhend auswirkt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG, die Entscheidung über die Festsetzung des Beschwerdewerts auf §§ 60, 52 Abs. 1 GKG.

Einsender:

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".