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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Pflichtverteidiger, Gesamtübel

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Braunschweig, Beschl. v. 20.03.2015 - 14 Qs 21/15

Leitsatz: Zur Beiordnung eine Pflichtverteidigers bei einem vielfach vorbestraften Angeklagten, gegen den mehrere weitere Strafverfahren anhängig und dem in einem dieser Verfahren die Unterbringung nach § 64 StGB droht.


14 Qs 21/15
Beschluss
in der Strafsache
gegen pp.
Verteidiger: Rechtsanwalt Jan-Robert Funck, Schreinitzstr.14, 38106 Braunschweig,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
hat die 14. große Strafkammer des Landgerichts in Braunschweig am 20.03.2015 durch die unter-zeichnenden Richter beschlossen:
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgericht Braunschweig vom 22.01.2015 abgeändert und dem Angeklagten Rechtsanwalt Jan-Robert Funck, Braunschweig, als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:
I.
Dem Angeklagten wird in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Braunschweig vorn 15.12.2014 zur Last gelegt, unerlaubt am 30.10.2014 in Braunschweig 0, 82 g Marihuana für 10 Euro erwor-ben zu haben.

Der Angeklagte ist einschlägig vorbestraft. Er ist in dem Verfahren 804 Js 11726/13 am 23.01.2014 vom Amtsgericht Braunschweig wegen Verstoßes gegen das BtMG zu einer Freiheits-strafe von 4 Monaten verurteilt worden. Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Die Entscheidung steht noch aus.

Zuletzt ist der Angeklagte mit Urteil des Amtsgerichts Neustadt vom 26.05.2014 - Az.: 74 Ds 7411 Js 10427'7/13 - wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt.

Des Weiteren steht der Angeklagte unter Betreuung des Herrn K. (Bestellung durch das Amtsge-richt Neustadt zur Geschäftsnummer: 6 XVI K 805/13). Der Aufgabenkreis der Betreuung umfasst insbesondere Rechtsantrags- und Behördenangelegenheiten.

Der Antrag des !Rechtsanwalts Funck vom 29.12.2014 als Pflichtverteidiger beigeordnet zu wer-den, wurde durch das Amtsgericht Braunschweig mit Beschluss vom 22.01.2015 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten.

Das Gericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30.01.2015 nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht Braunschweig zur Entscheidung vorgelegt.

II.
1. Die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiordnung des Rechtsanwalts Funck als Pflichtverteidiger hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und dem Angeklagten Rechtsanwalt Funck als Pflichtverteidiger beizuordnen.

Zwar ist das Amtsgericht und ebenso die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zutreffend da-von ausgegangen, dass die Straferwartung im Hinblick auf die Schwere der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat unmittelbar keine Beiordnung i. S. d. § 140 Abs. 2 StPO rechtfertigt, soweit im Falle der Verurteilung nicht mit einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr zu rechnen ist. Eine zu drohende Freiheitsstrafe von einem Jahr bei möglicher Gesamtstrafenbildung hinsichtlich der Verurteilungen in den Verfahren vor dem Amtsgericht Braunschweig (Az.: 804 Js 11726/14) und vor dem Amtsge-richt Neustadt (Az.: 74 Ds 7411 Js 104277/13) -soweit sie rechtskräftig sind- ist insoweit auch nicht zu erwarten.

Gegen den Angeklagten sind zur Zeit jedoch mehrere Verfahren anhängig, u.a. vor dem Amtsge-richt Hannover ( Az.: 225 Os 2091 Js 59035/14), vor dem Amtsgerichts Neustadt (Az.: 74 Ds 711 Js 104277/13), vor dem Amtsgericht Braunschweig (Az.: 804 Js 11726/14), vor dem Landgericht Braunschweig (Az.: 10 Ns 118/14) sowie vor dem Landgericht Hannover (Az.: 45 Ns 105/14). Demnach ist nicht abzusehen, in welcher Höhe eine Gesamtstrafenbildung bei möglichen weiteren Verurteilungen ausfällt.

Vor allem in dem Verfahren vor dem Landgericht Hannover droht dem Angeklagten eine Maßrege-lunterbringung nach § 64 StGB.

Insoweit ist die Tat auch schwer und dementsprechend ist ein Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2 StPO beizuordnen, wenn die zu erwartenden Rechtsfolgen einschneidend sind. Dies ist auch- wie vorliegend - der Fall, wenn eine gravierende Maßregel der Sicherung und Besserung droht, die nicht unmittelbar im Rechtsfolgenausspruch liegt (vgl. KK-SPO/Laufhütte StPO, 5. Auf-lage 2010, § 140 Rn. 13 ff.).

Auch wenn die Maßregelunterbringung nach § 64 StGB nicht in dem hiesigen Verfahren droht, so ist doch das drohende „Gesamtübel" entscheidend. Eine neben der Strafe drohende Unterbringung nach § 64 StGB ist stets eine schwerwiegende Rechtsfolge im Sinne vom § 140 Abs. 2 StPO (vgl. LG Bremen StV 1990, 400)

Zudem ist der Angeklagtee bereits erheblich -auch einschlägig - strafrechtlich vorbelastet. Die Auskunft des Bundeszentralregisters vom 15.02.2014 enthält 13 Einträge. In der Vergangenheit wurden bereits wiederholt erkannte Strafaussetzungen zur Bewährung nachträglich widerrufen und Freiheitsstrafen gegen den Angeklagten vollstreckt.

Zuletzt steht der Angeklagte unter Betreuung, was zusätzlich berücksichtigt werden muss und für die Verteidigungsunfähigkeit des Angeklagten spricht (vgl. Lüderssen/Jahn Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage 2007, § 140, Rn. 60).

Unter Berücksichtigung aller Umstände führt dies dazu, dass die Verteidigung des Angeklagten hier notwendig L S. d. § 140 Abs. 2 Satz 1 StPO ist.

Die Kosten und Auslagenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 3 StPO.

Einsender: RA J. Robert Funck, Braunschweig

Anmerkung:


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