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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Einstelllung, Polizeivollzugsdienst, Tätowierung

Gericht / Entscheidungsdatum: OVG Münster, Beschl. v. 26.09.2014 - 6 B 1064/14

Leitsatz: Der Dienstherr ist berechtigt, die Einstellung eines Bewerbers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst wegen einer großflächigen, nicht von der Sommeruniform verdeckten Tätowierung abzulehnen. Der Dienstherr ist nicht gehalten, dem Bewerber als "milderes Mittel“ das Tragen eines Uniformhemdes mit langen Ärmeln aufzugeben.


In pp.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.

G r ü n d e :
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.

Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen einzustellen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei auf eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Denn mit der im Wege der einstweiligen Anordnung begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst würde der im Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls vorübergehend erfüllt. Eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache wäre nur dann gerechtfertigt, wenn dem Antragsteller ohne Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohten und er im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Letzteres lasse sich jedoch nicht feststellen. Damit fehle es zugleich an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Der Antragsteller könne einen Anspruch auf Einstellung nicht aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 ableiten. Dieses Schreiben enthalte keine verbindliche Einstellungszusage. Dem Antragsgegner sei es auch nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit dessen Tätowierungen an den Unterarmen zu begründen. Der Antragsgegner habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Zwar habe er dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. Februar 2014 mitgeteilt, dass dieser grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht komme. Hieraus habe der Antragsteller bei verständiger Würdigung aber nicht folgern dürfen, dass der Antragsgegner sich im weiteren Verlauf des Einstellungsverfahrens zur Begründung einer Ablehnung der Einstellung nicht mehr auf die ihm bereits bekannten Tätowierungen berufen werde. Ausgehend von den in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Vorgaben unter Ziffer 3 b) des Erlasses des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - habe der Antragsgegner schließlich zu Recht ein Einstellungshindernis aufgrund der Tätowierungen des Antragstellers angenommen.

Diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden mit dem Beschwerdevorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, er habe den Antragsgegner bereits im Juni 2013 von den beiden Tätowierungen an seinen Unterarmen in Kenntnis gesetzt. Da der Antragsgegner ihm mit Schreiben vom 14. Februar 2014 gleichwohl mitgeteilt habe, dass er „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme, habe er davon ausgehen dürfen, dass diese Tätowierungen kein Einstellungshindernis (mehr) darstellten. Mit diesem Einwand dringt die Beschwerde nicht durch.

Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das angeführte Schreiben keine Einstellungszusage enthält. Eine von der zuständigen Behörde abgegebene schriftliche Erklärung stellt dann eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW dar, wenn die Behörde gegenüber dem Adressaten unzweifelhaft den Willen zum Ausdruck bringt, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Ob eine solche selbstverpflichtende Willenserklärung vorliegt, ist durch Auslegung nach der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Regel des § 133 BGB zu ermitteln. Maßgeblich ist der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 - 2 C 39.95 -, juris, Rn. 25; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 6 B 1105/13 -, juris, Rn. 4 ff.

Bei der Auslegung sind neben dem Wortlaut der Erklärung auch die Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen.

Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 38 Rn. 21; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 38 Rn. 7a.

Gemessen hieran hat der Antragsgegner mit dem Schreiben vom 14. Februar 2014 kein verbindliches Versprechen zum Ausdruck gebracht, die Einstellung des Antragstellers in jedem Fall vorzunehmen zu wollen. Ein solcher Rechtsbindungswille lässt sich insbesondere nicht aus dem Wortlaut der Erklärung ableiten. Das angeführte Schreiben enthält keine Formulierungen, die bei einem objektiven Empfänger als (verbindliche) Zusage der Einstellung gedeutet werden können. So fehlt es etwa an einer Bezeichnung des Schreibens als „Einstellungszusage“.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013, a.a.O., Rn. 6.

Im Gegenteil wird auf Seite 2 des genannten Schreibens hervorgehoben: „Eine gegebenenfalls erfolgende Einstellungszusage ergeht gesondert.“ Gegen einen Rechtsbindungswillen des Antragsgegners spricht auch, dass dieser im zweiten Absatz dieses Schreibens lediglich angegeben hat, dass der Antragsteller „grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ komme.

Erfolglos bleibt der mit der Beschwerde weiter erhobene Einwand, der Antragsgegner habe sich mit der Ablehnung der begehrten Einstellung rechtsmissbräuchlich verhalten. Zur Begründung hat der Antragsteller auch in diesem Zusammenhang ausgeführt, er habe angesichts des Schreibens vom 14. Februar 2014 davon ausgehen dürfen, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“. Dieser Einwand greift nicht durch. Ein widersprüchliches Verhalten ist zwar unter anderem dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Handelnde dadurch für den anderen Teil einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, auf den sich sein Gegenüber verlassen darf.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2010 - 5 C 2.10 -, juris, Rn. 12, mit weiteren Nachweisen.

Im Streitfall fehlt es indes, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, an einem widersprüchlichen Verhalten des Antragsgegners. Ein solches folgt insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner, dem die streitgegenständlichen Tätowierungen seit dem Eingang der Bewerbungsunterlagen am 11. Juni 2013 bekannt sind, im Schreiben vom 14. Februar 2014 ausgeführt hat, dass eine Einstellung des Antragstellers möglich sei, wenn „bis zum Einstellungstermin keine in Ihrer Person liegende Ablehnungsgründe bekannt werden, z. B. einen Eignungsmangel darstellenden Körperschmuck (Tätowierungen, Piercings etc.)“. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann hieraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die dem Antragsgegner bereits bekannten Tätowierungen „für die Einstellung keine Rolle mehr spielen“ sollten. Ein dahingehender Erklärungsgehalt kann dem angeführten Schreiben bei verständiger Würdigung nicht entnommen werden. Die angeführte Textpassage ist überschrieben mit „wichtiger Hinweis“. Im Anschluss hieran hat der Antragsgegner ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung „möglich“ ist. Diese Hinweise sind genereller Art. Sie verhalten sich nicht zu etwaigen aus der Bewerbung des Antragstellers ersichtlichen Einstellungshindernissen (wie etwa den der Bewerbung beigefügten Lichtbildern über die Unterarmtätowierungen). Ausgehend vom maßgeblichen Empfängerhorizont ist das Schreiben des Antragsgegners vom 14. Februar 2014 allein darauf gerichtet, die Bewerber über die von ihnen im Auswahlverfahren erzielten Ergebnisse sowie darüber zu informieren, dass sie mit dem „erreichten Auswahlergebnis grundsätzlich für eine Einstellung in Betracht“ kommen und unter welchen Voraussetzungen („wichtiger Hinweis“) eine Einstellung möglich ist. Zur Frage, ob die streitbefangenen Tätowierungen ein Einstellungshindernis darstellen, verhält es sich nicht.

Hinzu kommt, dass der Antragsgegner den Antragsteller in der von diesem am 17. Dezember 2013 unterschriebenen „Einwilligungserklärung zur Dokumentation von Köperschmuck“ darauf hingewiesen hatte, dass Köperschmuck (wie beispielsweise Tätowierungen) durch eine „eigens dazu einberufene Kommission bewertet“ werde und „als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht“ sei. Nach Aktenlage hat der Antragsgegner im weiteren Einstellungsverfahren nicht zu erkennen gegeben, dass die beiden Tätowierungen an den Unterarmen der Einstellung nicht (mehr) entgegenstehen.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller weiter geltend, er könne „im Sommer langärmelige Uniformhemden (…) tragen, damit die Tätowierungen nicht sichtbar sind“. Vor diesem Hintergrund sei die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Sie verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser Einwand verfängt nicht.

Der auf den Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2013 - 403-26.00.07 A - gestützte Bescheid des Antragsgegners vom 10. März 2014, den Antragsteller aufgrund dessen Tätowierungen an den Unterarmen nicht in den gehobenen Polizeidienst einzustellen, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach Ziffer 3 b) Absatz 1 des Erlasses ist Körperschmuck im sichtbaren Bereich als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht. Unter Körperschmuck sind nach Ziffer 1 des Erlasses alle nicht medizinischen Körpermodifikationen zu verstehen, die (überwiegend permanent) den Körper verändern, wie etwa Tätowierungen. Als Maßstab für die Unterscheidung zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren Bereich des Körpers gilt die Sommeruniform, die sich über das Tragen kurzärmeliger Hemden beziehungsweise Blusen definiert (Ziffer 1 Abs. 2 bis 4 des Erlasses). Ein Eignungsmangel durch Körperschmuck im sichtbaren Bereich kann nach Ziffer 3 b) Absatz 3 des Erlasses im Rahmen einer individuellen Einzelbewertung verneint werden, wenn ein dezenter Körperschmuck z.B. maximal die durchschnittliche Größe eines Handtellers hat. Diese Voraussetzungen erfüllen die auf die Unterarme des Antragstellers tätowierten Schriftzüge, bei denen es sich um die Namen seiner Töchter „H. N. “ (15 cm x 2,5 cm) und „F. T. “ (16 cm x 2,5 cm) handelt, nicht.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass angesichts dessen, dass das angeführte Einstellungshindernis in das Recht des Bewerbers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) eingreift und über das Merkmal der persönlichen Eignung den Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkt, nur dann mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und die Ablehnung der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst rechtfertigen kann, wenn es geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, juris, Rn. 21; Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - 1 B 1006/14 -, juris, Rn. 6.

Nach diesen Maßstäben ist die angegriffene Entscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Grundlage seiner Argumentation im Ablehnungsbescheid ist die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform. Dort heißt es:

„Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 29.05.2013 – 403 – 26.00.07. A – ist Körperschmuck als Zeichen der Individualität weiterhin grundsätzlich nicht erwünscht und kann einen Eignungsmangel darstellen, der für sich genommen bereits einer Einstellung entgegensteht. Bei der Prüfung der vollen Dienstfähigkeit im Rahmen der Einstellungsuntersuchung gilt es im Interesse der späteren Aufgabenwahrnehmung bezogen auf das äußere Erscheinungsbild den Schutz des Vertrauens der Bürgerin und des Bürgers in eine neutrale und seriös auftretende Polizei zu berücksichtigen. Daher wird eine Einschränkung der dienstlichen Verwendbarkeit der Bewerberinnen und Bewerber durch Körperschmuck unter den im Erlass festgelegten Gesichtspunkten berücksichtigt, soweit nicht schon unter medizinischen Gesichtspunkten die Polizeidienstuntauglichkeit vom polizeiärztlichen Dienst festgestellt wird (…). Wie auch durch die Uniform dokumentiert, soll in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten. Die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten dürfen durch den bei Ihnen vorliegenden Körperschmuck nicht beeinträchtigt sein (Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion).“

Vgl. zu einem insoweit wortgleichen Ablehnungsbescheid: OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 6 B 523/14 -, juris.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich insbesondere im - die Haarlänge uniformierter Polizeibeamter betreffenden - Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., auf welches auch das Verwaltungsgericht seine Ausführungen stützt, zur Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform bzw. zum Bedürfnis des Staates nach angemessener Repräsentation durch uniformierte Polizeibeamte geäußert. Hiernach soll die Polizeiuniform sichtbares Zeichen dafür sein, dass die Individualität der Polizeivollzugsbeamten im Dienst hinter die Anforderungen des Amtes zurücktritt. Polizeiliche Maßnahmen sollen losgelöst von der Person der handelnden Beamten als Maßnahmen des Staates empfunden werden. Dieser durch die Uniform vermittelte Eindruck der Neutralität kann durch ein Erscheinungsbild uniformierter Polizeibeamter beeinträchtigt werden, das die Individualität übermäßig hervorhebt und daher aus dem Rahmen des Üblichen fällt. Bei der danach gebotenen Ermittlung des Rahmens des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Danach fallen Erscheinungsformen aus dem Rahmen des Üblichen und sind geeignet, die Neutralitätsfunktion der Polizeiuniform zu beeinträchtigen, die unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Anschauungen als unkorrekt oder unseriös anzusehen sind. Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn sie die Mehrheit der Bevölkerung für die eigene Person ablehnt oder allgemein nicht für vorteilhaft hält. Vielmehr kann eine Erscheinungsform erst dann als unkorrekt oder unseriös gelten, wenn so auftretende Personen von weiten Kreisen der Bevölkerung ausgegrenzt werden oder ihnen doch Vorbehalte der Art begegnen, die erwarten lassen, dass sie bei der Amtsausübung nicht ernst genommen werden oder ihnen das dabei erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird.

Das Verwaltungsgericht hat hieran angeknüpft und festgestellt, dass die Tätowierungen des Antragstellers an den Unterarmen die Neutralitäts- und Repräsentationsfunktion der Polizeiuniform beeinflussen können. Es könne bislang nicht festgestellt werden, dass in der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit ein Wechsel der Anschauungen dergestalt stattgefunden habe, dass auch bei einem Polizeivollzugsbeamten als Repräsentant der Staatsgewalt größere sichtbare Tätowierungen allgemein toleriert würden. Alleine die Größe der Tätowierungen könnte Anlass zu entsprechenden Nachfragen oder Anwürfen durch Dritte sein, denn unzweifelhaft stellten sich solche Tätowierungen als Ausdruck einer sehr individuellen „Note“ eines Polizeivollzugsbeamten dar. Sie stünden im starken Kontrast zu der ansonsten durch die Uniform vorgegebenen und gewollten Einheitlichkeit des äußeren Erscheinungsbildes und böten schon von daher in der Bevölkerung Ansatzpunkte zumindest für Diskussionen auch im Hinblick auf die Akzeptanz hoheitlicher Entscheidungen -, die im Ergebnis dazu führen könnten, den betreffenden Polizeivollzugsbeamten wegen des äußeren Erscheinungsbildes abzulehnen oder zumindest gegen ihn Misstrauen hervorzurufen.

Vgl. auch VG Darmstadt, Beschluss vom 27. Mai 2014 - 1 L 528/14.DA -, juris, Rn. 3.

Diesen zutreffenden und näher begründeten Feststellungen setzt das Beschwerdevorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Nach alledem sind die hier im Streit stehenden landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck im angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 geeignet, das Vertrauen der Bürger in eine neu- trale und seriös auftretende Polizei zu schützen.

Der Umstand, dass es sich bei den beiden in Rede stehenden Tätowierungen um die Namen der Töchter des Antragstellers handelt, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Für einen Dritten ist bereits nicht erkennbar, dass es sich bei den Namen „H. N. “ und „F. T. “ um die Töchter des Antragstellers handelt. Davon abgesehen ändert dieser Umstand nichts daran, dass es sich um sogenannte großflächige Tätowierungen im sichtbaren Bereich handelt, die nach Ziffer 3 b) des angeführten Erlasses „nicht erwünscht“ sind.

Ohne Erfolg macht die Beschwerde sinngemäß geltend, die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst sei nicht erforderlich, da ihm als „milderes Mittel“ aufgegeben werden könnte, im Sommer langärmelige Uniformhemden zu tragen, die seine Tätowierungen nicht sichtbar werden lassen.

In diesem Sinne: VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014 - 2 K 778/14 -, juris, Rn. 66 bis 68; VG Aachen, Urteil vom 29. November 2012 - 1 K 1518/12 -, juris, Rn. 28 bis 29.

Dieser Einwand verhilft der Beschwerde bereits deswegen nicht zum Erfolg, weil es grundsätzlich der Entscheidung des Dienstherrn vorbehalten bleibt, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht.

Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 9. Juli 2014, a.a.O., Rn. 19.

Mit der Dienstkleidungsordnung der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales - 405/401-63.01.01 - vom 21. Januar 2014 (im Folgenden: Dienstkleidungsordnung), hat der Dienstherr von seiner in § 45 LBG NRW geregelten Befugnis Gebrauch gemacht, Bestimmungen über die Dienstkleidung, etwa das Tragen der Uniform, zu erlassen. Nach Ziffer 1.3 der Dienstkleidungsordnung ist ein einheitliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit sicherzustellen, wenn Uniform getragen wird. Aufgrund seiner Organisationsgewalt ist der Dienstherr berechtigt, den Dienstkleidungsträgern in Gestalt von Verwaltungsvorschriften auch Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen zu machen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, a.a.O., Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. August 2014, a.a.O., Rn. 34.

In Ergänzung der Dienstkleidungsbestimmungen hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen durch den angeführten Erlass vom 29. Mai 2013 für Bewerber um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck aufgestellt, die sich auch auf Tätowierungen erstrecken. Diese Bestimmungen sind - wie ausgeführt - geeignet, aber auch erforderlich, um „die sich insbesondere aus der Uniform ergebende Legitimation und Autorität eines Polizeivollzugsbeamten“ sicherzustellen (Neutralitäts- und Repräsentanzfunktion, Ziffer 3 b) des letztgenannten Erlasses). Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht dem Dienstherrn ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von der Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Januar 1999 - 2 C 11.98 -, juris, Rn. 12 und 13, vom 2. März 2006 - 2 C 3.05 -, a.a.O., Rn. 21.

Mit den im Streit stehenden Bestimmungen über Körperschmuck im sichtbaren Bereich hat das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen die Grenzen seines Einschätzungsspielraums nicht überschritten. Die Erwägung der obersten Dienstbehörde, dass „in der Amtswahrnehmung jede Individualität hinter die neutrale Erfüllung des dienstlichen Auftrages zurücktreten“ soll (vgl. Ziffer 3 b) des Erlasses), ist nicht zu beanstanden.

Die von der obersten Dienstbehörde im Erlass vom 29. Mai 2013 aufgestellten landeseinheitlichen Vorgaben zur Bewertung von Körperschmuck wahren auch die Grenzen der Zumutbarkeit für die Bewerber. Denn selbst im sichtbaren Bereich befindliche Tätowierungen - wie beispielsweise auf den Unterarmen - stehen der Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht ausnahmslos entgegen. Eine „positive Entscheidung“ der beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW zur Bewertung von Körperschmuck eingerichteten Kommission kommt nach Ziffer 3 b) des Erlasses bei Tätowierungen „von minderer Größe in Betracht, die keine Botschaft transportieren oder zumindest weltanschaulich neutral bleiben“ (wie etwa Namen mit nachweislich rein privatem Hintergrund, kleinere Blumenmotive oder abstrakte Ornamente, Herzchen, Sterne, Pfeile, Pfotenabdrücke oder aus wenigen Worten bestehende Sinnsprüche).

Ohne dass es darauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist der Senat darauf hin, dass das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, dass der Antragsgegner auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht darauf verwiesen werden kann, einem Bewerber, der im sichtbaren Bereich großflächige Tätowierungen aufweist, aufzugeben, im Dienst langärmelige Hemden zu tragen. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers vernachlässigt den mit dem Erlass entsprechender dienstlicher Anweisungen, der Kontrolle ihrer Befolgung und gegebenenfalls ihrer Durchsetzung verbundenen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für den Dienstherrn und damit den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität.

Soweit sich die Beschwerde pauschal auf die Klageschrift vom 1. April 2014 (VG Arnsberg – 2 K 989/14) und die Antragsbegründung vom 17. Juli 2014 im erstinstanzlichen Verfahren bezieht, genügt sie den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht, weil es an einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung mangelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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