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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Ausweismissbrauch, Urkunde, Echtheit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 18.02.2014 - 5 RVs 7/14

Leitsatz: Eine Verurteilung nach § 281 StGB setzt voraus, dass die gebrauchte oder überlassene Urkunde echt ist.


5 RVs 7/14 OLG Hamm
Strafsache
gegen pp.
wegen Missbrauchs von Ausweispapieren,
(hier: Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Essen und Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren).

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 15. Oktober 2013 und auf die Beschwerde des Angeklagten vom 20. Dezember 2013 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 12. Dezember 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18. Februar 2014 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

2. Entscheidung der Senatsvorsitzenden:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren wird für gegenstandslos erklärt.

Gründe:

I.
Das Amtsgericht Hattingen hat den Angeklagten am 05. Juni 2013 wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00 € verurteilt. Mit Urteil vom 15. Oktober 2013 hat das Landgericht Essen die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 10,00 € verurteilt worden ist. Das Landgericht hat festgestellt, der Angeklagte sei „im Vorfeld in den Besitz des Reisepasses und einer Debit-Karte des britischen Staatsbürgers XY, geboren im Januar 1971, gekommen“, habe sich am 10. September 2012 in H. gegenüber einem Mitarbeiter einer dortigen „S.“-Filiale als XY ausgegeben und auf diese Weise versucht, über den Abschluss von zwei Mobilfunkverträgen – ausgestellt auf den Namen XY – in den Besitz von zwei Mobil-funkgeräten des Typs Apple iPhone 4S im Wert von je 599,00 € zu gelangen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung for-mellen und materiellen Rechts rügt. Mit beiden Rügen macht der Angeklagte im We-sentlichen geltend, das Landgericht habe nicht die Echtheit des Ausweispapiers fest-gestellt. Im Wege der Aufklärungsrüge wird insbesondere beanstandet, das Landge-richt habe ungeachtet bestehender Zweifel an der Echtheit der Urkunde weder das Original der Urkunde in Augenschein genommen noch einen Sachverständigen her-angezogen. Die Zweifel an der Echtheit des Ausweispapiers seien nicht zuletzt dadurch zutage getreten, dass es dem Gericht nicht möglich gewesen sei, einen bri-tischen Staatsangehörigen namens XY als Zeugen zu laden bzw. überhaupt eine ladungsfähige Anschrift zu ermitteln.

Der Angeklagte hat für die Durchführung des Revisionsverfahrens die Bestellung seines bisherigen Wahlverteidigers zum Pflichtverteidiger beantragt. Diesen Antrag hat der Vorsitzende der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen mit Be-schluss vom 12. Dezember 2013 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 20. Dezember 2013, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

1.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat auch in der Sache jedenfalls vor-läufig Erfolg.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) in zuläs-siger Weise erhoben worden ist. Das Urteil hält jedenfalls einer auf die Sachrüge hin vorzunehmenden Überprüfung nicht stand, weil die Feststellungen des Landgerichts lückenhaft sind. Sie tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen des Missbrauchs von Ausweispapieren (§ 281 StGB) nicht.

Eine Verurteilung nach § 281 StGB setzt voraus, dass die gebrauchte oder überlas-sene Urkunde echt ist (vgl. OLG Bremen, StV 2002, 552. 553; Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 281 Rdnr. 1; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 281 Rdnr. 2; Zieschang, in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 281 Rdnr. 8). Denn die Vorschrift des § 281 StGB zielt auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs im Umgang mit echten Ausweispapieren und dient dem Schutz der inhaltlichen Richtigkeit amtlicher Ausweisdokumente. Der Gebrauch eines unechten oder verfälschten Ausweispapiers ist hingegen unter den Voraussetzungen des § 267 StGB strafbar (vgl. Cramer/Heine, a.a.O.; Fischer, a.a.O.).

Die Feststellungen des Landgerichts lassen nicht erkennen, ob es sich bei dem vom Angeklagten vorgelegten Dokument um ein echtes Ausweispapier, d.h. einen von den britischen Behörden ausgestellten Reisepass gehandelt hat. Das Landgericht hat zu der Frage der Echtheit des Ausweispapiers keine Feststellungen getroffen. Das ursprünglich am Tattag in H. sichergestellte Dokument ist im Original nicht Ge-genstand des gerichtlichen Verfahrens geworden. Vielmehr ist das bei dem Ange-klagten seinerzeit sichergestellte Ausweispapier von der Kreispolizeibehörde E.-Kreis im Oktober 2012 noch während des laufenden Ermittlungsverfahrens an die Krimi-nalpolizei in D. übersandt worden, weil von dort mitgeteilt worden war, dass „unter Vorlage dieses Reisepasses in D. Kontoeröffnungs- und Überweisungsbetrügereien begangen“ worden seien. Allein anhand der in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Fotokopie (Bl. 10 d.A.) konnte die Echtheit des Ausweispapiers nicht beurteilt werden, weshalb diesbezügliche Feststellungen im Urteil (zwangsläufig) feh-len. Die – im Übrigen auch aus Sicht des Senats gänzlich unglaubhafte – Einlassung des Angeklagten schließt nicht aus, dass es sich bei dem sichergestellten Dokument um einen gefälschten Pass gehandelt hat. Dann käme eine Verurteilung nach § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB in Betracht.

Es ist nicht auszuschließen, dass die Frage nach der Echtheit des Ausweispapiers noch aufgeklärt werden kann. Das angefochtene Urteil war daher mit den zugrunde liegenden Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – nach § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.

2.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Revisionsverfahren ist mit der abschließenden Entscheidung des Senats über die Revision gegenstandslos geworden. Eine rückwirkende Bestellung ist nach ge-festigter Rechtsprechung unzulässig und unwirksam (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 348; OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 113). Insoweit handelt es sich um eine Entscheidung der Senatsvorsitzenden nach § 141 Abs. 4 StPO.

Der Senat weist allerdings ergänzend darauf hin, dass auch in der Sache keine Ver-anlassung für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers bestanden hat. Der Sachver-halt ist einfach gelagert; außerdem ist einem Angeklagten nicht allein deswegen ein Pflichtverteidiger beizuordnen, weil er die deutsche Sprache nicht beherrscht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2000 3 StR 6/00 -). Insoweit wird auf die durch-weg zutreffenden Ausführungen des Kammervorsitzenden in dem angefochtenen Beschluss vom 12. Dezember 2013 Bezug genommen.

Einsender: VorsRiOLG C. Lange, Hamm

Anmerkung:


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