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Entscheidungen

Gebühren

Längenzuschlag, Pflichtverteidiger, Wartezeit, Berücksichtigung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Köln, Beschl. v. 27.03.2012 - 2 Ws 227/12

Leitsatz: Die für die Längenzuschlag des Pflichtverteidigers maßgebliche Hauptverhandlungsdauer berechnet sich ab der angesetzten Terminstunde und nicht nach dem tatsächlichen Beginn der Hauptverhandlung.


In pp.
1. Die von dem Angeklagten an den Nebenkläger zu erstattenden Kosten werden über den in dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Betrag (245,60 € abzüglich aus der Landeskasse bereits erstatteter 150 €) hinaus auf weitere 257,04 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 05.01.2012 festgesetzt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die darin dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte zu tragen.

G r ü n d e :
I.
Der Angeklagte ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B. vom 12.01.2010 wegen schweren sexuellen Kindesmißbrauchs u.a. zum Nachteil des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Nach der Kostenentscheidung des Urteils hat der Angeklagte die den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Die Nebenklagevertreterin hat mit Schriftsatz vom 02.02.2010 die Festsetzung notwendiger Auslagen in Höhe von 511,70 € gegen den Angeklagten beantragt. Diesem Antrag hat die Rechtspflegerin nach Anhörung des Angeklagten mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 01.02.2012 in Höhe eines Betrages von 245,60 € entsprochen, von dem nach den Entscheidungsgründen noch ein Erstattungsbetrag aus der Landeskasse in Höhe von 150 € in Abzug zu bringen ist.

Abgesetzt wurde der mit dem Antrag geltend gemachte Längenzuschlag gem. RVG VV Nr. 4016 in Höhe von jeweils 108 € für die beiden Hauptverhandlungstermine vom 22.12.2009 und 07.01.2010 mit der Begründung, die Termine hätten ausweislich des Protokolls jeweils genau 5 Stunden gedauert.

Gegen den Beschluss hat der Nebenkläger mit Anwaltsschriftsatz vom 10.02.2012 sofortige Beschwerde eingelegt und dazu ausgeführt, der Längenzuschlag sei berechtigt, da die Termine von 9.00 bis 14:10 bzw. 14:40 gedauert hätten. Der Verurteilte hat zu dem Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 23.03.2012 Stellung genommen.

II.
Das nach § 464 b S.3 StPO, §§ 104 Abs. 3 S.1, 567 ZPO, §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG zulässige Rechtsmittel ist begründet.

Der Längenzuschlag gem. RVG VV Nr. 4016 für die Hauptverhandlungstermine vom 22.12.2009 und 07.01.2010 ist dem Vertreter des Nebenklägers, für dessen Tätigkeit nach der amtl. Vorbemerkung 4 I VV die Vorschriften für den Verteidiger entsprechend anzuwenden sind, zu Unrecht versagt worden. Die Termine waren ausweislich der Ladungsverfügung vom 10.11.2009 auf jeweils 9.00 bestimmt worden, haben ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls mit dem Aufruf der Sache jedoch am 22.12.2009 erst um 9.10 und am 07.01.2010 erst um 9:25 begonnen.

Die Gebührenvorschrift des RVG VV Nr. 4016 stellt für die Dauer des Termins dem Wortlaut nach auf die Teilnahme des Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung ab, die mit dem Aufruf der Sache beginnt (§ 243 Abs. 1 S.1 StPO). Rechtsprechung und Kommentierung sehen jedoch ganz überwiegend als maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Zeitberechnung nicht den Aufruf der Sache – d.h. den tatsächlichen Beginn der Verhandlung – an, sondern den in der Terminsladung angegebenen Zeitpunkt, sofern der Rechtsanwalt – der zu pünktlichem Erscheinen verpflichtet ist – zu diesem Zeitpunkt erschienen ist (vgl. die Nachweise bei Burhoff, RVG, Straf-und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Nr. 4110 VV Randn. 12 und bei Kotz, NStZ 2009, 414). Abweichend hiervon stellen die OLGe Saarbrücken und Rostock auf den tatsächlichen Beginn der Hauptverhandlung ab (vgl. Burhoff a.a.O.). Der Senat, der die Streitfrage bisher nicht hat entscheiden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 24.01.2006 – 2 ARs 9/06 –), schließt sich der herrschenden Meinung an. Diese bezieht sich zutreffend und überzeugend auf die Vorbemerkung 4 III 2 VV, nach der dem Rechtsanwalt ein Termin, der überhaupt nicht stattfindet, honoriert wird, sofern der Ausfall des Termins nicht von ihm zu vertreten ist. Dem ist der Grundgedanke zu entnehmen, dass der vom Rechtsanwalt erbrachte Zeitaufwand stets zu vergüten ist, wenn seine Nutzlosigkeit nicht auf ihn selbst zurückzuführen ist.

Für ein verspätetes Erscheinen des Vertreters des Beschwerdeführers fehlt es nach dem Hauptverhandlungsprotokoll an einem Anhalt. Die Verteidigung des Angeklagten hat sich im Schriftsatz vom 05.03.2012 und in der Beschwerdeerwiderung vom 23.03.2012 zu entgegenstehenden Angaben ebenfalls nicht in der Lage gesehen. Dem Beschwerdeführer steht nach alledem der Längenzuschlag zu, der im Verfahren vor der großen Strafkammer gem. RVG VV Nr. 4016 108 € beträgt. Das ergibt für die beiden fraglichen Termine zuzüglich MwSt den Betrag von 257,04 €, der zusätzlich festzusetzen war. Der Senat hat im Tenor der Entscheidung klargestellt, dass von dem im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss ausgeworfenen Betrag von 245,60 € noch ein Betrag von 150 € abzuziehen ist.

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Anmerkung:


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