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Entscheidungen

Sonstiges

Überstellung, Mazedonien, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.07.2011 - 2 OLG Ausl 1/11

Fundstellen:

Leitsatz: Der Zulässigkeitserklärung der Vollstreckung gem. Art. 3 des Zusatzprotokolls zum Überstellungsübereinkommen (ZP-ÜberstÜbk) in Mazedonien stehen die dortigen Haftbedingungen nicht entgegen. Diese genügen den völkerrechtlichen Mindestan-forderungen.

In den Haftanstalten Mazedoniens finden derzeit ausreichende Resozialisierungs-maßnahmen statt.

Auch in Mazedonien besteht je nach Verhalten des Verurteilten die Möglichkeit, vor-zeitig, nämlich nach zwei Drittel der verbüßten Freiheitsstrafe, entlassen zu werden.


Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss vom 13.07.2011 Aktenzeichen:
2. Strafsenat 2 OLG Ausl 1/11

In dem Überstellungsverfahren
des mazedonischen Staatsangehörigen pp
zurzeit in der Justizvollzugsanstalt S…,

Beistand: Rechtsanwältin …

wegen Überstellung des Verfolgten aus der Bundesrepublik Deutschland nach
Mazedonien zur Strafvollstreckung,

hier: Zulässigkeit der Überstellung zur Strafvollstreckung,

erlässt der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg folgenden

Beschluss

Die weitere Vollstreckung des Urteils des Landgerichts Traun-stein vom 26.10.2009 (Az.: 6 KLs 120 Js 37543/06) gegen D… A… in Mazedonien wird für zulässig erklärt.

Gründe:
I.
Das Landgericht Traunstein hat D… A… durch Urteil vom 26.10.2009 wegen uner-laubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei-heitsstrafe von neun Jahren sechs Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe verbüßt er zurzeit in der Justizvollzugsanstalt S…. Davon wird er am 16.10.2012 die Hälfte und am 17.5.2014 zwei Drittel erreicht haben. Das voraussichtliche Haftende ist für den 17.7.2017 vorgemerkt.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 20.7.2010 hatte die Stadt S… den Verurteilten ausgewiesen und seine Abschiebung angeordnet.
In seiner richterlichen Anhörung vom 2.2.2011 durch das Amtsgericht S. hat sich der Verurteilte mit seiner Überstellung nach Mazedonien zur Strafvollstreckung nicht ein-verstanden erklärt. Zur Begründung führte er aus, das Leben in mazedonischen Ge-fängnissen sei unmenschlich. Dort werde man nicht beschäftigt und sei zu fünft in einer Zelle. Er befürchte in Mazedonien die Strafe bis zum Ende verbüßen zu müs-sen, hier dagegen werde er möglicherweise nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafe entlassen. Soziale Bindungen in Deutschland habe er nicht. Seine Lebensge-fährtin und seine beiden Kinder sowie seine ganze Familie lebten in Mazedonien.
Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg beantragt, die weitere Vollstreckung des Urteils in Mazedonien für zulässig zu erklären.
Auf Anforderung des Senats hat die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg eine Stel-lungnahme des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland vom 13.4.2011 über die Möglichkeit vorzeitiger Haftentlassung in Mazedonien sowie einen Bericht der deutschen Botschaft in S. / Mazedonien über die Haftbedingungen in Mazedoni-en (Stand: 2010) vorgelegt. In dem Schreiben vom 13.4.2011 teilte das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland mit, dass in Mazedonien die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafe je nach Verhalten des Häftlings bestehe. In dem Bericht über die Haftbedingungen in Mazedonien (Stand: 2010) führt die deutsche Botschaft im Wesentlichen aus, der Verbesserung der Zustände in den Haftanstalten werde in Mazedonien mittlerweile eine wesentliche Bedeutung beigemessen. Am 20.5.2010 habe der Verwaltungsrat der Entwick-lungsbank des Europarates in Zusammenarbeit mit der mazedonischen Regierung ein Projekt zum Ausbau diverser Haftanstalten in Höhe von 46.000.000 Euro geneh-migt. Die mazedonische Regierung werde weitere 6.000.000 Euro beisteuern. Die im Mai 2010 durchgeführte Evaluierung habe ergeben, dass Hauptkritikpunkt die Ver-hältnisse (Überbelegung, heruntergekommene Bausubstanz) in der Haftanstalt I… sei. Für diese Haftanstalt seien zwei Drittel der genannten Gelder vorgesehen. In dem Bericht über die Haftbedingungen in Mazedonien ist der Besuch Angehöriger der deutschen Botschaft in den drei Haftanstalten S…, I… und S… beschrieben. Zu-sammengefasst ist hieraus zu entnehmen, dass mehr oder weniger große Mängel der Baussubstanz und auch Überbelegungen vorliegen. Andererseits wird auf den Neubau in S… hingewiesen, der durchaus westeuropäischen Standards entspreche. Hervorgehoben ist hinsichtlich der Haftanstalt S… eine sehr modern ausgestattete Küche mit Kantine in sehr sauberem und gepflegtem Zustand. Sämtliche inspizierte Haftanstalten hätten einen differenziert ausgestatteten medizinischen Dienst. Die Personalsituation wird in den Haftanstalten S… und I… als problematisch geschil-dert. Im Vergleich dazu stelle sich die Personalsituation in S… wesentlich entspann-ter dar. Alle drei Haftanstalten würden über Weiterbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten verfügen. Abgesehen von den Baumängeln sind nach Ansicht der Botschaft die Haft-räume im Wesentlichen in einem wohnlichen und sauberen Zustand. Letzteres treffe insbesondere auch auf Sanitäreinrichtungen zu. Auch konnten die Angehörigen der Botschaft differenzierte Freizeitmöglichkeiten für die Gefangenen in allen aufgesuch-ten Haftanstalten vorfinden. Die Botschaft weist in ihrem Bericht ferner darauf hin, dass Mazedonien das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und an-dere grausame unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert hat. Zwischenzeitlich seien konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Haftbedin-gungen in Mazedonien erarbeitet worden. Die Einschätzung der übrigen EU-Partner hinsichtlich der Haftanstalten in Mazedonien sei nicht einheitlich. Tschechien und Polen würden die Bedingungen in der Haftanstalt I… für unwürdig halten. Dieser Be-urteilung liege jedoch eine konsularische Betreuung von Häftlingen, die bereits zwei bzw. drei Jahre zurückliege, zugrunde. Auch nach Ansicht der Haftanstaltexpertin der EU-Delegation würden die Bedingungen in I… unter den Mindeststandards liegen. Dagegen seien die Niederlande der Auffassung, dass dort keine erniedrigenden Zustände herrschen oder Insassen menschenunwürdig behandelt würden. Wegen der positiven Entwicklungen der letzten ein bis zwei Jahre und der weiteren geplanten Maßnahmen bestehe kein Bedarf, Auslieferungen nach Mazedonien abzulehnen. Österreich vertrete die Ansicht, die Zustände in der U-Haftanstalt S… seien zwar nicht schön, dies treffe allerdings auch auf die U-Haftanstalt in … (Österreich) zu. Von der Behandlung der Häftlinge sei man positiv überrascht. Insgesamt seien aber die Haftbedingungen um einige Klassen schlechter als in österreichischen Haftanstalten. Tschechien sei der Auffassung, die U-Haftanstalt S… entspreche zwar nicht EU-Standards, die Zustände seien dennoch zumutbar. Diese Auffassung teile auch die Haftanstaltsexpertin der europäischen Delegation. Danach seien die Zustände in S…, S…und T… zumutbar.
Die deutsche Botschaft kommt zu der Bewertung, dass die Haftanstalten im Wesent-lichen innerhalb der letzten Jahrzehnte vernachlässigt worden seien, es aber seit ein bis zwei Jahren zu sichtbaren Fortschritten gekommen sei. Zur Verbesserung in ver-schiedenen Bereichen seien Strategien und umfassende Aktionspläne aufgestellt worden. Die Haftbedingungen in I… würden in Bezug auf Bausubstanz, Infrastruktur und Belegungszahlen definitiv nicht den EU-Standards entsprechen. Dies treffe aber auch für staatliche Krankenhäuser, Schulen und Studentenwohnheime in Mazedoni-en zu. Nicht angebracht sei es jedoch, die Zustände als menschenunwürdig oder erniedrigend zu bezeichnen. Die eigenen gesammelten Eindrücke führten zu der Einschätzung, dass die Zustände trotz Überbelegung durchaus als zumutbar be-zeichnet werden können. Die bewilligten Investitionsmittel würden mittel- bis langfris-tig (in drei bis fünf Jahren) zu erheblichen Verbesserungen, vor allem in I…, führen. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den Auslieferungsverkehr nach Mazedonien kom-plett einzustellen.
In seiner Stellungnahme vom 1.7.2011 weist der Verurteilte auf die Personalknapp-heit in den Haftanstalten hin, weshalb das Gefängnispersonal überfordert sei. Wegen schlechter Bezahlung dieses Personals sei die Korrumpierbarkeit ein ernstes Prob-lem. In den Haftanstalten I…und S… bestehe eine Gewalt -und Drogenproblematik. Der Bericht der Botschaft erwähne keine Tätigkeiten zur Erreichung des Resozialisie-rungszieles. Wegen schlechter Nahrung und katastrophaler Haftbedingungen komme es zu fortwährenden Hungerstreiks. Es herrschten Mängel in der Bausubstanz und Überbelegung. Eine vorzeitige Haftentlassung sei nicht gängige Praxis der mazedo-nischen Justiz.
II.
Für die beantragte Entscheidung über die Zulässigkeit der Überstellung nach Art. 3 des Zusatzprotokolls zum Überstellungsübereinkommen (ZP-ÜberstÜbk) ist das Oberlandesgericht Nürnberg zuständig (§ 71 Abs. 4 des Gesetzes über die internati-onale Rechtshilfe in Strafsachen – IRG).
Die Voraussetzungen für eine Zulässigkeitserklärung der Vollstreckung in Mazedoni-en liegen vor.
Der Verurteilte ist mazedonischer Staatsangehöriger (Art. 3 Abs. 1a ZP-ÜberstÜbk). Das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 26.10.2009 ist rechtskräftig (Art. 3 Abs. 1b ZP-ÜberstUbk). Von der verhängten Freiheitsstrafe sind noch deutlich mehr als sechs Monate zu vollstrecken (Art. 3 Abs. 1c ZP-ÜberstÜbk). Die beiderseitige Strafbarkeit ist gegeben (Art. 3 Abs. 1i ZP-ÜberstÜbk).
Der Verurteilte hat sich zwar mit seiner Überstellung nach Mazedonien nicht einver-standen erklärt. Dies ist aber aufgrund von Art. 3 Abs. 1 des ZP-ÜberstÜbk entbehr-lich. Dem Verurteilten wurde mit seit 26.8.2010 bestandskräftigem Bescheid der Stadt S.… vom 20.7.2010 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen.
Eine weitere materiell-rechtliche Überprüfung ist weder durch das Überstellungs-übereinkommen oder das Zusatzprotokoll zum Überstellungsübereinkommen, noch durch die zum Überstellungsübereinkommen von Seiten der Bundesrepublik Deutschland abgegebenen Erklärungen veranlasst. Jedoch besteht die Verpflichtung, bei der Überprüfung der Zulässigkeit der weiteren Vollstreckung im Ausland die grundrechtlich geschützten Positionen des Verurteilten in eine Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Überstellung zu bringen und zu einem verhältnismä-ßigen Ausgleich zu gelangen (OLG Celle NStZ – RR 2008, 345).
Zu den grundrechtlich geschützten Positionen des Verurteilten gehört dessen Reso-zialisierungsanspruch (BVerfG NJW 1997, 3013), auch im Hinblick auf die Vollzugs-praxis des Aufnahmestaates. Für die Resozialisierung haben die familiären Bezie-hungen des Gefangenen wesentliche Bedeutung, da regelmäßig der Bestand und die Stärkung dieser Beziehungen die Chancen seiner Eingliederung fördern (BVerfG NStZ – RR 2006, 325).
Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass die Überstellung des Verurteilten nach Mazedonien zum Zweck der dortigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe auch ohne seine Zustimmung zulässig ist, weil die öffentlichen Interessen an der Überstellung überwiegen.
Eine Resozialisierung in Deutschland ist nicht erfolgversprechend. Der Verurteilte hat keine ausreichenden Deutschkenntnisse. Bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht Straubing am 2.2.2011 musste ein Dolmetscher beigezogen werden. Er verfügt im Inland über keine tragfähigen sozialen Beziehungen. Er gab bei seiner Anhörung an, seine Lebenspartnerin lebe mit seinen beiden Kindern ebenso wie seine ganze Familie in Mazedonien. Dem Bericht der Justizvollzugsanstalt S…vom 18.10.2010 ist zu entnehmen, dass er seit seiner Überstellung dorthin am 9.6.2010 nur einmal von seiner Schwester und seinem Schwager, die in der Schweiz leben würden, besucht worden sei. Im Übrigen halte er mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei Kindern im Alter von drei und sechs Jahren Kontakt im Wege des Schriftverkehrs und durch gelegentliche Telefonate. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Ausweisung des Verurteilten aus dem Bundesgebiet angeordnet ist und er deshalb nach Haftver-büßung zwingend die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen hat, so dass sinn-volle Vorbereitungen für eine zukünftige Entlassung in Deutschland gar nicht möglich sind. Eine Resozialisierung des Verurteilten kann daher sinnvoll nur in seinem Hei-matland Mazedonien erfolgen. Dort werden allgemein Anstrengungen dazu unter-nommen. Der Stellungnahme der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland ist zu entnehmen, dass selbst in der als problematisch eingeschätzten Haftanstalt I… 25 Personen im Bereich der Resozialisierung tätig sind, sowie in den besuchten Haftan-stalten schulische und berufliche Weiterbildungseinrichtungen bestehen.
Die Vollzugspraxis in Mazedonien steht einer Überstellung nicht entgegen.
Wie jede Rechtshilfe, so ist auch die Überstellung zur Strafvollstreckung unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde (§ 73 Satz 1 IRG). Dies ist der Fall, wenn die Haftbedingungen in dem Auf-nahmestaat allgemein den völkerrechtliche Mindeststandards nicht genügen (BVerfG StV 2004, 440). Dagegen muss ein Verurteilter einen gewissen niedrigeren Vollzugs-standard hinnehmen, solange nicht die Grenze dessen überschritten wird, was uner-träglich hart und schlechthin unangemessen wäre und damit wesentlichen Grundsät-zen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde (OLG Nürnberg Beschluss vom 2.12.2010, Az.: 2 OLG Ausl 176/10).
Objektive Anhaltspunkte, dass die Haftbedingungen in Mazedonien für den Verurteil-ten den völkerrechtlichen Mindestanforderungen nicht genügen würden, sind nicht vorhanden. Der erholten Stellungnahme der deutschen Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in S… / Mazedonien ist zu entnehmen, dass die Ausstattung der Ge-fängnisse nicht den in Deutschland geltenden Standards entspricht, vor allem, je nach Haftanstalt mehr oder weniger starke Defizite in der Bausubstanz, der Bele-gung und der Personlausstattung bestehen. Andererseits weist die deutsche Bot-schaft auch darauf hin, dass Verbesserungen mit einem hohen Investitionsvolumen in Angriff genommen werden würden, in den besuchten Justizvollzugsanstalten me-dizinische Einrichtungen vorhanden, die Hafträume mit den Sanitäreinrichtungen im Wesentlichen in einem wohnlichen und sauberen Zustand seien und Freizeiteinrich-tungen sowie Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen genutzt werden können. Auch in der als problematisch angesehenen Haftanstalt I… hätten sich die Insassen zufrie-den gezeigt. Dies widerspricht der Behauptung des Verurteilten, wegen schlechter Nahrung und katastrophaler Haftbedingungen komme es in der Haftanstalt I… zu fortwährenden Hungerstreiks. Ein solches Vorbringen findet in dem Bericht der deut-schen Botschaft keine Stütze. Bestätigt wird allerdings eine hohe Korruptionsanfällig-keit des Personals wegen der geringen Löhne. Dem wird aber zwischenzeitlich mit konkreten Kontrollmaßnahmen, wie Störfunksender für Mobilfunkgeräte, Stichproben und Dokumentation der mitgebrachten und nach Arbeitsende vorhandenen Gelder, begegnet. Der Verurteilte behauptet eine in den Haftanstalten I…und S…bestehende Gewalt- und Drogenproblematik, die in dem Bericht der deutschen Botschaft nicht erwähnt sei. Gewalttätigkeiten innerhalb einer Justizvollzugsanstalt können, zumal bei Personalknappheit, nie ausgeschlossen werden. Nicht ersichtlich ist aber, dass in mazedonischen Haftanstalten das Personal nicht in der Lage ist, Gewalttaten wirk-sam entgegen zu treten und damit unerträgliche Haftbedingungen zu vermeiden. Drogenabhängigkeit und Drogenmissbrauch sind ein allgemeines Problem in Haftan-stalten, welches jedenfalls für nichtsüchtige Insassen im Regelfall keine menschen-unwürdigen Bedingungen mit sich bringt. Für drogenabhängige Häftlinge sind solche Bedingungen ausgeschlossen, wenn eine entsprechende Behandlung erfolgt. Nach dem Bericht der deutschen Botschaft werden in der Haftanstalt I… Drogenabhängige mit Methadon behandelt. Auch sonst besteht in allen besuchten Anstalten ein medi-zinischer Dienst, weshalb eine notwendige medizinische Versorgung Suchtmittelab-hängiger stattfinden kann.
Die deutsche Botschaft kommt deshalb nachvollziehbar zu dem Ergebnis, die Zu-stände könnten in den Haftanstalten nicht als menschenunwürdig oder erniedrigend bezeichnet werden. Die Haftbedingungen in Mazedonien sind daher nicht unerträg-lich hart, auch wenn der Verurteilte diese über einen längeren Zeitraum hinnehmen muss. Die im Vergleich zu den deutschen Justizvollzugsanstalten schlechtere Situa-tion wird auch dadurch entschärft, dass der Verurteilte künftig an der Verbesserung der Haftbedingungen wegen der in Gang gesetzten Investitionen im mazedonischen Strafvollzug teilhaben kann.
In Mazedonien besteht ebenso wie in Deutschland die Möglichkeit einer bedingten vorzeitigen Entlassung des Verurteilten und zwar, wie das Auswärtige Amt der Bun-desrepublik Deutschland mitteilte, nach zwei Drittel der verhängten Freiheitsstrafe, je nach dem Verhalten des Häftlings. Es kann der mazedonischen Justiz nicht unter-stellt werden, von der vorzeitigen Haftentlassung trotz der gesetzlichen Vorgabe ge-nerell keinen Gebrauch zu machen. Eine restriktivere Handhabung der vorzeitigen Haftentlassung begründet noch keinen Widerspruch zu der deutschen Rechtsord-nung. Es kommt daher nicht darauf an, ob, wie der Verurteilte vorbringt, die vorzeiti-ge Haftentlassung nicht der gängigen Praxis in Mazedonien entspricht.
Anhaltspunkte, dass der Verurteilte in Mazedonien politisch verfolgt werden würde, oder sonst nach § 73 IRG eine Überstellung unzulässig wäre, sind nicht ersichtlich.

Junker-Knauerhase Beck Preischl
Richterin am
Oberlandesgericht Richter am
Oberlandesgericht Richter am
Oberlandesgericht


Einsender: 2. Strafsenat des OLG Nürnberg

Anmerkung:


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