Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Beiordnung, rückwirkende

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Dresden, Beschl. v. 06.01.2011 - 3 Ws 174/10

Fundstellen:

Leitsatz: Der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz des fairen Verfahrens (Artikel 20 Absatz 3 GG) gebietet es, dass über einen Antrag des Verteidigers auf Beiordnung zeitnah entschie-den wird.


LG Dresden

Aktenzeichen: 3 Qs 174/10

Amtsgericht Dresden 216 Ds 317 Js 16755/10

BESCHLUSS

In dem Strafverfahren gegen pp.

wegen Diebstahl

ergeht am 06.01.2011

durch das Landgericht Dresden - 3. Große Strafkammer -

nachfolgende Entscheidung:

Auf die Beschwerde des Angeschuldigten wird der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 25.11.2010 (216 Ds 317 Js 16755/10)

aufgehoben.

Dem Angeschuldigten wird Rechtsanwalt K., Dresden als Pflichtverteidiger bei­geordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten insoweit fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts besteht ein Fall der notwendigen Verteidigung, worauf die Staatsanwaltschaft bereits bei Anklageerhebung zutreffend hingewie­sen hat.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass eine rückwirkende Bestellung für ein im Rechtszug bereits abgeschlossenes Verfahren grundsätzlich nicht möglich ist, da die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht dem Kosteninteresse des Angeklagten oder seines Verteidigers dient. Die Beiordnung verfolgt allein den Zweck, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass ein Angeklagter in entsprechenden Fäl­len rechtskundigen Beistand erhält und der Verfahrensablauf gewährleistet wird (Mey­er-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 141 Rn. 8 m.w.N.). Dies darf allerdings aufgrund der Be­sonderheiten des vorliegenden Einzelfalles nicht dazu führen, dass ein Gericht diesbe­züglich durch bloßes Untätigbleiben entsprechende Fakten schafft. Deshalb gebietet es der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Artikel 20 Absatz 3 GG auch, dass der Antrag des Verteidigers auf Beiordnung zeitnah entschie­den wird.

So liegt der Fall hier aber nicht.

Rechtsanwalt K. hat erstmals mit Schriftsatz vom 30.05.2010 seine Bestellung als Pflichtverteidiger des beantragt; einen gleichlautenden Antrag stellte die Staatsanwaltschaft Dresden zudem in ihrer Anklage vom 03.05.2010. Auf einen erneu­ten Antrag des Verteidigers vom 20.05.2010 reagierte das Amtsgericht ebenso wenig wie auf dessen Sachstandsanfragen vom 01.06., 27.07., 23.08. und 29.10.2010. Erst nachdem das Verfahren mit Beschluss vom 02.11.2010 gemäß § 154 Absatz 2 StPO eingestellt worden war, lehnte das Amtsgericht am 25.11.2010 die Beiordnung von Rechtsanwalt Ketzer ab.

Allein aufgrund dieser offenkundigen Untätigkeit des Amtsgerichts wurde die Beiord­nung versagt. Deshalb gebietet hier der Grundsatz des fairen Verfahrens eine Ausnah­me von der oben genannten Regel (im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, Justiz 2010, 378 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 467 Absatz 1 StPO.

Einsender: RA Ketzer, Dresden

Anmerkung:


zurück zur Übersicht

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".