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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 254 - 257/13 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Ist in einem - ersten - Urteil aus dort verhängten Einzelstrafen eine Gesamtstrafe gebildet worden und ist in einem zweiten Urteil aus den in dem ersten Urteil verhängten Einzelstrafen und unter Auflösung der in dem ersten Urteil verhängten Gesamtstrafe eine (neue) Gesamtstrafe gebildet worden, lebt die Gesamtstrafe aus dem ersten Urteil nicht "automatisch" wieder auf, wenn in einem dritten Urteil eine (wiederum neue) Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem zweiten Urteil, indes ohne Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem ersten Urteil gebildet wird (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11.01.2000 - 5 StR 651/99.
2. Sofern eine Entscheidung über die Bildung einer (nachträglichen) Gesamtstrafe veranlasst ist, ist das hiermit befasste Gericht berechtigt und verpflichtet, auch in die Rechtskraft früherer Gesamtstrafenentscheidungen einzugreifen, wenn dies erforderlich ist, um eine materiell-rechtlich richtige Gesamtstrafenbildung vorzunehmen (Anschluss an BGH, a.a.O.; NStZ 1988, 359).

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Gesamtstrafenbildung, nachträgliche

Normen: StGB 55; StPO 460

Beschluss:

Strafsache

In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 26.09.2013 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin in dem Strafvollstreckungsverfahren 64 Js 155/04 V StA Münster der Widerruf der Aussetzung der Vollstreckung des Restes der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Ahlen vom 28. April 2004 (5 Ls 83/04) angeordnet worden ist.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte. Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird um 1/3 ermäßigt. Die Staatskasse trägt 1/3 der dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.


Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamm verurteilte den Beschwerdeführer am 31. März 2004 wegen Diebstahls (Tattag: 26. Oktober 2003) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 €. Die Entscheidung ist seit dem 8. April 2004 rechtskräftig.

In dem Verfahren 64 Js 155/04 StA Münster - es handelt sich hierbei um das erste der drei dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Verfahren - verhängte das Amtsgericht Ahlen gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 28. April 2004 (5 Ls 83/04), rechtskräftig seit diesem Tage, wegen fahrlässiger

Straßenverkehrsgefährdung, wegen Diebstahls und wegen Hausfriedensbruches in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung das Amtsgericht zur Bewährung aussetzte. Die Einzelfreiheitsstrafen für die am 11. Juli 2003, am 5. August 2003, am 24. August 2003 und am 16. September 2003 begangenen Taten betrugen 1 x

3 Monate und 3 x 2 Monate.

Das Amtsgericht Hamm verhängte gegen den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 5. Mai 2004, rechtskräftig seit dem 10. Juni 2004, wegen Diebstahls (Tattag: 16. Februar 2004) eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 €.

Das Amtsgericht Hamm verhängte gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 24. September 2004, rechtskräftig seit dem 2. Oktober 2004, wegen Betruges in zwei Fällen (Tattage: 13. März 2004 und 17. März 2004) unter Einbeziehung der Strafen aus den vorgenannten Entscheidungen vom 31. März 2004 und vom 5. Mai 2004 eine Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 10 €.

Das Amtsgericht Ahlen verhängte gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 8. Februar 2006, rechtskräftig seit dem 17. Juli 2006, zwei Gesamtfreiheitsstrafen:

-


wegen gefährlicher Körperverletzung (Tattag: 1. April 2004; Einzelfreiheitsstrafe: 1 Jahr 3 Monate), wegen Betruges (Tattag: 4. Oktober 2004; Einzelfreiheitsstrafe: 4 Monate) und wegen Trunkenheit im Verkehr (Tattag: 2. Dezember 2004; Einzelfreiheitsstrafe: 2 Monate) unter Einbeziehung der Strafen aus dem vorgenannten Urteil vom 28. April 2004 und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Strafaussetzung zur Bewährung und


-


wegen Diebstahls in vier Fällen (Tattage: 31. Januar 2005, 2. Februar 2005, 21. Februar 2005 und 24. März 2005; Einzelfreiheitsstrafen: jeweils 4 Monate) und wegen Trunkenheit im Verkehr (Tattag: 21. April 2005; Einzelfreiheitsstrafe: 2 Monate) eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung.


Zugleich ordnete das Amtsgericht Ahlen in dem Urteil vom 8. Februar 2006 die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Entziehungsanstalt an.

In dem Verfahren 82 Js 285/06 StA Münster - es handelt sich hierbei um das zweite der drei dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Verfahren - verhängte das Amtsgericht Ahlen gegen den Beschwerdeführer mit Urteil vom 17. Juli 2006 (5a Ds 108/06), rechtskräftig seit diesem Tage, wiederum zwei Gesamtfreiheitsstrafen:

-


wegen Diebstahls (Tattag: 8. Oktober 2005; Einzelfreiheitsstrafe: 4 Monate), wegen Missbrauchs von Notrufen (Tattag: 12. Oktober 2005; Einzelfreiheitsstrafe: 3 Monate) und wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung (Tattag: 13. November 2005; Einzelfreiheitsstrafe: 4 Monate) unter Auflösung der in dem Urteil vom 8. Februar 2006 gebildeten Gesamtstrafen und Einbeziehung der in diesem Urteil für die Taten vom 4. Oktober 2004, 2. Dezember 2004, 31. Januar 2005, 2. Februar 2005, 21. Februar 2005, 24. März 2005 und 21. April 2005 festgesetzten Einzelstrafen und unter "Aussonderung der Strafen aus dem Urteil vom 28. April 2004" bildete das Amtsgericht Ahlen in seinem Urteil vom 17. Juli 2006 eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 7 Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung;


-


ferner bildete das Amtsgericht Ahlen in dem Urteil vom 17. Juli 2006 aus der in dem Urteil vom 8. Februar 2006 für die Tat vom 1. April 2004 festgesetzten Einzelstrafe sowie aus den Strafen aus den Entscheidungen vom 5. Mai 2004 und vom 24. September 2004 eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 5 Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung;


Schließlich wiederholte das Amtsgericht Ahlen in seinem Urteil vom 17. Juli 2006 die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

In den Gründen des Urteils vom 17. Juli 2006 heißt es, die Entscheidung vom 31. März 2004 entfalte eine Zäsurwirkung. Daher könne in dem Urteil vom 17. Juli 2006 keine Gesamtstrafenbildung unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil vom 28. April 2004 erfolgen. Die letztgenannten Strafen seien vielmehr mit der Strafe aus der Entscheidung vom 31. März 2004 gesamtstrafenfähig. Hierüber sei indes im Rahmen des Verfahrens 82 Js 285/06 StA Münster "nicht zu entscheiden".

Ab dem 16. August 2006 wurde zunächst die Maßregel aus dem Urteil vom 17. Juli 2006 vollstreckt. Mit Beschluss vom 16. Juli 2007 widerrief die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil vom 28. April 2004. Daraufhin wurde die Maßregelvollstreckung im Zeitraum vom 24. August 2007 bis zum 23. Dezember 2007 unterbrochen, und der Verurteilte wurde in diesem viermonatigen Zeitraum für das Strafvollstreckungsverfahren 64 Js 155/04 V StA Münster in Strafhaft gehalten. Anschließend wurde er wieder in den Maßregelvollzug überführt.

In dem Verfahren 33 Js 2958/08 StA Bielefeld - es handelt sich hierbei um das dritte der drei dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Verfahren - verurteilte das Amtsgericht Rahden den Beschwerdeführer am 21. Juli 2009 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung. Gegenstand dieses seit dem 4. Dezember 2009 rechtskräftigen Urteils ist eine im November 2008 - während des Maßregelvollzuges - begangene Tat.

Mit Beschluss vom 7. September 2009 erklärte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt. Der Verurteilte wurde daraufhin am 18. September 2009 vom Maßregel- in den Strafvollzug überführt, und es wurden sodann Teile der Strafen aus den Urteilen vom 17. Juli 2006 und vom 21. Juli 2009 vollstreckt.

Mit Beschluss vom 20. September 2010 setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld die Vollstreckung der Reste der Strafen aus den Urteilen vom 28. April 2004, vom 17. Juli 2006 und vom 21. Juli 2009 zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit setzte die Strafvollstreckungskammer auf drei Jahre fest. Der Verurteilte wurde daraufhin am 21. September 2010 aus der Strafhaft entlassen.

Innerhalb der Bewährungszeit beging der Verurteilte zahlreiche weitere Straftaten. Das Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück verhängte gegen ihn mit Urteil vom 7. März 2012, rechtskräftig seit dem 12. Oktober 2012, wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen, wegen Diebstahls, wegen versuchten Diebstahls, wegen versuchter Körperverletzung und wegen Erschleichens von Leistungen in 21 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung; Gegenstand dieses Urteils sind zwischen Oktober 2010 und Januar 2012 begangene Taten. Mit Urteil vom 21. März 2013, rechtskräftig seit diesem Tage, verurteilte das Amtsgericht Rheda-Wiedenbrück den Beschwerdeführer wegen Erschleichens von Leistungen in 18 Fällen und wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung; Gegenstand dieser Verurteilung sind zwischen dem 16. März 2012 und dem 5. Oktober 2012 begangene Taten. Seit dem 14. Januar 2013 befindet sich der Verurteilte erneut in Strafhaft.

Mit Beschluss vom 18. Juli 2013 widerrief die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld die durch den Beschluss vom 20. September 2010 gewährten Strafrestaussetzungen zur Bewährung. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel des Verurteilten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

1. Zu Recht hat die Strafvollstreckungskammer die in den Strafvollstreckungsverfahren 82 Js 285/06 V StA Münster und 33 Js 2958/08 V StA Bielefeld gewährten Strafrestaussetzungen widerrufen. Der Widerruf findet seine Grundlage in §§ 57 Abs. 5 Satz 1, 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB. Der Verurteilte ist innerhalb der Bewährungszeit und überdies mit einer hohen Rückfallgeschwindigkeit erneut mehrfach straffällig geworden. Angesichts der zahlreichen Vorstrafen des seit dem Jahre 1981 letztlich ohne nennenswerte Unterbrechungen strafrechtlich in Erscheinung tretenden Verurteilten kommen mildere Maßnahmen als der Widerruf nicht ernsthaft in Betracht. Dass die Gesamtstrafenbildung in dem Urteil vom 17. Juli 2006 fehlerhaft ist und insofern neue Gesamtstrafenentscheidungen herbeizuführen sein werden (vgl. hierzu unten unter IV.), steht zwar dem Widerruf der Strafrestaussetzung im Hinblick auf dieses Urteil wegen dessen - derzeit noch unangetasteter - Rechtskraft nicht entgegen. Die Widerrufsentscheidung wird insoweit indes gegenstandslos werden, sobald die vorerwähnten neuen Gesamtstrafenentscheidungen getroffen und rechtskräftig sind.

2. Eine Grundlage für den von der Strafvollstreckungskammer ausgesprochenen Widerruf der Strafrestaussetzung in dem Strafvollstreckungsverfahren 64 Js 155/04 V StA Münster existiert indes nicht. Eine vollstreckbare strafgerichtliche Verurteilung liegt in diesem Verfahren nicht (mehr) vor. Sowohl die Staatsanwaltschaft Münster als Vollstreckungsbehörde als auch die Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss sowie in den Beschlüssen vom 16. Juli 2007 und vom 20. September 2010 gehen davon aus, dass in diesem Verfahren eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten zu vollstrecken ist. Diese Annahme ist indes unzutreffend. Richtig ist zwar, dass das Amtsgericht Ahlen den Beschwerdeführer in seinem Urteil vom 28. April 2004 zunächst rechtskräftig zu einer solchen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt hatte. Diese Gesamtfreiheitsstrafe und mit ihr die in dem Urteil vom 28. April 2004 getroffene Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung existieren indes nach der Gesamtstrafenentscheidung in dem Urteil vom 8. Februar 2006 nicht mehr und sind auch dadurch, dass das Amtsgericht Ahlen die Strafen aus dem Urteil vom 28. April 2004 in seinem Urteil vom 17. Juli 2006 bei der Gesamtstrafenbildung nicht (mehr) berücksichtigt und sogar ausdrücklich "ausgesondert" hat, nicht automatisch "wiederaufgelebt" (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2000 - 5 StR 651/99 - <[...]>). Es hätte vielmehr einer neuen Entscheidung über die Bildung einer Gesamtstrafe aus den Einzelstrafen des Urteils vom 28. April 2004 (und gegebenenfalls aus weiteren [Einzel-]Strafen) bedurft (vgl. BGH, a.a.O.). Eine solche Entscheidung ist indes bislang nicht getroffen worden. In den Gründen seines Urteils vom 17. Juli 2006 hat es das Amtsgericht Ahlen ausdrücklich abgelehnt, eine derartige Entscheidung zu treffen; auch sonst ist - soweit ersichtlich - keine neue Gesamtstrafenentscheidung in dem vorstehend dargestellten Sinne getroffen worden.

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 StPO.

IV.

Für das weitere Vorgehen weist der Senat mit besonderem Nachdruck auf Folgendes hin:

Wie bereits oben ausgeführt, ist nunmehr - im Verfahren nach § 460 StPO - eine Entscheidung über die Bildung einer Gesamtstrafe aus den durch das Urteil des Amtsgerichts Ahlen vom 28. April 2004 festgesetzten Einzelstrafen zu treffen. Dabei muss auch geprüft werden, ob auch Strafen aus anderen Entscheidungen nach § 55 StGB in die Gesamtstrafenbildung einzubeziehen sind. Hierbei ist das Gericht nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, auch in die Rechtskraft früherer Gesamtstrafenentscheidungen einzugreifen, wenn dies erforderlich ist, um eine

materiell-rechtlich richtige Gesamtstrafenbildung vorzunehmen (BGH, a.a.O.; NStZ 1988, 359). Das nunmehr für die Gesamtstrafenbildung zuständige Gericht hat daher nicht nur die Gelegenheit, sondern auch die Pflicht, die - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung in dem Urteil vom 17. Juli 2006 zu korrigieren.

Für eine materiell-rechtlich richtige Gesamtstrafenbildung ist Folgendes zu beachten:

1. Sämtliche Taten, die Gegenstand der Entscheidungen vom 31. März 2004, 28. April 2004, 5. Mai 2004 und 24. September 2004 sind, wurden vor dem 31. März 2004 begangen. Die für die Taten, die Gegenstand dieser vier Entscheidungen sind, verhängten Einzelstrafen sind damit gesamtstrafenfähig. Der Entscheidung vom 31. März 2004 kommt damit eine Zäsurwirkung zu. Den Entscheidungen vom 28. April 2004, 5. Mai 2004 und 24. September 2004 kommt keine Zäsurwirkung zu. Das Gericht hat vor diesem Hintergrund zwei Möglichkeiten. Es kann entweder

a) aus allen Einzelstrafen aus den vorgenannten vier Entscheidungen eine Gesamtfreiheitsstrafe bilden oder

b) aus den Einzelfreiheitsstrafen aus dem Urteil vom 28. April 2004 eine Gesamtfreiheitsstrafe und aus den durch die Entscheidungen vom 31. März 2004, 5. Mai 2004 und 24. September 2004 festgesetzten (Einzel-)Geldstrafen nach §§ 55 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 StGB eine Gesamtgeldstrafe bilden.

Zuständig für die Gesamtstrafenbildung - und zwar auch für die Bildung der Gesamtgeldstrafe in der Variante b) - ist nach § 462a Abs. 3 StPO das Amtsgericht

Ahlen.

2. Alle insgesamt elf Taten, für die in den Urteilen vom 8. Februar 2006 und 17. Juli 2006 Einzelstrafen festgesetzt wurden, wurden nach dem 31. März 2004 und vor dem 8. Februar 2006 begangen. Aus den für diese elf Taten verhängten Einzelstrafen - und damit auch aus der Einzelstrafe für die Tat vom 1. April 2004 - ist mithin eine weitere Gesamtstrafe zu bilden. Zuständig ist auch insoweit das Amtsgericht Ahlen.

3. In den neuen Gesamtstrafenentscheidungen sollte zur Klarstellung und zur Vermeidung jedweden Missverständnisses ausdrücklich ausgesprochen werden, dass die in den Entscheidungen vom 28. April 2004, 24. September 2004, 8. Februar 2006 und 17. Juli 2006 bislang gebildeten Gesamtstrafen aufgelöst sind. Auf die Regelung in § 55 Abs. 2 StGB weist der Senat ebenfalls hin.

4. Soweit neue Gesamtfreiheitsstrafen gebildet werden, ist nach der Sachlage zum Zeitpunkt der aktuellen Beschlussfassung - d.h. aufgrund einer aktuellen Prognose - darüber zu entscheiden, ob die Vollstreckung dieser Strafen nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. [2013], § 460 Rdnr. 17 m.w.N.).

5. Bei den vorstehenden Ausführungen geht der Senat von der - naheliegenden - Annahme aus, dass keine der einzubeziehenden Verurteilungen zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt bereits vollstreckt, verjährt oder erlassen war (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB); maßgeblich ist dabei nicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung nach § 460 StPO, sondern der Zeitpunkt des Erlasses des jeweils letzten tatrichterlichen Urteils (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rdnr. 11 ff). Für die "1. Gruppe" von Strafen

(siehe oben unter 1.) ist dies also der 24. September 2004, für die "2. Gruppe" von Strafen (siehe oben unter 2.) der 17. Juli 2006. Das Amtsgericht Ahlen wird dies indes noch einmal für jede Verurteilung zu überprüfen haben.



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