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aus ZAP Fach 22, S. 359

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "ZAP" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "ZAP" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten

Von RiOLG Detlef Burhoff, Ascheberg

I. Nachfolgeregelung zu § 12 FAG

Am 1. 1. 2002 sind die §§ 100g, 100h StPO in Kraft getreten (s. das Gesetz zur Änderung der StPO v. 20. 12. 2001; BGBl. I, S. 3879). Diese Vorschriften regeln jetzt die Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten (im folgenden kurz: TKD). Es handelt sich um die Nachfolgeregelung zu dem mit Ablauf des 31. 12. 2001 außer Kraft getretenen § 12 Fernmeldeanlagengesetz (s. dazu BURHOFF, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 2. Aufl., Rn. 758e [im folgenden kurz: BURHOFF, EV]). Der Gesetzgeber hat mit dieser Neuregelung den wegen des mit den verlangten Auskünften verbundenen Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. dazu BVerfG NJW 1984, 419) gegen diese Vorschrift erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung getragen. Die Geltungsdauer der Neuregelung ist beschränkt bis zum Ablauf des 31. 12. 2004 (Art. 2 des o. a. Gesetzes; s. dazu BR-Drucks. 702/01, S. 10).

II. Sachliche und personelle Voraussetzungen für ein Auskunftsverlangen

1. Die sachlichen Voraussetzungen des Auskunftsverlangens regelt § 100g Abs. 1 S. 1 StPO. Dieser hat die allgemeine Eingriffsschwelle für einen Auskunftsanspruch gegenüber der Regelung in § 12 FAG angehoben. Während früher jede "strafgerichtliche Untersuchung" ausreichte, ist für die Anordnung jetzt eine "Straftat von erheblicher Bedeutung" erforderlich. Das Gesetz verweist dazu beispielhaft auf die in § 100a S. 1 StPO genannten Katalogtaten, die die Anordnung einer Telefonüberwachung (im folgenden kurz: TÜ) zulassen (vgl. dazu BURHOFF, EV, Rn. 777b). Darüber hinaus kann m. E. die zu §§ 81g, 98a Abs. 1 S. 1 ergangene Rspr. entsprechend herangezogen werden, da in diesen Vorschriften ebenfalls der Begriff der "Straftat von erheblicher Bedeutung" verwandt wird (s. dazu BURHOFF, EV, Rn. 267a, 683). Die Straftat muss also mindestens aus dem Bereich der mittleren Kriminalität stammen. Damit scheiden Bagatelldelikte und geringfügige fahrlässige Vergehen aus. Ist die Straftat, um deren Verfolgung es geht, mittels einer Endeinrichtung i. S. d. § 3 Nr. 3 TKD begangen worden, insbesondere also mittels Telefon oder Computer/Internet, setzt die Anordnung keine erhebliche Bedeutung der Straftat voraus. Der Verdacht der (erheblichen) Straftat muss aufgrund "bestimmter Tatsachen" begründet sein. Die Formulierung entspricht der Regelung bei der TÜ in § 100a S. 1 StPO, so daß die dafür geltenden Grundsätze entsprechend angewendet werden können (vgl. dazu BURHOFF, EV, Rn. 778).

2. Auch die personellen Anordnungsvoraussetzungen sind der TÜ angeglichen. Nach § 100g Abs. 1 S. 2 StPO kann die Auskunft über die Verbindungsdaten des Beschuldigten oder der sonstigen in § 100a S. 2 bezeichneten Personen verlangt werden. Das sind vor allem die sog. Nachrichtenmittler. Insgesamt kann wegen der wortgleichen Formulierung der Vorschriften auf die TÜ verwiesen werden (vgl. BURHOFF, EV, Rn. 759).

Tipp/Hinweis:

Auch hinsichtlich der TKD des Verteidigers darf also nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 148, 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO Auskunft angeordnet/verlangt werden (vgl. dazu BURHOFF, EV, Rn. 761 f.).

III. Begriff der Telekommunikationsverbindungsdaten

In § 100g Abs. 3 StPO wird definiert, was Telekommunikationsverbindungsdaten, auf die sich die Auskunft erstrecken kann, sind. Diese abschließende Aufzählung orientiert sich an § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 TDSV und erfasst damit diejenigen Verbindungsdaten, die grds. erhoben, verarbeitet (gespeichert) und genutzt werden dürfen. Dies sind u. a. im Fall einer Verbindung Berechtigungskennungen, Kartennummer, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung.

Tipp/Hinweis:

Erfasst werden mit dieser Regelung insbesondere auch die IMEI-Nummern sowie die IP-Adressen von Computern, die Zugang zum Internet haben. Nicht erfasst werden aber Auskünfte über den Namen einer hinter einer IP-Adresse oder E-Mail-Adresse stehenden Person. Die Formulierung "im Falle einer Verbindung" stellt klar, daß die Standortkennung bei lediglich betriebsbereitem Handy (Stand-by-Modus) nicht erfasst wird. Nach § 100g Abs. 1 S. 3 StPO kann aber Auskunft über solche TKD verlangt werden, die erst künftig aufgezeichnet und gespeichert werden (a. A. zu § 12 FAG OLG Celle StV 2000, 70; LG Bremen StV 1999, 307 gegen LG München NStZ-RR 1999, 85). Nach § 100g Abs. 2 StPO ist schließlich auch die sog. Zielwahlsuche ausdrücklich erlaubt. In diesem Fall gilt aber eine besondere Subsidiaritätsklausel (s. § 100g Abs. 2 StPO).

IV. Anordnung der Maßnahme

Die Anordnung der Auskunft über TKD steht nach § 100g Abs. 1 S. 1 – "soweit" – unter dem (allgemeinen) Verhältnismäßigkeitsgebot. Geht es um die Anordnung einer Zielwahlsuche, darf diese nur angeordnet werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Nach § 100h Abs. 2 S. 2 StPO ist in den Fällen, in denen nach § 53 Abs. 1 Nr. 1, 2 und Nr. 4 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, eine Zielwahlsuche allerdings gänzlich unzulässig. Wegen der Anordnung der Maßnahme verweist § 100h Abs. 1 S. 2 StPO u. a. auf die § 100b Abs. 1, 2 S. 1 u. 3, Abs. 6 StPO und § 95 Abs. 2 StPO. Damit gelten dieselben Grundsätze wie bei der Anordnung einer TÜ (vgl. dazu BURHOFF, EV, Rn. 756). Hinzuweisen ist darauf, daß anders als bisher nach § 12 FAG ein wegen Gefahr im Verzug von der StA gestelltes Auskunftsverlangen wegen der Verweisung auf § 100b Abs. 1 S. 3 StPO binnen drei Tagen der Bestätigung des vorrangig für die Anordnung der Maßnahme an sich zuständigen Richters bedarf. Der Anordnungsbeschluss muss Art, Umfang und Dauer der Maßnahme, Namen und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sie sich richtet, sowie die Rufnummer oder eine Kennung seines Telekommunikationsanschlusses enthalten.

V. Beweisverwertungsverbote

In § 100h Abs. 2, 3 StPO werden ausdrücklich Beweisverwertungsverbote bestimmt. Danach darf eine Auskunft, die gegen das Verbot der Zielwahlauskunft bei Zeugnisverweigerungsberechtigten nach § 100h Abs. 2 S. 1 erlangt wurde, nicht verwertet werden. Ebenso wie bei der Rasterfahndung (§ 98a StPO), der TÜ (§ 100a ff. StPO) und dem Einsatz technischer Mittel (§ 100c StPO) dürfen gem. § 100h Abs. 3 StPO personenbezogene Informationen/Zufallsfunde, die durch eine Auskunft erlangt sind, in anderen Strafverfahren zu Beweiszwecken nur verwendet werden, wenn sie zur Aufklärung einer der in § 100g Abs. 1 S. 1 StPO genannten Straftaten benötigt werden. Sie dürfen im übrigen auch verwendet werden, wenn der Beschuldigte zustimmt. Wegen darüber hinausgehender Beweisverwertungsverbote kann auf für die geltenden Grundsätze verwiesen werden (vgl. dazu BURHOFF, EV, Rn. 762), da es sich bei der Auskunft nach § 100h StPO ebenfalls um einen Eingriff in Art. 10 GG handelt. Wegen der geringeren Eingriffsintensität bestehen darüber hinausgehende Beweisverwertungsverbote allerdings nicht.

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