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aus RVGreport 2006, 1

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Der Längenzuschlag auf die Terminsgebühr für den Pflichtverteidiger

von Detlef Burhoff, Richter am OLG, Münster/Hamm

I. Neue gesetzliche Regelung

(bei besonders langen Hauptverhandlungen Zuschlag)

Das RVG sieht für den Pflichtverteidiger sog. Längenzuschläge vor. Dieser erhält, wenn er mehr als 5 bis zu 8 Stunden bzw. mehr als 8 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, nach den Nr. 4110, 4111, 4116, 4117, 4123, 4124, 4128, 4129, 4134, 4135 VV RVG für die Teilnahme an dieser langen Hauptverhandlung einen Zuschlag von 50 % bzw. 100 % auf die jeweilige Terminsgebühr. Es war abzusehen, dass es um die Auslegung dieser Regelung in der Praxis schon bald Streit geben würde. Dieser ist inzwischen - wie man von Verteidigern hört - voll entbrannt. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob bei der Berechnung der für den Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungszeit Wartezeiten des RA zu berücksichtigen sind und ob die Zeit für Pausen während der Hauptverhandlung nicht von der maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer abgezogen wird.

II. Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung

(angemessene Honorierung des besonderen Zeitaufwands)

Für die Lösung dieser Streitfrage ist maßgeblich der Sinn und Zweck, den der Gesetzgeber mit der neuen Regelung verfolgt hat. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 224): ".... Der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt erhält hingegen für die Teilnahme an der Hauptverhandlung nach Nummer 4108 oder 4109 VV RVG-E eine feste Terminsgebühr, auf deren Höhe die Umstände des Einzelfalls keinen Einfluss haben. Deshalb soll ihm in Zukunft bei langen Hauptverhandlungen ein fester Zuschlag gewährt werden. Dadurch wird auch bei ihm der besondere Zeitaufwand für seine anwaltliche Tätigkeit angemessen honoriert, und er ist nicht mehr ausschließlich auf die Bewilligung einer Pauschgebühr angewiesen. Die vorgeschlagene Regelung reduziert zudem die Ungleichbehandlung der gerichtlich bestellten Rechtsanwalt im Verhältnis zum Wahlanwalt und fördert damit zusätzlich auch eine sachgerechte Verteidigung des Beschuldigten im Fall der notwendigen Verteidigung (§ 140 StPO)."

III. Berechnung der Hauptverhandlungsdauer

1. Allgemeines

(Teilnahme an der Hauptverhandlung)

Nach dem Wortlaut der Regelungen ist Voraussetzung für das Entstehen der Zuschlagsgebühren, dass der Rechtsanwalt an der Hauptverhandlung teilnimmt. Zuletzt hat das KG hat in seinem Beschluss RVGreport 2006 33 - in Übereinstimmung mit der h.M. zur Auslegung der Vorschrift - dazu darauf hingewiesen, dass dieser Wortlaut zwar die Auslegung zulasse, wonach die Teilnahme an der Hauptverhandlung erst ab dem Aufruf der Sache möglich sei, weil erst mit diesem die Hauptverhandlung beginne (§ 243 Abs. 1 Satz 1 StPO). Es hat aber zugleich ausgeführt, dass ein solches Verständnis der (neuen) Vorschriften im Hinblick auf den Gesetzeszweck, nämlich den besonderen Zeitaufwand eines gerichtlich bestellten RA für seine anwaltliche Tätigkeit angemessen zu honorieren, nicht sachgemäß sei. Legt man diese Überlegungen zugrunde, kommt für die o.a. Streitfragen zu folgendem Ergebnissen:.

2. Berücksichtigung von Wartezeiten

(Wartezeit ist Hauptverhandlungszeit)

Wartezeiten des Pflichtverteidigers vor Beginn und während der Hauptverhandlung sind bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer zugunsten des RA zu berücksichtigen. Dies entspricht der inzwischen wohl einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Problematik (vgl. KG RVGreport 2006, 33; OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32; OLG Karlsruhe RVGreport 2005, 315; OLG Hamm RVGreport 2005, 351; LG Berlin, Beschl. v. 27. 9. 2005 - 534-16/05; LG Düsseldorf, Beschl. v. 25. 3. 2005, I Qs 9/05; jeweils veröffentlicht bei www.burhoff.de; a.A. soweit ersichtlich nur LG Berlin, Beschl. v. 15. 2. 2005 - 537-22/04; aus der Lit. vgl. u.a. Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., VV 4110, 4111 Rn. 1 f; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4110 VV Rn. 9 m.w.N. zur Rechtsprechung zu § 99 BRAGO, wo diese Frage ebenfalls in der Vergangenheit bei der Berechnung der maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer eine Rolle gespielt hat; s. auch Burhoff RVGreport 2005, 351 f.; a.A. soweit ersichtlich nur LG Berlin, Beschl. v. 15. 2. 2005-537-22/04). Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, pünktlich zu dem in der Ladung angegebenen Zeitpunkt des Beginns der Hauptverhandlung zu erscheinen. Er ist durch die Sache auch dann in Anspruch genommen und i.d.R. an der Wahrnehmung seiner übrigen Geschäfte gehindert, wenn sich der Aufruf der Sache verzögere (KG , a.a.O.).

Zur Begründung lässt sich im Übrigen auch der in der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV RVG enthaltene Rechtsgedanke heranziehen, wonach der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch dann erhält, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Denn wenn der Rechtsanwalt eine Vergütung für einen Termin erhält, der überhaupt nicht stattfindet, spricht viel dafür, dass ihm erst recht auch die Zeit zu honorieren ist, die er aus von ihm nicht zu vertretenen Gründen auf den Beginn des Termins warten muss (OLG Stuttgart und KG, a.a.O., unter Hinw. auf Burhoff RVGreport 2005, 351, 352). Zudem sprechen schließlich auch Gründe der Verfahrensvereinfachung, die eins der allgemeinen Ziele der gesetzlichen Neuregelung ist, für diese Auslegung. Berücksichtigt man nämlich Wartezeiten nicht, führt das nur dazu, dass der Pflichtverteidiger diesen zeitlichen Aufwand im Rahmen eines Pauschgebührenantrags geltend machen wird. Die Pauschgebühr sollte aber gerade auch durch diese Neuregelung zurückgedrängt werden (vgl. dazu OLG Stuutgart, a.a.O.).

Praxishinweis

Maßgebend für die Berechnung der Hauptverhandlungsdauer ist daher der anberaumte Hauptverhandlungstermin. Weitere (selbstverständliche) Voraussetzung ist natürlich, dass der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt anwesend ist (KG und OLG Hamm, a.a.O.).

3. Kein Abzug von Pausen

(Pausen mindern Hauptverhandlungsdauer grds. nicht)

Die zutreffende Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der gesetzlichen Regelung führt außerdem dazu, dass bei der Feststellung der Teilnahmedauer des Pflichtverteidigers (Verhandlungs)Pausen grds. nicht abzuziehen sind. Auch dazu liegt inzwischen bereits obergerichtliche Rechtsprechung vor (vgl. OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32; grds. auch OLG Bamberg, Beschl. v. 13. 9. 2005, Ws 676/05, beide auch auf www.burhoff.de; s. auch für § 99 BRAGO OLG Jena StV 1997, 427 = AnwBl. 1997, 125; OLG Brandenburg StV 1998, 92; s. auch Burhoff, a.a.O., Nr. 4110 Rn. 10). Das gilt auf jeden Fall für kürzere Verhandlungspausen (so übereinstimmend OLG Stuttgart und OLG Bamberg, jew. a.a.O.), zumal gerade diese auch für verfahrensbezogene Gespräche des Verteidigers mit anderen Verfahrensbeteiligten genutzt werden.

(Rechtsprechung zu langen Pausen nicht einheitlich)

Nicht einheitlich beantwortet wird hingegen die Frage, wie bei (extrem) langen Pausen zu verfahren ist. Das OLG Stuttgart stellt insoweit darauf ab, inwieweit der Pflichtverteidiger die Pause im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit hat sinnvoll nützen können, wobei zahlreiche Umstände von Bedeutung sind, wie z.B. neben der Länge der Pause auch die Entfernung der Kanzlei zum Gerichtsort, die tatsächliche Fahrtzeit, die zurückzulegen ist, wobei der Rechtsanwalt wählen können muss, ob er öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kraftfahrzeug benutzt, und ähnliches. Das OLG Bamberg will hingegen längere Pausen nicht berücksichtigen.

Zutreffend ist m.E. die auf den Einzelfall abstellende Rspr. des OLG Stuttgart (a.a.O.; vgl. dazu auch schon Burhoff, a.a.O., Nr. 4100 Rn. 10). Der Sinn und Zweck der gesetzlichen (Neu-)Regelung der maßgeblichen auf den vom Pflichtverteidiger erbrachten Zeitaufwand abstellt, erfordert es m.E. gerade, die Zeit, die der Rechtsanwalt nicht sinnvoll für andere Tätigkeiten hat nutzen können über die Berücksichtigung bei dieser Zeit bei der Berechnung der Hauptverhandlungsdauer zu honorieren. Die Rspr. des OLG Bamberg, a.a.O.. ist in dem Punkt auch nicht konsequent, wenn einerseits "weil eine kleinliche Auslegung dieser Vorschrift zu unfruchtbaren Streitereien führen würde" kurze Pausen nicht abgezogen werden sollen, längere hingegen ohne Unterschied keine Berücksichtigung finden sollen. In dem Zusammenhang ist es m.E. auch selbstverständlich, dass dem Pflichtverteidiger bei Mittagspausen ein ausreichender Zeitraum zur Verköstigung zugebilligt werden, der wiederum von der Dauer der Pause abzuziehen ist (so OLG Stuttgart, a.a.O.; a.A. OLG Bamberg, a.a.O.). Das OLG Stuttgart geht insoweit davon aus, dass eine Mittagspause von einer halben bis etwa einer Stunde "recht knapp" bemessen ist. In der Mehrzahl der Fälle dürften, da i.d.R. kaum längere Mittagspausen gemacht werden, auf der Grundlage dieser Rechtsprechung daher Abzüge von Mittagspausen kaum in Betracht kommen.

Praxishinweis

Fraglich ist, wann von einer extrem langen Pause ausgegangen werden muss. Das OLG Stuttgart (a.a.O.) scheint davon bei einer Pause von mehr als 3 Stunden auszugehen.

III. Beispielsfälle

Den Anwendungsbereich der die den Zuschlag regelnden Vorschriften des VV RVG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung verdeutlichen die nachfolgenden Besipielsfälle.

Beispiel 1:

Die Hauptverhandlung beim AG beginnt um 9.00 Uhr und dauert bis 15.30 Uhr. Rechtsanwalt R nimmt als Pflichtverteidiger bis 13.00 Uhr teil. Dann muss er wegen eines anderen dringenden Termins die Hauptverhandlung verlassen. Es wird nunmehr sein Sozius Rechtsanwalt S zum Pflichtverteidiger bestellt, der dann bis zum Ende der Hauptverhandlung anwesend ist.

Lösung

Rechtsanwalt R erhält nur eine Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV. Einen Zuschlag nach Nr. 4110 VV erhält er nicht. Zwar hat die Hauptverhandlung mehr als 5 Stunden gedauert. Rechtsanwalt R hat aber nicht mehr als 5 Stunden teilgenommen, sondern nur 4 Stunden. Auch Rechtsanwalt S erhält keinen Zuschlag, da er ebenfalls nicht mehr als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen hat.



Beispiel 2:

Die Hauptverhandlung beim AG beginnt um 9.00 Uhr und dauert bis 17.30 Uhr. Rechtsanwalt R nimmt als Pflichtverteidiger zunächst bis 13.30 teil. Dann muss er wegen eines anderen dringenden Termins die Hauptverhandlung verlassen. Es wird nunmehr sein Sozius Rechtsanwalt S zum Pflichtverteidiger bestellt, der dann bis 15.30 anwesend ist. Danach nimmt wieder Rechtsanwalt R bis zum Ende des Termins teil.

Lösung

Rechtsanwalt R hat die Zuschlagsgebühr Nr. 4110 VV RVG verdient. Er hat nämlich mehr als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen. Zwar war er nicht ununterbrochen mehr als 5 Stunden in der Hauptverhandlung anwesend. Das setzt die Vorschrift aber auch nicht voraus.



Beispiel 3:

Die Hauptverhandlung beim AG ist auf 9.00 Uhr terminiert und dauert bis 14.10 Uhr. Rechtsanwalt R erscheint (verspätet) erst um 9.15 Uhr.

Lösung

Hier ist die Gebühr nicht entstanden. Die Hauptverhandlung hat zwar mehr als fünf Stunden gedauert, R hat an ihr jedoch nur 4.55 Stunden teilgenommen. Entscheidend für die Berechnung der Hauptverhandlungsdauer ist der Zeitpunkt, zu dem der Rechtsanwalt im Gerichtssaal anwesend ist.



Beispiel 4:

Die Hauptverhandlung beim AG ist auf 9.00 Uhr terminiert und dauert bis 14.15 Uhr. Rechtsanwalt R ist pünktlich um 9.00 Uhr erschienen. Wegen der Verspätung eines Schöffen beginnt die Hauptverhandlung jedoch erst um 9.30 Uhr.

Lösung

Hier kann RA R die Terminsgebühr mit Zuschlga nach Nr. 4110 VV RVG berechnen.. Entscheidend für die Berechnung der Hauptverhandlungsdauer ist der Zeitpunkt, zu dem der Rechtsanwalt im Gerichtssaal anwesend ist (OLG Hamm RVGreport 2005, 351; OLG Karlsruhe RVGreport 2005, 315; OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32; KG RVGreport 2006, 33).



Beispiel 5:

Die Hauptverhandlung beim AG ist auf 9.00 Uhr terminiert und dauert bis 14.15 Uhr. Rechtsanwalt R ist pünktlich um 9.00 Uhr erschienen. Die Hauptverhandlung beginnt auch um 9.00 Uhr. Aus dem Protokoll ergeben sich Sitzungspausen von 9.45 - 9.49 Uhr und von 10. 36 - 10.51 Uhr. Kann der Zuschlag berechnet werden?

Lösung

Auch hier steht RA R die Gebühr Nr. 4110 VV RVG zu. Die Sitzungspausen von insgesamt 19 Minuten werden von Hauptverhandlungsdauer nicht abgezogen (OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32; OLG Bamberg, Beschl. v. 13. 9. 2005, Ws 676/05, www.burhoff.).



Beispiel 6:

Die Hauptverhandlung beim AG ist auf 9.00 Uhr terminiert und dauert bis 15.45 Uhr. Rechtsanwalt R ist pünktlich um 9.00 Uhr erschienen. Die Hauptverhandlung beginnt auch um 9.00 Uhr und dauert bis 12.17 Uhr. Sie wird dann nachmittags um 15.00 Uhr fortgesetzt und dauert bis 15.45 Uhr.

Lösung

RA R kann auch hier die Terminsgebühr mit Zuschlag berechnen. Zwar hat die Hauptverhandlung an sich nur 4.02 Stunden gedauert. Zu berücksichtigen ist aber auf jeden Fall eine dem Rechtsanwalt zustehende Mittagspause von mindestens 1 Stunde, die von der (extrem) langen Pause anzuziehen ust; die dann noch verbleibende Pausenzeit ist nicht abzuziehen (OLG Stuttgart, a.a.O.; a.A. OLG Bamberg, a.a.O.).



Beispiel 7

Die Hauptverhandlung beim AG ist auf 9.00 Uhr terminiert. Rechtsanwalt R ist pünktlich um 9.00 Uhr erschienen. Die Hauptverhandlung beginnt auch um 9.00 Uhr und dauert bis 1117 Uhr. Sie wird dann nachmittags um 15.00 Uhr fortgesetzt und dauert bis 17.45 Uhr.

Lösung

Ob die Gebühr Nr. 4111 VV RVG entstanden ist, hängt davon ab, wie R die Zeit zwischen 12.17 Uhr und 17.45 Uhr hat nutzen können (so auch OLG Stuttgart, a.a.O.). Hat er nicht die Möglichkeit gehabt, sinnvolle andere Arbeiten zu verrichten, ist die Gebühr entstanden. R sollte auf jeden Fall im Kostenfestsetzungsantrag darlegen, wie er die Verhandlungspause genutzt hat und auf die ihm zustehende Mittagspause hinweisen.



IV. Arbeitshilfen

Wie manvon Verteidigern hört, wird die o.. obergerichtliche Rechtsprechung nicht von allen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle angewendet. Sie verweisen nicht selten noch auf den Wortlaut der Regelungen (s. oben I, 1) und berücksichtigen Wartezeiten nicht und ziehen Pausen von der Hauptverhandlungsdauer ab (vgl. OLG Bamberg, a.a.O. ["kleinliche Auslegung dieser Vorschrift"]). Dem muss der Verteidiger unter Hinweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung entgegentreten und im Festsetzungsantrag begründen, warum nach seiner Auffassung die Terminsgebühr mit Zuschlag entstanden ist. Entsprechenden Vortrag sollte er im Hinblick darauf, dass eine Beschwerde ggf. unzulässig ist (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG) bereits in seinen Festsetzungsantrag aufnehmen und sich nicht auf das Beschwerdeverfahren verlassen. Es empfiehlt sich folgende Argumente vorzutragen (vgl. dazu auch OLG Stuttgart RVGreport 2006, 32; KG RVGreport 2006, 3; Burhoff, a.a.O., Vorbem. 4 Rn. 63; Nr. 4110 Rn. 8 ff.).

  • Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. dazu BT-Dr. 15/1971, S. 224) sollten feste Terminsgebühren geschaffen werden, auf deren Höhe die Umstände des Einzelfalls keinen Einfluss haben.
  • Der besondere Zeitaufwand für die anwaltliche Tätigkeit soll angemessen honoriert werden. Insbesondere sollen Rechtsanwälte/innen aufgrund länger dauernder zeitlicher Inanspruchnahme nicht mehr ausschließlich auf die Bewilligung einer Pauschgebühr angewiesen sein. Eine maßgebliche Intention des Gesetzgebers war, durch diese neue Regelung eine Verminderung der Fälle herbeizuführen, in denen Pauschgebühren festgesetzt werden müssen (vgl. dazu BT-Dr. 15/1971, S. 224). Dem würde jedoch ein Abzug von Verspätungen und auch von Verhandlungspausen zu wider laufen.
  • Dem Rechtsanwalt kann auch mit einem Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr nicht geholfen werden. Dessen Erfolg ist nämlich im Hinblick auf die engen Voraussetzungen von §§ 42, 51 RVG in hohem Maße fraglich (so ausdrücklich das OLG Stuttgart, a.a.O.).
  • In der bisherigen Rechtsprechung wurden Verspätungen und kürzere Pausen bei der Berechnung der Dauer einer Hauptverhandlung nicht berücksichtigt (vgl. OLG Karlsruhe zfs 1993, 387; OLG Hamburg StV 1991, 120 f.; OLG Jena StV 2000, 132 f.). Der Gesetzgeber hat sich mit den zeitlichen Grenzen (fünf bzw. acht Stunden) aber an der bisherigen Rechtsprechung der OLG im Rahmen der Gewährung von Pauschgebühren orientiert (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Bamberg, a.a.O.).
  • Die Wartezeiten eines RA werden auch nicht etwa durch die Verfahrensgebühr abgegolten, und zwar selbst dann nicht, wenn man unterstellt, dass der Rechtsanwalt während solcher Pausen mit anderen Beteiligten das Verfahren fördernde Gespräche führt. Zwar werden von der Verfahrensgebühr tatsächlich Besprechungen mit Verfahrensbeteiligten, (außergerichtliche) Termine und auch die (allgemeine) Vorbereitung der Hauptverhandlung (und vieles mehr) erfasst, aber gerade nicht die Teilnahme an gerichtlichen Terminen.
  • Dafür, dass Wartezeiten mit berücksichtigt werden lässt sich auch die Regelung in der Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV heranziehen. Denn, wenn dem Rechtsanwalt schon ein Termin vergütet wird, der überhaupt nicht stattgefunden hat, dann ist nicht einsehen, warum ihm nicht auch Wartezeiten vergütet werden soll (s. auch OLG Stuttgart, a.a.O.; KG, a.a.O.; Burhoff, a.a.O.).
  • Gegen den Abzug von Pausen sind alle maßgeblichen Umstände ins Feld zu führen: Von Bedeutung sind neben der Länge der Pause vor allem der Umstand, inwieweit der Rechtsanwalt die Pause für seine anderweitige berufliche Tätigkeit hat sinnvoll nutzen können (vgl. oben II, 3). Es bleibt dem RA überlassen, mit welchem Verkehrsmittel er sein Büro erreichen will/kann (OLG Stuttgart, a.a.O.).
  • Bei Mittagspausen muss ein ausreichender Zeitraum zur Verköstigung zugebilligt werden. Der ist wiederum von der Dauer der Pause abzuziehen (OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Mittagspause beträgt mindestens 1 Std. (OLG Stuttgart, a.a.O.).

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