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aus RVGreport 2016, 122

(Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Anwaltsvergütung für die Tätigkeit als Zeugenbeistand im Strafverfahren

von Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

Das RVG 2004 hat in Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG ausdrücklich auch eine Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit als Zeugenbeistand im Strafverfahren eingeführt. Hintergrund dafür war das zunehmende Auftreten von Zeugenbeiständen vor allem in Strafverfahren und der Umstand, dass die Frage der Abrechnung der erbrachten Tätigkeiten in der BRAGO nicht geklärt war. Schon bald nach Inkrafttreten des RVG 2004 ist dann aber in Rechtsprechung und Literatur eine Diskussion über die konkrete Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeiten in diesem Bereich entbrannt. Diese ist auch durch das 2. KostRMoG nicht erledigt. Die nachfolgenden Ausführungen enthalten daher eine Bestandsaufnahme zu dieser Streitfrage (vgl. zur Vergütung des Zeugenbeistandes auch schon Burhoff RVGreport 2004, 458; ders., RVGreport 2006, 81, ders., StRR 2007, 220 und RVGreport 2011, 85). Dabei liegt das Schwergewicht auf der Tätigkeit im Strafverfahren. Im Bußgeldverfahren stellt die Tätigkeit eines RA als Zeugenbeistand die Ausnahme dar; die nachstehenden Ausführungen gelten dann aber ggf. entsprechend.

I. „Verpasste“ Änderungen durch das 2. KostRMoG 2013

Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG enthält seit Inkrafttreten des RVG 2004 die Regelung/Formulierung, dass der RA im Strafverfahren als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhält. M.E. ist diese Formulierung eindeutig dahin zu verstehen, dass der Zeugenbeistand nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnet. Denn der Verteidiger rechnet im Strafverfahren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab. In der Praxis ist diese Frage allerdings nach Inkrafttreten des RVG 2004 sehr schnell (höchst) streitig geworden. Teilweise ist die Rechtsprechung nämlich davon ausgegangen, dass es sich bei der Tätigkeit des Zeugenbeistands nur um eine „Einzeltätigkeit“ i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG darstellt und die Abrechnung also nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG zu erfolgen hat (vgl. dazu die Zusammenstellung der Rechtsprechung bei Burhoff RVGreport 2011, 85 und bei Burhoff/Burhoff, RVG, 4. Aufl., Vorbem. 4 VV Rn. 12). Eine einheitliche Linie in der Rechtsprechung ist nicht zu erkennen; z.T. sind sogar die Senate desselben OLG unterschiedlicher Auffassung, sodass der Verteidiger/RA keine andere Wahl hat, als bei der Abrechnung jeweils zu prüfen, welche Auffassung das gerade für ihn zuständige OLG vertritt.

Diesen Streit hatte die Bundesregierung durch das 2. KostRMoG unter ausdrücklichem Hinweis auf den gesetzgeberischen Willen bei Schaffung des RVG (s. BR-Drucks. 517/12, S. 438 = BT-Drucks. 17/11471, S. 281) entscheiden wollen (vgl. dazu auch Burhoff RVGreport 2012, 42 = VRR 2012, 16 = StRR 2012, 14). Nach dem Regierungsentwurf sollte nämlich in Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG die (klarstellende) Formulierung aufgenommen werden, dass der RA für die Tätigkeit als Zeugenbeistand „die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger im Strafverfahren“ erhält. Damit wäre noch deutlicher zweifelsfrei unmittelbar aus dem Gesetz zu entnehmen gewesen, dass die Tätigkeit als Zeugenbeistand nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abzurechnen ist. Denn der Verteidiger rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab und nicht nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG. Diese Klarstellung ist jedoch nicht Gesetz geworden. Sie ist auf Widerspruch des Bundesrates (vgl. BR-Drucks. 517/12, S. 91), der „nicht sachgerechte“ Ergebnisse befürchtet hat, vorerst wieder zurückgestellt worden (s. BT-Drucks. 17/11471, S. 588 f.). Man fragt sich allerdings, was daran „nicht sachgerecht“ sein soll, wenn man den RA, der seinen Mandanten im Vernehmungstermin vertreten/begleitet hat, sich auf die Vernehmung vorbereiten musste und seinen Mandanten auch im Vorfeld unterstützt hat mit der Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr honoriert und eben nicht nur mit einer Gebühr für eine Einzeltätigkeit abspeist. Wenn man sich den Opferschutz auf die Fahnen schreibt, wie man es zuletzt mit dem 2. OpferRRG v. 29.07.2009 (BGBl I, S. 2280) getan hat, dann aber bitte auch an allen Stellen und dann aber bitte auch eine vernünftige Honorierung der Tätigkeiten des Zeugenbeistands.

Der Streit wird sich nun also fortsetzen (vgl. dazu Burhoff in der Anm. zu KG RVGreport 2014, 23 = StRR 2014, 120; ders., RVGreport 2014, 250). Und nicht nur das. Teilweise haben die OLG nach Inkrafttreten des 2 KostRMoG ihre Rechtsprechung zur Abrechnung des Zeugenbeistands sogar noch geändert (vgl. OLG München RVGreport 2014, 274 = AGS 2014, 219 = StRR 2014, 270), das früher der Auffassung gewesen ist, dass nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abgerechnet wird (OLG München RVGreport 2008, 266 = JurBüro 2008, 367 (Ls.) = StRR 2008, 320 = AGS 2008, 449). Überraschend und unverständlich ist daran, dass der Schwenk in der Rechtsprechung des OLG in Kenntnis  der Gesetzesbegründung zum 2. KostRMoG und der dort zunächst vorgesehenen Änderung der Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG vollzogen wird. M.E. hat die Bundesregierung dort mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht, was sie von der Auffassung: Abrechnung nur als Einzeltätigkeit, hält. Nämlich nichts. Es ist richtig, dass diese Auffassung nicht Gesetz geworden ist, sie ist m.E. aber doch ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, wie an dieser Stelle abgerechnet werden soll.

II. Abrechnung „wie ein Verteidiger“ nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG

 

1. Wahlzeugenbeistand

a) Argumente für Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG

In dem Streit um die richtige Honorierung der Tätigkeiten des Zeugenbeistandes stehen sich nach wie vor zwei etwa gleich starke „Blöcke“ gegenüber, die darum streiten, ob Teil 4 Abschnitt1 VV RVG oder Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG anzuwenden ist. Die damit zusammenhängenden Fragen habe ich bereits wiederholt dargestellt. M.E. ist auf die Tätigkeit des RA als Zeugenbeistand grds. der Abschnitt 1 des Teil 4 VV RVG anzuwenden (vgl. u.a. Burhoff StRR 2007, 220; ders., RVGreport 2005, 458; ders., RVGreport 2006, 81 sowie die Rechtsprechungsübersicht in RVGreport 2011, 85 f.; Gerold/Schmidt/Burhoff, 21. Aufl. 2013, VV Einl. Vorb. 4.1 Rn. 5 ff. ¢¢¢; Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 VV Rn. 8 ff.). Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich die Argumente, die für die Anwendung von Abschnitt 1 sprechen, hier nicht noch einmal im Einzelnen wiederholen, sondern sie nur stichpunktartig zusammenstellen (wegen der Einzelh. vgl. die vorstehenden Literatur-Hinweise).

Für die Anwendung von Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG sprechen im Wesentlichen folgende Argumente:

  • In der Gesetzesbegründung zum RVG 2004 ist ausdrücklich dargelegt, dass der RA auch im Strafverfahren als Beistand für einen Zeugen oder Sachverständigen die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten soll (vgl. dazu BT-Drucks. 15/1971, S. 220). Das sind aber die Gebühren nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG.
  • Dies wird dadurch verstärkt, dass durch das 2. KostRMoG zur Erledigung des Streits die unter I. vorgestellte Klarstellung aufgenommen werden sollte, wenn auch nicht übersehen werden soll, dass diese letztlich dann nicht Gesetz geworden ist (s. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O.; Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 8). Diese Verstärkung kann man nicht einfach mit dem Argument: „gescheitert“ und nicht sachgerecht abtun (s. aber OLG München RVGreport 2014, 274 = AGS 2014, 219 = StRR 2014, 270; vgl. auch noch KG RVGreport 2014, 23 = StRR 2014, 120, das zu dieser Frage schweigt).
  • Die hier vertretene Abrechnung nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG entspricht der Regelung in Vorbem. 5 Abs. 1 VV RVG für das Bußgeldverfahren, denn die lautet schon immer – „wie für einen Verteidiger“ –, also so, wie Vorbem. 4 Abs. 1 VV RVG klarstellend lauten sollte (s. auch BR-Drucks. 517/12, S. 438 = BT-Drucks. 17/11471, S. 281). Ein Grund für eine unterschiedliche Behandlung des Zeugenbeistandes im Strafverfahren zu dem im Bußgeldverfahren lässt sich weder den Gesetzesmaterialien zum RVG noch denen zum 2. KostRMoG entnehmen (Gerold/Schmidt/Burhoff, VV Einl. Vorb. 4.1 VV Rn. 6).
  • Billigkeitserwägungen oder die Überlegung, dass der RA durch die Anwendung des Teil 4 Abschnitt 1 Verteidiger „zu hohe“ Gebühren erhalten würde – nicht „sachgerecht“, dürfen keine Rolle spielen (so zutreffend OLG Koblenz RVGreport 2006, 232; a.A. wohl OLG Brandenburg, RVGreport 2011, 259); die gesetzgeberische Entscheidung zur Vergütung des Zeugenbeistandes ist hinzunehmen.
  • Dass der Zeugenbeistand nicht auf die Vergütung wegen einer Einzeltätigkeit beschränkt sein soll, ergibt sich im Übrigen auch aus Vorbem. 2 Abs. 2 Satz 2 VV RVG, nach der der Beistand eines Zeugen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wie für die entsprechende Beistandsleistung in einem Strafverfahren des ersten Rechtszuges vor dem OLG zu vergüten ist (OLG Hamm RVGreport 2008, 108 = StraFo 2008, 45 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79 =  AGS 2008, 124; OLG Schleswig AGS 2007, 192 = NStZ-RR 2007, 126 f.; LG Dresden Rpfleger 2010, 236; a.A. OLG Düsseldorf Rpfleger 2009, 528 = JurBüro 2009, 255 [Ls.]).
  • Es ist verfehlt, darauf abzustellen, dass der RA als Zeugenbeistand nur in einem Teilbereich des im Strafverfahrens tätig werde und es sich deshalb um eine Einzeltätigkeit handelt. Dabei wird nämlich der Begriff der Angelegenheit i.S.d. §§ 15 ff. RVG ist, in der der RA in diesen Fällen tätig wird, verkannt. Die „Angelegenheit“ ist nicht etwa das gesamte Strafverfahren, in dem der Mandant als Zeuge vernommen werden soll, sondern nur der Bereich der Beistandsleistung, vornehmlich bei der Vernehmung in der Hauptverhandlung (s. auch Burhoff RVGreport 2006, 81; ders., StRR 2007, 220; Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 Rn. 9). In dieser Angelegenheit ist der RA aber »voller Vertreter«, so dass Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG anzuwenden ist.
  • Die Anwendung von Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG scheidet auch aufgrund der Subsidiaritätsklausel in Vorbem. 4.3 Abs. 1 VV RVG aus (ähnlich OLG Schleswig StV 2006, 206; a.A. Lohle, JurBüro 2007, 202 in der Anm. zu OLG Oldenburg JurBüro 2007, 202). Es ist gerade eine besondere Eigenart der Tätigkeit des Zeugenbeistands, dass dieser nur eingeschränkt tätig wird. Diese auf die Beistandsleistung eingeschränkte Tätigkeit führt aber nicht dazu, dass es sich deshalb um eine „Einzeltätigkeit“ i.S.d. Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG handelt (vgl. aber für den „vom Gerichtsflur weg“ beigeordneten Zeugenbeistand OLG Koblenz RVGreport 2006, 232 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254.

 

b) Neuere Rechtsprechung

Die Rechtsprechung zur Abrechnung des Zeugenbeistandes habe ich zuletzt u.a. in RVGreport 2011, 85 zusammengestellt. Sie ist auch in Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 VV RVG Rn. 11 aufgeführt. Auf diese Zusammenstellungen wird verwiesen.

Nachfolgend ist nur (noch) die ab 2011 veröffentlichte Rechtsprechung erwähnt.

 

c) Angelegenheiten (§ 15 RVG)

Die (spätere) Tätigkeit des RA als Zeugenbeistand ist nicht dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG wie eine vorausgegangene oder auch zeitlich parallel laufende Verteidigertätigkeit (OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 182 = StRR 2008, 78; OLG Hamm StraFo 2008, 45 = RVGreport 2008, 108 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79; OLG Koblenz RVGreport 2006, 232 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254; OLG Köln AGS 2008, 126; OLG München, Beschl. v. 29.03.2007 – 1 Ws 354/07; LG Dresden, Beschl. v. 07.09.2007 – 5 KLs 109 Js 27593/05; LG München I, Beschl. v. 19.2.2007 – 12 KLs 247 Js 228 539/05). Der RA, der früher als Verteidiger des Mandanten tätig war, ist vielmehr in der Angelegenheit „Zeugenbeistand“ so zu honorieren, als wäre er für den Mandanten erstmals tätig geworden.

Beispiel 1:

Der RA hat den ehemaligen Angeklagten in einem Verfahren wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz verteidigt. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wird der ehemalige Angeklagte in der gegen einen früheren Mitbeschuldigten fortgeführten Hauptverhandlung als Zeuge vernommen. An dieser Vernehmung nimmt der RA als nach § 68b StPO beigeordneter Vernehmungsbeistand teil (entnommen Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Angelegenheiten [§§ 15 ff.], Rn. 141 ff.).

Lösung:

Entstanden sind folgende Gebühren:

Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG

Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG (vorbereitendes Verfahren)

Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG (Teilnahme an der richterlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung)

Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG

Der (jetzt) als Zeugenbeistand tätige RA erhält auch die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Da es sich bei der Tätigkeit als Zeugenbeistand nicht um dieselbe Angelegenheit handelt wie bei der Verteidigertätigkeit, tritt keine Gebührenbegrenzung nach § 15 Abs. 2, 5 RVG ein (vgl. u.a. OLG Hamm, a.a.O.; OLG Koblenz, a.a.O.; LG München I, a.a.O.). Es ist aber zu berücksichtigen, dass die Einarbeitung weniger aufwendig sein wird als im Strafverfahren, da der „Rechtsfall“ dem RA zumindest teilweise bekannt ist. Völlig entfallen wird die Einarbeitung schon wegen der neuen Verfahrenssituation nicht (OLG Koblenz, a.a.O.; LG München I, a.a.O.).

Für die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit ist von Bedeutung, dass es sich bei jedem der Strafverfahren, in denen der frühere Angeklagte als Zeuge vernommen wird, um verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 Abs. 2 handelt. Das hat zur Folge, dass in jedem der Verfahren für den als Zeugenbeistand tätigen RA gesonderte Gebühren entstehen. Das gilt insbesondere auch für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Die Argumentation aus OLG Koblenz (RVGreport 2006, 232 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254) und OLG Düsseldorf (RVGreport 2008, 182 = StRR 2008, 78) gilt entsprechend.

Beispiel 2:

Der RA hat den ehemaligen Angeklagten in einem Verfahren wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz verteidigt. Nach rechtskräftiger Verurteilung des Angeklagten wird er in mehreren gegen seine Abnehmer geführten Verfahren als Zeuge vernommen. An diesen Vernehmungen nimmt der RA als nach § 68b Abs. 2 StPO beigeordneter Vernehmungsbeistand teil.

Lösung:

Der RA kann in jedem Verfahren, in denen sein Mandant als Zeuge vernommen wird, Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, die jeweilige Verfahrensgebühr und die Terminsgebühr abrechnen.

Ist der RA in einer Strafsache mehreren Zeugen als Beistand beigeordnet worden, wird er für diese Auftraggeber in derselben Angelegenheit i.S.v. § 7 Abs. 1 RVG tätig. Er erhält seine Gebühren nur einmal, die Verfahrensgebühr allerdings mit der Erhöhung nach Nr. 1008 VV (OLG Celle RVGreport 2008, 144 = Nds.Rpfl. 2007, 351; OLG Düsseldorf, AGS 2010, 71 = JurBüro 2010, 33 = RVG professionell 2010, 6; OLG Koblenz RVGreport 2006, 430 = StraFo 2005, 526 = AGS 2005, 504; LG Hamburg RVGreport 2011, 134 = RVGprofessionell 2010, 80; a.A. OLG Hamburg NStZ-RR 2011, 64 [Ls.] = wistra 2011, 120; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, VV 1008 Rn. 159; zur Anwendbarkeit der Nr. 1008 VV im Strafverfahren bei Beauftragung des RA durch mehrere Zeugen s. Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Mehrere Auftraggeber [§ 7, Nr. 1008 VV], Rn. 985 und 991 m.w.N.). Erhöht werden nach dem Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG allerdings nur Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr, nicht erhöht werden die Grundgebühr und/oder Terminsgebühr (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Der Erhöhungssatz beträgt 0,3 der ursprünglichen Gebühr. Der RA erhält allerdings sowohl für das vorbereitende als auch für das gerichtliche Verfahren zusätzlich allgemeine Gebühren.

Beispiel 3:

Dem Beschuldigten wird sexueller Missbrauch zum Nachteil der Kinder K 1, K 2 und K 3 vorgeworfen. Deren Eltern suchen RA R auf, um ihn mit der Vertretung der Kinder zu beauftragen. R nimmt an einem richterlichen Vernehmungstermin im vorbereitenden Verfahren Teil. Außerdem nimmt er während der Vernehmung der drei Kinder an der Hauptverhandlung beim LG teil. Das ergehende Urteil wird rechtskräftig. Alle Merkmale des § 14 Abs. 1 RVG sind durchschnittlich.

Lösung:

Der RA R kann folgende Gebühren abrechnen:

Berechnung Wahlanwalt Pflichtverteidiger
Vorbereitendes Verfahren
Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG   200,00 € 160,00 €
Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG  165,00 €  132,00 €
Erhöhung Verfahrensgebühr Nr. 1008 VV RVG
(2 × 0,3 = 0,6 von 165,00 € =)  99,00 € 79,20 €
Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG 170,00 € 136,00 €
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 € 20,00 €
Gerichtliches Verfahren beim LG 
Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG 185,00 € 148,00 €
Erhöhung Verfahrensgebühr Nr. 1008 VV RVG
(2 × 0,3 = 0,6 von 1855,00 € =)  111,00 € 88,80 €
Terminsgebühr Nr. 4114 VV RVG 320,00 € 256,00 €
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 € 20,00 €
Anwaltsvergütung                netto 1.290,00 € 1.040,00 €

Beispiel 4:

In Beispiel 3 findet die Vernehmung der drei Zeugen K 1, K 2, und K 3 an drei verschiedenen Hauptverhandlungstagen statt. Ändert sich dadurch die Abrechnung der bei R entstandenen Gebühren?

Lösung:

Die Abrechnung ändert sich insofern, als für R nun nicht mehr nur eine Terminsgebühr Nr. 4114 VV RVG entsteht, sondern drei Terminsgebühren. Für die Terminsgebühr gilt zwar nicht ein ggf. anzuwendender Erhöhungssatz nach Nr. 1008 VV RVG, aber die Terminsgebühr entsteht „je Hauptverhandlungstag“. Sie fällt also für jede der drei Vernehmungen in der Hauptverhandlung an.

d) Gebühren
aa) Gebührentatbestände

Wird der RA als Zeugenbeistand tätig, fallen die in Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG allgemein vorgesehenen Gebühren an. Das sind die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, die jeweiligen Verfahrens- und die jeweiligen Terminsgebühren. Befindet sich der Zeuge nicht auf freiem Fuß, entstehen die Gebühren gem. Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG mit Zuschlag.

Beispiel 5:

Bei RA R erscheint der Wirtschaftsboss B, bei dem eine Durchsuchung stattgefunden hat und der von der Staatsanwaltschaft nun zur Vernehmung als Zeuge geladen worden ist. Er bittet RA R, ihn als Zeugenbeistand zu vertreten und ihn auch zur Vernehmung zu begleiten. Nach dem Vernehmungstermin legt R das Mandat nieder.

Lösung

Entstanden sind folgende Gebühren:

Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG

Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG

Terminsgebühr Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG

Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV.

Vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG bestand in der Rechtsprechung der POLG, die auf die Abrechnung Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG anwenden, Streit, ob der Zeugenbeistand ggf. nur die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und für die Teilnahme an einem (Vernehmungs)Termin eine Terminsgebühr erhält oder ob ihm zusätzlich auch noch die jeweilige Verfahrensgebühr zusteht (vgl. dazu KG RVGreport 206, 107 = AGS 2006, 176; OLG Hamm StraFo 2008, 45 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79; RVGreport 2008, 108; OLG Koblenz RVGreport 2006, 23 = AGS 2006, 598 = NStZ-RR 2006, 254; OLG Köln, StraFo 2008, 350 = AGS 2008, 389; OLG Rostock, Beschl. v. 3. 5. 2006 – 1 Ws 36/06; OLG Stuttgart NStZ 2007, 343; s. a. LG Ulm StraFo 2007, 219; LG Dresden, Beschl. v. 7.9.2007 - 5 KLs 109 Js 27 593/05; LG München I, Beschl. v. 19.2.2007 - 12 KLs 247 Js 228 539/05). Nachdem durch das 2. KostRMoG in Abs. 1 der Anm. zu Nr. 4100 VV RVG klargestellt ist, dass die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG immer neben der jeweiligen Verfahrensgebühr entsteht, gilt das auch für den Zeugenbeistand. Der Zeugenbeistand, der an einem (Vernehmungs-)Termin teilnimmt, rechnet also immer die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, eine Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr ab (s. auch Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., VV Einl. Vorb. 4.1 Rn. 7; Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 VV Rn. 7; zum Verhältnis Grundgebühr/Verfahrensgebühr s. Burhoff RVGreport 2014, 42; OLG Saarbrücken RVGreport 2015, 64 = StRR 2015, 117 = RVGprofessionell 2015, 60; LG Chemnitz RVGreport 2015, 265; LG Duisburg RVGreport 2014, 427 = VRR 2014, 319 = AGS 2014, 331 = zfs 2014, 468 = StRR 2014, 360 = RVGprofessionell 2014, 155; LG Oldenburg RVGreport 2014, 470 = zfs 2014, 648 = AGS 2014, 552; LG Saarbrücken RVGreport 2015, 221 = StRR 2015, 239).

bb) Gebührenbemessung

Für die Bemessung der Gebühren des Zeugenbeistands gelten die allgemeinen Regeln des § 14 Abs. 1 RVG. Die Gebühren sind also nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen (vgl. zu den Kriterien des § 14 RVG Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Rahmengebühren  [§ 14], Rn. 1549 ff.). Dabei ist m.E. aber „zeugenbeistandsspezifisch“ zu bemessen. D.h., entscheidend sind die gebührenbestimmenden Umstände für das Mandat „Zeugenbeistand“, die gebührenbestimmenden Umstände für die Angelegenheit „Strafverfahren“ spielen – wenn überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle. Das ist Folge des Abstellens auf die Tätigkeit des Zeugenbeistands für die Einordnung/Bestimmung der Angelegenheit, in der der RA tätig wird.

Gebührenbestimmend bzw. von Bedeutung für die Gebührenhöhe können z.B. sein

  • ggf. sprachliche Verständigungsschwierigkeiten mit dem Zeugen (KG RVGreport 2013, 271 = JurBüro 2013, 362)
  • eine schwierige Persönlichkeit des Zeugen (OLG Hamm StraFo 2001, 107 = JurBüro 2001, 134)
  • eine für den Zeugen bedrohliche Verfahrenssituation (OLG Hamm StraFo 2001, 107 = JurBüro 2001, 134), allerdings gehört die Tätigkeit als Beistand eines wegen zu befürchtender Repressalien gefährdeten Zeugen nach § 68b Abs. 2 StPO beigeordneten Zeugenbeistands grds. zu den „normalen“ Tätigkeiten (OLG Saarbrücken, Beschl. v.- 22.05.2013 - 1 AR 1/13 für Pauschgebühr)

Nach Auffassung des KG (vgl. u.a. StraFo 2005, 439 = RVGreport 2005, 341 = AGS 2005, 439) sollen dem als Zeugenbeistand tätigen RA, wenn nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abgerechnet wird, grds. der Höhe nach geringere Gebühren zustehen als dem Verteidiger. Dem ist zu widersprechen (vgl. dazu eingehend Burhoff RVGreport 2005, 341). Der RA, der als Wahlanwalt seine Tätigkeit als Zeugenbeistand nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abrechnet, nicht grds. andere/niedrigere Gebühren. Er muss sich zwar an der durchschnittlichen Tätigkeit des Verteidigers messen lassen. Entscheidend für die Höhe seiner Gebühr ist aber letztlich der konkrete Einzelfall und die richtige Anwendung des § 14 Abs. 1 RVG.

2.    Abrechnung durch den beigeordneten Zeugenbeistand (§ 68b Abs. 2 StPO)

a) Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG

Die vorstehenden Ausführungen unter II, 1 gelten im Fall der Beiordnung nach § 68b Abs. 2 StPO sinngemäß (vgl. dazu KG, StraFo 2005, 439 = RVGreport 2005, 341 = AGS 2005, 557; OLG Hamm, StraFo 2008, 45 = JurBüro 2008, 83 = StRR 2008, 79 = RVGreport 2008, 108 = AGS 2008, 124 [inzwischen a.A.]; OLG Schleswig, StV 2006, 206 = RVGreport 2005, 70 = AGS 2005, 120). Auch der beigeordnete Zeugenbeistand rechnet also nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab.

Das gilt auch dann, wenn der Beiordnungsbeschluss nur mit dem Gesetzestext formuliert, der RA also für die „Dauer der Vernehmung des Zeugen“ beigeordnet wird (vgl. z.B. OLG Brandenburg RVGreport 2008, 144 = JurBüro 2007, 482 = NStZ-RR 2007, 287; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 182 = StRR 2008, 78; OLG Köln AGS 2008, 128 = StraFo 2008, 223 = StRR 2008, 439; StraFo 2008, 350 = RVGreport 2009, 150; a.A. die bei Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 VV Rn. 12 zitierte Rspr. und Lohle JurBüro 2007, 202 in der Anm. zu OLG Oldenburg, JurBüro 2007, 202; jetzt auch OLG Brandenburg RVGreport 2011, 259 = StRR 2011, 360 unter Aufgabe der früheren Rspr.). Auch aus dieser Formulierung lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass es sich nur um eine Einzeltätigkeit handelt (vgl. dazu früher zutreffend OLG Brandenburg RVGreport 2008, 144 = JurBüro 2007, 482 = NStZ-RR 2007, 287). Vielmehr handelt es sich um den Gesetzeswortlaut der StPO, aus dem gebührenrechtliche Folgerungen nicht abgeleitet werden können. Abgesehen davon, dass selbst diese Formulierung immer auch ein Vorgespräch mit dem Mandanten umfassen würde (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 68b Rn. 5 m.w.N.; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl., 2015, Rn.  3956 ff., 4418; Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 8. Aufl., 2015, Rn. 3157 ff., 3491 ff.; s. auch LG Bochum, Beschl. v. 22.12.2006 – 1 KLs 46 Js 77/05), darf auch beim beigeordneten Vernehmungsbeistand nicht übersehen werden, dass auch dessen Tätigkeit nur einen Teilbereich des Strafverfahrens umfasst, nämlich den (bloßen) Beistand bei der Vernehmung des Zeugen. Das bedeutet aber nicht, dass der RA damit etwa nur für eine Einzeltätigkeit beigeordnet worden wäre. Vielmehr ist er in diesem (begrenzten) Tätigkeitsbereich „voller Vertreter“, sodass auf seine Tätigkeit gebührenrechtlich Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG anzuwenden ist (vgl. dazu auch KG, a.a.O.; s. auch Burhoff RVGreport 2006, 81 und StRR 2007, 220). Insoweit hilft auch der Hinweis auf § 48 Abs. 1 RVG a.F. für die Begründung der a.A. nicht (s. aber Lohle, a.a.O.). Die Beiordnung nach § 68b Abs. 2 StPO kann wegen der Formulierung der Vorschrift gar nicht anders erfolgen. Gebührenrechtliche Fragen lassen sich damit nicht begründen.

Z.T. werden in der Rechtsprechung aber auch – soweit nicht insgesamt nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abgerechnet wird -  andere vermittelnde Auffassungen vertreten. So geht z.B. das OLG Stuttgart (RVGreport 2010, 340 = StRR 2010, 357) davon aus, dass der (beigeordnete) Zeugenbeistand zwar grds. nur eine Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG verdient, etwas anderes aber dann gilt, wenn zwar nicht nach dem engen, vom Wortlaut des § 68b StPO vorgesehenen Beiordnungsbeschluss, aber nach Art der übertragenen und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit von einer faktisch umfassenden Vertretung des Zeugen auszugehen ist (zur Einzelfallprüfung auch OLG Brandenburg RVGreport 2008, 144 = JurBüro 2007, 482 = NStZ-RR 2007, 287).

b) Pauschgebühr (§ 51 RVG)

Ist der RA als Zeugenbeistand beigeordnet worden, kommt ggf. die Gewährung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 RVG in Betracht, wenn er in einem „besonders schwierigen“ oder „besonders umfangreichen“ Verfahren tätig geworden ist. Entscheidung ist aber auch hier die Tätigkeit als Zeugenbeistand, ob das Strafverfahren selbst „besonders schwierig“ oder „besonders umfangreich“ war, ist nicht von Bedeutung. In dem Zusammenhang wird insbesondere die Länge des Termins, an dem der Zeugenbeistand ggf. teilgenommen hat eine Rolle spielen.

III. Abrechnung nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG

1. Verfahrensgebühr

Geht man davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit des RA als Zeugenbeistand um eine Einzeltätigkeit i.S. von Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG handelt, wird nach Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG abgerechnet (vgl. die o.a. Rechtsprechungsnachweise und Burhoff RVGreport 2011, 85 m.w.N.). Von der Verfahrensgebühr werden dann alle vom RA für den Zeugen erbrachten Tätigkeiten erfasst. Ist der RA für die Dauer der Vernehmung des Zeugen beigeordnet worden (§ 68b Abs. 2 StPO), erstreckt sich die Beiordnung allerdings nicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels für den Zeugen, wie z.B. eine Beschwerde gegen Anordnung der Beugehaft. Eine Vergütung dieser Tätigkeiten, kann der RA nur verlangen, wenn ihm die entsprechenden Aufgaben mit der Beiordnung übertragen worden sind (KG AGS 2009, 533 = RVGreport 2009, 310StRR 2009, 398).

Für die Abrechnung gilt dann: Da sich eine Beiordnung nach § 68b Abs. 2 StPO i.d.R. auf „die Dauer der Vernehmung des Zeugen“ erstreckt, löst sie den Gebührentatbestand der Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG nur einmal aus, auch wenn die Vernehmung mehrere Tage andauert (KG, Beschl. v 26.11.2011 – 1 Ws 52/10; OLG Düsseldorf RVGreport 2012, 454 m. Anm. Volpert = StRR 2013, 79 = RVGprofessionell 2012, 169; a.A. OLG Stuttgart StRR 2010, 357 = RVGreport 2010, 340 = Justiz 2011, 367). Das gilt nach der Regelung des § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG im Übrigen auch dann, wenn die Vernehmung des Zeugen zunächst beendet und später in derselben Instanz unter Mitwirkung des RA fortgesetzt wird (KG, a.a.O.). Ergeben sich aus dieser Rechtsauffassung unzumutbare Härten für den RA sind diese über die Festsetzung einer Pauschgebühr nach § 51 auszugleichen (KG, a.a.O.).

2. Pauschgebühr

Die Bewilligung einer Pauschgebühr kann auch für die Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV in Betracht kommen, wenn sich die gesetzliche Gebühr als unangemessen niedrig erweisen sollte (vgl. u.a. KG RVGreport 2013, 229; JurBüro 2013, 362 = RVGreport 2013, 271; OLG Jena AGS 2011, 483 = StraFo 2011, 292 [LS] = JurBüro 2011, 473; Beschl. v. 9. 2. 2009 – 1 Ws 370/08; 27.1.2011 – 1 AR (S) 69/10; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.5.2013 – 1 AR 1/13). Gerade dann, wenn nach Teil 4 Abschnitt 3 VV RVG abgerechnet wird, wird auch die Bewilligung einer Pauschgebühr nahe liegen, da die vom Zeugenbeistand erbrachten Tätigkeiten mit der Verfahrensgebühr Nr. 4301 VV RVG nicht angemessen honoriert werden. Davon wird man z.B. ausgehen müssen, wenn sich die Vernehmung des Zeugen über mehrere Tage erstreckt hat (KG, a.a.O.).

Werden besondere Umstände geltend gemacht, muss sich deren Bewältigung in einem zeitlichen Mehraufwand niedergeschlagen haben (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.5.2009 – III-3 [s] RVG 22/09). Das kann z.B. ein besonderer Betreuungsaufwand sein (OLG Hamm, Beschl. v. 29.4.2008 – 5 [s] Sbd. V 23/08 für Nebenklägerbeistand), aber nicht allein der Umstand, dass der RA mehreren Geschädigten beigeordnet worden ist (OLG Köln StRR 2008, 123 [Ls.]), da der dadurch entstehende Mehraufwand durch die Nr. 1008 VV RVG abgegolten wird. Eine Pauschgebühr kann also nicht mit grds. zu den gewöhnlichen Aufgaben eines beigeordneten bzw. bestellten RA gehörenden Tätigkeiten begründet werden (vgl. OLG Saarbrücken, 22.05.2013 -1 AR 1/13).


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