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aus RVGreport 2019, 282

( Ich bedanke mich bei der Schriftleitung von "RVGreport" für die freundliche Genehmigung, diesen Beitrag aus "RVGreport" auf meiner Homepage einstellen zu dürfen.)

Rechtsprechungsübersicht zu den Teilen 4–7 VV RVG aus den Jahren 2018/2019 – Teil 1

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

Über die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Teilen 4–7 VV RVG aus dem Jahr 2016/2017 wurde in RVGreport 2018, 322 ff. berichtet. Die nachfolgende Übersicht enthält eine Zusammenstellung der im Anschluss daran ergangenen bzw. bekannt gewordenen Rechtsprechung zum Paragraphen-Teil des RVG. Die mit § 14 RVG zusammenhängenden Entscheidungen sind hier nicht enthalten und werden gesondert behandelt. Der Beitrag hat den Stand von Ende Juni 2019.

 

Norm

Gericht/Fundstelle

Inhalt

I. Paragrafenteil des RVG

§ 3a RVG

BGH RVGreport 2019, 130 m. Anm. Hansens = NJW 2019, 676 = JurBüro 2019, 72 = RVGprofessionell 2019, 58 = AGS 2019, 158

Ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt muss vor Abschluss einer Vergütungsvereinbarung dem Beschuldigten einen eindeutigen Hinweis erteilen, dass er auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist (§§ 3a RVG, 280 BGB).

 

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.1.2019 - I - 24 U 84/18

1. Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines anwaltlichen Zeithonorars, welches um das Sechsfache im Vergleich zur gesetzlichen Vergütung erhöht ist, ist ein maßgeblicher Gesichtspunkt, ob dies auf der Höhe des Stundensatzes oder auf den angefallenen Tätigkeitsstunden beruht. Ist diese Überhöhung auf den hohen Zeitaufwand zurückzuführen, spricht dies gegen eine Sittenwidrigkeit, sofern keine Anhaltspunkte für ein unangemessenes Aufblähen der Arbeitszeit vorliegen.

2. Ein anwaltlicher Stundensatz i.H.v. 250,- EUR ist nicht zu beanstanden. Bestreitet der Mandant pauschal den Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts, dann ist dies bei Vorgängen unerheblich, die der Mandant selbst miterlebt hat (z.B. Telefonate, Gespräche) oder durch die er anhand objektiver Unterlagen (z.B. Beweisaufnahmeprotokolle) Kenntnis erlangt hat.

3. Ein Gericht ist aus eigener Sachkunde in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO), denn auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt.

 

OLG München, Urt. v. 5.6.2019 – 15 U 318/18 Rae

1. Die Vereinbarung einer pauschalen Mindestvergütung, die die gesetzlichen Gebühren um das Dreifache übersteigt, begegnet bereits als solche erheblichen Bedenken, da sie die gebotene Differenzierung nach der Höhe des Streitwerts wie auch nach der Komplexität des Mandats sowie Umfang und Schwierigkeit der zu erbringenden anwaltlichen Tätigkeit vermissen lässt.

2. Die Vereinbarung einer Zeittaktklausel von 15 Minuten in einer Vergütungsvereinbarung ist unwirksam ist. Die Grenze für eine zulässige Pauschalierung könnte bei 6 Minuten anzusetzen sein.

, Urt. v. 5.6.2019 – 15 U 318/18 Rae

 

 

KG RVGreport 2019, 158

1. Auch ein nachgeschobener Kündigungsgrund, der im Zeitpunkt der Kündigung schon bestand, dem kündigenden Dienstberechtigten aber seinerzeit noch nicht bekannt war, kann eine Kündigung im Sinne der Vorschrift des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB veranlasst haben.

2. Allein aus einer anwaltlichen Vergütungsabrede, die zu einer Vergütung führt, die knapp dreimal so hoch ist wie die gesetzlichen Gebühren, kann nicht auf ein zur Sittenwidrigkeit führendes besonders grobes Missverhältnis zur gesetzlichen Vergütung geschlossen werden.

§ 4a RVG

AnwG Köln RVGreport 2019, 172 = AGS 2019, 50

Der Rechtsanwalt/Verteidiger kann –ein Erfolgshonorar nicht mehr nach Annahme des Mandats vereinbaren. Dem steht entgegen, dass ohne die Vereinbarung eines solchen Erfolgshonorars der Mandant nicht mehr von der Rechtsverfolgung abgehalten werden kann, weil die Rechtsverfolgung dann bereits im Zweifel im Gange ist.

§ 9 RVG

BGH RVGreport 2019, 208 = AGS 2019, 170

1. Der Rechtsanwalt ist nach Kündigung des Mandats vertraglich verpflichtet, erhaltene Vorschüsse abzurechnen.

2. Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, erhaltene und nicht verbrauchte Vorschüsse nach Kündigung des Mandats an den Mandanten zurückzuzahlen.

3. Der Rechtsanwalt ist nicht allein deshalb zur Rückzahlung geforderter und erhaltener Vorschüsse verpflichtet, weil er pflichtwidrig keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechnung erstellt und dem Mandanten mitgeteilt hat.

 

AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg RVGreport 2019, 173 = RVGprofessionell 2019, 96

Auch bei der Berechnung eines Vorschusses nach § 9 RVG sind die Kriterien des § 14 RVG und die Rechtsprechung zur Höhe der Gebühren in Verkehrs-OWi zu beachten. Würde eine solche Betrachtung zu Gebühren unterhalb der Mittelgebühren führen, ist auch ein Vorschuss unterhalb der Mittelgebühren angemessen.

§ 15 RVG

OLG München, Beschl. v. 27.5.2019 - 6 St (K) 5/19

Die Vertretung mehrerer Nebenkläger ist eine Angelegenheit.

 

OVG Thüringen RVGreport 2019, 94 = JurBüro 2019, 77 = AGS 2019, 105

Mangels „Erledigung des Auftrags“ im Sinne des § 15 Abs. 5 S. 2 RVG entsteht für den Rechtsanwalt kein erneuter Gebührenanspruch, wenn ein gerichtliches Verfahren fortgeführt wird, das seit mehr als zwei Jahren geruht hat und/oder seitens des Gerichts statistisch erledigt wurde.

 

LG Wuppertal RVGreport 2019, 146 = RVG professionell 2019, 21 = VRR 2/2019, 15 = NZV 2019, 156

Die Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 62 OWiG im Zwischenverfahren gehört entsprechend § 19 Abs. 1 Nr. 10a RVG zu der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und begründet keine weitere Angelegenheit.

§ 22 RVG

OLG Karlsruhe RVGreport 2019, 228 = StRR 4/2019, 4

Wenn ein beigeordneter Rechtsanwalt den Angeklagten gegen die Adhäsionsklagen mehrerer Geschädigter in einem Strafverfahren vertritt, sind für die Vergütung des Rechtsanwalts die Gegenstandswerte der Adhäsionsklagen zusammenzurechnen, weil die Adhäsionsverfahren eine gebührenrechtliche Angelegenheit im Sinne von § 22 Abs. 1 bilden.

§ 33 RVG

BGH RVGreport 2019, 77 = AGS 2018, 558 = zfs 2019, 165 = JurBüro 2019, 75

1. Bei einem dinglichen Arrest nach § 111b Abs. 2, 5 StPO in der Fassung vom 17.7.2015 ist der Gegenstandswert für eine zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG in der Fassung vom 5.6.2017 ausgehend von dem zu sichernden Anspruch gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO zu schätzen. Maßgebend ist dabei das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen ist. Beträge, deren Durchsetzbarkeit nicht ernstlich in Betracht kommt und die deshalb eher fiktiven Charakter haben, bleiben unberücksichtigt.

2. Das für die Wertberechnung gemäß § 2 Abs. 1 RVG maßgebliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr des Arrests geht nicht weiter, als Vermögenswerte vorhanden sind, auf die im Wege der Arrestvollziehung zugegriffen werden kann. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Anwalt - gegebenenfalls auch nur beratend - tätig wird.

§ 37 RVG

BVerfG, Beschl. v. 14.1.2019 - 1 BvR 3165/15

Bei Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Gegenstandswertfestsetzung.

§ 45 RVG

LG Kaiserslautern RVGreport 2019, 135 = JurBüro 2019, 245

Die Aufhebung des Beschlusses über die Pflichtverteidigerbestellung bewirkt das Ende der Bestellung, allerdings nur für die Zukunft und nicht rückwirkend. Bis dahin entstandene Gebührenansprüche des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse entfallen nicht rückwirkend.

§ 48 RVG

LG Kaiserslautern RVGreport 2019, 135 = JurBüro 2019, 245

Die Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung bewirkt, dass die Bestellung als nicht erfolgt anzusehen ist. Mangels wirksamer Bestellung steht dem Rechtsanwalt dann auch keine Vergütung aus der Landeskasse zu.

 

OLG Celle, Beschl. v. 6.2.2019 – 3 Ws 37/19, RVGreport 2019, 254 =  StraFo 2019, 263 = RVGprofessionell 2019, 95

Die durch den Begriff der Mehrkosten bei einer Umbeiordnung geschützten Fiskalinteressen reichen nicht weiter, als wenn der Beschuldigte den jetzt gewählten Verteidiger von vornherein bezeichnet hätte und dieser hätte beigeordnet werden können (Anschluss an OLG Oldenburg StRR 5/2017, 4). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach dem 2. Opferrechtsreformgesetz vom 29.7.2009 das Kriterium der Gerichtsnähe des Verteidigers i.d.R. keine entscheidende Voraussetzung für die Verteidigerbestellung mehr ist, ist der Mehrkostenbegriff bei einer Umbeiordnung dahingehend auszulegen, dass diejenigen Gebührenpositionen ausgeschlossen werden sollen, die durch die Umbeiordnung doppelt entstehen.

 

OLG Celle RVGreport 2019, 59 = AGS 2019, 35

1. Der Nebenklagevertreter hat keinen Anspruch auf Festsetzung und Erstattung seiner Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse nach § 55 RVG, soweit diese vor Beantragung der Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO entstanden beziehungsweise angefallen sind.

2. § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG ist für einen Rechtsanwalt, der als Nebenklagevertreter unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinzugezogen wird, nicht anwendbar (entgegen: OLG Koblenz, Beschl. v. 14.6.2007 - 2 Ws 300/07, RVGreport 2007, 139).

3. Bereits die Auslegung des Wortlautes der für die vorliegende rechtliche Konstellation geltenden Vorschriften des § 397a Abs. 2 und 3 StPO sowie der Prozesskostenhilfe (§§ 114 bis 127 ZPO) spricht gegen eine Anwendbarkeit des § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG.

 

LG Kaiserslautern, Beschl. v. 8.1.2019 – 5 Qs 120/18

Dem bestellten oder beigeordneten Verteidiger stehen gesetzliche Gebühren für seine frühere Tätigkeit in hinzuverbundenen Verfahren, in denen er nicht zum Verteidiger bestellt oder als Beistand beigeordnet worden war, auch dann nur nach ausdrücklicher Erstreckung gem. § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG (früher § 48 Abs. 5 Satz 3 RVG a.F.) zu, wenn die Verfahren vor der Verteidigerbestellung verbunden worden waren. Eine dahingehende Ermessensausübung ist aber i.d.R. zu treffen, wenn in den hinzuverbundenen Verfahren eine Verteidigerbestellung notwendig war.

§ 51 RVG

OLG München RVGreport 2018, 450 = JurBüro 2018, 409

1. Besondere Schwierigkeit und besonderer Umfang i.S.d. § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG werden jedenfalls nicht durch das Stellen von Anträgen in der Hauptverhandlung herbeigeführt, die den Bereich angemessener und sinnvoller Verteidigung überschreiten (hier u.a. : Rechtshilfeersuchen an al Baghdadi und Vernehmung einer Zeugin durch den Sharia-Richter des IS in Raqqa)

2. Beschränkt sich die Revisionsbegründung auf Rechtsfragen, die bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Verhandlung waren, scheidet die Bewilligung einer Pauschgebühr für diesen Verfahrensabschnitt aus.

 

OLG Köln, Beschl. v. 10.4.2019 – 1 RVGs 5/19

Zur besonderen Schwierigkeit in einem Verfahren mit streitigen Rechtsfragen zum Begriff des „Glücksspiels" im Sinne von § 284 StGB und das sich zudem gegen insgesamt acht Angeklagte richtete.

 

OLG Schleswig RVGreport 2019, 13 = JurBüro 2019, 248

Zur Bemessung der Pauschgebühr auf das Doppelte der Wahlanwaltshöchstgebühren.

 

OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.4.2019 - 1 ARs 5/19, RVGreport 2019, 214

1. Die Verjährung eines Antrags auf Festsetzung einer Pauschgebühr (§ 51 RVG) wird durch den Eingang des Antrags bei einem unzuständigen Gericht nicht gehemmt.
2. Die Hemmung tritt allein durch die Antragstellung bei dem gemäß § 51 Abs. 2 S. 1 RVG zur Entscheidung berufenen Oberlandesgericht ein.

§ 55 RVG

OLG Karlsruhe, Urt. v. 16.-10.2018 - 6 EK 10/18

Die Vorschriften der §§ 198 ff. GVG sind auch auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren anzuwenden. Die Verfahrensdauer ist unangemessen i.S.d. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn sie eine Grenze überschreitet, die sich auch unter Berücksichtigung gegenläufiger rechtlicher Interessen (Rechtsstaatsprinzip, richterliche Unabhängigkeit) für den Betroffenen als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt. Die Frage, ob eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens vorliegt, ist nicht nur am Verhalten des Gerichts zu messen, sondern auch am Verhalten der Verfahrensbeteiligten.

§ 58 RVG

AG Osnabrück, Beschl. v. 14.3.2019 - 207 Ls (1302 Js 27990/16) 127/18, RVGreport 2019, 258

Nur in derselben Strafsache erhaltene Zahlungen und Vorschüsse muss sich der Verteidiger somit anrechnen lassen. Nicht anzurechnen sind Zahlungen des Mandanten, die einen von dem Gebührenanspruch des Anwalts nicht abgedeckten besonderen Gegenstand betreffen.

 

LG Deggendorf, Beschl. v. 13.3.2019 - 1 KLs 4 Js 5712/17, RVGreport 2019, 216

1. Der Pflichtverteidiger muss auch Vorschüsse angeben, für die ausdrücklich oder stillschweigend eine Rückzahlung vereinbart ist.

2. Jedenfalls dann, wenn eine Rückzahlung eines Vorschusses oder einer „Sicherheitsleistung" vor Bewilligung einer beantragten Prozesskostenhilfe bzw. vor Abrechnung einer Pflichtverteidigervergütung erfolgt, hat eine Kürzung des Pflichtverteidigerhonorars zu unterbleiben.


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