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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 471 u. 472/00 OLG Hamm

Leitsatz: Der Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung wegen neuer Straftaten kann dann nicht gerechtfertigt sein, wenn der Verurteilte vom neuen Tatrichter wegen der neuen Straftaten nur zu Geldstrafen verurteilt worden ist.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf der Strafaussetzung, Verlängerung der Bewährungszeit, neue Straftaten, Geldstrafe

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafvollstreckungssache gegen M.B.,
wegen Fahnenflucht u.a.,
hier: Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung von zwei Reststrafen.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 17. Oktober 2000 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster vom 11. Oktober 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.11.2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Widerruf der bedingten Entlassung aus der Strafhaft wird abgelehnt.

Die Bewährungszeit wird in beiden Sachen um jeweils ein Jahr verlängert.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:
Der Verurteilte wendet sich gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster, durch den die ihm durch Beschluss derselben Strafvollstreckungskammer vom 3. März 1999 bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung der Strafreste aus den Urteilen des Amtsgerichts Ahlen vom 4. September 1997 - 5 Ds 47 Js 248/97 (359/97) - und des Amtsgerichts Ahlen vom 14. Mai 1998 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Münster vom 27. Juli 1998 - 15 Ns 47 Js 422/97 (20/98) - widerrufen worden ist.

Die gemäß §§ 454 Abs. 4, 453 Abs. 2 S. 3 StPO statthafte und gemäß § 311 Abs. 2 StPO fristgerecht eingelegte sofortigen Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Ablehnung des beantragten Widerrufs der Strafaussetzung und zur Verlängerung der Bewährungszeit.

Zwar ist der Verurteilte innerhalb der laufenden Bewährungszeit erneut straffällig geworden und deshalb durch das Amtsgericht Münster am 8. Dezember 1999 wegen Erschleichens von Leistungen in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40,00 DM und am 6. Juli 2000 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,00 DM verurteilt worden. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB für einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung erfüllt. Gleichwohl hat es der Senat für angezeigt gehalten, vom Widerruf abzusehen, weil es noch ausreicht, die Bewährungszeit um ein Jahr zu verlängern (§ 56 f Abs. 2 Nr. 2 StGB).

Gegen den Verurteilten spricht zwar, dass er nahezu unmittelbar nach seiner letzten Haftentlassung am 11. Juni 1999 bereits am 20. Juli, 26. Juli, 11. August 1999 und 16. Februar 2000 erneut straffällig geworden ist. Es kann jedoch auch nicht außer Betracht bleiben, dass es sich bei den ersten drei neuen Straftaten um Beförderungserschleichungen und der letzten Tat um einen Ladendiebstahl einer geringwertigen Sache gehandelt hat, zu deren Ahndung das Amtsgericht jeweils nur die Verhängung geringer Geldstrafen für erforderlich gehalten hat. Wenn schon die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe nur ausnahmsweise den Widerruf der Strafaussetzung nach sich ziehen kann (vgl. BVerfG NStZ 1985, 357; Senatsbeschluss vom 25. April 2000 - 4 Ws 186/00 -), gilt Entsprechendes insbesondere dann, wenn der sachnähere Tatrichter sogar nur die Verhängung von Geldstrafen zur Einwirkung auf den Verurteilten für erforderlich gehalten hat. Hinzu kommt, dass der Verurteilte offenbar seit dem 25. September 2000 an einer Fortbildungsmaßnahme teilnimmt.

Auch der von der Strafvollstreckungskammer berücksichtigte Umstand, dass der Verurteilte es ablehne, seine gegenüber der Staatskasse bestehenden Verpflichtungen durch die Ableistung von Sozialstunden zu begleichen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Verurteilte mit der Staatsanwaltschaft Ratenzahlungen vereinbart hat, die er nach der Aktenlage einhält, und dass er seine ablehnende Haltung lediglich gegenüber der Bewährungshelferin geäußert hat, nachdem diese die Umwandlung der Geldstrafen in Ableistung von sozialer Arbeit angeregt hatte. Eine Weigerung des Verurteilten, seine gegenüber der Staatskasse bestehende Verpflichtungen erfüllen zu wollen, vermag der Senat in diesem Verhalten nicht zu erkennen.

Bei dieser Sachlage hält es der Senat für vertretbar, vom Widerruf der Strafaussetzung abzusehen und stattdessen die Bewährungszeit angemessen zu verlängern.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467, 473 StPO. Der Verurteilte hat mit seinem Rechtsmittel das angestrebte Ziel erreicht.


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