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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 376/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Konkurrenzverhältnis von Scheckkartenmissbrauch zu Betrug

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Betrug, Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten, Verhältnis, Euroschecks, garantierte Schecks

Normen: StGB 263, StGB 266 b

Beschluss: Strafsache gegen A.K.,
wegen Betruges.

Auf die Sprungrevision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Bielefeld vom 1. Dezember 1999 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04.05. 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Schöffengericht Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Bielefeld hat den Angeklagten mit Urteil vom 1. Dezember.1999 wegen Betruges in 91 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Zur Sache hat das Amtsgericht im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

"Der Angeklagte verfügte bei der Sparkasse Bielefeld über ein Geschäftsgirokonto mit der Nummer 2132223. Ein Kredit stand dem Angeklagten auf diesem Konto seit dem 20.12.1993 nicht mehr zur Verfügung. Überziehungen des Kontos wurden nur in kleinerem Umfang zugelassen. Am 01.04.1997 wies das Konto einen Sollsaldo in Höhe von 6358,25 DM auf. Der Angeklagte "sammelte"' in einem Zeitraum vom 26.10.1995 bis 27.03.1997 eine Vielzahl von Euroschecks, die er sich in verschiedenen Filialen der Sparkasse jeweils in Mengen von 10 Stück aushändigen ließ.

In der Zeit vom 02.04. bis zum 05.05.1997 legte er bei verschiedenen Banken in insgesamt 76 Fällen Euroschecks im Gesamtwert von 23.812,46 DM vor, wobei er sich die Schecksummen jeweils auszahlen ließ. Dabei wußte er, daß sein Konto über keine ausreichende Deckung verfügte. Er stellte die Schecks regelmäßig in der für Euroschecks garantierten Auszahlungssumme von 400,- DM bzw. 300 Holländische Gulden aus.

Im einzelnen handelte es sich um 23 Schecks von je 400,- DM, 5 Schecks von je 300,- DM, 1 Scheck über 338,95 DM, 47 Schecks von je 300 Holl. Gulden.

Ferner verfügte er in 15 Fällen zu Lasten von sieben Kreditkarteninstituten über insgesamt 39.809,16 DM. In soweit wurde allein am 25.04.1997 durch die Benutzung der Eurocard im Lastschriftverfahren das Konto des Angeklagten mit 10.269,37 DM belastet. Darüber hinaus setzte der Angeklagte während des Tatzeitraumes in 14 Filialen Kreditkarten anderer Institute ein, wobei es sich um Beträge handelte von 1 x 3.949,09 DM, 5 x 1040,- DM, 1 x 1117,52 DM, 1 x 936,95 DM, 1 x 933,83 DM, 1 x 513,44 DM, 1 x 1153,98 DM, 1 x 325,- DM, 1 x 5323,48 DM und 1 x 10086,50 DM.

Insgesamt verfügte der Angeklagte hierbei über Beträge in Höhe von 64.621,62 DM. Die mit Hilfe der Kreditkarten ausgezahlten Beträge wurden zunächst seinem Konto belastet und später von den Kreditkarteninstituten zurückgebucht, mit Ausnahme des durch die Verwendung der Eurocard erzielten Betrags. Dadurch reduzierte sich die Schadenssumme für die Sparkasse auf 34.081,83 DM. Den diversen Kreditkarteninstituten verblieb ein Schaden von 29.539,79 DM.

Der Angeklagte hatte von vornherein nicht die Absicht, die von ihm so verursachten Kontoüberziehungen auszugleichen.

Nach der Ausführung seiner Handlungen setzte er sich nach Kuba ab und blieb dort bis zum Frühjahr 1999.

Der Angeklagte zahlt inzwischen monatlich 500,00 DM zur Schadenswiedergutmachung an die Sparkasse Bielefeld."

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Sprungrevision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. In erster Linie rügt er die mangelnde Begründung der gemäß § 47 Abs. 1 StGB verhängten kurzen Freiheitsstrafen, die in die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe eingegangen sind, und beantragt die Verhängung einer Gesamtgeldstrafe; hilfsweise begehrt er die Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

II.
Die Revision des Angeklagten ist begründet und hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Schöffengericht - Bielefeld.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges kann nach den bisherigen Feststellungen deshalb keinen Bestand haben, weil der festgestellte Sachverhalt - soweit er das Begeben von Euroschecks und den Einsatz von Kreditkarten innerhalb der Garantiegrenzen betrifft - sich nach Einführung des Tatbestandes des § 266 b StGB - Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15. Mai 1986 (BGBl. I, 721 ff.) mit Wirkung vom 1. August 1986 nach diesem Strafgesetz als speziellere Norm beurteilt. Neben dieser speziellen und milderen Regelung des § 266 b bleibt für eine gleichzeitige Anwendung des § 263 StGB kein Raum, sofern nicht besondere Umstände hinzutreten (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 49. Aufl., § 266 b, Randnummern 2, 9; Schönke-Schröder-Cramer, StGB, 25. Aufl., § 266 b Rdnr. 14; OLG Hamm MDR 87, 514). Denn nach dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers tritt § 266 b StGB für den Bereich des Scheck- und Kreditkartenmissbrauchs an die Stelle des § 263 StGB.

Nach der Regelung des § 266 b StGB ist derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe zu bestrafen, der die ihm durch Überlassung einer Scheckkarte oder Kreditkarte eingeräumte Möglichkeit, den Aussteller zu einer Zahlung zu veranlassen, missbraucht und diesen dadurch schädigt. Demgegenüber sieht § 263 StGB als Regelstrafrahmen Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vor.

Der Anwendungsbereich des § 266 b StGB erstreckt sich soweit sich der Missbrauch bei Scheckkarten innerhalb der Garantiesumme hält, und nur darum geht es vorliegend, - sowohl auf die Fälle, in denen die Scheckeinlösung bei einer Einrichtung derselben Institution als auch auf solche, in denen die Einlösung bei einem anderen Kreditinstitut erfolgt (vgl. OLG Hamm, MDR 87, 514). Der Missbrauch besteht in der wirksamen Ausnutzung des rechtlichen Könnens nach außen unter Überschreitung des rechtlichen Dürfens im Innenverhältnis (vgl. BGH NStZ 92, 279; Weber NStZ 86, 484). Für die Fälle des Missbrauchs der Scheckkarte im Euroschecksystem, das aufgrund von Vereinbarungen der Europäischen Kreditwirtschaft einheitlich gestaltet ist und die Einlösung von Schecks auf speziellen zur Scheckkarte ausgegebenen Scheckformularen bis zu einem Betrag von 400,- DM vorsieht, hat der Senat keinen Zweifel, dass bei dem bereits belasteten Geschäftsgirokonto des Angeklagten bei der Sparkasse Bielefeld, bei dem nur Überziehungen kleineren Umfangs zugelassen waren, in den festgestellten 76 Fällen die Verfügungsmacht tatbestandsmäßig missbraucht wurde. Das im angefochtenen Urteil festgestellte Verhalten des Angeklagten erfüllt den Tatbestand des § 266 b StGB. Die Sparkasse hatte dem Angeklagten eine Scheckkarte überlassen und ihm die Möglichkeit eingeräumt, sie mittels des Einsatzes der Scheckkarte zu Zahlungen zu veranlassen. Diese Möglichkeit hat der Angeklagte missbraucht, indem er trotz Fehlens von Deckung und Duldung weiteren Überziehungskredits Schecks über einen Gesamtbetrag von 23.812,46 DM ausstellte und einlöste, ohne dass ein alsbaldiger Kontoausgleich möglich war. Hierdurch wurde der Aussteller der Scheckkarte unmittelbar geschädigt, auch insoweit die Schecks nicht bei der Sparkasse eingelöst worden sind, da im Augenblick der Auszahlung des Scheckbetrages durch andere Kreditinstitute die Sparkasse zur Deckung verpflichtet wurde.
Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte alle Tatumstände des § 266 b StGB gekannt und in seinen Willen aufgenommen.

Indes kann aufgrund hinzutretender Umstände vorliegend dennoch der Tatbestand des Betruges dadurch verwirklicht sein, dass der Angeklagte die Aushändigung der Scheckformulare beim "Sammeln" derselben durch Vorspiegelung unzutreffender Tatsachen veranlasst hat. Bereits die Aushändigung eines Scheckheftes, die im übrigen in gleicher Weise wie Kreditkarten, einen Vermögenswert verkörpern, an einen stark verschuldeten oder zahlungsunwilligen Angeklagten kann bereits eine Vermögensgefährdung zur Folge haben, die das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbeschädigung erfüllt (BGHSt 33, 244 ff.). Insoweit käme Tateinheit von § 263 und § 266 b StGB in Betracht (vgl. Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 266 b Rdnr. 9).

In Anbetracht des möglichen geringeren Strafrahmens des § 266 b StGB gegenüber § 263 StGB können die wegen des Scheckkartenmissbrauchs ausgesprochenen Einzelstrafen jedoch keinen Bestand haben, und demgemäß auch nicht die Gesamtstrafe.

Hinsichtlich der weiter im angefochtenen Urteil abgeurteilten Fälle des Kreditkartenmissbrauchs tragen die getroffenen Feststellungen jedoch einen Schuldspruch nicht. Das angefochtene Urteil lässt nämlich die maßgebliche Feststellung der jeweiligen in den Kreditkartenverträgen mit den Vertragsunternehmen vereinbarten Obergrenzen, ohne die eine Überschreitung der Rechtsmacht nicht festzustellen ist, vermissen. Soweit es an der bei § 266 b StGB tatbestandlich vorausgesetzten wirksamen Ausübung der Außenmacht fehlt, weil eine wirksame Verpflichtung des Vertragsunternehmens nicht zustande gekommen ist, scheidet eine Strafbarkeit nach § 266 b StGB aus; ebenso, soweit die Kreditkarten bestimmungswidrig dazu verwendet wurden, sich von dem Kreditkartennehmer Bargeld auszahlen zu lassen (vgl. Schönke-Schröder-Cramer, 25. Aufl., § 266 b Rdnr. 9). In Betracht kommt dann jedoch der Tatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB. § 263 StGB kommt auch insoweit in Betracht, als die Kreditkarten bereits durch Täuschung erlangt wurden. Insoweit reichen die Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht aus. Auf BGHSt Bd. 33, S. 244 ff. wird Bezug genommen. Aufgrund dieser festgestellten Mängel, auf denen das Urteil beruht (§ 337 Abs. 1 StPO), war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des zuständigen Amtsgerichts zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). Dieser war auch die Kostenentscheidung vorzubehalten, weil der Erfolg des Rechtsmittels i.S.d. § 473 StPO noch nicht feststeht.

III. Hinsichtlich des Strafausspruchs wird das Amtsgerichts, soweit eine Verurteilung nach § 266 b StGB zu erfolgen hat, den gegenüber § 263 StGB milderen Strafrahmen zu berücksichtigen haben. Angesichts der Schadenswiedergutmachung des Verurteilten kann zudem die Prüfung der Voraussetzungen einer Strafmilderung nach § 46 a StGB indiziert sein. Sollte das Amtsgericht die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB erwägen, wird es deren Unerlässlichkeit auch unter dem Gesichtspunkt der Ersttäterschaft des Angeklagten, der Schadenswiedergutmachung und der positiven Veränderung in den persönlichen Verhältnissen zu prüfen haben.


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