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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 4 Ws 369/00 OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Ablehnung der bedingten Entlassung, Zurückgabe der Sache an das Landgericht, keine zeitnahe Stellungnahme der JVA zum Vollzugsverhalten, unbrauchbares Prognosegutachten

Normen: StGB 57 Abs. 1; StPO 454 Abs. 1 S. 2, StPO 454 Abs. 2


Beschluss: Strafvollstreckungssache gegen M.A.,
wegen schwerer Brandstiftung,
hier: Ablehnung der bedingten Entlassung.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 25. Juli 2000 gegen den Beschluss der III. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 6. Juli 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07.09.2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an die III. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen zurückgegeben.

Gründe:
I. Mit seiner am 25. Juli 2000 bei dem Landgericht Essen eingegangenen sofortigen Beschwerde vom selben Tage wendet sich der Verurteilte gegen den ihm am 7. August 2000 förmlich zugestellten Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 6. Juli 2000, durch den die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 20. November 1997 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 5. März 1998 zur Bewährung nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln der erkannten Freiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten abgelehnt worden ist. Zwei Drittel der Strafe waren bereits am 9. November 1999 vollstreckt.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die gemäß §§ 454 Abs. 3 StPO, 57 Abs. 1 StGB statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückgabe der Sache zur erneuten Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer.

Das Landgericht Essen hat es unterlassen, eine den Anforderungen des § 454 Abs. 1 Satz 2 StPO genügende Stellungnahme der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen zur Frage der bedingten Entlassung einzuholen. Die bei der Entscheidung berücksichtige Stellungnahme datiert vom 13. Oktober 1999 und stellte somit keine tragfähige, weil nicht zeitnah eingeholte Entscheidungsgrundlage für den angefochtenen Beschluss mehr dar. Von der Anhörung der Leiterin der Justizvollzugsanstalt konnte auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden, zumal das weitere Vollzugsverhalten - der Verurteilte befand sich erst seit dem 8. Juni 1999 in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen, hatte sich zuvor in mehreren anderen Justizvollzugsanstalten als aggressiver und problematischer Strafgefangener gezeigt, sich dagegen in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen einwandfrei geführt - für die zu treffende Entscheidung erhebliche Bedeutung haben kann.

Die Entbehrlichkeit einer aktuellen Stellungnahme ergibt sich auch nicht daraus, dass die Strafvollstreckungskammer ein Prognosegutachten gemäß § 454 Abs. 2 StPO der Sachverständigen Dr. Kraemer eingeholt hat, das im Anhörungstermin am 6. Juli 2000 erörtert worden ist. Das eingeholte Gutachten beruht schon nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage, da der Sachverständigen keine Erkenntnisse hinsichtlich der Entwicklung des weiteren Vollzugsverhaltens des Verurteilten nach dem 13. Oktober 1999 zur Verfügung standen. So ist insbesondere möglich, dass der Verurteilte die in der Stellungnahme der Leiterin der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen vom 13. Oktober 1999 geschilderte positive Entwicklung weiter fortgesetzt hat, was u.a. Rückschlüsse auf seine Anpassungsfähigkeit und seinen Anpassungswillen zulassen und demgemäss der Annahme einer schizoiden Persönlichkeit entgegenstehen könnte. Das Gutachten setzt sich auch nicht damit auseinander, welche Gründe den Verurteilten dazu bewogen haben, im Rahmen des nur sehr kurzen Explorationsgesprächs zu weiten Teilbereichen gegenüber der Sachverständigen keine Angaben zu machen. Zumindest nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist die Feststellung der Sachverständigen, zu der Anlasstat sei es letztlich "in der Verfestigung eines auf möglicherweise paranoiden Vorstellungen basierenden Hasses" gekommen. Eine derartige Feststellung ist den zugrundeliegenden Urteilen nicht zu entnehmen, die Berechtigung dieser Annahme wird nicht hinreichend erläutert. Schließlich ist die Schlussfolgerung der Sachverständigen, es bestehe bei dem Verurteilten weiterhin die durch die Tat zu Tage getretene Gefährlichkeit fort, für den Senat nicht nachvollziehbar begründet. Bei der Anlasstat des nicht vorbestraften Verurteilten handelte es sich nach Einschätzung des Senats eher um eine situationsbedingte und spontane Straftat.

Der Senat hat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung - auch über die Kosten der Beschwerde - an die III. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen zurückgegeben, um eine § 454 Abs. 1 Satz 2 StPO genügende Entscheidung der Strafvollstreckungskammer herbeizuführen und dem Verurteilten nicht eine Instanz zu nehmen.


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