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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 BL 71/00 OLG Hamm

Leitsatz: Befindet sich ein Angeklagter im Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens schon länger als 4 Monate in Untersuchungshaft, ist es mit dem Beschleunigungsgebot nicht mehr vereinbar, Termin zur Hauptverhandlung erst auf einen fast 3 Monate späteren Zeitpunkt anzuberaumen, wenn wichtige Gründe für eine derart späte Ansetzung des Hauptverhandlungstermins nicht erkennbar sind.

Senat: 5

Gegenstand: Haftprüfung durch das OLG, BL 6

Stichworte: wichtiger Grund, Verhinderung des Sachverständigen, langer Zeitraum zwischen Eröffnung und Hauptverhandlung, keine konkrete Stellungnahme auf Anfrage des OLG

Normen: StPO 121

Fundstelle: StV 2000, 515

Beschluss: Strafsache gegen M.N,
wegen Diebstahls u.a.,

(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die Vorlage der Akten zur Entscheidung nach §§ 121, 122 StPO hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Hamm vom 5. November 1999 11 Gs 786/99 - wird aufgehoben.

Gründe:
I.
Dem Angeklagten, der sich nach seiner vorläufigen Festnahme am 4. November 1999 seit dem 5. November 1999 in Untersuchungshaft befindet, werden mit dem Haftbefehl des Amtsgerichts Hamm (11 Gs 786/99) vom selben Tage sieben selbstständige Straftaten, die der Angeklagte zwischen dem 4. Oktober 1999 und den 4. November 1999 begangen haben soll, zur Last gelegt. Im Einzelnen werden ihm in dem Haftbefehl vier Fälle des Wohnungseinbruchsdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB), wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, sowie zwei Fälle des Diebstahls im besonders schweren Fall gemäß §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorgeworfen. Durch eine weitere selbstständige Handlung soll der Angeklagte am 4. November 1999, dem Tag seiner vorläufigen Festnahme, tateinheitlich einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB und eine Verkehrsunfallflucht gemäß § 142 StGB begangen haben, indem er bei seiner Flucht vor der Polizei nach einem von ihm verursachten Verkehrsunfall mit erheblichem Fremdsachschaden sich von der Unfallstelle entfernt und während der anschließenden Verfolgungsjagd mit der Polizei in einen mitten auf der Fahrbahn quergestellten Funkstreifenwagen, in dem sich zwei Polizeibeamte befanden, hineingefahren sein soll. Wegen der Einzelheiten der dem Angeklagten zur Last gelegten Taten wird auf den Inhalt des Haftbefehls des Amtsgerichts Hamm vom 5. November 1999 Bezug genommen.

Mit diesem Haftbefehl im wesentlichen identisch ist die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 12. Januar 2000. In dieser Anklageschrift, die das wesentliche Ergebnis der
Ermittlungen zutreffend zusammenfasst, wird dem Angeklagten über den Inhalt des Haftbefehls hinaus eine weitere selbstständige Straftat des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis durch Führen eines PKWs im öffentlichen Straßenverkehr ohne erforderliche Fahrerlaubnis in Hamm und Rietberg zwischen dem 5. Oktober und 13. Oktober 1999 zur Last gelegt. Das Verhalten des Angeklagten bei seiner Flucht vor der Polizei am 4. November 1999 wird in der Anklage, insoweit teilweise abweichend von der dem Haftbefehl des Amtsgerichts Hamm zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung, als Verbrechen gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 315 Ans. 3 Nr. 1 b StGB in Tateinheit mit Vergehen der Verkehrsunfallflucht (§ 142 StGB>, des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Ans. 1 Nr. 1 StVO) und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) gewertet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Anklageschrift verwiesen.

Nach Eingang der Anklageschrift beim Landgericht Dortmund, die dem Angeklagten am 27. Januar 2000 zugestellt wurde, hat die Strafkammer mit Beschluss vom 22. Februar 2000 die fachärztliche Untersuchung des Angeklagten zu der Frage angeordnet, ob aus ärztlicher Sicht die Voraussetzungen einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB vorliegen. Der mit der Erstattung des Gutachtens beauftragte Sachverständige Dr. med. D. hat sein psychiatrisches Gutachten unter dem 11. März 2000 in Schriftform vorgelegt. Die Strafkammer hat daraufhin mit Beschluss vom 20. März 2000 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren gegen den Angeklagten vor der großen Strafkammer in Dortmund eröffnet. In dem Beschluss vom 20. März 2000 heißt es weiter:

,,Die Untersuchungshaft des Angeschuldigten dauert aus den Gründen ihrer Anordnung fort. Die. Fortdauer über sechs Monate hinaus wird für erforderlich gehalten."

Mit Verfügung vom selben Tage hat der Vorsitzende der Strafkammer Termin zur Hauptverhandlung anberaumt auf den 14. Juni 2000 und zu diesem Termin die Ladung von vier Polizeibeamten, die an der Verfolgungsfahrt vom 4. November 1999 beteiligt waren, als
Zeugen sowie des Sachverständigen Dr. med. D. angeordnet.

Das Landgericht Dortmund hat sodann die Akten über die Generalstaatsanwaltschaft dem Senat zur Entscheidung über die Haftfortdauer gemäß §§ 121, 122 StPO vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft beantragt und mitgeteilt, dass nach fernmündlicher Auskunft des Vorsitzenden der Strafkammer die Hauptverhandlung wegen terminlicher Überlastung des Sachverständigen erst im Juni 2000 beginnen könne.

Der Senat hat sich am 11. Mai 2000 mit folgendem Schreiben an den Vorsitzenden der V. Strafkammer des Landgerichts Dortmund gewandt:

,In der Haftprüfungssache N. wird um Mitteilung gebeten, warum nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss von 20. März 2000 Hauptverhandlungstermin erst auf den 14. Juni 2000 anberaumt worden ist. In diesen Zusammenhang erbittet der Senat eine Aufstellung der in der Zeit vom 20. März bis zum 14. Juni 2000 anberaumten und davon bis heute durchgeführten Sachen mit der zusätzlichen Kennzeichnung, ob es sich um Haft- oder Nichthaftsachen handelt bzw. gehandelt hat, sowie um Angabe der Anzahl der jeweiligen Verhandlungstage. Im Hinblick darauf, dass die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 2. Mai 2000 mitgeteilt hat, dass laut fernmündlicher Auskunft des Vorsitzenden der V. Strafkammer die Hauptverhandlung wegen terminlicher Überlastung des Sachverständigen erst im Juni 2000 beginnen könne, wird ferner um Angabe der Termine gebeten, die den Sachverständigen als mögliche Hauptverhandlungstage benannt worden sind und an denen dieser wegen Verhinderung nicht hätte teilnehmen können.

Der Vorsitzende der Strafkammer hat die Anfrage des Senats mit Schreiben vom 15. Mai 2000 wie folgt beantwortet:

,,In der Haftprüfungssache N. überreiche ich in der Anlage die Aufstellung der Geschäftsstelle über die Termine der V. Strafkammer in den bezeichneten Zeitraum. Ein Termin vor Ablauf der 6-Monats-Frist war wegen anderweitiger Verhinderung des Sachverständigen nicht möglich. Danach ist der erste Termin, der für den gesetzlichen Richter frei war, mit dieser Sache belegt worden."

Diesem Schreiben war eine Aufstellung über die Hauptverhandlungstermine der Strafkammer in der Zeit vom 20. März bis zum 5. Juni 2000 - unter besonderer Kennzeichnung der Haftsachen beigefügt.

II.
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Hamm von 5. November 1999 war aufzuheben, weil die Voraussetzungen, unter denen die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus gemäß § 121 Abs. 1 StPO angeordnet wenden kann, nicht vorliegen. Weder die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen noch ein anderer wichtiger Grund i.S. d. § 121 Abs. 1 StPO rechtfertigt die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft

Zwar ist der Angeklagte der ihm in dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten aufgrund seines glaubhaften Geständnisses, das er bei seiner polizeilichen Vernehmung und bei seiner Vernehmung durch den Haftrichter abgegeben hat, dringend verdächtig. Auch liegt der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) vor, da die Gefahr besteht, dass der Angeklagte sich dem Strafverfahren entziehen wird. Der in der Vergangenheit wiederholt auch in einschlägiger Weise strafrechtlich in Erscheinung getretene Angeklagte, der zuletzt bis Januar 1999 zwei Haftstrafen von insgesamt über neun Jahren verbüßt hat, hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen Haftstrafe zu rechnen, so dass ein hoher Fluchtanreiz gegeben ist, zumal der Angeklagte über keine sozialen Bindungen und keine Arbeitsstelle verfügt.

Gleichwohl unterliegt der an sich gerechtfertigte Haftbefehl der Aufhebung, da das Verfahren von den Landgericht Dortmund nicht mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung gefördert worden ist.

Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Freiheitsanspruch (Art. 2 Abs. 2 5. 2 GG) des noch nicht verurteilten Beschuldigten den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlichen und zweckmäßigen Freiheitsbeschränkungen ständig als Korrektiv entgegenzuhalten ist und sich das Gewicht des Freiheitsanspruchs gegenüber den Strafverfolgungsinteresse mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft vergrößert (vgl. BVerfGE 20, 45, 49 f; 36, 264, 260; 53, 152, 158 f.) . Dem trägt die Vorschrift des § 121 Abs. 1 StPO dadurch Rechnung, dass der Vollzug der Untersuchungshaft vor Ergehen eines Urteils wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden darf, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Die Bestimmung des § 121 Abs. 1 StPO lässt also nur in begrenztem Umfange eine Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus zu und ist dementsprechend eng auszulegen (vgl. BVerfGE 36, 264, 271; 53, 152, 158 f.) . Den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zügigkeit der Bearbeitung von Haftsachen wird nur dann genügt, wenn die 5trafverfolgungsbehörden und Gerichte alle zumutbaren Maßnahmen getroffen haben, um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und ein Urteil herbeizuführen (vgl. OLG Hamm StV 2000, 90, 91; OLG Brandenburg StV 2000, 37; OLG Frankfurt StV 1995, 423; OLG Düsseldorf, StV 1990, 503).

Diesen Erfordernissen wird die Sachbehandlung durch das Landgericht im vorliegenden Verfahren nicht gerecht. Nachdem die Staatsanwaltschaft Bielefeld nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen am 15. Dezember 1999 die Akten am 27. Dezember 1999 der Staatsanwaltschaft Dortmund zur Übernahme des Verfahrens vorgelegt und die Staatsanwaltschaft Dortmund nach erfolgter Verfahrensübernahme zeitnah unter dem 12. Januar 2000 Anklage gegen den Angeklagten erhoben hatte, hat das Landgericht Dortmund nach Zustellung der Anklageschrift an den Angeklagten am 27. Januar 2000 und Bestellung eines Pflichtverteidigers am 4. Februar 2000 mit Beschluss vom 22. Februar 2000 die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Notwendigkeit einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB angeordnet. Nach Eingang des schriftlichen Gutachtens des beauftragten Sachverständigen Dr. D. am 13. März 2000 hat die Strafkammer mit Beschluss vom 20. März 2000 die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt ist dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen ausreichend Rechnung getragen worden. Mit dem Beschleunigungsgebot nicht mehr vereinbar war allerdings die mit Terminsverfügung des Strafkammervorsitzenden vom 20. März 2000 getroffene Entscheidung, Termin zur Hauptverhandlung erst auf den 14. Juni 2000 anzuberaumen. Obwohl der geständige Angeklagte sich zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens schon länger als vier Monate in Untersuchungshaft befunden hatte, ergab sich durch diese Terminsbestimmung ein Zeitraum von weiteren fast drei Monaten bis zum voraussichtlichen Abschluss des Hauptverfahrens, ohne dass wichtige Gründe i.S.v. § 121 Abs. 1 StPO für eine derart späte Ansetzung des Hauptverhandlungstermins erkennbar sind.

Ergänzende Ermittlungen waren nach dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses weder erforderlich, noch sind solche Nachermittlungen durchgeführt worden. Nicht ersichtlich ist auch, dass die Terminslage der Strafkammer oder des Sachverständigen die Anberaumung und Durchführung eines früheren Hauptverhandlungstermins nicht zuließ. Nach der vom Vorsitzenden der Strafkammer als Anlage zu seinem Schreiben vom 15. Mai 2000 überreichten Terminsübersicht fanden und finden regelmäßig Sitzungen der Strafkammer in der Zeit vom 20. März bis zum 5. Juni 2000 montags und mittwochs statt. Aus dieser Aufstellung ergibt sich ferner, dass am 05.04. (Mittwoch), 10.04. (Montag), 12.04. (Mittwoch), 17.04. (Montag) sowie am 26.04. (Mittwoch) keine Sitzungen abgehalten worden sind. Ein Grund dafür, warum nicht einer dieser (regelmäßigen) Sitzungstage zur Verhandlung der vorliegenden Sache genutzt worden ist, ist dem Senat nicht genannt worden, obwohl er mit Schreiben vom 11. Mai 2000 den Vorsitzenden der Strafkammer um Mitteilung gebeten hatte, aus welchen Gründen der Hauptverhandlungstermin erst auf den 14. Juni 2000 anberaumt worden ist. Aus der vom Vorsitzenden der Strafkammer vorgelegten Terminsübersicht ergibt sich weiter, dass am 03.04. (Montag), 19.04. (Mittwoch), 10.05. (Mittwoch), 17.05. (Mittwoch) sowie an 22.05. (Montag) Nicht-Haftsachen vor der Strafkammer verhandelt worden sind, ohne dass ersichtlich ist, aus welchen Gründen die vorliegende und aufgrund des Beschleunigungsgebots vorrangig zu verhandelnde Haftsache nicht unter Absetzung einer Nicht-Haftsache an einem dieser Verhandlungstage verhandelt worden ist.

Soweit der Vorsitzende der Strafkammer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 15. Mai 2000 darauf hingewiesen hat, dass ,,ein Termin vor Ablauf der 6-Monats-Frist wegen anderweitiger Verhinderung des Sachverständigen nicht möglich" gewesen sei, kann auf der Grundlage dieser - entgegen der ausdrücklichen Bitte des Senats - sehr pauschal gehaltenen Erklärung nicht festgestellt werden, dass der früheren Durchführung der Verhandlung eine im Sinne des § 121 StPO beachtliche Verhinderung des Sachverständigen Dr. D. entgegenstand. Aus der Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer geht schon nicht hervor, ob überhaupt eine konkrete Terminsabstimmung mit dem Sachverständigen stattgefunden hat. Jedenfalls lässt die Stellungnahme eine Antwort auf die Frage des Senats vermissen, welche Terminstage dem Sachverständigen als mögliche Hauptverhandlungstage benannt worden sind; insbesondere, ob auch die verhandlungsfreien Terminstage sowie die Termine vom 03.04., 19.04., 10.05., 17.05. und 22.05.2000, an denen Nicht-Haftsachen vor der Strafkammer verhandelt worden sind, genannt worden sind oder auch ein im vorliegenden Fall angesichts der bereits länger andauernden Untersuchungshaft gegen den geständigen Angeklagten in Betracht zu ziehender außerordentlicher Sitzungstag vorgeschlagen worden ist. Für den durch die Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer auch nicht ansatzweise belegten und daher nur theoretischen Fall, dass der beauftragte Sachverständige Dr. med. D. sämtliche, entweder sitzungsfreie oder durch Nichthaftsachen belegte oder etwaige in Betracht zu ziehende außerordentliche Sitzungstage trotz der Eilbedürftigkeit der vorliegenden Haftsache nicht hätte wahrnehmen können, wäre der Vorsitzende der Strafkammer gehalten gewesen zu prüfen, ob angesichts dieser (außergewöhnlichen) Konstellation nicht durch die kurzfristige Beauftragung eines anderen Sachverständigen ein früherer Hauptverhandlungstermin hätte realisiert werden können.

Soweit der Vorsitzende der Strafkammer in seinem Schreiben vom 15. Mai 2000 darauf hinweist, dass nach ,,Ablauf der 6-Monats-Frist der erste Termin, der für den gesetzlichen Richter frei gewesen sei, mit der vorliegenden Sache belegt worden sei", vermag der Senat diese Erklärung ohne konkrete Erläuterungen, um die der Senat in seiner Anfrage vom 11. Mai 2000 gebeten hatte, nicht nachzuvollziehen, zumal nach der als Anlage beigefügten Terminsübersicht vor der Strafkammer u.a. am 17.05., 22.05. und 05.06.2000 Nicht-Haftsachen verhandelt worden sind oder verhandelt werden.

Danach kann ein die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft i.S.d. § 121 Abs. 1 StPO rechtfertigender wichtiger Grund nicht angenommen werden, so dass der Haftbefehl aufzuheben war.


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