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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 358/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Absehen von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot.

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes, Abstand, Sicherheitsabstand, Absehen vom Fahrverbot, grobe Pflichtverletzung, Fahrlässigkeit, keine Vorbelastungen, Geständnis, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse bei hoher Geldbuße (hier: 400,00 DM)

Normen: StVG 25 Abs. 1; BKatV 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1

Beschluss: Bußgeldsache gegen E.M.,
wegen Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Münster gegen den Beschluss des Amtsgerichts Steinfurt vom 13. Dezember 1999/12. Januar 2000 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 25.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen bzw. seiner Verteidiger beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu getroffenen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Steinfurt zurückverwiesen.

Gründe:
Nach Anfechtung des Bußgeldbescheides der Landrätin des Kreises Steinfurt vom 1. September 1999 durch den Betroffenen - gegen ihn war eine Geldbuße von 250, - DM und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt worden - hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 13. Dezember 1999 gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 4 Abs. 1, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG eine Geldbuße von 400,- DM festgesetzt und von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen. In der nachträglichen Begründung (§ 72 Abs. 6 Satz 3 OWiG) vom 12. Januar 2000 ist festgestellt, dass der Betroffene am 22. Juni 1999 gegen 13. 26 Uhr mit dem PKW ST-ZM 333 die Bundesautobahn A 1 in Greven befuhr und dabei zu dem ihm vorausfahrenden Kraftfahrzeug, bei einer Geschwindigkeit von 131 km/h anstatt des erforderlichen Sicherheitsabstandes von 65,50 m nur einen Abstand von 11,64 m einhielt.

Zur Rechtsfolgenbemessung ist in dem Beschluss ausgeführt:

"Gegen den Betroffenen war daher eine Geldbuße festzusetzen. Bei der Höhe der gegen den Betroffenen festzusetzenden Geldbuße hat das Gericht einerseits berücksichtigt, dass er vorliegend in nicht unerheblichem Maße den an sich erforderlichen Sicherheitsabstand unterschritten hat. Andererseits war jedoch zu berücksichtigen, dass der Betroffene die ihm vorliegend zur Last gelegte Verkehrsordnungswidrigkeit nicht in Abrede stellen will. Insbesondere hat das Gericht auch berücksichtigt, dass der inzwischen 55jährige Betroffene bereits seit dem 5. Februar 1973 im Besitz des Führerscheins der Klasse 3 und dennoch bisher wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten noch nicht in Erscheinung getreten ist. Das Gericht geht daher zugunsten des Betroffenen davon aus, dass es sich vorliegend um ein einmaliges Fehlverhalten handelt, welches sich in Zukunft nicht wiederholen wird. Auch hat das Gericht berücksichtigt, dass mangels entgegenstehender Anhaltspunkte, zumindest nach dem derzeitigen Stand der Dinge, dem Betroffenen vorliegend "nur" ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann. Insbesondere in Anbetracht dieser Umstände sowie aber auch angesichts der Regelsätze des entsprechenden Bußgeldkataloges hielt das Gericht von daher die Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 400,00 DM für angemessen und erforderlich, so dass hierauf zu erkennen war.

Von der Anordnung eines Fahrverbotes meinte das Gericht insbesondere in Anbetracht der für den Betroffenen sprechenden Gründe ausnahmsweise absehen zu können. Vielmehr reichte es nach der Auffassung des Gerichts vorliegend aus, durch eine empfindliche Erhöhung der Regelbuße auf den Betroffenen dahingehend einzuwirken, dass er sich in Zukunft verkehrsgerecht verhält."

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden ist. Sie rügt mit näheren Ausführungen in Bezug auf das Absehen von einem Fahrverbot die Verletzung materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel ist zulässig und auch begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 6. April 2000, zu welcher dem Betroffenen bzw. seinen Verteidigern Gelegenheit zur Erwiderung eingeräumt worden ist, u.a. folgendes ausgeführt:

"Nach den bislang getroffenen Feststellungen ist zu beanstanden, dass das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen hat.

Zwar hat der Tatrichter nicht verkannt, dass § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BKatV i.V.m. Nr. 6.2.4 der Tabelle 2 zu Nr. 6 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV grundsätzlich das Vorliegen einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 1. Alternative StVG indiziert, der zugleich ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, dass es regelmäßig der eindringlichen Warn- und Denkzettelfunktion des Fahrverbotes bedarf (BGH NJW 1992, 446, 448; OLG Hamm NZV 1991, 121; VRS 88, 301, 302). Auch ist die Entscheidung, ob trotz der Verwirklichung eines Regeltatbestandes der Bußgeldkatalogverordnung der Einzelfall einen solchen Ausnahmecharakter hat, dass von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung unterworfen (BGHSt 38, 231, 237).

Dem Tatrichter ist jedoch insoweit kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt (zu vgl. OLG Hamm, JMBI. NW 1996, 246, 247). Vielmehr ist der ihm verbleibende Entscheidungsspielraum durch gesetzlich niedergelegte und durch von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt und unterliegt insoweit hinsichtlich der Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht. Die Entscheidung über das Absehen von dem Regelfahrverbot kann vom Rechtsbeschwerdegericht auf das Vorliegen von Ermessensfehlern überprüft werden (vgl. OLG Köln, NZV 1994, 161, 162) und ist daher zu begründen und ausreichend mit Tatsachen zu belegen.

Diesem Erfordernis wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die darin angeführten Umstände sind weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit betrachtet geeignet, eine Ausnahme von der Verhängung des Regelfahrverbotes rechtfertigen zu können. Die Bußgeldkatalogverordnung geht stets von einem fahrlässigen Verkehrsverstoß (§ 1 Abs. 2 BKatV) und davon aus, dass der Betroffene straßenverkehrsrechtlich nicht vorbelastet ist. Auch der in den Gründen festgestellte Umstand, dass, der Betroffene die ihm zur Last gelegte Verkehrsordnungswidrigkeit nicht in Abrede stellt (zu vgl. OLG Düsseldorf VRS 89, '228), rechtfertigt weder allein noch in der Gesamtheit mit den übrigen Umständen das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes. Dass die Verhängung eines Fahrverbotes zu persönlichen oder beruflichen Nachteilen des Betroffenen führen würde, hat das Amtsgericht bislang nicht festgestellt. Insofern fehlen jegliche Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die bei der festgesetzten Geldbuße von 400,00 DM erforderlich sind (zu vgl. Göhler, OWiG, 12. Auflg., Rdnr. 22 f zu § 17 m.w.N.).

Das angefochtene Urteil kann nach alledem im Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Für eine Sachentscheidung des Senats gem. § 79 Abs. 6 OWiG ist nach meiner Auffassung kein Raum, da die bisherigen Feststellungen eine abschließende Entscheidung nicht ermöglichen."

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.

Demgemäss war der angefochtene Beschluss im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache insoweit an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Das Amtsgericht wird auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben, da deren Erfolg bisher noch nicht abschließend zu beurteilen ist.


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