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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 71/99 OLG Hamm

Leitsatz:

  1. Eine durch Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins begangene Untreue nach § 266 StGB in Form des sog. Missbrauchstatbestandes kann durch Abschluss eines gegen die Vereinssatzung verstoßenden Rechtsgeschäfts auch dann gegeben sein, wenn die Mitgliederversammlung dieses Rechtsgeschäft genehmigt.
  2. Der von § 266 StGB vorausgesetzt Vermögensnachteil kann in der Gefahr der Aberkennung des steuerlichen Statuts der Gemeinnützigkeit liegen.


Gericht: OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens, DRK Bochum, Untreue

Normen: StGB 266, StPO 204

Fundstelle: NWB EN-Nr. 648/99; ZAP EN-Nr. 459/99; StraFo 1999, 243; wistra 1999, 350

Beschluss: Strafsache gegen 1. J.B., 2. E.T.,3. H.K., 4. K.Br.,
wegen Untreue, (hier: Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens).

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum vom 6. Januar 1999
gegen den Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 30. Dezember
1998 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht
und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung der
Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Bochum vom 5. Juni 1998 wird zur
Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor einer anderen Strafkammer
des Landgerichts Bochum eröffnet.

Gründe: Die Strafkammer hat durch den angefochtenen Beschluss die Eröffnung des
Hauptverfahrens abgelehnt. Die hiergegen von der Staatsanwaltschaft Bochum
eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeschuldigten B., Dr. Br. und K. mit der Anklage vom 5. Juni 1998 vor, sich einer gemeinschaftlichen Untreue zum Nachteil des Deutschen Roten Kreuzes, Kreisverband Bochum e.V., schuldig gemacht zu haben. Die Angeschuldigten sollen als vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder des Kreisverbandes aus dessen Mitteln von der Stadt Bochum das Grundstück H. 20 in Bochum-Weitmar erworben haben. Dieser Kauf und die sich hieran anschließende, angeblich von vornherein bezweckte Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten der Angeschuldigten T. und der Zeugin M. sollen nicht, wie es die Satzung des Kreisverbandes zwingend erfordert, gemeinnützigen Zwecken, sondern allein den Interessen der Angeschuldigten T. gedient haben. Der Abschluss der Verträge soll nicht nur den wirtschaftlichen Interessen des Kreisverbandes zuwidergelaufen, sondern soll auch den Status der Gemeinnützigkeit und damit die Existenz des Kreisverbandes gefährdet haben. Der Angeschuldigten T. wird vorgeworfen, die genannten Mitangeschuldigten zu dieser
Tat bestimmt zu haben.

II. Das Deutsche Rote Kreuz, (DRK), Kreisverband Bochum e.V., ist eine Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Westfalen-Lippe e.V.. Die Satzungen des Landesverbandes und die vom DRK in Deutschland erlassenen Regelungen sind für den Kreisverband verbindlich (§ 1 Vereinssatzung). Das DRK dient mit seinen Mitgliedern und Einrichtungen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken im Sinne des Abschnitts "Gemeinnützige Zwecke" der Abgabenordnung. Deshalb heißt es in § 2 Nummer 7 der Satzung des Kreisverbandes unter anderem:

"Überschüsse dürfen nur den steuerbegünstigten Zwecken des Kreisverbandes dienen. Eventuelle Gewinne des Kreisverbandes dürfen nur für satzungsgemäße Aufgaben verwendet werden. Es darf niemand durch zweckfremde Verwaltungsaufgaben oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden."

Die Angeschuldigten B., Dr. Br. und K. bildeten in dem hier maßgebenden Zeitraum nach § 12 der Satzung den Vorstand des Kreisverbandes. Der Angeschuldigte B. - Jurist und Stadtdirektor der Stadt Bochum - war seit dem Jahre 1980 Vorsitzender sowie der Angeschuldigte Rechtsanwalt und Notar Dr. Br. seit dem Jahre 1976 stellvertretender Vorsitzender. Der Angeschuldigte Diplomvolkswirt K., von Beruf Bankkaufmann, war seit dem Jahr 1975 Schatzmeister. Die Angeschuldigte T. war seit dem 1. Oktober 1975 hauptamtliche Mitarbeiterin des Kreisverbandes, zunächst als Sekretärin der Zeugin M., der früheren Geschäftsführerin des Kreisverbandes, dann als stellvertretende Geschäftsführerin und seit dem 1. August 1985 als Geschäftsführerin. Zu ihren Aufgaben gehörte unter anderem die eigenverantwortliche Abwicklung der baulichen Erweiterung des vom Kreisverband betriebenen Altenheims an der Straße H. 2-6 in Bochum. Mit der Errichtung des Erweiterungsbaus hatte der Kreisverband den Bauunternehmer Ka. in Bochum beauftragt. Die Baukosten betrugen 19,1 Millionen DM, davon entfielen 18,2 Millionen DM auf den dem Bauunternehmer Ka. erteilten Auftrag. Anläßlich einer Besprechung über Zahlungsmodalitäten hinsichtlich des genannten Bauvorhabens am 20. Juli 1992 bot Ka. der Angeschuldigten T. an, für sie einen Doppelbungalow zum Preis von 345.000,- DM - in Worten: dreihundertfünfundvierzigtausend Deutsche Mark - zu errichten. Dabei war der Angeschuldigten T. nach ihrer eigenen Einlassung klar, dass dieser Preis - wenn überhaupt - die Selbstkosten des Bauunternehmers Ka. deckte. In der Folgezeit suchte die Angeschuldigte T. mit Hilfe des Zeugen Ka. ein geeignetes Baugrundstück im Münsterland (Haltern-Sythen), bis Letzterer sie auf das im Eigentum der Stadt Bochum stehende und neben dem vom Kreisverband betriebenen Altenheim gelegene Grundstück Gemarkung Weitmar, Flur 7, Flurstück Nr. 585, aufmerksam machte. Nach Vorgesprächen mit dem Leiter des Liegenschaftsamtes, dem Zeugen W., wandte sie sich mit Schreiben vom Oktober 1993 unter dem Absender E.T., Geschäftsführerin des DRK, Kreisverband Bochum, an den Oberstadtdirektor der Stadt Bochum und führte unter anderem folgendes aus:

"Kauf eines Grundstücks bzw. Einräumung eines Erbbaurechts
hier: Bebauungsvorschlag

Sehr geehrter Herr Oberstadtdirektor,
das Deutsche Rote Kreuz (DRK) - Kreisverband Bochum - betreibt auf eigenen Grundstücken an der Straße "An der H." ein Altenwohn- und Pflegeheim mit 150 Plätzen. Zur Zeit erfolgt eine Erweiterung, die rohbaumäßig fast abgeschlossen ist, um zusätzlich 126 Pflegeplätze und 18 Tagespflegeplätze. Nach Durchführung dieser Maßnahme hat das Deutsche Rote Kreuz - Kreisverband Bochum - 400 Beschäftigte.

Die Größe der vorgenannten Anlage macht es immer zwingender notwendig, dass ich in der Nähe des Altenwohn- und Pflegeheimes meinen Wohnsitz nehme. Ich bewohne seit 10 Jahren in Bochum-Gerthe eine Wohnung, die über 2 Etagen führt. Eine vor 3 Jahren erfolgte Operation an der Luftröhre führte dazu, dass mir das Treppensteigen mehr und mehr Schwierigkeiten bereitet. Um in den nächsten Jahren meine ganze Arbeitskraft weiterhin dem DRK zur Verfügung stellen zu können, bitte ich, mir bei der Errichtung eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung behilflich zu sein. In Vorgesprächen mit dem Leiter des Liegenschaftsamtes Herrn W. wurde als Standort ein Grundstück an der Straße "An der H." ins Auge gefasst. Dieser Bereich wäre wegen der räumlichen Nähe geradezu ideal für den beabsichtigten Zweck geeignet. Da das DRK aus grundsätzlichen und finanziellen Überlegungen zur Zeit nicht zur Errichtung eines Wohnhauses, sozusagen als Dienstwohnung, in der Lage ist, würde ich mich sehr freuen, wenn die Stadt Bochum mir auf diesem Wege helfen könnte..."

Die Stadtverwaltung schlug daraufhin den zuständigen Gremien der Stadt Bochum vor, der Angeschuldigten T. ein Erbbaurecht an dem Grundstück einzuräumen. In der Beschlussvorlage Nr. 1994/223 heißt es dazu unter anderem:

"Aufgrund ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin ist es von großem Vorteil, eine Wohnung bzw. ein Haus in der Nähe zu haben .... Aus Finanzierungsgründen bat Frau T. um die Einräumung eines Erbbaurechts. Um den engen Zusammenhang mit dem DRK-Kreisverband Bochum Rechnung zu tragen, soll ein Ankaufsrecht am Grundstück sowie ein Vorkaufsrecht am Grundstück und am Erbbaurecht zugunsten des DRK begründet werden..."

Diese Vorlage fand indessen nicht die Zustimmung des Grundstücksausschusses der Stadt Bochum. Die Angeschuldigte T. erreichte es aber in der Folgezeit, dass der Vorstand des Kreisverbandes sich zum Ankauf des Grundstücks durch den Kreisverband, verbunden mit der vertraglichen Befugnis, ein Erbbaurecht zugunsten von Mitarbeitern einzuräumen, entschloss. Der Angeschuldigte Dr. Br. verfasste am 20. Mai 1993 ein Schreiben an die Stadt Bochum, Liegenschaftsamt, in dem es unter anderem heißt :

"Grundstück An der H., Flur 7, Flurstück Nr. 585

Sehr geehrter Herr F.,
ich kann Ihnen heute die Mitteilung machen, dass unser Kreisverband bereit ist, aus dem im Betreff bezeichneten Flurstück Gemarkung Weitmar Flur 7 Nr. 585 eine Teilfläche in Größe von ca. 900 qm mit dem Recht zu erwerben, an diesem Kaufgrundstück Mitarbeitern unseres Kreisverbandes ein Erbbaurecht einzuräumen. Über den Kaufpreis und dessen Fälligkeit sollte möglichst kurzfristig eine Abstimmung erfolgen.

Als Alternative sehen wir die Möglichkeit, dass die Stadt Bochum unserer Kreisgeschäftsführerin, Frau Eva T., - wie bisher vorgesehen - an dem gekennzeichneten Grundstück (Teilfläche) ein Erbbaurecht einräumt, jedoch unter der Bedingung, dass zu Gunsten unseres Kreisverbandes ein Vorkaufsrecht an dem Erbbaurecht für jeden Fall des Verkaufs dinglich gesichert wird. Wegen der bereits erwähnten Abstimmung, auch über die Frage, welche der beiden
Alternativen die Stadt den Vorzug gibt, steht Frau T. zur Verfügung. Ich darf Sie bitten den Besprechungstermin direkt mit ihr abzustimmen."

Dieses Schreiben trägt den handschriftlichen Vermerk der Angeschuldigten T.:

"Ich habe keine Änderungswünsche".

Eine Vorlage der Stadtverwaltung Bochum, in der der Verkauf des Grundstücks an den Kreisverband mit der Bestimmung, dieses für Wohnzwecke zu verwenden und der Berechtigung nur für Mitarbeiter ein Erbbaurecht einzuräumen, wurde von den zuständigen Gremien der Stadt angenommen. In Schreiben an die Stadt Bochum, die belegen, dass die Angeschuldigte T. über den laufenden Stand der Verhandlungen stets bestens informiert war, nahm sie auf die Vertragsformulierungen tatsächlich Einfluss.

Am 30. Juni 1994 wurde zwischen dem Kreisverband, vertreten durch den Angeschuldigten B., zugleich als vollmachtloser Vertreter für den Angeschuldigten Dr. Br. handelnd, und der Stadt Bochum ein notarieller Kaufvertrag über das Grundstück geschlossen, in dessen § 7 es heißt: "Der Käufer verpflichtet sich, das Grundstück mit einem Ein- bis Zweifamilienhaus für seine Mitarbeiter zu bebauen bzw. bebauen zu lassen. Innerhalb dieser Verpflichtung ist der Käufer berechtigt, ein Erbbaurecht an dem Grundstück einzuräumen."

Eine Zustimmung der Mitgliederversammlung zum Abschluss des Vertrages lag, worauf auch im Vertrag selbst hingewiesen wurde, zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.

Der Kaufpreis in Höhe von 154.000,- DM wurde von einem Girokonto des Kreisverbandes überwiesen, das von der kontoführenden Bank als Baukonto geführt wurde, da von diesem überwiegend Rechnungen, die den Erweiterungsbau des Altenheims betrafen, gezahlt wurden. Die Anweisungen zur Ausführung der Zahlungen wurden von der Angeschuldigten T. erteilt.

Schon zuvor am 6. Mai 1994 beauftragten die Angeschuldigte T. und die Zeugin
M., die seit 20 Jahren zusammenleben, den Bauunternehmer Ka. mit der Errichtung eines eineinhalb-geschossigen Zweifamilienhauses auf diesem Grundstück.

Der vereinbarte Preis, der bei einer Grundfläche des Baukörpers von 300 qm - in Worten: dreihundert - sämtliche Leistungen einschließlich der Gestaltung der Außenflächen umfasste, betrug 575.000,- DM. Die Bauherren hatten 345.000,- DM zu zahlen. Der Restbetrag wurde hypothekarisch abgesichert und durch Ka. auf Lebenszeit zins- und tilgungsfrei gestundet. Der tatsächliche Wert des Hauses, mit dessen Errichtung Ka. spätestens im Juni 1994 begann und das Ende 1994 bezugsfertig war, betrug etwa 1.200.000,- DM. In die zweite Wohnung des Hauses sollten Angehörige der Angeschuldigten T. einziehen, die nicht beim DRK
beschäftigt waren.

Mit Datum vom 16. September 1994 richtete der Angeschuldigte B. ein Schreiben an den Vorstand des DRK-Landesverbandes Westfalen-Lippe e.V., der das Grundstücksgeschäft zu genehmigen hatte (§ 5 Abs. 5 der Satzung), das folgenden Inhalt hatte:

"Sehr geehrter Herr Präsident,
der DRK-Kreisverband Bochum e.V. hat in den letzten Jahren sein Aufgabengebiet erheblich erweitert. Er beschäftigt zur Zeit rd. 320 hauptamtliche Mitarbeiter und rd. 100 ZDL und Honorarkräfte. Der Vorstand hielt und hält es für zwingend geboten, dass die Geschäftsführung in unmittelbarer Nähe des Rotkreuzzentrums Wohnung nimmt, um schnellstens erreichbar zu sein. Da der Kreisverband nicht die finanziellen Mittel zum Bau einer entsprechenden Dienstwohnung zur Verfügung hat, wurden nach Rücksprache mit Frau T. Verhandlungen mit der Stadt Bochum aufgenommen, um für ein entsprechendes Grundstück von der Stadt Bochum ein Erbbaurecht für Frau T. zu erhalten. Ein Antrag wurde gestellt und positiv von allen Abteilungen der Verwaltung beurteilt."

In der Sitzung des Rates wurde dann allerdings beschlossen, dem DRK-Kreisverband das entsprechende Grundstück zu verkaufen mit der Maßgabe, seiner Geschäftsführerin ein Erbbaurecht einzuräumen und das Grundstück auf Dauer für Wohnzwecke zu nutzen. Der Kreisverband entschloss sich zum sofortigen Kauf, da der Rat wegen der Neuwahlen in 1994 nicht mehr zusammentraf. Der Kaufvertrag wurde abgeschlossen mit der Maßgabe, dass das Votum der Mitgliederversammlung noch einzuholen sei.

Der Vorstand des Landesverbandes wird um nachträgliche Zustimmung zum Kauf des
Grundstücks gebeten."

Der Genehmigungsantrag stieß beim Landesvorstand auf erhebliche Bedenken, weil dort die Auffassung bestand, dass die Verträge eine satzungswidrige Begünstigung einer einzelnen Person darstellten und dieser Verstoß die Gemeinnützigkeit des Kreisverbandes gefährde. Der Vorsitzende des Kreisverbandes wurde auf diese Bedenken hingewiesen. Letztlich wurde jedoch mit Schreiben vom 22. Dezember 1994 der Grundstückkauf und die Bestellung des Erbbaurechts mit der Maßgabe genehmigt, dass im Erbbaurechtsvertrag ein Heimfallanspruch spätestens zum Zeitpunkt des Ablebens der Erbbauberechtigten zu einem bereits heute festzulegenden Preis vereinbart werden sollte.

Zuvor hatte bereits am 30. November 1994 eine Mitgliederversammlung des Kreisverbandes stattgefunden, in deren Verlauf des Angeschuldigte B. der Versammlung folgendes erläuterte:

"... dass die Stadt Bochum dem Kreisverband ein Nachbargrundstück des Geländes An der H. zum Kauf angeboten habe, damit dieser in die Lage versetzt werde, Frau T. und Frau M. den Bau eines Hauses in Erbpacht in unmittelbarer Nähe zu Altenheim und Kreisgeschäftsstelle zu ermöglichen."

Daraufhin beschloss die Mitgliederversammlung, den Erwerb des Grundstücks zum Preis von 154.480,- DM zu genehmigen und an dem Grundstück zugunsten der Angeschuldigten T. und Frau M. ein Erbbaurecht zu einem Erbbauzins in Höhe von jährlich 6,84 DM pro Quadratmeter zu bestellen. Am 18. Mai 1995 schlossen sodann die Angeschuldigten B. und K. als Vertreter des Kreisverbandes mit der Angeschuldigten T. und der Zeugin M. den Erbbaurechtsvertrag. Der Heimfallanspruch zugunsten des Kreisverbandes ist dergestalt geregelt, dass er spätestens nach dem Ableben des Längstlebenden der beiden Erbbauberechtigten geltend gemacht werden kann. In § 6 d heißt es zu der dann zu zahlenden Entschädigung:

"Macht der Grundstückseigentümer von seinem Heimfallanspruch gemäß vorstehender Bestimmung Gebrauch, so hat er den Erbbauberechtigten eine Vergütung in Höhe von 85 % des Verkehrswertes für das Erbbaurecht im Zeitpunkt der Ausübung des Heimfallanspruchs zu gewähren."

Ein Entgelt für die tatsächliche Nutzung des Grundstücks von Juni 1994 bis zur Eintragung des Erbbaurechts im Oktober 1995 wurde nicht gezahlt. Nach Anklageerhebung fanden Gespräche zwischen Vertretern des Finanzamts Bochum, der Oberfinanzdirektion Münster und des Kreisverbandes über den rückwirkenden Entzug der Gemeinnützigkeit statt. Nach Auffassung des Finanzamtes konnte ein Nachweis darüber, dass ausreichend freie Rücklagen für den Ankauf des Grundstücks zur Verfügung standen, nicht erbracht werden, da weder eine jährliche Überschußrechnung erstellt noch die mit der Vermögensverwaltung zusammenhängenden Kosten berücksichtigt worden waren. Auch sei das Handeln des Kreisverbandes planvoll, mit dem Ziel der persönlichen Begünstigung der Angeschuldigten T. erfolgt. Mit Schreiben vom 15. September 1998, gerichtet an die Oberfinanzdirektion Münster und das zuständige Finanzamt Bochum, teilte die vom Kreisverband beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft folgendes mit:

"...
im Nachgang zu unserem Schriftsatz vom 23. Juli 1998 übersenden wir Ihnen anliegend eine Fotokopie des Schreibens des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen vom 2.9.1998, mit dem angekündigt wird, dass bei Aberkennung der Gemeinnützigkeit sämtliche öffentlichen Mittel grundsätzlich zurückgefordert werden müssen. Da dies gleichzeitig das "Aus" für dem DRK Kreisverband Bochum e.V. bedeuten würde, verbietet sich für unseren Mandanten, die tatsächliche Verständigung mit dem Finanzamt Bochum-Süd, solange diese die Aberkennung der Gemeinnützigkeit zur Folge hat.

Aus den im Schreiben vom 23. Juli 1998 genannten Gründen, die wir nachfolgend noch ergänzen, bitten wir um sorgfältige Prüfung, ob auch angesichts der drohenden mittelbaren Folgen (Mittelentzug und Konkurs) die Aberkennung der Gemeinnützigkeit im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die einzige mögliche Entscheidung ist. Dabei berücksichtigen Sie bitte, dass sich die Fördergeber aus formalen Gründen außerstande sehen, die steuerrechtlichen Auswirkungen der Aberkennung von den förderrechtlichen Auswirkungen zu trennen. Eine Aufspaltung der Verhältnismäßigkeitsprüfung in einen steuerrechtlichen Teil (durch die Finanzbehörden) und einen förderrechtlichen Teil (durch die Mittelgeber) verbietet sich daher und die mittelbaren Folgen der Gemeinnützigkeitsaberkennung haben bereits auf der ersten Stufe in die Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit mit einzufließen."

Durch Bescheide von November 1998 hat das zuständige Finanzamt Bochum in Abänderung bereits bestehender Steuerbescheide Nachforderungen von Körperschaftssteuer für die Jahre 1991 bis 1993 in Höhe von jeweils 50.600,- DM und die Jahre 1993 bis 1996 in Höhe von jeweils 46.200,- DM erhoben sowie einen Bescheid über für das Jahr 1997 zu zahlende Körperschaftssteuer in Höhe von 46.200,- DM erlassen. Begründet wurden diese auf die Gesamtsumme von 382.800,- DM gehenden Bescheide damit, dass der Kreisverband nicht mehr gemeinnützig im Sinne der §§ 52 ff. AO sei. Wegen des Sachverhalts, der Gegenstand des Strafverfahrens gegen die Angeschuldigten sei, habe der gemäß § 63 Abs. 3 AO erforderliche Nachweis, dass die tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen der Satzung entsprochen habe, nicht erbracht werden können.

Das Landgericht Bochum hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen abgelehnt und seine Entscheidung auf folgende Gesichtspunkte gestützt:

Der Ankauf des Grundstücks habe zu keinem wirtschaftlichen Schaden beim Kreisverband geführt, da der wirtschaftliche Wert des Grundstücks höher als der Kaufpreis gewesen sei. Dies gelte in gleichem Maße für die Einräumung des Erbbaurechts, da der von den Erbbauberechtigten zu zahlende Erbbauzins angemessen sei. Die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks bis zur Eintragung des Erbbaurechts sei zum einen durchaus marktüblich gewesen; darüber hinaus habe die Angeschuldigte T. Kosten für ein Bodengutachten übernommen, die an sich der Kreisverband habe zahlen müssen, so dass dadurch jedenfalls ein angemessener Ausgleich für die Gebrauchsüberlassung erfolgt sei.

Auch der Abschluss des Kauf- und Erbbaurechtsvertrages stelle keinen Verstoß gegen die steuerrechtlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit dar. Der Kreisverband habe über freie Rücklagen verfügt, die er zum Ankauf des Grundstücks hätte verwenden dürfen. Im übrigen dürfe ein Verstoß gegen das aus §§ 51 Abs. 1 Satz 1, 55, 58 Nr. 6 und 7 AO abgeleitete Gebot, vorhandene Mittel gegenwartsnah für satzungsgemäße Zwecke einzusetzen, nicht automatisch zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen. Die Finanzbehörden seien verpflichtet gewesen, dem Kreisverband gem. § 63 Nr. 4 AO eine Frist zur Auflösung der unzulässigen Rücklage und zur satzungsgemäßen Mittelverwendung zu setzen. Auch wenn § 63 AO eine Ermessensvorschrift darstelle, seien die Finanzbehörden verpflichtet gewesen, dergestalt zu verfahren.

Der Abschluss der Verträge habe ohnehin satzungsgemäßen Zielen gedient, da er der Angeschuldigten T. als Geschäftsführerin durch sofortige Erreichbarkeit die optimale Erfüllung ihrer Aufgaben habe ermöglichen sollen.

Im übrigen hätten die Angeschuldigten jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt. Auch wenn der Landesverband Bedenken hinsichtlich der Satzungskonformität der Handlungsweise des Kreisverbandes angemeldet habe, habe er doch letztlich die Genehmigung erteilt.

Es sei "unvorstellbar", dass die Angeschuldigten Juristen B. und Dr. Br., die Problematik ihres Handelns gesehen und so die Existenz des Kreisverbandes aufs Spiel gesetzt hätten. Der Angeschuldigte K. habe sich als Nichtjurist auf die Richtigkeit der Auffassung seiner Mitangeschuldigten verlassen dürfen.

Mit der Beschwerde verfolgt die Staatsanwaltschaft ihre in der Anklageschrift dargelegte Rechtsauffassung weiter. Sie sieht sich durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit in ihrer Auffassung bestätigt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Anklage, die Beschwerdebegründung vom 27. Januar 1999 und die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 18. Februar 1999 verwiesen.

Die Angeschuldigten haben durch Schriftsätze ihrer Verteidiger vom 9. März, 25. März und 29. März 1999 Stellung genommen.

III. Aufgrund des mit der Anklage der Staatsanwaltschaft Bochum vom 5. Juni 1998 vorgeworfenen Sachverhalts sind die Angeschuldigten B., Dr. Br. und K. hinreichend verdächtig (§ 203 StPO), sich einer gemeinschaftlichen Untreue in Gestalt des Missbrauchstatbestandes nach §§ 266 Abs. 1 1. Alternative, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht zu haben sowie die Angeschuldigte T., diese hierzu bestimmt zu haben.

Ein Missbrauch einer Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis im Sinne dieser Norm liegt vor, wenn der Täter den Inhaber des zu betreuenden Vermögens wirksam nach außen verpflichtet oder über dessen Vermögen verfügt, im Innenverhältnis aber bestimmungs- und pflichtwidrig handelt (Lenckner in Schönke-Schröder, StGB, 25. Auflage, § 266 Rn. 8). Dabei haben Organe rechtsfähiger Vereine bei Ausübung ihrer Befugnisse namentlich die satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu beachten. Anderenfalls handeln sie pflichtwidrig (vgl. dazu BGH wistra 1994, 25, 27; BGH NJW 1975, 1234; BGH NStE § 266 Nr. 30; Lenckner aaO. Rn. 18).Vorliegend bildeten die Angeschuldigten B., Dr. Br. und K. nach § 12 der Satzung des Kreisverbandes dessen Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 2 BGB. Sie waren deshalb gehalten, ihre gesetzlich begründete, nach außen unbeschränkte Vertretungsmacht im Innenverhältnis nur nach Maßgabe der satzungsmäßigen Zwecke des Kreisverbandes auszuüben. Diese Verpflichtung haben sie nach der Anklage verletzt. Denn es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie durch den Abschluss des Kaufvertrages vom 30. Juni 1994 und des Erbbaurechtsbestellungsvertrages vom 18. Mai 1995 gegen die genannte Satzung verstoßen haben, der zufolge der Kreisverband ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken zu dienen hat und einzelne Personen nicht begünstigen darf.

Das bisherige Ergebnis der Ermittlungen spricht dafür, dass der Ankauf des Grundstücks allein mit der Zielsetzung erfolgt ist, der Angeschuldigten T. und der Zeugin M. ein Erbbaurecht an dem Grundstück einzuräumen. Dieses Handeln der drei Angeschuldigten war danach weder erforderlich noch geeignet, die gemeinnützigen Zwecke des Kreisverbandes zu erfüllen. Der Abschluss der Verträge stellte eine ausschließlich den Interessen der Angeschuldigten T. dienende Leistung dar, die dem in der Satzung verankerten Gebot der Gemeinnützigkeit und dem Verbot der Begünstigung einer einzelnen Person widersprach.

Die Bestellung des Erbbaurechts zugunsten der Zeugin M., der im Ruhestand lebenden, allenfalls noch ehrenamtlich tätigen ehemaligen Geschäftsführerin des Kreisverbandes, diente erstens unter keinem möglichen Gesichtspunkt der Erfüllung gemeinnütziger Aufgaben des Kreisverbandes und ist im übrigen vom Vorstand selbst auch nicht damit begründet worden. Grund für diese Bestellung war vielmehr allein das persönliche Anliegen der Angeschuldigten T., die Zeugin M. abzusichern.

Die Bestellung widersprach also dem Postulat der Gemeinnützigkeit und dem satzungsgemäßen Verbot der Begünstigung einzelner Personen. Zweitens widersprach auch der Ankauf des Grundstücks und die Bestellung des Erbbaurechts zugunsten der Angeschuldigten T. der Zielsetzung der Satzung. Der dargestellte zeitliche Ablauf lässt besorgen, dass Anlass und Grund der Vertragsabschlüsse allein die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse der Angeschuldigten T. waren, die das für sie äußerst vorteilhafte Angebot des Bauunternehmers Ka. nutzen und in der Nähe ihres Arbeitsplatzes bauen wollte.

Dies zeigt sich deutlich sichtbar daran, dass der Kreisverband erst in dem Zeitpunkt mit der Absicht, das Grundstück zu kaufen, an die Stadt Bochum herangetreten ist, als das Vorhaben der Angeschuldigten T., selbst von der Stadt ein Erbbaurecht eingeräumt zu erhalten, gescheitert gewesen ist. Der Kreisverband war weder aus arbeitsrechtlichen noch aus sonstigen Gründen verpflichtet und berechtigt, der Geschäftsführerin, die diese Tätigkeit viele Jahre verrichtet hatte, ohne in der Nähe des Büros des Kreisverbandes oder seiner Einrichtungen zu wohnen, wenige Jahre vor Erreichen des Rentenalters ein Grundstück zwecks Bebauung zur Verfügung zu stellen. Das Argument, die Angeschuldigte T. hätte deswegen in unmittelbarer Nähe des benachbarten Altenheimes wohnen müssen, damit sie persönlich jederzeit kurzfristig erreichbar sei, ist lediglich ein vorgeschobenes. Im Hinblick auf die im wirtschaftlichen und organisatorischen Bereich liegende Tätigkeit einer Geschäftsführerin - insofern im Gegensatz zu einem Arzt oder zum Pflegepersonal - ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde die jederzeitige persönliche Erreichbarkeit der Angeschuldigten T. zur Erfüllung ihrer Aufgaben unerlässlich gewesen sein sollte.
Dies zeigt sich auch darin, dass einem Nachfolger der Angeschuldigten T. in der Funktion des Geschäftsführers - jedenfalls zu deren und der Zeugin M. Lebzeiten das Grundstück ohnehin nicht zur Verfügung gestanden hätte. Nicht ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Angeschuldigte T. zunächst ein Grundstück zunächst nicht in der Nähe ihres Arbeitsplatzes, sondern in dem mehr als 40 Kilometer von Bochum-Weitmar entfernt liegenden Haltern-Sythen erfolglos gesucht hatte.

Der Annahme des hinreichenden Tatverdachts steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass die Mitgliederversammlung als oberstes und satzungsgemäß dazu berufenes Organ des Kreisverbandes den Abschluss des Kaufvertrages genehmigt und in die Bestellung des Erbbaurechts eingewilligt hat.

Zwar kann die Zustimmung des Geschäftsherrn (ob tatbestandsausschließend oder
rechtfertigend kann hier dahingestellt bleiben) den Tatbestand des Missbrauchs im Sinne des § 266 StGB ausschließen (vgl. Lenckner aaO. Rn. 21 m.w.N.; Fischer in
Tröndle/Fischer, StGB, 49. Aufl., § 266 Rn. 14; Samson in SK § 266 Rn. 46; BGHSt 34, 379, 384 ff.; 35, 333, 336; OLG Hamm NJW 1982, 190, 192). Eine solche Zustimmung ist aber bei juristischen Personen wegen des beabsichtigten Schutzes der eigenen Rechtspersönlichkeit nur beschränkt möglich. Strafrechtlich wirkungslos ist eine Zustimmung, die selbst gesetzeswidrig oder untreu ist (vgl. Schünemann in LK, StGB, 11. Aufl. § 266 Rn. 100 m. w. N.). Der zustimmende Beschluss der Mitgliederversammlung, der Auswirkungen auf das Vermögen hat, muß also selbst an der Satzung gemessen werden. Verstößt er gegen Bestimmungen der Satzung, ist er nicht nur zivilrechtlich nichtig (vgl. Palandt-Heinrichs, 54. Aufl., § 32 Rn. 9; BGHZ 59, 372; BGH NJW 1971, 879; 1975, 2101). Er steht auch der Annahme pflichtwidrigen Handelns der ausfahrenden Organe nicht entgegen (vgl. dazu BGH wistra 1994, 25, 27; OLG Hamm NJW 1982, 190, 192).

Die in der Mitgliederversammlung vom 30. November 1994, also kurz vor der Bezugsfertigkeit des von der Angeschuldigten T. errichteten Hauses, beschlossene Genehmigung des Grundstücksankaufs und Einwilligung zur Bestellung des Erbbaurechts verstößt aus den oben dargelegten Gründen, die in gleichem Maße für die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung gelten, gegen die Satzung des Kreisverbandes und entfaltet deshalb eine tatbestandsausschließende beziehungsweise rechtfertigende Wirkungen für die Angeschuldigten nicht.

Der Missbrauchstatbestand des § 266 StGB setzt überdies voraus, dass dem zu betreuenden Vermögen durch das pflichtwidrige Handeln ein Nachteil zugefügt worden ist. Dazu genügt eine konkrete, wirtschaftlich zu einer Minderbewertung führende Vermögensgefährdung (vgl. Lenckner aaO Rn. 45).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Abschluss der Verträge hat nämlich zu der Gefahr geführt, dass dem Kreisverband der steuerliche Status der Gemeinnützigkeit aberkannt wird. Nach dem in ständiger Rechtsprechung vertretenen wirtschaftlichen Vermögensbegriff (vgl. BGH NJW 1975, 1234 ff.; BGHSt 16, 220; Cramer in Schönke-Schröder, § 263 Rn. 80 m.w.N.; Fischer in Tröndle/Fischer, § 263 Rn 27) stellt die Gemeinnützigkeit eine Rechtsposition dar, der ein hoher wirtschaftlicher Wert beigemessen werden kann. Der Verlust der Gemeinnützigkeit stellt deshalb einen wirtschaftlichen Schaden dar. Immerhin führt deren Aberkennung zu dem Verlust der Befreiung von der Körperschaftssteuer sowie der Berechtigung zum Bezug öffentlicher Mittel und gefährdet damit die Existenz des Kreisverbandes in einem essentiellen Ausmaß. Die in Abstimmung mit der vorgesetzten Oberfinanzdirektion und dem Finanzministerium gegen den Kreisverband erlassenen Steuerbescheide des Finanzamts Bochum sind zwar noch nicht bestandskräftig geworden. Entgegen der Auffassung der Strafkammer ist aber keineswegs sicher, dass die gegen diese Bescheide gerichtete Rechtsverfolgung des Kreisverbandes Erfolg haben wird. Deshalb kann eine konkrete Vermögensgefährdung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BGHSt 21, 113 ff.). Es bestehen nämlich, wie oben dargelegt, hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Angeschuldigten Mittel des Kreisverbandes satzungswidrig verwendet haben. Auch ist ihnen bisher der gegenüber dem Finanzamt zu führende Nachweis misslungen, dass der Grundstückskaufpreis steuerrechtlich unschädlich aus zulässig gebildeten sogenannten freien Rücklagen im Sinne des § 58 Nr. 7 a AO geflossen ist.

Die Möglichkeit zur Bildung freier Rücklagen stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass gemeinnützige Körperschaften ihre Einnahmen vollständig und zeitnah dem satzungsmäßigen Zweck zuführen müssen. Sie soll die Körperschaften in die Lage versetzen, für größere Projekte Mittel nach und nach anzusammeln und sie dann dem Satzungszweck entsprechend zu verwenden (vgl. Tipke-Kruse, AO, § 58 Rn. 9, Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrates, BT-Drucksache 10/3295, 1). In freie Rücklagen dürfen indes höchstens 25 % des Nettoergebnisses aus Vermögensverwaltung eingestellt werden. Sie müssen gesondert ausgewiesen und gegenüber dem Finanzamt im Jahr der Rücklagenbildung geltend gemacht werden. Wird von der Möglichkeit zur Bildung einer freien Rücklage in einem Jahr kein Gebrauch gemacht oder die Höchstgrenze nicht ausgeschöpft, so ist ein Nachholen in späteren Jahren nicht zulässig (vgl. Schad/Eversberg DB 1986, 2149, 2152).Hier hat der Kreisverband die angebliche Rücklagenbildung dem Vermerk des Finanzamts Bochum vom 26. November 1998 zufolge weder rechtzeitig angemeldet noch dort die vorgeschriebenen Mittelverwendungsrechnungen und die Berechnung der Rücklagenbildung eingereicht. Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus dem im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes erstatteten Rechtsgutachten des Prof. Dr. S., da dort unterstellt worden ist, dass freie Rücklagen nach Abzug der Erwerbsaufwendungen eingestellt worden sind (vgl. S. 17 Fn. 43 des Gutachtens).Zwar kann das Finanzamt nach § 63 Abs. 4 AO in Fällen, in denen die gemeinnützige Körperschaft Mittel angesammelt hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 und 7 AO vorliegen, vor dem Entzug der Gemeinnützigkeit zunächst eine Frist für die Verwendung der Mittel setzen. Das ist hier aber nicht geschehen. Ein Ermessensfehler liegt der Stellungnahme des Finanzministeriums vom 14. Oktober 1998 zufolge insoweit nicht vor. Von der Möglichkeit des Vorgehens nach § 63 AO soll das Finanzamt nämlich nur bei relativ geringfügigen Verstößen gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung Gebrauch machen, nicht aber in Fällen, in denen wie hier auch ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit vorliegt (vgl. Klein, AO, 6. Aufl. § 64 Anm. 3).Die Angeschuldigten B., Dr. Br. und K. sind auch hinreichend verdächtig, vorsätzlich aufgrund eines gemeinsam gefassten Tatentschlusses gehandelt zu haben. Ihre beruflichen Qualifikationen verbunden mit ihrer langjährigen Tätigkeit als maßgebliche Vorstandsmitglieder des Kreisverbandes bieten hinreichend Anlass für die Annahme, dass ihnen, ebenso wie dem Landesverband, die Problematik ihrer Vorgehensweise bewusst gewesen ist. Hätten die Angeschuldigten nicht mit Beanstandungen seitens des Landesvorstandes und der Mitgliederversammlung gerechnet, hätte auch kein Anlass bestanden, der Angeschuldigten T. zu gestatten, bereits vor der Befassung des Landesverbandes und der Mitgliederversammlung mit der Angelegenheit mit dem Bau zu beginnen. Es spricht vieles dafür, dass es Strategie der Angeschuldigten gewesen ist, durch den Baubeginn den Landesverband und die Mitgliederversammlung vor vollendete Tatsachen zu stellen. Denn bereits zum Zeitpunkt der Einschaltung des Landesverbandes hätte das Bauvorhaben nur unter größten rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten wieder aufgegeben werden können, so dass Landesverband und Mitgliederversammlung - wie von den Angeschuldigten nach der Aktenlage möglicherweise schon geplant - in ihrer Entscheidung jedenfalls nicht mehr frei gewesen wären.

Auszuschließen ist nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis auch, dass die Angeschuldigten das Risiko des Verlustes der Gemeinnützigkeit nicht gesehen hätten. Denn sie haben darauf vertrauen können, dass nach Zustimmung des Landesverbandes und der Mitgliederversammlung die Aufdeckung des Sachverhalts durch die zuständigen Finanzbehörden unwahrscheinlich war. Nach dem Hinweis des Landesverbandes dürften auch alle Angeschuldigten im übrigen positive Kenntnis von der möglichen Satzungs- und Pflichtwidrigkeit ihres Handelns und der damit verbundenen Gefahr für den Status der Gemeinnützigkeit des Kreisverbandes gehabt haben. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeschuldigte B., der als Vorsitzender des Kreisverbandes Ansprechpartner des Landesverbandes war, entsprechende Informationen gegenüber seinen Mitangeschuldigten, mit denen er über 10 Jahre im Vorstand zusammengearbeitet hat, unterdrückt hat, liegen nicht vor.

Es besteht auch ein hinreichender Verdacht dafür, dass die Angeschuldigte T. ihre Mitangeschuldigten zu deren gemeinschaftlich begangener Untreue vorsätzlich bestimmt hat, sich also eines Vergehens nach §§ 26, 266 Abs. 1 1. Alt. StGB schuldig gemacht hat. Ein Bestimmen des Haupttäters im Sinne der Vorschrift des § 26 StGB liegt dann vor, wenn in ihm der Entschluss zur Tat durch irgendeine dafür ursächliche oder mitursächliche Anstiftungshandlung hervorgerufen wird (Tröndle in Tröndle/Fischer, § 26 Rn. 3). Welcher Mittel sich der Anstiftende hierzu bedient, ist gleichgültig. Es reicht eine konkludente Aufforderung, Anregung, Überredung oder sogar eine Frage für die Bejahung einer Anstiftungshandlung aus (Roxin in LK § 26 Rn. 58; Cramer in Schönke-Schröder, § 26 Rn. 5).

Aus dem dargelegten Sachverhalt ergibt sich hinreichend, dass die Angeschuldigte T. diejenige unter den Angeschuldigten war, die allein ein unmittelbares wirtschaftliches und persönliches Interesse am Abschluss des Kaufvertrages und des Erbbaurechtsbestellungsvertrages hatte. Nachdem ihre persönlichen Bemühungen von der Stadt Bochum unmittelbar ein Erbbaurecht an dem Grundstück eingeräumt zu erhalten, gescheitert waren, hat sie fortlaufend den Vorstand zum Ankauf des Grundstücks, in der Absicht, ihr ein Erbbaurecht einzuräumen, bestimmt. Ihr zumindest mitursächliches Hervorrufen des Tatentschlusses stellt eine Anstiftungshandlung dar. Auch hat die Angeschuldigte T. auf Einzelheiten der Gestaltung der vom Kreisverband geschlossenen Verträge ebenso wie auf die Abwicklung der Kaufpreiszahlung maßgeblichen Einfluss genommen. Ihr waren sämtliche Tatsachen bekannt, die die Strafbarkeit des Handelns ihrer Mitangeschuldigten begründeten. Angesichts ihres fortlaufenden engen Befasstsein mit sämtlichen, die Vertragsangelegenheiten betreffenden Dingen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihr von ihren Mitangeschuldigten mögliche Folgen der Vertragsabschlüsse für den steuerlichen Status der Gemeinnützigkeit des Kreisverbandes verschwiegen worden sind.

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 210 Abs. 3 Satz 1 StPO, das Verfahren vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts Bochum zu eröffnen, Gebrauch gemacht. Nach den Ausführungen der Strafkammer zur Frage des Vorsatzes ("...unvorstellbar, dass besteht nämlich die Besorgnis, dass von dieser nicht erwartet werden kann, dass sie sich die tragenden Gründe der Beschwerdeentscheidung zu eigen machen wird.


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