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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 14 und 15/99 OLG Hamm

Leitsatz: Zur bedingten Entlassung nach der Neufassung des § 57 Abs. 1 StGB

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: bedingte Entlassung, Restrisiko, Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit, günstige Sozialprognose, Erstverbüßer

Normen: StGB 57

Fundstelle: StraFo 1999, 175

Beschluss: Strafsache gegen 1.. Omar S. und 2. A.R.,
wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz (hier: Sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung nach Verbüßung von 2/3 der erkannten Strafe)

Auf die sofortigen Beschwerden der Verurteilten vom 18. Dezember 1998 gegen die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 17. November 1998 hat: der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26.02.1999 durch den Vorsitzenden Richter an Obenlandesgericht und die Richter an Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen

Die angefochtenen Beschlüsse werden auf Kosten der Landeskasse, die auch die notwendigen Auslagen der Verurteilten in der Beschwerdeinstanz trägt, aufgehoben.

Die bedingte Entlassung der Verurteilten mit Ablauf des 5. März 1999 wird angeordnet.

Die Vollstreckung des dann noch zu vollstreckenden Strafrestes aus der Verurteilung durch das Amtsgericht Detmold vom 25. Februar 1998 (4 Ls 5 JS 631/97) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Detmold vom 3. Juli 1998 wird zur Bewährung ausgesetzt.

Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.

Die Verurteilten werden der Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt.

Die Belehrung der Verurteilten über die Strafaussetzung zur Bewährung wird der Justizvollzugsanstalt übertragen.

Gründe:

Die Verurteilten sind durch Urteil des Amtsgerichts Detmold vom 25. Februar 1998 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Detmold vom 3. Juli 1998 wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz zu Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Diese Verurteilungen sind seit dem ii. Juli 1998 rechtskräftig. Seitdem befinden sich die Verurteilten, die sich zunächst in Untersuchungshaft befunden haben, in Strafhaft. 2/3 der gegen den Verurteilten zu 1) verhängten Freiheitsstrafe war am 17. Januar 1999, 2/3 der gegen den Verurteilten zu 2) verhängten Freiheitsstrafe war am 1. Januar 1999 verbüßt.

Die Justizvollzugsanstalt hat die bedingte Entlassung der Verurteilten nicht befürwortet. Ihr vollzugliches Verhalten sei zwar beanstandungsfrei. Da sie jedoch in ihr altes Umfeld zurückkehrten, in dem sie sich zum Tatzeitpunkt befunden hätten, sei das Rückfallrisiko in gewohnte Verhaltensmuster sehr hoch. Die Strafvollstreckungskammer hat in den angefochtenen Beschlüssen u.a. mit dieser Begründung die bedingte Entlassung der Verurteilten abgelehnt. Hiergegen wenden sich diese mit ihren sofortigen Beschwerden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortigen Beschwerden zu verwerfen

II.
Die sofortigen Beschwerden sind zulässig und haben auch in der Sache Erfolg

1.
Nach § 57 Abs. 1 StGB setzt die Strafvollstreckungskammer nach Verbüßung von 2/3 einer verhängten zeitigen Freiheitsstrafe die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aus, wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann. Nach § 57 Abs. 1 Satz 2 StGB in der Fassung des am 31. Januar 1998 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl 1, 5. 160) ist dabei neben der Persönlichkeit und dem Vorleben des Verurteilten, den Umständen der Tat, seiner Lebensverhältnisse und der Wirkungen der Aussetzung auf den Verurteilten auch des Gewicht des bei einen Rückfall bedrohten Rechtsgutes zu berücksichtigen. Damit hat der Gesetzgeber eine seit langen bestehende Rechtsprechung im Gesetz festgeschrieben (siehe Senat in StV 1998, 501=StraFo 1998, 174; siehe auch Beschluss des Senats vom 11. Februar 1999 in 2 Ws 42/99). Erforderlich ist damit u.a. eine Abwägung zwischen dem Resozialisierungsinteresse des Verurteilten und dem Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit (OLG Stuttgart StV 1998, 668). Der Senat hat bereits in den o.a. Beschlüssen darauf hingewiesen, dass die Neufassung des § 57 StGB nicht dahin zu verstehen ist, dass nun eine günstige Sozialprognose in den Sinn, dass verantwortet werden kann, den Verurteilten in Freiheit zu erproben, nicht mehr ausreichend sein soll, sondern weitgehende Gewissheit des Erfolgs der Bewährungsaussetzung vorliegen muß. Vielmehr wird auch weiterhin ein gewisses Restrisiko verbleiben können - und in der Regel auch werden (wohl auch Schüler-Springorum StV 1998, 669 in der Anm. zu OLG Stuttgart, a.a.O.), was schon daraus folgt, dass es sich bei der Aufzählung der entscheidungsrelevanten Faktoren in § 57 Abs. 1 Satz 2 n.F. lediglich um eine klarstellende Beschreibung der bisherigen Praxis der Obergerichte handelt (so auch Hammerschlag/Schwarz NStZ 1998, 321, 323).

2.
Unter angemessener Berücksichtigung dieser Kriterien ist vorliegend den beiden Verurteilten - entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer - eine günstige Sozialprognose zu stellen, so dass deren bedingte Entlassung und die Aussetzung der weiteren Vollstreckung der noch verbleibenden Reststrafen anzuordnen war.

Der Senat übersieht insoweit nicht, dass beide Verurteilten in der Vergangenheit bereits wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, allerdings sind diese Verurteilungen - bis auf eine bei dem Verurteilten zu 1) - nicht einschlägig und bislang nur zu Geldstrafen erfolgt. Die Verurteilten sind damit Erstverbüßer, die nach den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt durch den bisherigen Vollzug beeindruckt sind und sich in Vollzug beanstandungsfrei geführt haben. Damit ist das vollzugliche Verhalten der Verurteilten positiv zu werten

Auch die persönliche Entwicklung der Verurteilten im Vollzug erscheint dem Senat positiv. Beide Verurteilten waren im Verfahren weitgehend geständig. Nach den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt haben sich die Verurteilten auch (weiterhin) mit ihrer Situation ernsthaft auseinander gesetzt und wollen arbeiten und/oder heiraten. Auch sind bei beiden Verurteilten in gewissem Umfang soziale Bindungen zu ihrem Cousin vorhanden, von denen zusätzlich stabilisierende Wirkungen ausgehen können.

Der Senat verkennt bei seiner Entscheidung nicht, dass beide Verurteilte, die sich als Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland befinden, über eine Arbeitsstelle nicht verfügen und auch in ihre alten Lebensverhältnisse zurückkehren werden. Diese Umstände sind aber - entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer - nach Auffassung des Senats nicht derart gewichtig und ungünstig, dass sie die Ablehnung der bedingten Entlassung rechtfertigen würden. Dass die Verurteilten nach ihrer Entlassung in das gleiche Umfeld und in die gleiche Lebenssituation zurückkehren werden, haben sie nämlich nicht zu vertreten, sondern ist in ihrem ausländerrechtlichen Status begründet, der sie verpflichtet, den Weisungen und Vorgaben der Ausländerbehörde hinsichtlich ihres Aufenthalts Folge zu leisten. Allein aus der somit zwingend notwendigen - Rückkehr in die bis zur Inhaftierung bewohnte Gemeinschaftsunterkunft lässt sich auch nicht schließen, dass die Verurteilten nach ihrer Entlassung wieder Kontakt zur Drogenszene aufnehmen und erneut Handel mit BtM betreiben werden. Denn insoweit darf nicht übersehen werden, dass die abgeurteilten Taten nicht aus der Gemeinschaftsunterkunft heraus begangen worden sind, sondern ihren Ursprung an anderer Steile hatten. Hinzu kommt, dass dem Risiko des Rückfalls durch die vom Senat angeordnete Unterstellung unter Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers in gewissem Unfang (zusätzlich) begegnet werden kann.

Schließlich ist nach Auffassung des Senats das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit im Hinblick auf die der Vollstreckung zugrundeliegenden Taten auch nicht so groß, dass es bei der erforderlichen Abwägung der für und gegen eine Strafaussetzung zur Bewährung sprechenden Umstände deutlich für eine negative Entscheidung ins Gewicht fallen würde. Damit war die bedingte Entlassung der Verurteilten und die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung anzuordnen.

Die Stellungnahme des Verteidigers vom 23. Februar 1999 gibt dem Senat Anlass zu dem Hinweis, dass insbesondere der Umstand dass es sich bei den Verurteilten um Erstverbüßer handelt, deren vollzugliches Verhalten nicht zu beanstanden war, und Ausgangspunkt der Taten nicht die Gemeinschaftsunterkunft war, zu der für sie günstigen Aussetzungsentscheidung geführt hat. Damit konnte vorliegend in der Tat der (weitere) Aufenthalt in dem Asylbewerberheim nicht als so kriminogen angesehen werden, dass dahinter alle anderen Faktoren zurücktreten. Ob das in anderen Fällen ebenso gewertet werden kann, kann vorliegend dahinstehen.

III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 57 Abs. 3, 56 a, 56 d StGB, 453 Abs. 3 Satz 2 StPO. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 467 StPO.


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