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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss OWi 1314/96 OLG Hamm

Leitsatz: Den Gründen der Entscheidung muß zu entnehmen sein, dass der Tatrichter sich der Möglichkeit, von einem Regelfahrverbot bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße absehen zu können bewusst gewesen ist. Es ist ausreichend, wenn dies dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden kann. Eines ausdrücklichen Ansprechens der Möglichkeit des Absehens bedarf es dann nicht, wenn der Begründung eindeutig zu entnehmen ist, dass der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße bei gleichzeitigem Wegfall des Fahrverbots nicht (mehr) erreicht werden kann.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Fahrverbot, Absehen, Ansprechen der Möglichkeit, Gesamtzusammenhang

Normen: StVG 25

Fundstelle: ZAP EN-Nr. 17/97; DAR 1997, 117; VRS 93, 217

Beschluss: Bußgeldsache gegen E.S.,

wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 27. August 1996 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 29.11.1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers gem. § 79 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO beschlossen

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 41, 49 Abs. 3 Ziffer 4 StVO, 24 StVG eine Geldbuße von 230 DM festgesetzt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen hat der Betroffene am 24. März 1996 mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen WAF-ES 95, auf dem Westfalendamm in Dortmund die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 36 km/h überschritten. Von der durch Radarmessung gemessenen Geschwindigkeit sind als Toleranzwert 3 km/h abgezogen worden, so dass sich eine verwertbare Geschwindigkeit von 93 km/h ergab.

Bei den festgesetzten Rechtsfolgen hat das Amtsgericht nach den dazu gemachten Ausführungen berücksichtigt1 dass der Betroffenen Berufskraftfahrer und im Fernverkehr tätig ist, sowie, dass er erst seit März 1996 einen neuen Arbeitgeber gefunden hat. Ferner hat es die ,,besonderen wirtschaftlichen Belastungen" des Betroffenen, der ,,gegenüber seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau unterhaltspflichtig ist und noch Verbindlichkeiten aus einer früheren freiberuflichen Tätigkeit als Kraftfahrer zu tilgen hat", berücksichtigt. ,,Ferner wurde berücksichtigt, dass er evtl. den Verlust seines Arbeitsplatzes befürchten muß, falls es zu der Verhängung eines Fahrverbots kommt. Andererseits wurde auch berücksichtigt, dass er während der Dauer des Fahrverbotes Urlaub nehmen kann, und dass er sich die Verhängung folgender Voreintragungen im Verkehrszentralregister nicht hat zur Warnung dienen lassen:" Seit dem 29. April 1994 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Altötting - Geldbuße von 80, - - DM wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um bis zu 14 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft -, seit dem 21. Juni 1995 rechtskräftiger Bußgeldbescheid des Landratsamtes Hoferswerder - 100 DM Geldbuße wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 24 km/h innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist das Amtsgericht nicht davon ausgegangen, dass kein Regelfall für die Verhängung des Fahrverbotes vorlag."

Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg

Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gem. den §§ 3 Abs. 3, 49 StVO, 24 StVG. Sie sind, da hier keine Besonderheiten vorliegen, ausreichend (vgl. OLG Hamm NStZ 1990, 546), zumal der Betroffene den Verkehrsverstoß eingeräumt hat. Damit ist die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs wirksam.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenfolgenausspruchs lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen.

Zutreffend ist die Auffassung des Amtsgerichts, dass ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Verhängung des nach der lfd. Nr. 5.3.3. der Tabelle 1 ~ der BußgeldkatalogVO vorgesehenen Regelfahrverbot5 rechtfertigen würde (vgl. dazu Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl. 1995, § 25 StVG Rn. 15 ff. mit weiteren Nachweisen; sowie insbesondere BGHSt 38, 231 NZV 1992, 286 ), nicht vorliegt. Dazu reichen die Tatumstände und die sich aus der Person des Betroffenen ergebenden Umstände weder allein noch gemeinsam aus.

Das gilt insbesondere für die beruflichen Nachteile, die sich für den Betroffenen möglicherweise aus dem gegen ihn verhängten Fahrverbot ergeben. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nicht jeder berufliche Nachteile eine Ausnahme vom Fahrverbot rechtfertigt, sondern grundsätzlich nur eine erhebliche Härte oder eine Vielzahl für sich genommen durchschnittlicher Gründe (s. u.a. Beschluss des Senats vom 27. August 1996 - 2 Ss OWi 926/96; vgl. auch die Zusammenstellung der Rechtsprechung des OLG Hamm in DAR 1996, 381, 387). Grundsätzlich sind berufliche Nachteile als gewöhnliche Folge eines Fahrverbots hinzunehmen, zumal sie in aller Regel, was auch das Amtsgericht berücksichtigt hat, in die Urlaubszeit verlegt werden können (vgl. Beschluss des Senats vom 8. Januar 1996 - 2 Ss OWi 1422/96 - NZV 1996, 247). Etwas anderes folgt nicht aus der von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidung des OLG Celle in NZV 1996, 291.

Dieser lässt sich nach Auffassung des Senats schon nicht entnehmen, dass ein Ausnahmefall i.S. von § 2 Abs. 4 BußgeldkatalogVO immer schon dann vorliegen soll, wenn die tatsächliche Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes droht. Diese Auffassung wäre zudem nach Ansicht des Senats auch nicht zutreffend, da sie zur Folge hätte, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, dass gegen Berufskraftfahrer praktisch nie ein Fahrverbot verhängt werden könnte. Dass das nicht zutreffend ist, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vorn 18. Juli 1995, der einen Taxifahrer betraf, ausgeführt (ZAP EN-Nr. 720/95 = NZV 1995, 498 = VRS 90, 213).

Zu beanstanden ist allerdings, dass sich das Amtsgericht nicht (ausdrücklich) mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob möglicherweise bei Absehen von einem Fahrverbot eine gleichzeitige (nochmalige) Erhöhung der Geldbuße als Besinnungs- und Denkzettelmaßnahme ausgereicht hätte. Mit dieser Möglichkeit muß sich der Amtsrichter nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte grundsätzlich auseinandersetzen (vgl. nur o.a. Beschluss des Senats in NZV 1996, 247). Daran ist auch unter Berücksichtigung der inzwischen vom hiesigen 3. Senat für Bußgeldsachen vertretenen anderen Auffassung (s. Beschluss des 3. Senats für Bußgeldsachen vom 18. 6. 1996 - 3 Ss OWi 218/96) festzuhalten (so Beschlüsse vom 4. November 1996 - 2 Ss OWi 1221/96 und vom 12. November 1996 - 2 Ss OWi 1251/96).

Vorliegend führen die fehlenden Erörterungen jedoch nicht zu einer Aufhebung der Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch. Der Senat hat nämlich bereits wiederholt entschieden, dass es ausreichend ist, wenn dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnommen werden kann, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße bewusst gewesen ist (vgl. Beschluss des Senats vom 3. Mai 1994 - 2 Ss OWi 378/94 - NZV 1995[ Ls.] = VRS). Das ist hier eindeutig der Fall, da das Amtsgericht die Möglichkeit des Verlustes des Arbeitsplatzes gesehen und trotzdem ein Fahrverbot gegen den Betroffenen festgesetzt hat.
Dass dann ein Absehen von der Verhängung des Fahrverbots bei gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße nicht (mehr) in Betracht kam, versteht sich von selbst und bedurfte keiner ausdrücklichen Darlegung (mehr)

Die fehlenden Erörterungen führen zudem noch aus einem weiteren Grund nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Betroffene ist in der Vergangenheit bereits zweimal einschlägig Gegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Erscheinung getreten, die nur 2 Jahre bzw. sogar nur 9 Monate vor dem hier der Verurteilung zugrundeliegenden Verkehrsverstoß begangen wurden. Diese Verurteilungen, insbesondere die schnelle Rückfallgeschwindigkeit, rechtfertigen die Annahme des Amtsgerichts, die es offenbar seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, dass der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg einer Einwirkung auf den Betroffenen durch eine Erhöhung der Geldbuße bei gleichzeitigem Wegfall des Fahrverbots nicht (mehr) erreicht werden kann (o.a. Beschluss vom 3. Mai 1994). Eines ausdrücklichen Ansprechens der Möglichkeit des Absehens vom Fahrverbot bedurfte es insoweit ausnahmsweise nicht. Dabei übersieht der Senat nicht, dass das Amtsgericht gegen den Betroffenen bereits eine höhere als die Regelgeldbuße festgesetzt hat. Andererseits sind aber die Verkehrsverstöße des Betroffenen doch schon so gewichtig und in so schneller zeitlicher Folge begangen, dass der Betroffene - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. NZV 1994, 157; DAR 1996, 196) - eine Einschränkung seines beruflichen Fortkommens und möglicherweise auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile hinnehmen muß. Die andere - offenbar von der Rechtsbeschwerde vertretene Auffassung - hätte zur Folge, dass, worauf bereits hingewiesen ist - gegen Berufskraftfahrer praktisch nie ein Fahrverbot verhängt werden könnte.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWIG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.


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