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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 106/99 OLG Hamm

Leitsatz: Bei der Erklärung des Verteidigers, der Angeklagte räume die Vorwürfe aus der Anklage ein, weiter wolle er keine Angaben machen, sind abgesehen von der Frage, ob eine solche Erklärung des Verteidigers überhaupt als Geständnis des Angeklagten verwertet werden kann, weitere Angaben im Urteil erforderlich, aufgrund welcher Beweismittel und Umstände das Gericht von Glaubhaftigkeit des "Geständnisses" überzeugt ist.

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: Beweiswürdigung bei Geständnis, Erklärung des Verteidigers, erforderliche Angaben im Urteil, Alter des Angeklagten, Darstellungsmängel

Normen: StPO 261

Fundstelle: StV 2000, 1987

Beschluss: Strafsache gegen E.B.,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Münster vom 13. November 1998 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.02.1999 den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten gemäß 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Münster zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Münster hat den Angeklagten wegen ,,gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Kokain in 10 Fällen" zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren vier Monaten verurteilt, ,,die unter Nr. 1157/98 - StA Münster - zu Nr. 4 und 5 asservierten Betäubungsmittel" eingezogen und den Verfall von 615,- DM angeordnet.

Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit den näher ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das angefochtene Urteil unterliegt bereits aufgrund der Sachrüge der Aufhebung, weil es die Grundlagen der zu einer Verurteilung des Angeklagten erforderlichen Feststellungen nicht er kennen lässt und so dem Senat nicht die Möglichkeit eröffnet ist zu überprüfen, ob das Jugendschöffengericht die dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten materiell-rechtlich fehlerfrei festgestellt hat.

Nach den Urteilsgründen hat das Jugendschöffengericht die in dem Urteil im einzelnen beschriebenen 10 Fälle des gewerbsmäßigen Kokainhandels ,,aufgrund des glaubhaften Geständnisses des Angeklagten" festgestellt. Eine weitere Mitteilung von Feststellungsgrundlagen und deren Würdigung ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Das ist ein hier durchgreifender Darstellungsmangel.

Wie durch den von der Revision zutreffend mitgeteilten Inhalt der Niederschrift über die Hauptverhandlung belegt wird, ist eine eigene Erklärung des Angeklagten zu den ihm vorgeworfenen Taten im Termin nicht abgegeben worden. Vielmehr hat sein Verteidiger erklärt: ,,Der Angeklagte räumt die Vorwürfe aus der Anklage ein. Weiter will er keine Angaben machen."

Abgesehen von der Frage, ob eine solche Erklärung des Verteidigers überhaupt als ,,Geständnis" des Angeklagten bewertet werden kann, weil nicht sicher ist, dass der Angeklagte die Erklärungen seines Verteidigers als seine eigene Einlassung gelten lassen wollte, (vgl. hierzu z.B. KK-Tolksdorf, StPO, 4. Aufl., § 243 Rdnr. 45 m.w.N.), kann der Senat nicht erkennen, aufgrund welcher Beweismittel oder Umstände sich das Jugendschöffengericht von der Glaubhaftigkeit des ,,Geständnisses" überzeugt hat. Ausweislich der Urteilsgründe sind außer der genannten Erklärung keine weiteren Erkenntnisquellen herangezogen worden. Ebenso wenig ist zu erkennen, auf welchem Wege das Jugendschöffengericht im Rahmen der Beurteilung der ,,Schwere der Schuld" die dort wiedergegebenen Feststellungen zur Struktur der Gruppe von ,,Mitgliedern", die Kokain verkaufen, getroffen hat und aus welchen Gründen der Angeklagte diese Umstände des gewerbsmäßigen Kokainhandels gekannt haben soll. Bereits aufgrund dieses aufgezeigten Darstellungsmangel5 muß das angefochtene Urteil aufgehoben werden, ohne dass es eines näheren Eingehens auf die Verfahrens rügen bedarf.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass Zweifel über das Alter des Angeklagten zu dessen Gunsten zu lösen sind (vgl. BGHSt 5, 366; Brunner, JGG, 10. Aufl., § 1 Rdnr. 11; Eisenberg, JGG, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 11). Die bisher getroffenen Feststellungen zum Alter des Angeklagten zur Tatzeit dürften insoweit noch nicht ausreichen, ihn als Heranwachsenden zu behandeln. Nach dem Inhalt des im Übrigen nicht nachprüfbar mitgeteilten rechtsmedizinischen Gutachtens ist der Schluss von den Erkenntnissen zur Zeit der Gutachtenerstattung auf die Beurteilung des Alters des Angeklagten zur Tatzeit durch nichts gedeckt. Die Sache wäre in nichtöffentlicher Sitzung zu verhandeln, wenn der Angeklagte noch als Jugendlicher behandelt werden müsste (§ 48 Abs. 1 JGG). Die Frage des Alters des Angeklagten dürfte auch für die Strafrahmenbeschränkung nach § 18 Abs. 1 JGG zu beachten sein.

Nach alledem war das angefochtene Urteil insgesamt mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO).


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