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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 79/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Sind die bei der Entscheidung beteiligten Richter dem Beschuldigten namentlich nicht bekannt, können sie insgesamt in ihrer Funktion als Mitglieder des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers abgelehnt werden.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Ablehnung eines Kollegialgerichts, Auslegung eines Ablehnungsgesuchs, Namhaftmachung der beteiligten Richter

Normen: StPO 26a, StPO 24

Beschluss: Strafsache gegen J.H. Vergewaltigung u.a., hier: sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24.02.2000 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 22.02.2000 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig, § 473 Abs. 1 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass das Ablehnungsgesuch des Untergebrachten unbegründet ist.

Gründe:
Mit Schreiben vom 10.01.2000, eingegangen beim Landgericht Arnsberg am 11.01.2000, hat der Untergebrachte "die Richterinnen/Richter der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg, die nach dem Geschäftsverteilungsplan seit dem 07.09.1999 über die Rechtmäßigkeit und/oder Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu entscheiden haben", wegen der Besorgnis der Parteilichkeit und Unsachlichkeit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, über seinen Antrag auf Anhörung durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 06.09.1999 sei bislang noch nicht entschieden worden. Gleichzeitig hat er darauf hingewiesen, dass die namentliche Nennung der im Ablehnungsgesuch gemeinten Richterinnen und Richter nicht erfolgen könne, da ihm die Namen nicht bekannt seien. Aus diesem Grunde hat er ausdrücklich darum gebeten, die Namen der gemeinten Richterinnen/Richter festzustellen und diese ihm zusammen mit den dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richterinnen und Richter vor Entscheidung mitzuteilen. Mit weiterem Schreiben vom 28.01.2000 hat der Untergebrachte sein Ablehnungsgesuch insbesondere gegen die ihm zwischenzeitlich namentlich bekannt gewordene Richterin am Landgericht P. gerichtet und ergänzend ausgeführt, dieser eile der Ruf voraus, sie fertige Verurteilte im Rahmen von Anhörungsverfahren innerhalb der Justizvollzugsanstalt Werl im Schnelldurchlauf ab.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg hat das Ablehnungsgesuch des Untergebrachten, soweit die Richterinnen/Richter der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg abgelehnt wurden, mit angefochtenem Beschluss vom 22.02.2000 mit der Begründung als unzulässig verworfen, ein Kollegialgericht als Ganzes könne nicht abgelehnt werden. Das Befangenheitsgesuch gegen die namentlich benannte Richterin am Landgericht Peters wurde als unbegründet verworfen, da der Untergebrachte lediglich pauschale Gründe vorgetragen habe, die die Besorgnis der Befangenheit auch nicht ansatzweise rechtfertigen könnten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Er führt aus, die teilweise Zurückweisung seines Ablehnungsgesuches als unzulässig sei "böswillig", da er ausdrücklich um Benennung der Namen der in Frage kommenden Richter vor Entscheidung über sein Ablehnungsgesuch gebeten habe. Erst das Ergebnis der dienstlichen Äußerungen hätte Aufschluss darüber geben können, ob die gesamte Kammerbesetzung, nur die oder der Vorsitzende oder ein anderer einzelner Richter abzulehnen gewesen wäre. Ferner habe er die in einem Klammerzusatz in seiner Eingabe vom 28.01.2000 mitgeteilten Gerüchte bezüglich der Richterin am Landgericht P. nicht zum Gegenstand des Ablehnungsgesuches machen wollen.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Allerdings hätte das Landgericht den Befangenheitsantrag des Untergebrachten nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Zwar ist es richtig, dass grundsätzlich nur einzelne Richter und Mitglieder eines Gerichts und nicht ein Kollegialgericht als Ganzes wegen Befangenheit abgelehnt werden kann, wie die Strafvollstreckungskammer zu Recht ausführt. Um eine solche pauschale Ablehnung eines gesamten Kollegialgerichts handelte es sich bei verständiger Auslegung bei dem Antrag des Untergebrachten jedoch nicht. Dieser hatte einen Sachverhalt (Nichtbearbeitung eines von ihm gestellten Gesuches über mehrere Monate) mitgeteilt, aus dem er auf die Befangenheit der damit befassten Richter schließen wollte. Die zuständigen Richter waren ihm jedoch nicht bekannt. Daher konnte er sie zunächst nur von ihrer Funktion (Mitglieder der zuständigen Strafvollstreckungskammer) bezeichnen. Gleichzeitig hat er jedoch auch um die Benennung der Namen der in Betracht kommenden Richter und um ihre dienstliche Äußerung gebeten. Dies macht deutlich, dass mit seinem Ablehnungsgesuch nur die tatsächlich mit der Sache befassten und für die Verzögerung verantwortlichen Richter gemeint sein sollten. Bevor dem Untergebrachten diese Namen nicht mitgeteilt waren und er somit nicht die Möglichkeit hatte, sein Ablehnungsgesuch näher zu präzisieren, durfte es nicht als unzulässig verworfen werden.

Gleichwohl hat die sofortige Beschwerde in der Sache keinen Erfolg. Der Senat brauchte auch nicht im Nachhinein die Namen der zuständigen Richter dem Untergebrachten (ggf. mit deren dienstlichen Äußerungen) mitteilen. Denn der zugrundeliegende Sachverhalt ist zwischenzeitlich so geklärt und auch dem Untergebrachten bekannt gegeben worden, dass aus ihm Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der zuständigen Richter nicht gerechtfertigt ist, so dass der Befangenheitsantrag als unbegründet zurückzuweisen ist.

Wie sich dem Beschwerdeschreiben des Untergebrachten vom 24.02.2000, welches sich gegen die Verfügung des Vorsitzenden vom 22.02.2000 wendet, entnehmen lässt, hat ihm der Präsident des Landgerichts mit Bescheid vom 07.02.2000 im Rahmen der Dienstaufsichtsbeschwerde mitgeteilt, dass sein Antrag vom 06.09.1999 von der Geschäftsstelle der Strafvollstreckungskammer nicht den zuständigen Richtern vorgelegt wurde. Wie sich der Akte entnehmen lässt, wurde dieser Antrag von der Geschäftsstelle - gleichzeitig mit der Aufforderung, die Akten zu übersenden - an die Staatsanwaltschaft Koblenz weitergeleitet. Dort ist er auch am 8. September 1999 eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Akten und Vollstreckungshefte noch der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz bzw. dem Oberlandesgericht Köln vor. Dort war noch über Anträge des Untergebrachten zu entscheiden. Aus diesem Grunde ist der Antrag offensichtlich bei der Staatsanwaltschaft Koblenz übersehen worden. Den zuständigen Richtern der Strafvollstreckungskammer war daher bis zum Eingang der Eingaben des Betroffenen vom 10.01. bzw. 12.01.2000 von diesem Antrag nichts bekannt geworden. Dies hatte die zuständige Richterin, Frau Richterin am Landgericht P., dem Betroffenen auch mit Verfügung vom 26.01.2000 mitgeteilt. Da somit die Richter der Strafvollstreckungskammer für die zögerliche Bearbeitung der Eingabe des Betroffenen nicht verantwortlich gemacht werden können, kann auch ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richter beim Betroffenen nicht entstehen. Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe zu verwerfen, dass die Befangenheitsanträge als unbegründet zurückgewiesen werden.


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