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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 203/00

Leitsatz: Zum eigenen Verschulden des Beschuldigten

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Normen: StPO 44, StPO 45

Beschluss: Strafsache gegen N.W. wegen Diebstahls (hier: Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung).

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 3. April 2000 gegen den Beschluss der IV. kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 20. März 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

1. Dem Angeklagten wird auf seine Kosten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafkammer zu Recht den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung verworfen und alsdann die Berufung als unzulässig verworfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 26. April 2000 folgendes ausgeführt:

"Dem Verurteilten ist von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 45 Abs. 2 S. 3 StPO), da seine Beschwerdeschrift ohne sein Verschulden verspätet beim Landgericht Münster eingegangen ist.

Mit der rechtzeitigen Beauftragung seines bevollmächtigten Verteidigers mit der Einlegung der sofortigen Beschwerde hat der Verurteilte der ihm zumutbaren Sorgfalt Genüge getan. Sein Verteidiger hat unter dem 03.04.2000, also einen Tag vor Ablauf der Frist des § 311 Abs. 2 StPO, die sofortige Beschwerde unterzeichnet. Bei der Entfernung von Bielefeld nach Münster kann regelmäßig mit einer Postlaufzeit von einem Tag gerechnet werden (vgl. Löwe-Rosenberg-Wendisch, StPO, 25. Auflg., § 44 Rdnr. 38 m.w.N.).

Die näheren Umstände der Versendung und des Eingangs des Beschwerdeschreibens erst am 05.04.2000 hat der Verurteilte bislang nicht näher dargelegt. Jedenfalls wäre ihm aber ein etwaiges Verschulden seines bevollmächtigten Verteidigers oder dessen Kanzleipersonals nicht zuzurechnen (vgl. Löwe-Rosenberg-Wendisch, aaO., § 44 Rdnr. 48 f m.w.N.).

Die im Übrigen gem. § 46 Abs. 3 StPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Der Verurteilte hat sein Vorbringen, er sei an der Einhaltung der Frist zur Einlegung der Berufung gehindert gewesen, nicht glaubhaft gemacht. Eine Glaubhaftmachung erfolgt mit Beweismitteln, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit des Vorbringens darzutun. Dabei genügt es, dass dem Gericht in einem nach Lage der Sache vernünftigerweise zur Entscheidung hinreichenden Maß die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit des Vorbringens dargelegt wird (Löwe-Rosenberg, aaO., § 45 Rdnr. 16).

Die eigene schriftliche Erklärung des Verurteilten, er sei sich mit seinem damaligen Pflichtverteidiger sofort nach dem Urteil einig gewesen, in Berufung zu gehen, ist nicht ausreichend. Eine solche Beauftragung soll auch nach Auskunft des damaligen Pflichtverteidigers nicht erfolgt sein. Selbst wenn der damalige Pflichtverteidiger dem Verurteilten während der Urteilsbegründung eine handschriftliche Notiz zukommen ließ, wonach er am letzten Tag der Rechtsmittelfrist Rechtsmittel einlegen werde, aber nicht vorher, weil sonst die Staatsanwaltschaft ebenfalls in Berufung/Revision gehe, schließt das nicht aus, dass im Verlauf der nach der Urteilsverkündung erfolgten Besprechung auch im Hinblick auf ein Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ein Auftrag zur Einlegung der Berufung nicht erteilt worden ist.

Soweit der Verurteilte die gesetzliche Frist zur Einlegung der Berufung nicht eingehalten hat, sind von ihm keine nachvollziehbaren Gründe der Verhinderung glaubhaft gemacht worden."

Diesen zutreffenden Ausführungen tritt der Senat bei. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die vom Angeklagten zur Glaubhaftmachung in Fotokopie überreichte schriftliche Notiz seines früheren Pflichtverteidigers über das von ihm vorgeschlagene Verhalten bezüglich eines Rechtsmittels mit einer Frage, nämlich "Okay?" endet. Damit war für den Angeklagten hinreichend deutlich, dass es zur Einlegung der Berufung einer entsprechenden Beantwortung durch ihn bedurft hätte. Unter diesen Umständen durfte der Angeklagte nicht darauf vertrauen, dass sein früherer Verteidiger ohne einen ausdrücklichen Auftrag Berufung einlegen werde.

Die Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen; die Entscheidung über die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde beruht auf § 473 Abs. 7 StPO.


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