Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 186/00

Leitsatz: Zum - verneinten Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung wegen einer neuen Straftat, wenn die deswegen verhängte Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf von Strafaussetzung, neue Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt

Normen: StGB 56 f

Beschluss: Strafsache gegen M.M. wegen Diebstahls (hier: Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Auf die sofortige Beschwerde der Verurteilten vom 15. März 2000 gegen den Beschluss der 2. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 29. Februar 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 25.04.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft Essen vom 16. September 1999 auf Widerruf der Bewährungsaussetzung für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 9. Juni 1998 (Az.: 49 Cs 79 Js 502/98) wird verworfen.

Die Bewährungszeit wird um 1 Jahr und 6 Monate verlängert (d.h. sie beträgt nunmehr viereinhalb Jahre und läuft bis zum 16. Dezember 2002).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:

I. Das Amtsgericht Essen hat die Verurteilte am 9. Juni 1998
- das Urteil ist seit dem 17. Juni 1998 rechtskräftig - wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat das Gericht zur Bewährung ausgesetzt, weil es im Hinblick auf die beabsichtigte Aufnahme der seit Jahrzehnten drogenabhängigen Verurteilten in das Polamydonprogramm von einer günstigen Sozialprognose ausging. Gleichwohl wurde die Verurteilte erneut straffällig und deshalb vom Amtsgericht Düsseldorf am 15. April 1999 (Az.: 126 Ds 901 Js 1417/98) wegen Erschleichens von Leistungen in drei Fällen und eines erneuten Diebstahls geringwertiger Sachen, begangen in der Zeit vom 25. Juni 1998 bis zum 1. Oktober 1998, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Zur Verbüßung dieser Freiheitsstrafe
und von Ersatzfreiheitsstrafen war die Verurteilte bis zum
5. November 1999 inhaftiert.

Wegen eines weiteren Diebstahls geringwertiger Sachen, begangen am 12. Januar 1999, wurde sie am 21. Januar 2000 durch das Amtsgericht Krefeld (Az.: 21 Ds 11 Js 264/99) zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe setzte das Tatgericht gemäß § 56 StGB zur Bewährung aus.

Nach schriftlicher Anhörung der Verurteilten zur Frage des von der Staatsanwaltschaft Essen am 16. September 1999 beantragten Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 29. Februar 2000 die durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 9. Juni 1998 gewährte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Verurteilten.

II.
Das nach § 453 Abs. 2 S. 3 statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, zur Ablehnung des beantragten Widerrufs und zur Verlängerung der Bewährungszeit.

Zwar ist die Verurteilte innerhalb der laufenden Bewährungszeit erneut straffällig geworden und deshalb - wie oben ausgeführt - durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15. April 1999 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen und Erschleichung von Leistungen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten sowie durch Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 21. Januar 2000 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB für den Widerruf der durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 9. Juli 1998 bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung erfüllt. Gleichwohl hat es der Senat für angezeigt gehalten, vom Widerruf abzusehen, weil es noch ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (§ 56 f Abs. 2 Nr. 2 StGB).

Grundlage der - von der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer und dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft abweichenden - Wertung des Senats sind folgende Erwägungen:

Gegen die Verurteilte spricht zwar, dass sie wiederum einschlägig straffällig geworden ist. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass das Amtsgericht Krefeld die Verurteilte in der Hauptverhandlung vom 21. Januar 2000 ebenfalls wegen einer einschlägigen Tat zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt hat, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. In solchen Fällen ist es wegen der besseren Erkenntnismöglichkeiten des Tatgerichtes regelmäßig angezeigt, sich der sach- und zeitnäheren Prognose des die neuerliche Straftat aburteilenden Gerichts anzuschließen (vgl. Tröndle, StGB, 49. Aufl., § 56 f, Rdnr. 3 c; BVerfG NStZ 85, 357). Unter diesen Umständen kommt ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung lediglich in Ausnahmefällen in Betracht. Ein derartiger Ausnahmefall liegt jedoch nicht vor. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Prognoseentscheidung des letzten Tatrichters von unzutreffenden Erwägungen ausging. Vielmehr sprechen die von der Verurteilten nach ihrer Haftentlassung im November 1999 unternommenen Anstrengungen für die vom Tatgericht bejahte günstige Sozialprognose. Denn sowohl der Bewährungshelfer als auch die Diplom-Sozialpädagogin T. der Drogenhilfe Düsseldorf haben der Verurteilten, die sich nunmehr im Methadonprogamm befindet und seit dem 18. Januar 2000 in einer sozialpädagogisch und sozialtherapeutisch begleiteten Wohngruppe lebt, eine positive Veränderung ihrer Lebenssituation bescheinigt. Bei dieser Sachlage hält es der Senat für vertretbar, vom Widerruf der Strafaussetzung abzusehen und stattdessen die Bewährungszeit angemessen zu verlängern.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467, 473 StPO. Die Verurteilte hat das mit ihrem Rechtsmittel angestrebte Ziel erreicht.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".