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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 960/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Erfülllung des Tatbestandes des Betruges, wenn der Patient gegenüber dem Arzt wahrheitswidrig erklärt, er verfüge über eine private Krankenversicherung

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Betrug, Freispruch, Unterlassen, besonderes Vertrauensverhältnis, Vortäuschen einer privaten Krankenversicherung

Normen: StGB 13, StGB 263

Beschluss: Strafsache gegen R.V.,
wegen Betruges.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 21.04.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10.12.1998 durch die Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht Moenikes nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Staatskasse trägt die gesamten Kosten des Strafverfahrens sowie die dem Angeklagten in diesem Strafverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:
I. Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen-Steele vom 14.01.1998 wegen Betruges unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Duisburg vom 29.01.1996 zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,00 DM kostenpflichtig verurteilt.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 21.04.1998 als unbegründet verworfen.

Zur Person des Angeklagten hat die Strafkammer auf der Grundlage der von ihr als glaubhaft erachteten Angaben des Angeklagten unter anderem festgestellt, dass er in der Zeit vor Frühjahr 1994 Gesellschafter und Geschäftsführer der "Kabelbau GmbH" und außerdem zu einem Anteil von 65 % an der "Pro Air GmbH", deren Geschäftsführer er ebenfalls habe werden sollen, beteiligt gewesen war. Sein zuletzt bezogenes monatliches Einkommen betrug brutto 12.000,00 DM und ergab unter Berücksichtigung der monatlichen Abzüge ein Nettogehalt von etwa 6.000,00 DM . Er war zudem Eigentümer zweier Eigentumswohnungen, die durch Grundschulden erheblich belastet waren. Zu Beginn des Jahres 1994 fiel der Hauptkunde der Gesellschaften, an denen der Angeklagte beteiligt war, aus. Dieser konnte Forderungen der Gesellschaften nicht mehr bedienen , so dass diese später eingeklagt werden mußten. Hierdurch brach die finanzielle Basis der Gesellschaften zusammen. Die Banken sahen sich veranlaßt, den den Gesellschaften eingeräumten Kontokorrentkredit zu kürzen. Dadurch waren die Gesellschaften, was dem Angeklagten bekannt war, nicht mehr überlebensfähig. Die Zahlung des Geschäftsführergehaltes an den Angeklagten wurde später eingestellt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Angeklagte zahlungsunfähig. Am 01.07.1994 gab er vor dem Amtsgericht Duisburg die eidesstattliche Versicherung ab.

Zur Sache hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:

Im Dezember 1993 begab sich der Angeklagte zur Durchführung einer Schmerzbehandlung in die Praxis des Zahnarztes Dr. F.. In dem eigenhändig von dem Angeklagten ausgefüllten Anmeldeformular war u.a. nach dem Bestehen einer privaten Krankenversicherung gefragt. Bewusst wahrheitswidrig setzte der Angeklagte, der keiner gesetzlichen Krankenkasse angehörte, in diese Spalte des Anmeldeformulars "DKV" ein. Entsprechend seinem Plan erweckte er dadurch sowohl bei dem Zahnarzt Dr. F. als auch bei der Zahnarzthelferin S. die irrige Vorstellung, er sei bei der "DKV" privat versichert. Tatsächlich war ein früher von dem Angeklagten mit dieser Versicherung abgeschlossener Krankenversicherungsvertrag am 01.12.1992 ausgelaufen.

Die für die Schmerzbehandlung von Dr. F. erstellte Rechung in Höhe von 200,00 oder 300,00 DM wurde von dem Angeklagten bezahlt.

Noch während der Schmerzbehandlung erörterte Dr. F. mit dem Angeklagten eine Gebißsanierung, deren Notwendigkeit auch der Angeklagte einsah. Vereinbarungsgemäß erstellte Dr. F. Ende des Jahres 1993 einen Heil- und Kostenplan, der Grundlage für die Einwilligung des Angeklagten in die vorgeschlagene zahnärztliche Heilbehandlung sein sollte. Nach Erhalt der Aufstellung erklärte sich der Angeklagte mit der Durchführung der Heilbehandlung einverstanden und verabredete mit Dr. F. den Beginn der Behandlung für Januar 1994. Dieser war, was der Angeklagte beabsichtigt hatte, der Auffassung, der Angeklagte werde die Behandlung bezahlen können. Dr. F. hatte bei Aufnahme der Behandlung zudem die irrige Vorstellung, hinter dem Angeklagten stehe eine private Krankenversicherung. Hätte er gewußt, dass dies nicht der Fall war, hätte er der Übung seiner Praxis entsprechend zur Absicherung seiner Honoraransprüche entweder Vorauszahlungen verlangt oder aber nach kleineren Behandlungsabschnitten Rechnungen erstellt und vor der Vornahme weiterer Behandlungsmaßnahmen deren Bezahlung abgewartet. Wegen der Angabe der Privatversicherung in dem Anmeldeformular unterließ er diese Maßnahmen, mit deren Durchführung der Angeklagte bei Offenlegung seiner fehlenden Versicherung gerechnet hatte.

In den ersten Monaten des Jahres 1994 fanden an mehreren Tagen Behandlungen des Gebisses des Angeklagten durch Dr. F. statt. Bei keinem dieser Praxisbesuche erwähnte der Angeklagte seine sich weiter verschlechternde finanzielle Situation, die durch den Ausfall des Hauptkunden der Gesellschaften, an denen er beteiligt war, eingetreten war. Er unterließ es bewusst, Dr. F. über den Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit zu informieren, um weiter in den Genuß der Heilbehandlung, auf die er, wie er wußte, keinen Anspruch hatte, zu kommen.

Nach dem letzten vereinbarten Behandlungstermin am 14.03.1994 informierte der Angeklagte den Zeugen Dr. F. über seine Zahlungsunfähigkeit und setzte ihn davon in Kenntnis, dass er die zu erwartende Rechnung über die Behandlungsmaßnahmen nicht werden bezahlen können. Die von Dr. F. für die zahnärztliche Behandlung erstellte Rechnung vom 07.06.1994 über 6.090,42 DM wurde von dem Angeklagten nicht bezahlt.

Die Strafkammer ist auf der Grundlage der Hauptverhandlung zu dem Ergebnis gelangt, es könne zwar insbesondere im Hinblick auf die Höhe des von dem Angeklagten zu Beginn der Heilbehandlung bezogenen Gehaltes, nicht festgestellt werden, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, die Behandlungsmaßnahmen zu bezahlen. Sie sei aber davon überzeugt, dass die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten kurz nach der Aufnahme der Behandlung eingetreten sei und der Angeklagte dies bewusst verschwiegen habe, um die Heilbehandlung fortsetzen zu können. Die Einlassung des Angeklagten, er habe in vielen persönlichen Gesprächen mit Dr. F. seine finanzielle Situation erörtert und er habe sich nur deshalb veranlaßt gesehen, die "DKV", bei der er früher eine Krankenversicherung unterhalten habe, in dem Anmeldeformular anzugeben, weil die Sprechstundenhilfe des Dr. F. auf einer Ausfüllung der entsprechenden Rubrik bestanden habe, sei durch die Aussagen des Zeugen Dr. F. und der Zeugin Schlotmann widerlegt worden.

Die Strafkammer hat den Angeklagten des Betruges gemäß §263 StGB für schuldig befunden. Sie ist der Auffassung, die Angabe der Versicherung in dem Anmeldeformular stelle eine Täuschung dar, durch die bei Dr. F. der Irrtum erregt worden sei, der Angeklagte sei bei der "DKV" privatversichert. Infolge des Irrtums habe Dr. F. eine Vermögensverfügung unterlassen, nämlich das Anfordern eines Vorschusses oder das Abwarten des Ausgleichs von Rechnungen über schrittweise vorgenommene Behandlungsmaßnahmen. Hierbei handele es sich um das Unterlassen wirtschaftlicher Maßnahmen, die sich unmittelbar vermögensmindernd ausgewirkt und zu einem Vermögensschaden geführt hätten. Dr. F. hätte bei Ausbleiben der Vorschußzahlung oder bei einem nicht erfolgtem Rechnungsausgleich die weitere Behandlung eingestellt und es damit vermieden, die im Endeffekt unbezahlt gebliebenen Leistungen zu erbringen..

Der Angeklagte sei aber auch deshalb gemäß §263 StGB schuldig, weil er es unterlassen habe, Dr. F. über den Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit kurz nach der Aufnahme der umfassenden Behandlung zu informieren. Hierzu wäre er verpflichtet gewesen. Zwischen ihm und Dr. F. sei es nach dem Abschluß des Behandlungsvertrages über die Gebißsanierung zu einem besonderen Vertrauensverhältnis gekommen, das die Aufklärungspflicht begründet habe. Das Verhältnis sei, weil eine umfassende und langwierige Behandlung vereinbart gewesen sei, auf Dauer angelegt gewesen. Für den Angeklagten sei deutlich gewesen, dass mit dem Ausfall des Kunden die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, an der er beteiligt gewesen und für die er als Geschäftsführer tätig gewesen sei, entfallen und dass damit endgültig auch seine Zahlungsfähigkeit zunichte gemacht worden sei. Schweige der Patient bei einer derartigen Sachlage gleichwohl, komme sein Verhalten insbesondere im Hinblick auf seine vorangegangene deutlich signalisierte Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft bei gleichzeitiger Vorspiegelung der Rückgriffsmöglichkeit auf einen Versicherer der Unterdrückung der Wahrheit gleich. In der Vorstellung, der Angeklagte sei zahlungsfähig, habe Dr. F., der Absicht des Angeklagten entsprechend, die Behandlung fortgesetzt und hierdurch einen Vermögensschaden erlitten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einem Freispruch des Angeklagten.

Die getroffenen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen Betruges gemäß § 263 StGB.

Ein Betrug gemäß § 263 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter bei der Vornahme der Täuschungshandlung mit Schädigungsvorsatz und in Bereicherungsabsicht handelt. Erforderlich ist, dass die Täuschung eines anderen zu dem Zweck erfolgt, bei diesem einen entsprechenden Irrtum hervorzurufen und ihn dadurch zu einer Vermögensverfügung zu veranlassen, die zu einer unmittelbaren Schädigung des Vermögens des Getäuschten oder eines Dritten führt. Dabei muss der Täter stoffgleich aus dem Vermögensschaden eine rechtswidrige Bereicherung für sich oder einen Dritten anstreben.

Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte zwar bei der Anmeldung in der Praxis des Zahnarztes Dr. F. bewusst wahrheitswidrig angegeben, es bestehe bei der DKV eine private Krankenversicherung. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen aber nicht die Annahme, der Angeklagte habe die unzutreffende Angabe bezüglich der Krankenversicherung gemacht, um Dr. F. durch die Erregung eines entsprechenden Irrtums zu veranlassen, davon abzusehen, zur Absicherung seiner Honoraransprüche Vorauszahlungen zu verlangen, oder die Weiterbehandlung jeweils von der Bezahlung zuvor erbrachter und abgerechneter Teilleistungen abhängig zu machen, und dass der Angeklagte dabei zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass Dr. F. ohne derartige Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Honorarforderung möglicherweise leer ausgehen würde.

Durch eine private Krankenversicherung eines Patienten werden lediglich Ansprüche zwischen diesem und dem Versicherer begründet. Für den den Versicherungsnehmer behandelnden Arzt besteht nicht die Möglichkeit, selbst mit der privaten Krankenkasse abzurechnen oder diese in Anspruch zu nehmen, wenn der Patient die erbrachten ärztlichen Behandlungen nicht bezahlt. Der Abschluß einer privaten Krankenversicherung durch den Patienten stellt daher für die Honoraransprüche des Arztes keine Absicherung oder zusätzliche Erfüllungsmöglichkeit dar. Ein Arzt kann auch nicht allein aufgrund der Angabe eines Patienten, er sei privat versichert, davon ausgehen, die abgeschlossene Krankenversicherung decke die anfallenden Behandlungskosten ab und der Patient sei zumindest deshalb in der Lage, diese Kosten zu bezahlen. Denn eine private Krankenversicherung deckt nicht in jedem Fall sämtliche Behandlungskosten ab. Welche Kosten in welchem Umfang durch die private Krankenversicherung erstattet und welche Kosten der Patient selbst zu tragen hat, hängt vielmehr davon ab, welcher konkrete Leistungsumfang in dem jeweiligen Vertrag vereinbart worden ist. Angesichts dessen ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Angeklagte damit gerechnet haben sollte, allein durch die - unzutreffende - Angabe in dem Anmeldeformular, es bestehe eine private Krankenversicherung, werde er Dr. F. davon abhalten können, Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Honorarforderung zu ergreifen.

Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte, als er bei der Anmeldung in der Praxis des Dr. F. wahrheitswidrig die DKV als seine Krankenversicherung angegeben hatte, noch zahlungsfähig war und über ein Einkommen von ca. 6000 DM verfügte. Er war daher in der Lage, die für die Schmerzbehandlung anfallenden Arztkosten zu bezahlen. Er war darüber hinaus auch zahlungswillig, da er die von Dr. F. über die Schmerzbehandlung erstellte Rechnung beglichen hat. In derselben finanziellen Situation wie bei der Anmeldung befand sich der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen auch noch, als er den Behandlungsvertrag betreffend die Sanierung seines Gebisses mit Dr. F. abgeschlossen hat. Er war daher zu diesem Zeitpunkt nicht nur in der Lage, die entstehenden Behandlungskosten zu begleichen, sondern hätte auch etwaige Vorschüsse oder Zwischenabrechnungen bezahlen können. Angesichts dessen ist schon kein Grund dafür ersichtlich, warum der Angeklagten ein Interesse daran gehabt haben soll, Dr. F. von Absicherungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Honorarforderung abzuhalten, und zu diesem Zweck angegeben haben soll, er sei privat krankenversichert. Auf jeden Fall fehlte es unter diesen Umständen an einem Schädigungsvorsatz des Angeklagten in bezug auf Dr. F. bei der Abgabe der unzutreffenden Erklärung, es bestehe eine private Krankenversicherung. Das gleiche gilt hinsichtlich des Abschlusses des späteren Heilbehandlungsvertrages ohne Richtigstellung der Angabe über das Bestehen einer Krankenversicherung, so dass auch ein Betrug durch Aufrechterhaltung eines bereits bestehenden Irrtums nicht in Betracht kommt

Der Betrugsvorwurf gegen den Angeklagten lässt sich auch nicht darauf stützen, der Angeklagte habe den Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit nach Aufnahme der Heilbehandlung verschwiegen, und Dr. F. habe in dem Glauben, der Angeklagte sei zahlungsfähig, entsprechend dessen Absicht die Heilbehandlung fortgesetzt.
In der bloßen weiteren Ausnutzung eines ohne Täuschung über die Zahlungsfähigkeit oder Zahlungsbereitschaft abgeschlossenen Vertrages - wie es hier der Fall ist - liegt nicht schon deshalb ein Betrug, weil der die Leistung Entgegennehmende nach Vertragsabschluß zahlungsunfähig geworden ist. Denn diese Handlungsweise allein bedeutet noch nicht die schlüssige Vorspiegelung einer fortbestehenden Zahlungsfähigkeit (vgl. BGH wistra 1987, 213).

Auch eine Täuschung durch Unterlassen ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn entgegen der Ansicht der Strafkammer war der Angeklagte nicht verpflichtet, Dr. F. darüber aufzuklären, dass er nachträglich zahlungsunfähig geworden war. Da die Strafkammer eine solche Aufklärungspflicht des Angeklagten auf ein zwischen diesem und Dr. F. begründetes besonderes Vertrauensverhältnis gestützt hat, ist davon auszugehen, dass nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zwischen Dr. F. und dem Angeklagten keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist, die den Angeklagten zu einer Offenbarung seiner nachträglich eingetretenen Zahlungsunfähigkeit verpflichtete.

Eine Garantenpflicht zur Aufklärung kann sich zwar aus einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien eines Vertragsverhältnisses ergeben. Erforderlich ist aber ein über die bloße Vertragsbeziehung hinausgehendes Vertrauensverhältnis, das auch die Wahrung der Vermögensinteressen der Gegenseite umfaßt (vgl. BGH NJW 1994, 950). Im vorliegenden Fall war zwischen dem Angeklagten und Dr. F. ein als Dienstvertrag (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 56. Aufl., vor § 611 Rdz. 18) zu qualifizierender Zahnarztbehandlungsvertrag abgeschlossen worden. Durch diesen Vertrag wurde zwar ein Vertrauensverhältnis insoweit begründet, als der Angeklagte sich von Dr. F. hinsichtlich der Gebißsanierung hatte beraten lassen und auf dessen Fachkenntnisse als Zahnarzt vertraut hatte. Weder aus diesem Vertrauensverhältnis noch aus dem Dienstvertrag selbst ergab sich aber eine Verpflichtung des Angeklagten, die Vermögensinteressen des Dr. F. zu berücksichtigen und zu schützen. Der Umstand, dass der Angeklagte mit Dr. F. zwei Behandlungsverträge abgeschlossen hatte, reicht für die Annahme einer besonders engen vertraglichen Beziehung, aus der sich gegebenenfalls eine Pflicht des Patienten zur Offenbarung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ergeben kann, nicht aus (vgl. BGH wistra 1992, 298). Ebensowenig lässt allein die Tatsache, dass die zuletzt vereinbarte Behandlung eine umfangreiche Sanierung des Gebisses des Angeklagten vorsah, bereits den Schluss zu, die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Angeklagten und Dr. F. seien auf Dauer angelegt gewesen, so dass sich auch unter diesem Gesichtspunkt eine rechtliche Pflicht des Angeklagten, Dr. F. über seine nachträglich eingetretene Zahlungsunfähigkeit aufzuklären, nicht feststellen lässt.

Schließlich lässt sich eine Aufklärungspflicht des Angeklagten auch nicht aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB herleiten. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt auch die Begründung einer solchen Verpflichtung das Bestehen eines besonderen Vertrauensverhältnisses voraus (vgl. BGH NJW 1994, 950; wistra 1988, 386), das hier nicht gegeben war.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges kann daher keinen Bestand haben, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben war.

Da das Verhalten des Angeklagten keinen sonstigen Straftatbestand erfüllt und der Senat es bei der hier gegebenen Sachlage für ausgeschlossen hält, dass in einer erneuten Hauptverhandlung weitere Feststellungen getroffen werden, die zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges führen könnten, war der Angeklagte außerdem freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.


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