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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 1229/98 OLG Hamm

Leitsatz: Der Tatrichter darf nicht allein aus reichlicher Alkoholaufnahme in Zusammenhnag mit einer später festgestellten hohen Blutalkoholkonzentration auf vorsätzliche Begehungsweise schließen.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Berichtigung des Tenors, vorsätzliche Trunkenheit, Vorsatz, hohe Blutalkoholkonzentration

Normen: StGB 315 c

Beschluss: Strafsache gegen den S.F. ,
wegen Trunkenheit im Straßenverkehr u.a..

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 28. Strafkammer des Landgerichts Essen vom 19. Juni 1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 17.12.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch vorsätzliche Trunkenheit am Steuer in 2 Fällen verurteilt worden ist, wird seine Revision mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er eines Vergehens der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung durch fahrlässige Trunkenheit am Steuer gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 StGB in 2 Fällen schuldig ist.

Im Übrigen wird die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels, jedoch wird die Gebühr für die Revision um 1/5 ermäßigt. In diesem Umfang trägt die Staatskasse auch die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 22. Oktober 1997 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch vorsätzliche Trunkenheit am Steuer in zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren trotz sichergestellter Fahrerlaubnis, sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in zwei Fällen, dies jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr, einmal in Tateinheit mit vorsätzlichen Fahrens trotz sichergestellter Fahrerlaubnis, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Das Amtsgericht hat dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und zugleich angeordnet, dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Essen durch Urteil vom 19. Juni 1998 im Straffolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wird. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von noch einem Jahr und vier Monaten eine neue Fahrerlaubnis nicht zu erteilen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 24. Juni 1998 beim Landgericht Essen eingegangene Revision des Angeklagten vom 23. Juni 1998, mit der dieser die allgemeine Sachrüge erhebt.

II. Die zulässige Revision führt auf die erhobene Sachrüge lediglich zu einer Abänderung des Schuldspruchs in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Soweit der Angeklagte wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch vorsätzliche Trunkenheit am Steuer in zwei Fällen gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, tragen die getroffenen Feststellungen die Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung nicht. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen war der Angeklagte jedoch der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung durch fahrlässige Trunkenheit am Steuer in zwei Fällen gemäß § 315 Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 StGB schuldig zu sprechen. Insoweit konnte der Schuldspruch korrigiert werden, ohne dass es zuvor eines entsprechenden rechtlichen Hinweises bedurfte. Der Senat kann ausschließen, dass der Verurteilte bei einem entsprechenden rechtlichen Hinweis eine andere Verteidigungsmöglichkeit gehabt hätte.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilungen wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung durch vorsätzliche Trunkenheit nicht. Das Amtsgericht hat weder die erforderlichen näheren Feststellungen zur Trinkmenge und zur Trinkdauer noch dazu getroffen, ob und in welchem Umfang der Angeklagte bei Fahrtantritt dazu fähig war, den (anhaltenden) Wirkungsgrad des genossenen Alkohols realitätsgerecht einzuschätzen. Das Amtsgericht hat letztlich allein aus der reichlichen Alkoholaufnahme des Angeklagten, mit einer später festgestellten Blutalkoholkonzentration im ersten Fall vom 18.04.1997 von 1,91 o/oo (zum Zeitpunkt der Entnahme um 08.34 Uhr) bzw. "um 06.45 eine Blutalkoholkonzentration von 2,47 o/oo" und für die Tat vom 19.05.1997 von 2,09 o/oo (zum Zeitpunkt der Entnahme um 09.00 Uhr) bzw. "um 08.00 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 2,49 o/oo" geschlossen, der Angeklagte habe als er mit seinem PKW Mercedes die Fahrten angetreten habe, jeweils seine absolute Fahruntüchtigkeit zumindest billigend in Kauf genommen. Damit hat das Amtsgericht im Ergebnis einen Erfahrungssatz des Inhalts angewendet, dass ein Fahrzeugführer ab Aufnahme einer bestimmten Alkoholmenge seine Fahruntüchtigkeit erkenne. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts gibt es einen solchen Erfahrungssatz indessen nach wie vor nicht. Selbst wenn es bei einem weit über 1,3 o/oo liegenden Alkoholgehalt naheliegt, dass der Täter sich seiner Fahruntüchtigkeit bewusst ist oder sie zumindest in Kauf nimmt, muss auch in solchen Fällen ein derartiger Vorsatz bei Fahrtantritt im einzelnen begründet werden. Es ist nämlich denkbar, dass der Täter infolge des Genusses von Alkohol in seiner Erkenntnisfähigkeit eingeschränkt gewesen sein kann und - obwohl tatsächlich fahruntüchtig - geglaubt hat, noch fahrtüchtig zu sein (vgl. BGHSt 22, 193 (200); OLG Frankfurt a.M., ZfS 1995, 232 ff.). Hierfür sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalles maßgeblich. Vorliegend ist aber aufgrund der getroffenen Feststellungen davon auszugehen, dass der Täter den Tatbestand der Straßenverkehrsgefährdung durch fahrlässige Trunkenheit verwirklicht hat. Der Angeklagte hat es nämlich bei seinen Fahrten unter Alkoholeinfluß, mit einer Blutalkoholkonzentration jeweils deutlich über dem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit unterlassen, sich im Hinblick auf seine Fahrsicherheit selbst zu überprüfen. Dabei hätte er, auch wenn er nicht mehr wußte, welche Menge an Alkohol er zu sich genommen hat, die Wirkung des Alkohols und erkennen können und müssen, dass er zur Führung eines Kraftfahrzeuges nicht mehr in der Lage war. Dies gilt sowohl für die Fahrten am 18. April 1997 (Fahrtantritt gegen 6.00 Uhr morgens, um die Wohnung in der Huffmannstraße aufzusuchen, und Weiterfahrt nach der Kollision auf der Gustav-Heinemann-Brücke) als auch für den Fahrtantritt am 19. Mai 1997 nach der Schlafpause auf dem Bahnsteig und die Weiterfahrt nach dem Unfall auf der Velberter Straße.

Danach konnte der Senat eine Schuldspruchberichtigung vornehmen.

Da die Strafandrohungen für die verschiedenen Begehungsformen der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung durch vorsätzliche Trunkenheit und durch fahrlässige Trunkenheit am Steuer identisch sind und die rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts ebenso für ein Vergehen gemäß § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 StGB Geltung haben, konnte der Strafausspruch bestehen bleiben. Insoweit ist auszuschließen, dass allein aufgrund der Schuldspruchänderung eine weitere Herabsetzung der ohnehin milden Strafe erfolgen würde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 354 Rdnr. 19).

Gegen die Entscheidung über die Maßregel der Besserung und Sicherung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Es liegt ein Regelfall gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 StGB für die Entziehung der Fahrerlaubnis vor. Die Dauer der verhängten Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

III. Die weitere Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Der Senat hat daher entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO.


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