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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 882/98 OLG Hamm

Leitsatz: Ausnahmsweise braucht bei einer unwirksamen aber durch das Berufungsgericht als wirksam erachteten Berufungsbeschränkung das Berufungsurteil nicht aufgehoben zu werden, wenn das Landgericht trotz des Irrtums über die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung vollständige Feststellungen auch zur Schuldfrage getroffen hat .

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung, Grundlage für Rechtsfolgenentscheidung, Revolver, halbautomatische Selbstladewaffe, Waffengesetz
Normen: StPO 318, WaffG 53 Abs. 1

Beschluss: Strafsache gegen G.P.,
wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 17. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 25.02.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24.09.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:
I. Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 14.08.1997 wegen "illegalen Waffenbesitzes" zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 15.08.1997 Berufung eingelegt. In dem Schreiben ist ausgeführt, die Berufung werde beschränkt. Es sei gemäß § 53 Abs. 1 letzter Satz WaffG von einem minder schweren Fall auszugehen, so dass insoweit mit der Berufung diese auf das Strafmaß beschränkt werde.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Essen die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte der unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über halbautomatische Selbstladekurzwaffen schuldig ist.

Die Strafkammer hat die Ansicht vertreten, es liege eine wirksame Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß vor. Das Schreiben der Verteidiger des Angeklagten vom 15.08.1997 beinhalte eine entsprechende ausdrückliche und unzweideutige Beschränkungserklärung. Allerdings setze die Wirksamkeit der Beschränkung auf das Strafmaß Schuldfeststellungen voraus, die eine Prüfung ermöglichten. Das Amtsgericht habe jedoch den äußeren Tatbestand des ausgeurteilten Deliktes widerspruchsfrei festgestellt, indem es dargelegt habe, wann und wo der Angeklagte die tatsächliche Gewalt über welche Waffe (ausgeübt) habe. Der Vorsatz des Angeklagten bzw. die subjektive Seite folge zwingend aus diesem äußeren Geschehen.

In den Urteilsgründen heißt es sodann weiter, letztlich könne die Frage der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung jedoch dahinstehen. Denn die erneute Hauptverhandlung vor der Kammer habe zu denselben Feststellungen wie in dem angegriffenen Urteil geführt.

Nach den von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen war der Angeklagte bis zum 14.02.1996 im Besitz eines Revolvers der Marke "Amadeo Rossi S.A.", Kaliber 38 Spezial, geladen mit 5 Patronen, sowie eines Revolvers unbekannter Herstellung, Kaliber 38 nebst weiterer Munition. Die Schußwaffen bewahrte der Angeklagte in einem Tresor bzw. Wäscheschrank in seiner Wohnung auf, wo sie am 14.02.1996 sichergestellt worden sind.

Nach den Feststellungen, die die Strafkammer zusätzlich getroffen hat, fand der Angeklagte den Revolver der Marke "Amadeo Rossi S.A.", Kaliber 38 Spezial im Januar 1996 in einem zur Verschrottung vorgesehenen PKW. Er erkannte, dass es sich um eine funktionstüchtige und demnach scharfe Waffe handelte. Er nahm sie sowie 5 dafür passende Patronen in seinen Besitz und bewahrte diese Gegenstände sowie weitere Munition in seinem Keller in einem Tresor, zu dem nur er Zutritt hatte, auf. Ihm war bewusst, dass er den aufgefundenen Revolver ohne Waffenbesitzkarte nicht im Besitz halten durfte. Dennoch entschloß er sich, die Waffe zunächst zu behalten. Bei dem Revolver handelt es sich um eine ca. 20 cm lange, selbstladende Waffe (double action), d.h., durch die Betätigung des Abzugs wird sowohl der Hahn gespannt als auch geschossen.

Den weiteren Revolver des Kalibers 38 hat der Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer seit Anfang des Jahres 1978 in seinem Besitz. Bei dieser Waffe handelt es sich um einen alten defekten Revolver mit einem "double action"-Abzug und linksseitiger Hebelsicherung. Sie besitzt einen ca. 97 mm langen, mit 6 Federn und Zügen im Rechtsdrall ausgestatteten Lauf und ist für das Verfeuern von Revolverpatronenmunition des Kalibers 38 eingerichtet. Die Waffe wies einen Trommelriß über einer Trommelbohrung, eine verbogene Rahmenbrücke, eine fehlende Ladeklappe und eine abgebrochene Schlagbolzenspitze auf und war infolge dieser Mängel funktionsuntüchtig. Sie hätte jedoch mittels einfacher Handwerkzeuge wieder funktionsfähig hergestellt werden können. Diese Umstände waren dem Angeklagten bekannt. Er verwendete den Revolver zeitweilig als Dekorationsschmuck an der Wand. Zur Abschreckung gegenüber möglichen Einbruchstätern verwahrte er die Waffe schließlich im Wäscheschrank seiner Wohnung auf.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist die Strafkammer von einer Strafbarkeit des Angeklagten gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 a WaffG ausgegangen. Das gleichzeitige Ausüben der tatsächlichen Gewalt über beide Revolver hat sie als eine einheitliche Tat bewertet und in diesem Zusammenhang näher ausgeführt, dass der Revolver unbekannter Herstellung trotz seiner Funktionsuntüchtigkeit als eine Schußwaffe i.S.d. § 1 Abs. 1 WaffG anzusehen sei.

Bei der Strafzumessung ist die Strafkammer von dem Strafrahmen des § 53 Abs. 1 WaffG ausgegangen und hat eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet. Das Vorliegen eines minder schweren Falles hat die Strafkammer verneint. Zur Begründung hat sie ausgeführt, gegen eine solche Bewertung spreche, dass der Angeklagte gleichzeitig zwei Waffen in seinem Besitz gehabt habe, sowie die Gefahrenlage, die der Angeklagte damit geschaffen habe, dass er den funktionstüchtigen Revolver "Amadeo Rossi" zusammen mit der dafür passenden Munition verwahrt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und vertritt insbesondere die Ansicht, dass mit dem Schriftsatz seiner Verteidiger vom 15.08.1997 nicht die Berufung auf das Strafmaß, sondern lediglich das Ziel der Verteidigung auf die nicht erfolgte Anwendung des § 53 Abs. 1 letzter Satz WaffG beschränkt worden sei.

II. Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Entgegen der Ansicht des Angeklagten ist die Auffassung der Strafkammer, der Angeklagte habe über seine Verteidiger gleichzeitig mit der Einlegung der Berufung deren Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch erklärt, nicht zu beanstanden. Vielmehr hat die Strafkammer zu Recht das anwaltliche Schreiben vom 15.08.1997 als eine ausdrückliche und eindeutige Erklärung der Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß ausgelegt. Die weitere Auffassung der Strafkammer, durch die Beschränkungserklärung sei eine wirksame Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß eingetreten, hält allerdings einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch setzt nach herrschender Meinung voraus, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht. Unwirksam ist daher eine Beschränkung, wenn die Schuldfeststellungen in dem angefochtenen Urteil derart knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 318 Randziffer 16 m.w.N.). Als unwirksam wird eine Beschränkung ferner dann angesehen, wenn das Urteil das angewendete Strafgesetz nicht erkennen lässt oder die Schuldform nicht festgestellt worden ist (vgl. OLG Koblenz, VRS 53, 337; OLG Saarbrücken, NStZ 1997, 149; BayObLG NStZ 1988, 570; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O.; § 318 Randziffer 17 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall lässt sich aus den Gründen des amtsgerichtlichen Urteils zwar nicht entnehmen, welchen Straftatbestand das Schöffengericht als verwirklicht angesehen hat. In den Urteilsgründen wird lediglich ausgeführt, der Angeklagte sei wegen unerlaubten Waffenbesitzes zur Rechenschaft zu ziehen. Das Waffengesetz enthält aber keine Vorschrift, die den unerlaubten Besitz von Waffen generell unter Strafe stellt. Das gleiche gilt, soweit in dem amtsgerichtlichen Urteilstenor der Angeklagte des "illegalen Waffenbesitzes" schuldig gesprochen worden ist. Daraus, dass in der Liste der angewendeten Vorschriften § 53 Abs. 1 Ziffer 3 a. a) WaffG aufgeführt ist, lässt sich jedoch entnehmen, dass das Schöffengericht dem Angeklagten gemäß dieser Vorschrift zur Last gelegt hat, ohne die erforderliche Erlaubnis entgegen § 28 Abs. 1 S.1 WaffG die tatsächliche Gewalt über eine halbautomatische Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm ausgeübt zu haben. Die außerdem in der Liste der angewendeten Vorschriften genannten §§ 29 und 53 Abs. 3 Nr. 1 a WaffG beziehen sich ersichtlich auf den nur dem damaligen Mitangeklagten Linders zur Last gelegten "illegalen Munitionserwerb".

Als unwirksam ist die Berufungsbeschränkung hier deshalb anzusehen, weil die von dem Schöffengericht getroffenen Feststellungen derart lückenhaft sind, dass sie keine ausreichende Grundlage für die Strafzumessung darstellen. Bereits die Feststellungen zu dem äußeren Tatbestand des § 53 Abs. 1 Nr. 3 a. a) WaffG erschöpfen sich in der Mitteilung, dass der Angeklagte am 14.02.1996 im Besitz eines mit 5 Patronen geladenen Revolvers der Marke "Amadeo Rossi S.A." sowie eines weiteren Revolvers unbekannter Herkunft gewesen ist. Bei der außerdem erfolgten Angabe des Aufbewahrungsortes der beiden Revolver werden diese zwar als Schußwaffen bezeichnet, ohne dass allerdings Ausführungen dazu erfolgen, dass die beiden in dem Besitz des Angeklagten vorgefundenen Revolver aufgrund ihrer konkreten Beschaffenheit tatsächlich Schußwaffen i.S.d. § 1 Schußwaffengesetz darstellen. Der Tatbestand des § 53 Abs. 3 a a) WaffG setzt außerdem voraus, dass es sich bei der Waffe, über die die tatsächliche Gewalt ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeübt wird, um eine halbautomatische Selbstladewaffe handelt. Revolver stellen nur in der Ausführung "double action" halbautomatische Selbstladewaffen dar (vgl. BGH, NJW 1984, 1693). Dass es sich bei den beiden bei dem Angeklagten sichergestellten Waffen um derartige Revolver handelt, hat das Schöffengericht aber nicht festgestellt. Das amtsgerichtliche Urteil lässt außerdem jegliche Ausführungen zur inneren Tatseite, insbesondere dazu, ob dem Angeklagten vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln zur Last gelegt wird, vermissen. Ausführungen dazu waren hier aber erforderlich, da der Tatbestand des § 53 Abs. 1 Nr. 3 a WaffG auch fahrlässig verwirklicht werden kann und gemäß § 53 Abs. 4 WaffG für den fahrlässig handelnden Täter ein deutlich milderer Strafrahmen als für den vorsätzlich handelnden Täter gilt. Die äußerst knappe Sachverhaltsschilderung in dem amtsgerichtlichen Urteil lässt für sich allein keine Rückschlüsse auf die innere Tatseite zu und machte daher Ausführungen dazu nicht entbehrlich.

2. Die fehlerhafte Bewertung der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung durch die Strafkammer hat sich aber im Ergebnis nicht zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt und vermag daher der Revision nicht zu einem Erfolg zu verhelfen. Ausnahmsweise braucht bei einer unwirksamen aber durch das Berufungsgericht als wirksam erachteten Berufungsbeschränkung das Berufungsurteil nicht aufgehoben zu werden, wenn das Landgericht trotz des Irrtums über die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung vollständige Feststellungen auch zur Schuldfrage getroffen hat (vgl. Hanack in L-R, StPO, 24. Aufl., § 337 Randziffer 55). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 29.07.1997 zutreffend ausgeführt hat, ist die Strafkammer zwar von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen, sie hat jedoch vorsorglich das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft und eigene Feststellungen auch zum Schuldausspruch getroffen.

3. Die weitere Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Der Senat hat daher entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 29.07.1998 die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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